Zentrale und Dezentrale Stromverteilungssysteme
Flexible Systemtechnik
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Im Maschinen- und Anlagenbau sind die Anforderungen an Stromverteilungssysteme über die unterschiedlichsten Anwendungen hinweg sehr vielschichtig. Gleichzeitig gibt es auch innerhalb der Industriezweige Chemie, Food, Pharma, Energie- und Kraftwerkstechnik, Öl und Gas, Fahrzeugproduktion, Datenzentren oder auch Telekommunikation Bedarf an zentralen wie auch an dezentralen Stromverteilungssystemen.
Die notwendige Bandbreite von klein, kompakt und unabhängig bis hin zu zentral, leistungsstark und modular könnte also kaum größer sein. Mit einem industriell hergestellten und damit leicht reproduzierbaren Systemansatz lassen sich diese Anforderungen sinnvoll miteinander verbinden. Sozusagen ein Baukasten verschiedener Lösungen.
Zentrale Stromverteilungssysteme
Wer eine Stromversorgung aufbaut, muss sich vorrangig klar werden, ob sie sinnvoller dezentral an der Maschine oder besser als zentrale Versorgung für einen größeren Anlagenabschnitt im Schaltschrank platziert ist. Vor allem in der Chemieindustrie ist die zentrale Anlagentechnik stark verbreitet. Dabei steht neben der reinen Verteilung immer die selektive Absicherung der einzelnen Lastkreise im Vordergrund. Die eingesetzten Schutzschalter lassen sich dann je nach Applikation abhängig von den ihren Funktionsprinzipien (elektronisch, thermisch, thermisch-magnetisch, magnetisch, hydraulisch magnetisch) entsprechend kombinieren. Die Verschaltung hat dabei stets das Ziel, nur das Schutzelement des defekten Lastkreises auszulösen. Die Vorsicherung sollte dabei unbeeinflusst bleiben, da sie ansonsten bei einer Auslösung den gesamten Anlagenabschnitt lahmlegen würde. Diese Stromverteilungssysteme erlauben die Absicherung von Lasten im gehobenen Nennstrombereich bis 125A für AC oder DC, bei Einspeisungen bis zu 240mm² (500A). Gleichzeitig eignen sie sich für kleine Nennströme unterhalb von 1A. Auch diese lassen sich ebenso problemlos verteilen und absichern. Um die Stromverteilung genau auf die Anwendung zuschneiden zu können, stehen dem Anwender sehr unterschiedliche Stromverteilungsmodule zur Verfügung. Dies reicht von der Montage auf Hutschiene über die Nutzung von Modulen direkt auf die Montageplatte bis hin zum Aufbau in 19"-Technik. Dies sorgt bei bis zu 30 möglichen Lastkreisen zu einem sehr übersichtlichen Aufbau und reduziert die Verdrahtung spürbar. Ferner erlaubt der Einsatz steckbarer Schutzschalter jederzeit die Anpassung bzw. Erweiterung an neue oder geänderte Anforderung. All dies dient dem Ziel kurzer Stillstandszeiten und damit einer erhöhten Anlagenverfügbarkeit. Sei es sowohl in einem dezentralen Schaltkasten für die Vor-Ort Montage als auch beim zentralen Schaltschrank mit allen benötigten Spannungen und Absicherungen an einer Stelle spielt der Platzbedarf eine große Rolle. Deshalb geht es immer um die Verbindung möglichst hoher Leistung und geringen umbauten Raum. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine übersichtlich angeordnet Verkabelung. Die Klemmen als Schnittstellen für die Ein- und Ausgänge lassen sich dabei trotz Platzeinsparung leicht zugänglich anordnen.
Dezentrale Stromverteilungssysteme für raue Umgebungen
In größeren Fertigungsanlagen, wie beispielsweise in der Fahrzeugproduktion, geht der Trend weg von wenigen großen Schaltschränken hin zu zentralen Stromverteilungen und vielen kleinen, flexiblen Energieverteilungseinheiten. Diese sind direkt an den zugehörigen Fertigungsinseln montiert und an den entsprechenden Leistungsbedarf angepasst. Die eine kompakte Einheit enthält alle für die Stromversorgung benötigten Komponenten. Speziell bei langen Fertigungsstraßen gibt es viele kleine aneinander gereihte Fertigungseinheiten wie beispielsweise Roboterinseln, Schweißeinheiten, Montageplätze, usw. Die notwendige Stromversorgung mit DC 24V, die ursprünglich über lange Leitungen aus den zentralen Schränken kam, läuft nun über entsprechend viele kleine Unterverteiler. Dabei wird die Sekundärspannung DC 24V vor Ort aus der Primärspannung AC 400V erzeugt. Dies reduziert die Verluste in langen Zuleitungen auf ein Minimum. Dadurch ist es auch möglich, den Kabelquerschnitt für die AC Versorgung sehr viel kleiner zu wählen. Im dezentral angeordneten Schaltschrank vor Ort befinden sich dann ein Netzteil (inklusive AC/DC-Wandler) und ein Stromverteilungsmodul mit den passenden steckbaren Sicherungsautomaten. Hinzu kommen Überwachungseinrichtungen, die über Bussysteme mit der Zentralsteuerung bzw. Leitwarte vernetzt sind. Bei Bedarf sind dort auch Puffereinheiten für den möglichen kurzzeitigen Spannungseinbruch installiert. Die Anforderungen an solch einen dezentralen Stromverteiler in der rauen Fertigungsumgebung sind naturgemäß hoch: mindestens Schutzart IP65, ausgelegt für mögliche Umgebungstemperaturen bis zu +45°C sowie klein und kompakt. Ziel ist es, alle Fertigungseinheiten für das Bedienpersonal gut einsehbar zu gestalten und 'tote Winkel' möglichst zu vermeiden. Hinzu kommen Anschlussmöglichkeit für mindestens 20 Lastkreise - abgesichert mit entsprechend selektiv wirkenden Sicherungsautomaten. Der Aufbau ist modular (z.B. mit oder ohne Batteriepuffermodul) und lässt sich damit einfach an unterschiedliche Anwendungen oder sich ändernde Betriebsbedingungen wie den Einsatzort anpassen.
