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Isolationsüberwachung von Stromkreisen

Warum das IT-System häufig die beste Wahl ist

Starten wir zunächst einmal mit einem klaren Bekenntnis: Das IT-System ('ungeerdetes System') ist im Vergleich zum TN- oder TT-System ('geerdetes System') eine selten angewandte Netzform - aber sie wäre häufig die bessere Alternative. Warum aber gibt man sich in der Praxis mit der schlechteren Alternative zufrieden? Die Antwort lautet wohl: aus Gewohnheit, aus Bequemlichkeit, aus Unkenntnis.

Bild: Bender GmbH & Co. KGBild: Bender GmbH & Co. KG

Das IT-System ist in der Praxis nicht sehr bekannt. Es wird in Hochschulen und Ausbildungsstellen kaum behandelt.

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So hat sich das geerdete System immer mehr verbreitet und es verbreitet sich immer weiter. Das IT-System findet sich nur selten und dann vor allem dort, wo auf dessen Vorteile nicht verzichtet werden kann wie z.B. in Operationsräumen und Intensivstationen oder in der Signaltechnik der Bahn. Warum? Weil es hier um Menschenleben geht. Aber geht es bei Stromversorgungssystemen nicht immer um Menschenleben?

1. Vorteil: Inhärent sicher - kleiner Unterschied, große Wirkung: Das IT-System unterscheidet sich vom TN- oder TT-System hauptsächlich durch eine leitende Verbindung zwischen dem Sternpunkt des Transformators, der das System versorgt, und Erde. Beim geerdeten System ist sie vorhanden, beim ungeerdeten System wird sie weggelassen. Alternativ zum Versorgungstrafo kann ein IT-System auch durch eine Stromquelle hergestellt werden, beispielsweise eine Batterie. Im ungeerdeten System ist die allpolige Absicherung aller aktiven Leiter erforderlich. Gleiches gilt für den N-Leiter soweit vorhanden. Da auch im Einphasensystem keiner der beiden Leiter geerdet wird, erhält man statt der klassischen 'Phase und Null' zwei unter Spannung stehende Leiter. Worin liegt nun der große Unterschied in der Wirkung, wenn es in der Ausführung nur einen so kleinen Unterschied gibt? Berührt ein Mensch bei einem intakten ungeerdeten System einen nicht isolierten stromführenden Leiter oder ein unter Spannung stehendes leitendes Gehäuse, so passiert: nichts! Warum? Weil Strom nur im Kreis fließen kann und man den Kreis ja nicht geschlossen hat, indem man den Sternpunkt des Transformators nicht geerdet hat. Es ist wie bei einem Vogel auf der Hochspannungsleitung, man ist sicher. Wie ist das beim geerdeten System? Hier stellt man im Vorhinein einen geschlossen Stromkreis bereit und wartet gewissermaßen auf den Fehler. Fasst in diesem Fall ein Mensch an einen stromführenden Leiter oder ein unter Spannung stehendes leitendes Gehäuse, fließt aufgrund der niederohmigen Verbindung zum Versorgungstrafo sofort ein Fehlerstrom über den Menschen. Ohne funktionierende, schnell abschaltende Schutztechnik wäre dies gefährlich. Man sichert diesen Stromkreis aber über Sicherungen und Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (auch RCD oder FI-Schalter genannt) ab, sodass im Fehlerfall schnell genug eine Abschaltung erfolgt, bevor der Mensch nennenswerte Schäden erleidet. Um sicherzustellen, dass dies auch funktioniert, muss die Schutztechnik regelmäßig überprüft werden. So sind z.B. die RCDs in Elektroanlagen alle sechs Monate auf ihre Funktionalität hin zu testen - auch in privaten Haushalten. Aber wie häufig wird dies tatsächlich getan? Das IT-System bietet einen inhärenten Schutz vor hohen Berührungsspannungen. Die einzige Ausnahme hierzu bilden AC-Systeme mit sehr großen Netzableitkapazitäten und asymmetrischer Belastung. Gegenmaßnahmen sind hier erstens das Aufteilen in kleinere Subsysteme und zweitens die Messung der Kapazität und das Berechnen des maximalen Körperstroms im Fehlerfall, was mit dem neuen Isolationsüberwachungsgerät Isometer iso685 möglich ist. Es versteht sich von selbst, dass Isolationsfehler auch im IT-System zeitnah beseitigt werden müssen, um das System auf hohem Isolationsniveau zu halten.

2. Vorteil: Fehlerlokalisierung: Mittels sogenannter Einrichtungen zur Isolationsfehlersuche (IFLS) können Isolationsfehler im laufenden Betrieb oder abgeschalteten Zustand lokalisiert werden. Dazu stehen Geräte zur stationären Installation und mobile Geräte zur Verfügung. Dies ist in geerdeten Systemen grundsätzlich auch möglich, basierend auf der Differenzstromtechnik (RCM), jedoch mit der Einschränkung, dass dies nur in eingeschalteten Systemen funktioniert und im Gegensatz zum IT-System auf asymmetrische Isolationsfehler begrenzt bleibt.

