Explosionsschutz bei Schaltschränken und Gehäusen
Neue Richtlinien und Normen für Kabelverschraubungen
In den unterschiedlichsten industriellen und gewerblichen Anwendungen, in denen die Gefahr einer Entzündung von Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben gegeben ist, müssen Maßnahmen zum Explosionsschutz umgesetzt werden. Darin einbezogen sind auch Schaltschränke, Unterverteilungen oder Maschinen, die in explosionsgefährdeten Bereichen zum Einsatz kommen. Doch damit nicht genug: Auch die Einführungen von Kabeln und Leitungen in jegliche Arten von Gehäusen müssen den einschlägigen Normen und Richtlinien entsprechen, damit ein vollumfänglicher Explosionsschutz gegeben ist. Einzelheiten erläutert der folgende Beitrag am Beispiel von Kabelverschraubungen für den Ex-Bereich.
Vor allem in der chemischen und petrochemischen Industrie, bei der Förderung von Erdöl und Erdgas, in der organischen Chemie oder in der Lack- und Farbenindustrie fallen ständig brennbare Flüssigkeiten oder Gase an. In Kläranlagen und bei der Nutzung von Biogas stellen Faulgase eine potenzielle Gefahr dar. Auch bei der Verarbeitung von Holz oder Getreide sowie in Bergwerken können zündfähige Stäube entstehen. Bei allen diesen brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben besteht die Gefahr, dass sich in Verbindung mit dem Sauerstoff in der Luft eine explosionsfähige Atmosphäre entwickelt, die bei einer Entzündung zur Explosion führen kann. Die Auswirkungen sind oft verheerend und können Menschenleben fordern sowie Sachwerte zerstören. Deshalb muss das Zusammentreffen von explosionsfähiger Atmosphäre mit Zündquellen, wie sie beispielsweise durch den Einsatz von elektrischen Betriebsmitteln oder Schaltschränken und anderen Gehäusen in explosionsgefährdeten Bereichen entstehen, zuverlässig und wirkungsvoll vermieden werden. Weltweit ist der Explosionsschutz national gesetzlich geregelt. Innerhalb der Europäischen Union wurde er durch die ATEX-Richtlinien 2014/34/EU und 1999/92/EG harmonisiert. Die Bezeichnung ATEX leitet sich aus der französischen Abkürzung für ATmosphères EXplosibles ab. Bei der ATEX RL 1999/92/EG handelt es sich um eine Betriebsrichtlinie, die die Handlungsweisen in explosionsgefährdeten Bereichen regelt und Maßnahmen für die Sicherheit der dort Beschäftigten vorgibt. Hier gilt, dass der primäre Explosionsschutz, mit dem das Auftreten einer zündfähigen Atmosphäre vermieden wird, Vorrang hat. Das kann beispielsweise durch den Ersatz brennbarer Stoffe gegen nicht brennbare oder durch eine ausreichende natürliche oder mechanische Belüftung erreicht werden. Ist dies nicht möglich, greift der sekundäre Explosionsschutz, mit dem wirksame Zündquellen ermittelt und vermieden werden. Als letzte Möglichkeit bietet sich der tertiäre Explosionsschutz an, mit dem durch konstruktive Maßnahmen die Auswirkungen einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß reduziert werden.
Die neue ATEX-Produktrichtlinie
Die neue ATEX-Produktrichtlinie 2014/34/EU richtet sich an Hersteller von Geräten, Komponenten, Schutzsystemen und damit auch Schaltschränken, die für die Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen in Verkehr gebracht werden. Sie wird deshalb häufig auch als ATEX-Herstellerrichtlinie bezeichnet und hat jetzt am 20. April 2016 die bisher geltende Richtlinie 94/9/EG abgelöst. Für Konstrukteure, Planer, Anwender und Betreiber ist wesentlich, dass die neue Richtlinie keine weitergehenden Anforderungen an den konstruktiven Explosionsschutz stellt. Es wurden lediglich Begrifflichkeiten an die aktuelle EU-Nomenklatur angepasst. Auch für die Hersteller änderte sich nur wenig, da das bisherige Verfahren zur Konformitätsbewertung weitestgehend unverändert blieb. Dementsprechend behalten alle noch unter der ATEX 94/9/EG ausgestellten Ex-Zertifikate ihre Gültigkeit. Seit dem 20. April 2016 dürfen neue Produkte jedoch nur noch mit EU-Konformitätserklärung gemäß ATEX 2014/34/EU auf den Markt gebracht werden.