Kompakter Schaltschrank für die Automobilbranche
Von einem Automobilhersteller erhielt E-T-A den Auftrag zur Entwicklung eines dezentralen Kompaktschaltschranks, für eine Pilotanlage. Dazu waren kundenspezifische Gehäuse- sowie Schaltnetzteileentwicklungen notwendig, um die maximale Leistung bei gleichzeitig minimalem Platzbedarf zu garantieren. In diesem Stahlgehäuse mit ca. 48l Volumen wird eine Leistung von knapp 1KW umgesetzt. Dabei gelang es, auch im Dauereinsatz bei bis zu +45°C Umgebungstemperatur ohne zusätzliche aktive Kühlung auszukommen. Der Temperaturausgleich erfolgt allein über die Gehäuse-Oberfläche. Möglich macht dies der Einsatz besonders verlustarmer Netzteile und elektronischer Sicherungsautomaten. Sie reduzieren die Wärmeabgabe an den Innenraum deutlich und funktionieren auch selbst bei höheren Temperaturen. Ein entsprechend konstruierter Aufbau und die thermisch optimierte Anordnung der Komponenten in der Box verbessern die interne Luftzirkulation und die Übertragung der verbleibenden Wärmeabgabe an die Außenhaut des Kleinschaltschrankes. Da keine aktive Kühlung erforderlich ist, entfiel mit der Lüfter-Filter-Einheit, auch eine sehr verschleiß - bzw. wartungsintensive Funktionseinheit. Zusätzlich unterstützen ausgewählte robuste Elektronikkomponenten die hohe Verfügbarkeit und die lange - wartungsfreie - mittlere Lebenserwartung eines solchen Stromverteilers von bis zu 15 Jahren. In dieses Stromverteilungssystem lässt sich die neueste Generation elektronischer Schutzschalter vom Typ ESS30 einstecken. Sie ist mit einer galvanisch trennenden Abschaltung ausgestattet. Gegenüber herkömmlichen thermisch-magnetischen Leitungsschutzschaltern lassen sich diese Geräte sicher und präzise und damit selektiv auslegen. Zudem ist die eigene Verlustleistung durch Wegfall des galvanisch trennenden Bimetalls deutlich reduziert. Der integrierte Prozessor wertet den Laststrom aus und reagiert verzögert auf Überlasten und gleichzeitig unmittelbar auf einen eventuell vorhandenen Kurzschluss. Dabei begrenzt das Gerät den Kurzschlussstrom. Dies schützt vor einer Beschädigung der Leitungen und der Last. Der Typ ESS30 verhindert ebenso eine Überlastung, so dass das Schaltnetzteil in die Eigensicherung geht und die DC 24V Steuerspannung komplett herunterregelt. Damit würden alle Lasten komplett abgeschaltet. Diese Konstellation garantiert Selektivität, also alle nicht fehlerhaften Parallelstromkreise bleiben aktiv.
Im Maschinen- und Anlagenbau sind die Anforderungen an Stromverteilungssysteme über die unterschiedlichsten Anwendungen hinweg sehr vielschichtig. Gleichzeitig gibt es auch innerhalb der Industriezweige Chemie, Food, Pharma, Energie- und Kraftwerkstechnik, Öl und Gas, Fahrzeugproduktion, Datenzentren oder auch Telekommunikation Bedarf an zentralen wie auch an dezentralen Stromverteilungssystemen.
Die notwendige Bandbreite von klein, kompakt und unabhängig bis hin zu zentral, leistungsstark und modular könnte also kaum größer sein. Mit einem industriell hergestellten und damit leicht reproduzierbaren Systemansatz lassen sich diese Anforderungen sinnvoll miteinander verbinden. Sozusagen ein Baukasten verschiedener Lösungen.
E-T-A Elektrotechnische Apparate GmbH
Dieser Artikel erschien in SCHALTSCHRANKBAU 2 2017 - 12.04.17.Für weitere Artikel besuchen Sie www.schaltschrankbau-magazin.de