Strahlende Kabel
Die längsten Antennen der Welt
In geschlossenen Bereichen sind herkömmliche Antennen oft überfordert, weil Reflektionen, Abschattungen oder Überlappungen das Signal stark stören. Strahlende Kabel bieten hier seit Jahrzehnten eine Alternative und sind ausgelegt für Anwendungen der Automatisierung. Weil die Anforderungen an drahtlose Kommunikation und Bandbreiten steigen, gibt es heute auch für WLAN und LTE eine zukunftsfähige Lösung.
Strahlende Kabel, die als Antennen genutzt werden, basieren auf Koaxialkabeln und bestehen aus einem Innenleiter, der das Signal führt, und einem Außenleiter. Um zwischen den beiden Leitern einen gleichmäßigen Abstand zu halten, kommt ein niedrig verdichtetes Schaummaterial zum Einsatz. Während das geschlossene Koaxialkabel ein hochfrequentes Signal von einem Ende zum anderen transportiert, ist der Außenleiter beim strahlenden Kabel mit Schlitzen versehen, die gezielt die Funkwellen austreten lassen bzw. auch wieder empfangen können. Jeder Schlitz kann als kleine Antenne verstanden werden. Die Kunst bei Design und Entwicklung der Kabel besteht darin, die Leitungswiderstände trotzdem niedrig zu halten, obwohl jeder Schlitz einen Energieverlust darstellt, um möglichst viel nutzbare Kabellänge zu erreichen.
Vergleich zu Antennen
Strahlende Kabel haben im Vergleich zu Antennen keinen Sende- und Empfangsgewinn sondern 'verteilen' die Energie entlang ihrer Länge. Dadurch strahlen sie genau dort ab, wo die Empfänger sich bewegen. Sie können problemlos um Ecken und Kurven herum gelegt werden. Dadurch kann auch die Dichte der eingesetzten Sender in einem Raum reduziert werden. Viele Funksysteme reagieren empfindlich auf konkurrierende Sender, überlappende Kanalnutzung und Interferenzen. Strahlende Kabel haben eine relativ geringe und gut berechenbare Reichweite, so dass zum Beispiel in einer Produktionshalle trotzdem mehrere Funksysteme für verschiedene Zwecke im gleichen Frequenzband eingesetzt werden können.
Einsatz und Anwendung
Seit rund 40 Jahren werden strahlende Kabel eingesetzt. Sie haben ihren Ursprung im Bergbau, sind aber heute auch in vielen anderen Branchen zu finden: von Tunneln im Straßen- und Bahnverkehr bis hin zu Flughäfen, Krankenhäusern, Liftschächten oder Parkhäuser. Da sie grundsätzlich breitbandig sind, können mehrere Funkanwendungen und Frequenzen gleichzeitig über nur ein strahlendes Kabel geleitet werden. Im Automatisierungsumfeld werden strahlende Kabel oft anders eingesetzt als im Tunnel. Ziel ist es hier, mit Hilfe das strahlenden Kabels die Stabilität und Zuverlässigkeit der drahtlosen Verbindung zu erhöhen. Ein weiteres Merkmal ist, dass der Abstand zwischen dem sendenden Kabel und dem Empfänger auf nur wenige Zentimeter Abstand reduziert ist. Ein Beispiel sind autonome Fahrzeuge oder Bauteilträger, die mit einem entlang der Strecke verlegten strahlenden Kabel kommunizieren. Es gibt aber noch zahlreiche weitere Lösungen: So kann das Kabel als verschleißfreier Schleifringersatz verwendet werden. Es wird um die rotierende Plattform gelegt und ist mit dem WLAN-Empfänger verbunden. Der WLAN-Sender ist mit einer fest montierten Antenne verbunden. Dadurch sind Sender und Empfänger immer im gleichen Abstand. Per WLAN kann dann eine höhere Bandbreite übertragen werden als das mit mechanischen, verschleißbehafteten Schleifringen üblich ist.
