Lösungen für die smarte Fabrik
Robotik 4.0
Die automatisierte Fertigung eines einzelnen Produkts nach individuellen Vorgaben ist ebenso eine zentrale Anforderung von Industrie 4.0 wie standardisierte Schnittstellen und die virtuelle Simulation von roboterbasierten Anlagen und Prozessen. Ein Überblick zeigt, welche praxisnahen Lösungen bereits marktreif verfügbar sind.
Die Schlagworte Built-to-Order, Remote Monitoring und Customised Production gewinnen im Zeitalter von Industrie 4.0 noch stärker an Bedeutung als bisher. Komplexe Produkte in Losgröße 1 sowie Kleinstserien umzusetzen, bedeutet für die Automatisierung entsprechender Prozesse allerdings eine enorme Herausforderung. So muss die Produktionslinie hochflexibel sein, um Layout und Funktion auf ein neues Produkt zu ändern. Einer solchen Individualisierung von automatisiert hergestellten Produkten standen bislang die hohen Lohnstückkosten entgegen. Durch moderne Roboter lassen sich nun unterschiedliche Produktvariationen in den normalen Herstellungsprozess einbinden, ohne zu abnehmenden Skalenerträgen zu führen.
Lächelnder Zweiarmroboter
So z.B. beim slowenischen Start-up AlpStories. Das Unternehmen produziert Kosmetika und Wellnessprodukte nach kundenindividuellen Wünschen - ab Losgröße 1. Um das zu ermöglichen, kommt ein für das Laborumfeld entwickelter Industrieroboter zum Einsatz: der Motoman CSDA10F von Yaskawa. Dieser Dual-Arm-Roboter ist durch multifunktionale Werkzeuge und Greifer ausgesprochen vielseitig einsetzbar: Er kann schnell und einfach völlig neue Arbeitsabläufe hinzulernen. Der bei AlpStories tätige Motoman CSDA10F bekommt sogar eine eigene Persönlichkeit. Er trägt den Namen Balthazar und ist - sozusagen als Design-Sonderlösung - mit einem charmanten Lächeln ausgestattet, wovon sich Kunden nach Abschluss des Fertigungsprozesses per Online-Livestream selbst überzeugen können. Außerdem wird mit jedem Produkt ein persönliches Video ausgeliefert, das seine Herstellung zeigt.
Integration der Robotersteuerung in die SPS
Kommen Industrieroboter in größerem Umfang als bei AlpStories zum Einsatz, gewinnt ihre Interaktion mit Produktionsmaschinen und Steuerungsumgebungen an Bedeutung. Lange mussten beide Welten, Roboter- und Maschinensteuerung, getrennt voneinander programmiert, gesteuert und gewartet werden. Bei diesem konventionellen Zusammenspiel von Robotern und Maschinen, das technisch immer noch möglich ist, gibt es jedoch einige Punkte, die heute einfacher lösbar sind. Beispielsweise muss das Bedienpersonal bei der konventionellen Methode nicht nur in den internationalen Standards der SPS geschult sein, sondern auch Kenntnisse in der Programmierung sowie der Steuerung von Robotern besitzen. Die redundanten Programmiervorgänge sorgen zudem dafür, dass Fehlerquellen nicht immer sofort ersichtlich sind. Das erschwert es, Störungen schnell und unkompliziert zu beheben. In der Vergangenheit gab es bereits Lösungsansätze. So ging um die Jahrtausendwende der Trend in die Richtung, Maschinensteuerungen in die Robotersteuerung zu integrieren. Nachdem SPSen mittlerweile durch ihre hohe Leistungsfähigkeit modular erweiterbar sind, verfolgt man heute den genau gegenteiligen Ansatz: Der Roboter soll als eines von vielen Elementen über die SPS direkt in die Maschine integriert werden.