Kabelverschraubungen für den Ex-Bereich
Da Schaltschränke und Kabelverschraubungen für den Ex-Bereich als Komponenten gelten, fallen sie ebenfalls unter die Bestimmungen der ATEX-Produktrichtlinie. Für diese fordert die ATEX 2014/34/EU: "Geräte und Schutzsysteme müssen mit geeigneten Einführungen für Kabel und Leitungen ausgestattet sein." Beispielsweise bietet hier der Schweizer Hersteller Agro - ein Unternehmen der deutschen Kaiser Gruppe - spezielle Kabelverschraubungen für den Ex-Bereich an, die alle über die notwendigen Zertifikate verfügen. Dementsprechend sind sie für Elektroinstallationen in den Ex-Zonen Gas 1 und 2 sowie Dust (Staub) 21 und 22 geeignet. Je nach Bauart erfüllen die Kabelverschraubungen die Zündschutzarten druckfeste Kapselung 'Ex d IIC' (IEC EN60079-1), erhöhte Sicherheit 'Ex e II' (IEC EN60079-7) und/oder Eigensicherheit 'Ex i II' (IEC EN60079-11) sowie Staubschutz nach IEC EN60079-31. Bei der druckfesten Kapselung halten Gehäuse und Kabelverschraubung bei einer Explosion im Inneren dem Druck (30bar) stand, so dass die Explosion nicht nach außen übertragen wird. Eine erhöhte Sicherheit ist gegeben, wenn das Betriebsmittel oder Komponenten die Zündung der explosionsfähigen Atmosphäre innerhalb des Gehäuses verhindern. Eigensicherheit liegt vor, wenn durch Begrenzung der im Stromkreis befindlichen Energie die Entstehung von unzulässig hohen Temperaturen, Zündfunken und Lichtbögen verhindert wird.
Verschärfte Anforderungen an Kabelverschraubungen im Ex-Bereich
Die Norm IEC EN60079-0:2012 fordert in der aktuellen Fassung für Kabelverschraubungen ein hohes Maß an Schlagfestigkeit nach einem vierwöchigen Klimatest, der den thermischen Alterungsprozess simuliert. Für die Zündschutzart Ex d II haben die Agro-Verschraubungen bereits 2013 die verschärften Bedingungen der Norm erfüllt und den anspruchsvollen Klimatest bestanden. Alle dazu notwendigen Prüfungen konnten im hauseigenen, zertifizierten Prüflabor bei Agro durchgeführt werden. In den Folgejahren haben die Konstrukteure intensiv an der Entwicklung der Kabelverschraubungen Ex e II gearbeitet, um auch bei dieser Zündschutzart die neuen Vorschriften zu erfüllen. Hierzu wurden verschiedenste Materialversuche durchgeführt, an deren Ende die erfolgreiche Zulassung stand. Möglich wurde dies durch den Einsatz des speziellen Polyamids PA 6 und durch einen Dichteinsatz aus besonderen Thermoplastischen Elastomeren (TPE). So erfüllen auch diese Kabelverschraubungen die verschärften Anforderungen - und das sogar ohne die Notwendigkeit, die Verschraubungen vor mechanischen Einflüssen geschützt anzubringen. Der geprüfte Temperaturbereich beträgt für Ausführungen in Messing -60 bis +100°C sowie für die Serien Progress GFK Ex und Progress GFK Multi Ex aus Kunststoff -20 bis +85°C. Außerdem sind die Progress GFK Ex-Kabelverschraubungen für die Zündschutzart Eigensicherheit (Ex i II) neu mit einem schwarzen Unterteil und einer blauen Druckmutter ausgestattet.
Künftige Norm EN62444 bereits jetzt erfüllt
Für alle Konstrukteure und Planer ist zudem wichtig, dass die bisherige Norm 'Metrische Kabelverschraubungen für elektrische Installationen' nach EN50262 in Kürze abgelöst wird: Spätestens nach Ablauf der Übergangsfrist am 23. September 2016 müssen Kabelverschraubungen die neue Norm 'Kabelverschraubungen für elektrische Installationen' EN62444 erfüllen. Im Vergleich zu den alten Bestimmungen enthält die neue EN62444 verschärfte Richtlinien hinsichtlich der Schlagfestigkeit, Zugentlastung, Beständigkeit gegen Korrosion sowie im Hinblick auf die elektrische Stromprüfung. Alle Agro-Kabelverschraubungen erfüllen schon heute die überarbeiteten Anforderungen der neuen Norm und sind vom VDE geprüft sowie zertifiziert. Die Zertifikate der einzelnen Produktgruppen sind online abrufbar unter www.agro.ch.
