Anzeige

Telefon: +49 (0) 9135 7380-0

www.helmholz.de


Interview mit Karsten Eichmüller, Helmholz

'Kernkompetenz Kommunikation'

Das Unternehmen Helmholz hat seine strategische Aufstellung sowie sein Produktportfolio über die vergangenen Jahre ausgebaut. Neben dem Second-Source-Angebot für S7-Komponenten sind heute auch Gateways oder Router für Industrial Ethernet Teil des Portfolios sowie ein eigenständiges und unabhängiges I/O-System, dass eine flexible Anbindung an die Steuerungs- und Kommunikationslandschaft ermöglicht. Welcher Mehrwert daraus für den Anwender entsteht und wo die Reise für Helmholz hingeht, darauf geht Geschäftsführer Karsten Eichmüller im Gespräch mit dem SPS-MAGAZIN ein.

Bild: Systeme Helmholz GmbHBild: Systeme Helmholz GmbH

Helmholz ist im direkten Siemens- und Profibusumfeld groß geworden. Mittlerweile ist diese Ausrichtung nur noch ein Standpfeiler des Unternehmens. Was hat sich verändert, Herr Eichmüller?

Karsten Eichmüller: Helmholz ist vor 28 Jahren mit einer Second-Source-Strategie an den Start gegangen und hat seine Stärken dort ausgespielt, wo es Lücken in der Simatic-Welt gab. Damit hat sich das Unternehmen in der Branche einen Namen gemacht. Unser Engagement in diesem Bereich besteht nach wie vor und S7-kompatible Produkte sowie passende Komponenten und Lösungen wird es sicherlich noch viele Jahre im Helmholz-Portfolio geben. Aber weil sich die Ausrichtung vieler Kunden und deren Steuerungsaufbau in den Maschinen wandeln, haben wir über die vergangenen Jahre parallele produkttechnische Standbeine aufgebaut. Diese breitere Aufstellung ermöglicht es uns, auch abseits des Siemens-Windschattens moderne sowie leistungsstarke Komponenten, Lösungen und Dienstleistungen für die Automatisierung anzubieten.

Ist das Geschäft als Anbieter im Simatic-Umfeld denn weniger attraktiv für Helmholz geworden?

Eichmüller: Das Geschäft mit unseren digitalen und analogen I/O-Modulen für die Simatic-Welt ist nicht zurückgegangen und bleibt auch ein wichtiger Umsatzträger für das Unternehmen. Aber es sind neue Bereiche dazugekommen, die mehr und mehr Gewicht erhalten. Beispielsweise die Fernwartung, mit der wir uns auch bereits seit langem beschäftigen. In diesem Bereich haben in den vergangenen Jahren neue Technologien Einzug gehalten und an vielen anderen Stellen ebenso. Der verstärkte Einsatz von Industrial-Ethernet-Lösungen in der Fabrik zeigt in die gleiche Richtung. Diesen Entwicklungen passen wir uns an und haben mittlerweile z.B. eine komplette Produktfamilie an Gateways oder Ethernetroutern im Programm.

Das heißt, Ihr Kompetenzspektrum beim Thema Fernwartung gewinnt an Bedeutung?

Eichmüller: Ja, das ist ein großes Thema. Wir investieren hier auch einiges an Entwicklungsarbeit. Entsprechende Fernzugriff-Add-ons von Helmholz finden sich bei der Maschinensicherheit, für Firewalls, die Anbindung von Automatisierungszellen an ein übergeordnetes Netzwerk oder für den Zugriff auf Maschinen oder Anlagen über bestimmte Berechtigungen. Ein gutes Beispiel bietet unser WallIE - Wall für Firewall und IE für Industrial Ethernet - der sich besonders für Anwendungen mit vielen IP-Adressen eignet.

In der Theorie findet die Ablöse der Feldbusse schon seit langem statt. Ist das mittlerweile auch in der Praxis der Fall?