Neue Schnittstellengeneration
Yaskawa bietet mit MotoLogix eine leistungsfähige Lösung, mit der sich die Roboter aus der Motoman-Reihe schnell und unkompliziert über die SPS programmieren und steuern lassen. Tiefergehende Roboterkenntnisse sind dabei nicht erforderlich. Mit MotoLogix hat Yaskawa eine innovative Lösung entwickelt, die eine Koordinierung aller Achsen in einer Produktionsanlage mit der Roboterbewegung ermöglicht. Die Kombination aus Hardware und Software zur Programmierung des Roboters über die SPS ist aktuell für die Plattformen Ethernet/IP, Powerlink sowie Profinet freigegeben. Die Schnittstelle verfügt über eine Bibliothek von Funktionsblöcken, in der alle Sprachmöglichkeiten bereits vorbereitet sind. Somit kann das Bedienpersonal direkt über die Bibliothek arbeiten. Bit-Folgen für Servos sind nicht mehr erforderlich. Durch die Integration der Robotersteuerung in die SPS bleiben alle Vorteile erhalten. So berechnet die Robotersteuerung die Bewegungskinematik und garantiert eine hohe Bewegungsqualität. Die einfache Integration der Robotersteuerung in die SPS zahlt sich nicht nur beim Betrieb komplexer Produktionsanlagen aus. Mit MotoLogix genügen SPS-Kenntnisse zur Steuerung von Robotern. Somit entfällt die Suche nach robotergeschultem Personal beziehungsweise der Aufwand, um das Personal darauf umzuschulen. Weltweit können Yaskawa-Roboter somit unter gleichen Bedingungen betrieben werden.
Simulation und Offline-Programmierung von Robotersystemen
Nicht zuletzt zeigt das Beispiel der virtuellen Simulation von roboterbasierten Anlagen und Prozessen die Möglichkeiten einer digitalisierten Automatisierung: Solche Simulationen bringen nicht nur bei der Planung entscheidende Vorteile, sondern auch bei Inbetriebnahme und Betrieb von Anlagen. Mit guten Gründen setzen sich deshalb entsprechende Simulationsprogramme durch. Sie ermöglichen das virtuelle Entwerfen und Überprüfen von Fertigungsprozessen in einer dynamischen 3D-Umgebung. Die gewünschten Standards bei Qualität, Ressourcen, Kosten und Terminen sind damit zuverlässig gewährleistet. Auslastung und Zykluszeiten werden durch Simulation bestmöglich gestaltet. Mögliche Probleme bei der Produktkonstruktion lassen sich zudem frühzeitig erkennen und noch vor dem eigentlichen Produktionsbeginn beheben. Interessant wird der Einsatz von Simulation und Offline-Programmierung damit vor allem in mittelständischen Fertigungsbetrieben mit häufigen Produktwechseln, etwa in der Blechbearbeitung oder bei Lackieranwendungen. Das gilt sowohl für Anlagenbauer als auch für Anwender: Anlagenbauer und Systemintegratoren können Zellen damit nicht nur planen, sondern auch komplett vorprogrammieren. Entsprechend einfacher und schneller ist die Installation beim Kunden. Anwender können dagegen per Simulation und Offline-Programmierung ihre Rüstzeiten deutlich reduzieren. Alle Prozesse lassen sich parallel zur Produktion entwickeln. Weil dabei zudem auch die Vorrichtung vorab auf Zugänglichkeit etc. überprüft wird, sind später - wenn überhaupt - nur noch geringe Korrekturen notwendig.
Produktivität hoch, Stillstandzeiten runter
Speziell für die Planung von Motoman-Robotersystemen hat Yaskawa das Software-Paket MotoSim entwickelt, ein Offline-Programmiersystem mit 3D-Simulation. Die Funktionalität des Controllers ist dabei von vornherein integriert. Das Besondere daran: MotoSim verwendet das gleiche kinematische Modell wie die Robotersteuerung. Die Software zur Roboterprogrammierung am PC bildet also 1:1 die Oberfläche des Programmierhandgerätes ab. Auch die Programmiersprache (Inform) ist dieselbe. Dadurch reduziert sich der Aufwand für den Bediener. Stillstandzeiten werden reduziert und die Produktivität gesteigert. Alle Motoman-Steuerungsgenerationen werden von MotoSim unterstützt, angefangen vom Typ ERC bis zu den aktuellen Steuerungen FS100 und DX200. Über die einfache Programmierbarkeit hinaus erleichtert MotoSim die Planung durch eine umfangreiche Bibliothek von Motoman-Produkten. Das heißt: Die Bibliothek umfasst nicht nur alle Robotermodelle verschiedener Generationen, sondern auch Zubehör wie Positionierer oder Fahrbahnen. 3D-Datenmodelle stellt Yaskawa zum Download auf der Homepage zur Verfügung. Dieser Service ist in der Software-Lizenz bereits enthalten, ebenso wie Erweiterungen um neue Robotermodelle.