3. Vorteil: Keine ungewollten Betriebsunterbrechungen: Wie oben ausgeführt, ist das IT-System inhärent sicher. Dies bedeutet quasi im Nebeneffekt, dass bei einem Isolationsfehler - selbst bei einem satten Erdschluss - keine Abschaltung erforderlich ist. Dies ist auch der Grund, warum IT-Systeme z.B. in Intensivstationen vorgeschrieben sind. Im Falle eines Isolationsfehlers werden die lebenserhaltenden Geräte weiter versorgt. Das IT-System eignet sich generell hervorragend für alle Applikationen, in denen Abschaltungen unerwünscht, folgenschwer oder kostspielig sind - in der Prozessindustrie, in Rechenzentren, in der Automatisierung und im Prinzip überall. Eine besondere Bedeutung kommt Steuerstromkreisen aller Art zu. Fehlsteuerungen und Ausfälle von Steuerstromkreisen - zum Beispiel in einem Umspannwerk oder einem Atomkraftwerk - können gravierende Folgen haben. Basierend auf den Informationen, die das Isolationsüberwachungsgerät bereitstellt, können im IT-System Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen langfristig geplant und ungeplante Einsätze zur Störungsbehebung vermieden werden.

4. Vorteil: Frühzeitige Verschlechterungen erkennen: Ein weiterer entscheidender Vorteil ist, dass Verschlechterungen des Isolationsniveaus sofort erkannt werden können. In einem geerdeten System können Fehlerströme mittels hochentwickelter Differenzstromtechnik (RCM-Technik) im einstelligen Milliampere-Bereich aufgelöst werden - aber auch nicht weiter. Dies bedeutet, selbst wenn nur die ohmschen Anteile des Differenzstromes selektiert werden könnten, bei einer Netzspannung von 400V und einer Auflösung von 10mA eine Erkennung der Verschlechterung des Isolationsniveaus unterhalb von 40k. Dies ist eine enorme Verbesserung gegenüber einem geerdeten System, das nicht überwacht wird und irgendwann einfach ungewollt abschaltet. Aber ein Isolationswert von 40k entspricht beim IT-System bereits dem empfohlenen Hauptansprechwert. Gemessen werden kann im IT-System im Megaohmbereich und darüber - was einen Faktor von mindestens 1.000 gegenüber dem geerdeten System bedeutet. Es können also Isolationsverschlechterungen im ungeerdeten System noch sehr viel früher gemessen und behoben werden.

5. Vorteil: Symmetrische Fehler erkennen: In einem IT-System können mittels eines aktiv messenden Isolationsüberwachungsgerätes nach IEC61557-8 symmetrische Fehler erkannt werden. Symmetrische Fehler sind Isolationsverschlechterungen gleicher Größenordnung auf allen Außenleitern. Solche Fehler sind nicht selten. Beispielsweise verschlechtern sich die Isolationswerte in Photovoltaikanlagen häufig gleich auf der Plus- und der Minusseite.

6. Vorteil: Messungen in DC-Netzen: RCDs für reine DC-Netze wie Batteriesysteme stehen zurzeit nicht zur Verfügung. Möglichkeiten dazu stellen entweder Geräte zur Differenzstromüberwachung (RCM) mit einer DC-Versorgungsspannung oder die Ausführung als IT-System mit Isolationsüberwachung dar. Das Isometer iso685 bietet zudem den Vorteil, dass es in DC-Netzen anzeigt, ob der Fehler auf der Plus- oder Minusseite vorliegt.

7. Vorteil: Messung in gemischten AC-Netzen mit DC-Anteilen: Befinden sich Batteriesysteme, Umrichter, Schaltnetzteile etc. im AC-Netz, so sind DC-Fehlerströme möglich. Die weit verbreiteten RCDs vom Typ A für reine AC-Netze sind hier ungeeignet. Hier können im geerdeten Netz nur RCDs vom Typ B eingesetzt werden oder es muss auf anderem Wege (mittels RCM-Technik) sichergestellt werden, dass bei DC-Strömen oberhalb von 6mA abgeschaltet wird. Eine sinnvolle Alternative dazu ist, die Anlage als ungeerdetes Netz zu betreiben und mit einem Isolationsüberwachungsgerät zu überwachen.

8. Vorteil: Offline-Monitoring: Da ein Isolationsüberwachungsgerät nach IEC61557-8 im IT-System aktiv misst, kann es auch allpolig abgeschaltete IT- oder TN-Systeme überwachen. Dies ist zum Beispiel wichtig für Weichenheizungen, Feuerlöschpumpen auf Schiffen und redundante Kühlsysteme in Atomkraftwerken. So erkennt man z.B. auch im Sommer, wenn eine Weichenheizung einen Isolationsfehler aufweist, und kann sie rechtzeitig reparieren. Andernfalls würde man den Fehler erst beim Einschalten im Winter bemerken - in Form des unmittelbaren Ausfalls der Anlage genau dann, wenn sie gebraucht wird.