Eichmüller: Ethernet bietet in der Fabrik an vielen Stellen große Vorteile gegenüber klassischen Feldbussystemen. Trotzdem gehen die Stückzahlen bei unseren klassischen Feldbusprodukten wie Steckverbindern nicht zurück. Im Gegenteil: Sie sind im letzten Jahr wieder gewachsen und werden es in diesem Jahr aller Voraussicht nach auch. Jedoch wächst parallel auch der Ethernetbereich und immer mehr Anwendungen werden auf diese Weise gelöst. So birgt Ethernet für uns nicht nur in Bezug auf Neuanlagen ein großes Potenzial. Genauso bieten die Millionen an bereits installierten Anlagen für uns neue Geschäftsmöglichkeiten. Denn einige unserer Kunden haben sich auf Retrofit-Konzepte spezialisiert: sie modernisieren Maschinen und Anlagen, passen sie neuen Anforderungen an und machen alte Steuerungen netzwerkfähig. Hier spielen wir vor allem mit unseren Gateways einen Trumpf aus. So haben wir bereits einige Referenzprojekte bei namhaften Firmen begleitet.

Sie richten Ihr Angebot also mehr und mehr in Richtung Industrial Ethernet aus?

Eichmüller: Ja. Obwohl immer noch eine Vielzahl an klassischen Feldbusknoten neu installiert wird, ist der Trend zu Ethernet da und wird sich nicht mehr aufhalten lassen. Sprich: Der Markt wird in den nächsten Jahren weiter wachsen. Dabei wird er sich aber auch stark diversifizieren. Es wird nicht nur eine Standardlösung geben, sondern viele verschiedene Anwendungen mit und ohne klassische SPS.

Der aktuellen Diskussionen in der Branche hinsichtlich OPC UA oder TSN zum Trotz ist das akute Bedürfnis des Marktes also noch ein ganz anderes.

Eichmüller: Das ist schon richtig. Aber wir müssen uns natürlich auch damit beschäftigen, was die Zukunft bringt und wohin sich der Markt entwickelt. OPC UA und TSN werden dem Lauf der Zeit folgend auch irgendwann kommen. Dennoch bleibt der Wandel langsam: Das sieht man auch daran, dass wir heute immer noch einige Produkte im Programm haben, die wir schon vor 28 Jahren verkauft haben.

Auch mit Ihrem I/O-System TB20 zielen Sie in Richtung Industrial Ethernet ab.

Eichmüller: Unsere Gateways, Switche und Repeater betreffen die physikalische Ethernetverbindung. Mit dem TB20-System erweitern wir unser Engagement ganz klar auf die Protokollebene. Hier wollen wir uns ein breiteres Spektrum mit unseren Kopplern sowie neue Anwendungsbereiche bedienen.

Das Spektrum der Feldbus- und Ethernetstandards ist ja sehr breit. In wie weit können Sie diese Vielfalt als Mittelständler überhaupt komplett bedienen?

Eichmüller: Angesichts unserer Firmengröße müssen wir uns auf Standards konzentrieren, die häufig nachgefragt werden. Dabei stoßen wir neben Profibus und Profinet mittlerweile häufig auf Ethercat. Dafür gibt es auf dem Markt spannende Entwicklungen und einige Anbieter, die ein entsprechendes I/O-System zur Anbindung von Antrieben und Co. benötigen. Wir erwarten hier vor allem antriebsseitig einen Schub, aber auch CAN ist hier noch ziemlich stark. Deshalb decken wir beide Protokolle ab. Weitere Protokolle, die wir adressieren, sind Modbus und Ethernet IP. Viele Hersteller stellen ihre Geräte und Maschinen mit diesen zwei Standards für andere Regionen der Welt zur Verfügung.

Der Markt für I/O-Systeme ist ja durchaus eng besetzt. Wie positionieren Sie denn das TB20 und welche Stärken kann das System im Wettbewerb ausspielen?