Multirobot-Lösungen und Roboterschweißanlagen
Mit MotoSim EG steht eine einfachere Version zur reinen Simulation zur Verfügung. Per Bahn-Kalkulation über CAD ist damit eine schnelle Abschätzung möglich. Die Vollversion MotoSim EG VRC (Enhanced Graphic - Virtual Robot Control) ist darüber hinaus voll offline-programmierfähig und dabei auch für Multirobot-Lösungen mit mehreren Robotern ausgelegt. Das Unternehmen Rika Blechkomponenten mit Sitz im oberösterreichischen Micheldorf nutzt MotoSim EG VRC und dessen Vorteile zur Simulation und Offline-Programmierung von Motoman-Robotersystemen. Der mittelständische Betrieb mit 115 Mitarbeitern fertigt komplexe Blechform- und Konstruktionsteile vorwiegend aus Aluminium, Nirosta und Stahlblech. Dabei setzt das Unternehmen auf moderne Maschinen und Anlagen wie Laserschneidanlagen, CNC-gesteuerte Stanz- und Nibbelautomaten, Biegeautomaten sowie CNC-gesteuerte Abkantpressen - und auf Roboterschweißanlagen von Yaskawa. Beim Betrieb der Roboterzellen leisten Simulation und Offline-Programmierung mit MotoSim wertvolle Dienste, wie Schweißtechnikexperte Lukas Kaltenbrunner von Rika erklärt: "Ohne Simulation würden wir das hohe Pensum in der Lohnfertigung kaum bewerkstelligen können. Durch die Simulation erhöhen wir die Auslastung der Anlagen bestmöglich. Während ein Werkstück geschweißt wird, wird das andere bereits virtuell vorbereitet. Dann wird das Programm auf den Roboter übertragen und los geht es mit dem nächsten Werkstück."
Fazit
Robotiklösungen in Industrie-4.0-Umgebungen greifen in allen Bereichen der automatisierten Produktion - von einzelnen Robotern und Losgröße 1 bis hin zu Multirobot-Konzepten und Schweißanlagen. Die praktikable und technisch zuverlässige Gestaltung der Schnittstellen zwischen Roboter- und Maschinensteuerungen spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Die automatisierte Fertigung eines einzelnen Produkts nach individuellen Vorgaben ist ebenso eine zentrale Anforderung von Industrie 4.0 wie standardisierte Schnittstellen und die virtuelle Simulation von roboterbasierten Anlagen und Prozessen. Ein Überblick zeigt, welche praxisnahen Lösungen bereits marktreif verfügbar sind.
Die Schlagworte Built-to-Order, Remote Monitoring und Customised Production gewinnen im Zeitalter von Industrie 4.0 noch stärker an Bedeutung als bisher. Komplexe Produkte in Losgröße 1 sowie Kleinstserien umzusetzen, bedeutet für die Automatisierung entsprechender Prozesse allerdings eine enorme Herausforderung. So muss die Produktionslinie hochflexibel sein, um Layout und Funktion auf ein neues Produkt zu ändern. Einer solchen Individualisierung von automatisiert hergestellten Produkten standen bislang die hohen Lohnstückkosten entgegen. Durch moderne Roboter lassen sich nun unterschiedliche Produktvariationen in den normalen Herstellungsprozess einbinden, ohne zu abnehmenden Skalenerträgen zu führen.
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Yaskawa Europe GmbH
Dieser Artikel erschien in ROBOTIK UND PRODUKTION 1 2016 - 06.04.16.Für weitere Artikel besuchen Sie www.robotik-produktion.de