9. Vorteil: Schließung der Lücke zwischen den wiederkehrenden Prüfungen: Das im IT-System vorgeschriebene Isolationsüberwachungsgerät überwacht den Isolationswert permanent. Bei den regelmäßigen Prüfungen (Stichwort DGUV Vorschrift 3-Prüfung) wird im Gegensatz dazu nur der momentane Isolationszustand erfasst. Dieser kann unmittelbar nach der Prüfung schon dramatisch verschlechtert sein und dann lange unbemerkt bleiben. Auch im geerdeten System ist die permanente Überwachung durch den zusätzlichen Einsatz von Differenzstromüberwachungssystemen (RCM-Technik) möglich.

10. Vorteil: Brandvorbeugung: Isolationsfehler in Elektroinstallationen sind die häufigste Brandursache überhaupt. Im IT-System ist die Brandwahrscheinlichkeit sehr gering. Erstens kann man Isolationsfehler schon in der frühen Entstehungsphase erkennen und beheben. Zweitens fließt aufgrund des fehlenden niederohmigen Rückpfades im Falle des Isolationsfehlers kein Strom, der groß genug wäre, einen Brand zu verursachen. Auch hier gilt wieder die Einschränkung auf Systeme mit nicht zu großer Netzableitkapazität.

11. Vorteil: Langzeitbetrachtung: Die neuen Isometer iso685 und iso1685 sind in der Lage, über viele Jahre hinweg lückenlos Netzparameter mit Zuordnung von Datum und Zeit aufzuzeichnen. In Verbindung mit weiteren aufgezeichneten Systemereignissen ermöglicht dies die eventbasierte Fehleranalyse und erleichtert das Auffinden und Beseitigen sporadisch auftretender Fehler sowie die Verbesserung der Entscheidungsgrundlage für zukünftige Investitionen. Die Auswertung kann am Gerät selbst oder via Ethernet durchgeführt werden.

12. Vorteil: Sicherer Umgang mit nichtlinearen Verbrauchern, insbesondere Umrichtern. Heutige Netze enthalten immer weniger lineare (ohmsche) Verbraucher. Die Glühlampe wurde durch Energiesparlampen oder LEDs ersetzt, Computer und Fernseher werden über Schaltnetzteile mit dem Netz verbunden, die Waschmaschine enthält einen Frequenzumrichter und für die Motoren in der Industrie kommen Frequenzumrichter in großer Zahl zum Einsatz. Ein leistungsstarkes Isolationsüberwachungsgerät im IT-System hat damit kein Problem und misst den Isolationswert des gesamten Netzes korrekt. Das IT-System eignet sich besonders für den Einsatz mit Umrichtern, denn im IT-System kann es auch bei einem satten Isolationsfehler im Zwischenkreis von großen Umrichterantrieben durch DC-Ströme und die damit verbundenen Sättigungseffekte in Eisenkernen nicht zur Zerstörung der induktiven Elemente von speisenden Generatoren und Transformatoren kommen. Das Isometer iso685 wurde für die Überwachung von Netzen mit Frequenzumrichtern entwickelt und ermöglicht eine logische Verknüpfung von Systemparametern, um eine automatische Abschaltung von Antrieben bei einem kritischen Anlagenzustand auszulösen. Eine Fehlerdifferenzierung in Umrichterantrieben nach Zwischenkreis und Motorseite ist mit dem iso685 ohne zusätzliche Aufwendungen und ohne weitere Geräte möglich.

13. Vorteil: Keine vagabundierenden Ströme: In geerdeten Systemen verursachen vagabundierende Ströme oft Probleme. Dies sind Ströme, die nicht über die L-, N- und PE-Leiter fließen, sondern sich andere Wege suchen. Sie verursachen Korrosion und Lochfraß bei Rohrleitungen, Blitzschutzanlagen, Kugellagern, Fundamenterdern und sonstigen leitfähigen Teilen. Sie können zur Zerstörung von Schirmen von Signalkabeln bis hin zum Brand führen und es können dadurch Störmagnetfelder auftreten, die Probleme mit EDV- und Kommunikationsanlagen hervorrufen. Da im ungeerdeten System der Rückpfad zum Sternpunkt des Trafos nicht geschlossen wird, können sich vagabundierende Ströme in ungeerdeten Systemen nicht ausbreiten.

14. Vorteil: Stabiler bei Transienten: In der IEC62109-1:2010 wird die Möglichkeit beschrieben, die Überspannungskategorie von ÜK IV auf ÜK III durch Isolation via Trenntransformator, Optokoppler oder ähnliche galvanische Trennung zu reduzieren, weil Transienten keine so hohen Ströme wie bei geerdeten Systemen zur Folge haben. Die praktische Folge daraus ist, dass Bauteile in den elektrischen Verbrauchern im IT-System weniger Belastung durch Spannungsspitzen erfahren und dadurch eine längere Lebensdauer haben.

Bender GmbH & Co. KG

Dieser Artikel erschien in SCHALTSCHRANKBAU 1 2017 - 10.03.17.
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