Zertifiziertes Prüflabor
Die KAISER Gruppe verfügt am Schweizer Standort der AGRO AG in Hunzenschwil über ein eigenes Prüflabor, das von Elektrosuisse zertifiziert ist. Darin werden sämtliche Prüfungen durchgeführt, die den gültigen Standards entsprechen. Die daraus resultierenden Prüfberichte bilden die Grundlage für die weitere Zertifizierung der Produkte z. B. auf Grundlage der ATEX-Richtlinie. Zur Ausstattung des Labors zählen u. a.: -eine IP-Druckprüfanlage, -Zugprüfmaschinen, -Klimaschränke zur Durchführung von Wärmealterungen, -Schlagprüfeinrichtungen zur Ermittlung der Widerstandskategorie von Kabelverschraubungen, -Geräte für den Glühdrahttest an Bauteilen nach IEC. Damit können die Kabelverschraubungen werksintern nach den Vorgaben der Norm EN 50262 / IEC 62444 vollständig geprüft werden. Spezielle Vorrichtungen für weitere Prüfungen nach UL-Standard 514B sind ebenfalls vorhanden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sowohl Serienmodelle als auch Sonderlösungen nach kundenspezifischen Anforderungen zu testen.
In den unterschiedlichsten industriellen und gewerblichen Anwendungen, in denen die Gefahr einer Entzündung von Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben gegeben ist, müssen Maßnahmen zum Explosionsschutz umgesetzt werden. Darin einbezogen sind auch Schaltschränke, Unterverteilungen oder Maschinen, die in explosionsgefährdeten Bereichen zum Einsatz kommen. Doch damit nicht genug: Auch die Einführungen von Kabeln und Leitungen in jegliche Arten von Gehäusen müssen den einschlägigen Normen und Richtlinien entsprechen, damit ein vollumfänglicher Explosionsschutz gegeben ist. Einzelheiten erläutert der folgende Beitrag am Beispiel von Kabelverschraubungen für den Ex-Bereich.
Vor allem in der chemischen und petrochemischen Industrie, bei der Förderung von Erdöl und Erdgas, in der organischen Chemie oder in der Lack- und Farbenindustrie fallen ständig brennbare Flüssigkeiten oder Gase an. In Kläranlagen und bei der Nutzung von Biogas stellen Faulgase eine potenzielle Gefahr dar. Auch bei der Verarbeitung von Holz oder Getreide sowie in Bergwerken können zündfähige Stäube entstehen. Bei allen diesen brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben besteht die Gefahr, dass sich in Verbindung mit dem Sauerstoff in der Luft eine explosionsfähige Atmosphäre entwickelt, die bei einer Entzündung zur Explosion führen kann. Die Auswirkungen sind oft verheerend und können Menschenleben fordern sowie Sachwerte zerstören. Deshalb muss das Zusammentreffen von explosionsfähiger Atmosphäre mit Zündquellen, wie sie beispielsweise durch den Einsatz von elektrischen Betriebsmitteln oder Schaltschränken und anderen Gehäusen in explosionsgefährdeten Bereichen entstehen, zuverlässig und wirkungsvoll vermieden werden. Weltweit ist der Explosionsschutz national gesetzlich geregelt. Innerhalb der Europäischen Union wurde er durch die ATEX-Richtlinien 2014/34/EU und 1999/92/EG harmonisiert. Die Bezeichnung ATEX leitet sich aus der französischen Abkürzung für ATmosphères EXplosibles ab. Bei der ATEX RL 1999/92/EG handelt es sich um eine Betriebsrichtlinie, die die Handlungsweisen in explosionsgefährdeten Bereichen regelt und Maßnahmen für die Sicherheit der dort Beschäftigten vorgibt. Hier gilt, dass der primäre Explosionsschutz, mit dem das Auftreten einer zündfähigen Atmosphäre vermieden wird, Vorrang hat. Das kann beispielsweise durch den Ersatz brennbarer Stoffe gegen nicht brennbare oder durch eine ausreichende natürliche oder mechanische Belüftung erreicht werden. Ist dies nicht möglich, greift der sekundäre Explosionsschutz, mit dem wirksame Zündquellen ermittelt und vermieden werden. Als letzte Möglichkeit bietet sich der tertiäre Explosionsschutz an, mit dem durch konstruktive Maßnahmen die Auswirkungen einer Explosion auf ein unbedenkliches Maß reduziert werden.
Agro AG
Dieser Artikel erschien in SCHALTSCHRANKBAU 3 2016 - 18.05.16.Für weitere Artikel besuchen Sie www.schaltschrankbau-magazin.de