Eichmüller: Egal in welche Richtung sich die Technik zukünftig entwickelt: Klassische Reihen-I/O-Systeme wird es immer geben. Entsprechend ist der Markt nicht einfach und eng besetzt. Einzelne Killer-Argumente, die ein I/O-System einzigartig machen, kann kein Anbieter in diesem Wettbewerb liefern. Da wir uns auch nicht nur über den Preis differenzieren wollen, betonen wir beim TB20 den Mehrwert, den der Anwender durch eine Vielzahl an Besonderheiten als USP erhält. Hier ist z.B. die feine Granularität des Systems zu nennen. Dadurch lässt sich Baubreite einsparen. Und da der Platz im Schaltschrank Geld kostet, geht der Trend zu möglichst kompakten Kästen an Maschinen und Anlagen. Ein weiterer Vorteil ist die flexible Anbindungsmöglichkeit: Mit dem TB20 erhält der Anwender ein modernes I/O-System, an das er seine gewohnte Kommunikations- und Steuerungsumgebung anschließen kann. Solche Pluspunkte gibt es noch viele weitere. Ein außergewöhnliches Alleinstellungsmerkmal liegt zusätzlich darin, dass wir - im Gegensatz zu den großen Anbietern - spezifisch auf die Bedürfnisse unserer Kunden abgestimmte Komponenten entwickeln und die Funktionalität in den Baugruppen des I/O-Systems ergänzen können. Sobald eine solche Entwicklung ausgereift ist und sich im Einsatz bewährt, nehmen wir sie dann in der Regel auch offiziell in das Produktportfolio auf.

Was sich in der Anwendung etabliert, wird dann also in Ihrem Standardprogramm ergänzt?

Eichmüller: Das ist ein durchaus gängiger Weg. Die besten Ideen kommen bekanntlich vom Kunden. Aber Sie müssen als Anbieter natürlich nah dran sein und das Ohr am Markt haben - nur dann können Sie passende Lösungen entwickeln und zur Verfügung stellen. Das ist eine große Stärke von Helmholz, die wir mit unserem Claim 'Compatible with you' deutlich unterstreichen. Wir bieten nicht nur kompatible Produkte an, sondern stellen den Kunden in den Mittelpunkt unseres täglichen Handelns. Dieser Anspruch umfasst die Entwicklung bedienerfreundlicher Produkte genauso wie deren unkomplizierte und schnelle Lieferung oder kundenorientierten Service.

Sie sprachen eben von neuen Märkten und Einsatzbereichen. Welche Bedeutung hat denn der klassische Maschinen- und Anlagenbau für das TB20?

Eichmüller: Dieser Bereich macht noch gut die Hälfte aus. Der Rest kommt bereits aus neuen Märkten, die Helmholz ursprünglich nicht bedient hat - z.B. aus dem Energiebereich oder mobilen Arbeitsmaschinen. Mit der Flexibilität von TB20 können wir solche Märkte jetzt ausgezeichnet adressieren. Und über die verschiedenen Branchen hinweg müssen viele unterschiedliche Vorgaben und Wünsche seitens der Anwender erfüllt werden. Hier bietet ein Standard-I/O-System für unsere Kunden große Vorteile, weil sie diesen Part nicht jedes mal neu erfinden müssen. So lässt sich die Projektierung deutlich verkürzen.

Spielt die I/O-Hardware heute überhaupt noch eine wichtige Rolle? Oder liegen die konkreten Unterscheidungsmöglichkeiten nicht viel mehr bei weichen Faktoren wie Engineering, Service oder Software?

Eichmüller: Der Wettbewerb in der Branche hat sich in den letzten Jahren massiv verschärft. Dabei ist zuverlässig funktionierende Hardware selbstverständlich geworden. Jedoch nicht, dass der Kunde sie alleine in Betrieb nimmt. Dass man den Kunden dabei nicht alleine lässt, ist vor allem für Mittelständler wie Helmholz ausschlaggebend. Denn die großen Anbieter fokussieren vor allem das eingespielte Seriengeschäft und hohe Stückzahlen. Ganz anders bei unseren Kunden. Sie müssen sich darauf verlassen können, für ihre spezifischen Aufgabenstellungen Gehör zu finden und Support zu bekommen. Tools müssen intuitiv und ergonomisch gestaltet sein. Insgesamt geht der Trend also schon dahin, dass es nicht mehr ausschlaggebend ist, welche Hardware verbaut ist - es geht immer mehr um die Funktion. Wie man diese aber so mit der Hardware verheiratet, dass der für den Kunden größtmögliche Mehrwert entsteht, dieses Knowhow wird weiterhin unerlässlich sein.

Und welches Gewicht hat das Branchenknowhow des Lieferanten? Müssen Sie nicht fast schon besser wissen, was ihr Kunde eigentlich benötigt, als er selber?

Eichmüller: Es zeigt auf jeden Fall in diese Richtung wenn man sieht, welches Equipment wir mittlerweile im Haus haben, um Kundenapplikationen oder Problembeschreibungen nachzustellen. Den Kunden, die lange Jahre auf eine Standardlösung gesetzt haben, wird anhand des heute auf dem Markt angebotenen Automatisierunsgspektrums bewusst, welche Vielzahl an verschiedenen Möglichkeiten es bei der Umsetzung gibt - und daraus wollen sie natürlich die für sie am besten passende Lösung. Mit diesem Anspruch wenden sie sich dann an ihre Lieferanten.

Das TB20-System ist jetzt seit rund drei Jahren auf dem Markt. Wie geht es weiter? Wohin führt Sie dieser Weg?

Eichmüller: Wir bei Helmholz haben sehr viele Ideen, wie wir unser I/O-System und dessen Funktionalität zukünftig noch weiterentwickeln können und unsere Roadmap reicht hier einige Jahre voraus. Mit Blick auf die aktuellen Diskussionen im Bereich M2M, mobile Daten, Big Data oder Cloud, sehe ich für unser gesamtes Portfolio noch viele spannende Möglichkeiten. Es geht in Zukunft immer stärker darum, dass unterschiedliche Geräte, Maschinen und Netze miteinander kommunizieren und darin liegt schließlich eine Kernkompetenz des Unternehmens Helmholz.

Danke für das Gespräch, Herr Eichmüller.

Helmholz stellt sich neu auf

Markenname, Produkte sowie Ansprechpartner bleiben bestehen und dennoch organisiert sich Helmholz hinter den Kulissen gerade neu: Firmengründer Manfred Helmholz zieht sich nach knapp drei Jahrzehnten aus dem operativen Geschäft zurück. Die neu gegründete Helmholz GmbH & Co. KG übernimmt das komplette operative Geschäft der bisherigen Systeme Helmholz GmbH. Für Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter ändert sich damit bis auf den Firmennamen in der Anschrift nichts: Die Geschäftsleitung der neuen Firma übernehmen Carsten Bokholt, bisher schon verantwortlich für Technik & Entwicklung, und Vertriebsleiter Karsten Eichmüller. Über die in Helmholz Holding GmbH umbenannte ehemalige Systeme Helmholz GmbH bleibt das Unternehmen weiterhin im Besitz von Manfred Helmholz, der in der Holding weiter als Geschäftsführer fungiert. Alle Arbeitsplätze bleiben ebenso erhalten wie der Firmensitz in Großenseebach. Damit sollen auch der direkte Support und die persönliche Beratung in allen Automatisierungfragen durch die zuständigen Helmholz-Mitarbeiter übergangslos gewährleistet bleiben.

Helmholz GmbH & Co. KG

Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN SPS-Special 2016 - 11.11.16.
Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de

Firmenportrait