Neue Trends und Herausforderungen
Die Welt der drahtlosen Kommunikation schreitet schnell voran: Getrieben von steigenden Anforderungen an Bandbreite, Stabilität und Verfügbarkeit werden weitere Standards geschaffen, die Technik verbessert und neue Frequenzbänder genutzt. Wie im Heim- und Bürobereich, werden auch in der Industrie immer mehr Geräte, Maschinen und Sensoren mit Wireless-Kommunikationsschnittstellen ausgerüstet. Strahlende Kabel stehen in diesem Kontext eher da wie aus einer anderen Zeit. Sie sind relativ einfach aufgebaut und wurden bisher eher mit althergebrachten Funktechniken assoziiert. Gibt es also für diese Dinosaurier eine Zukunft? Das Kabelwerk Eupen hat ein Thema aus dieser Trendliste herausgenommen und eine passende MIMO-Lösung dazu entwickelt. MIMO (Multiple Input Multiple Output) bezeichnet eine Technik, die pro Access-Point bzw. Basisstation mehrere aktiv sendende Antennenteile verwendet. Bei neueren WLAN-Access-Points führt es dazu, dass diese nun bis zu vier Antennen besitzen. Der Ruf nach einer Lösung für die Nutzung von MIMO mit strahlenden Kabeln erklärt sich aus der Anwendung von LTE im Tunnel. Den Fahrgästen mit ihren immer potenteren Smartphones soll ein unterbrechungsfreier Datenstrom angeboten werden, damit auch im Tunnel der online gestreamte Film nicht anfängt zu ruckeln. Da MIMO auf rein physikalischer Ebene die Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen über mehrere Pfade nutzt, um die mögliche Datenrate für die Übertragung zu erhöhen, ist ein Tunnel eigentlich eine ideale Umgebung. Trotzdem scheitern herkömmliche Antennen dort, wenn ein massiver stählerner Körper wie ein Zug die Signale blockiert.
Testreihe für strahlende MIMO-Kabel
Das Kabelwerk Eupen hat eine Testreihe gefahren, um die Nutzbarkeit von strahlenden Kabeln mit MIMO zu untersuchen. Um Laborbedingungen zu erhalten, wurde der Aufbau im Freifeld gemacht, um Störungen durch Reflexionen auszuschließen. Es sollten zunächst nur die Abstrahleigenschaften der Kabel gemessen werden. Im Tunnel wird es dann in jedem Fall sogar besser funktionieren, weil MIMO ja die Mehrwegeausbreitung über Reflexionen nutzt. Mit einem Messwagen, der auf Schienen im Abstand von 2m entlang der Kabel bewegt wird, messen verschiedene Empfangs-Antennentypen die ankommenden Signale. Einmal wurden zwei in 90° zueinander angeordnete Dipole als Empfangsantenne genutzt, einmal eine MIMO-Zugantenne von Huber&Suhner. Im Rahmen der Messreihe sollte ein 2x2-MIMO-System mit je zwei Sende- und Empfangseinheiten getestet werden. Analog zur Bestückung mit Antennen war der erste Testaufbau mit zwei parallel angeordneten strahlenden Kabeln versehen. Dieser Aufbau hat gut funktioniert, die bestmögliche Datenrate, die mit dem genutzten MIMO-System möglich war, wurde erreicht. Jedoch tritt die Längsdämpfung der Kabel genau so in Erscheinung. Je länger also das Kabel wird, desto mehr wird das Signal gedämpft und entsprechend fällt die Datenrate ab. Im Vergleich mit nur einem Kabel (SiSo-System) erreicht man aber immer fast die doppelte Datenrate an jeder Stelle.
Lösung für moderne Anwendungen
Bei den Tests wurde dann auch eine zweite Lösung gefunden, die auch wirtschaftlich sehr interessant ist. Der zweite Stream wird dem gleichen Kabel vom anderen Ende her eingespeist. Bei dem Test mit LTE wurde das realisiert, indem das zweite Signal per Glasfaserleitung zu einem Repeater am anderen Ende des Kabels geschickt wurde, der das dann eingespeist hat. Das ist notwendig, um Latenzen im Signalverlauf so gering wie möglich zu halten. Dass diese Art der Signalübertragung von 2x2 MIMO über ein Kabel funktioniert, ist einer speziellen Eigenschaft der strahlenden Eucaray-Kabel von Eupen zuzuschreiben. Sie sind so designt, dass durch die Schlitzanordnung die elektromagnetischen Wellen, die an den Schlitzen austreten, miteinander interferieren und dadurch stark abgelenkt werden. Die Radiowellen erhalten also einen Abstrahlwinkel, der bei ca. 160° liegt. Er ist abhängig von der Richtung, aus der das Signal in das Kabel eingespeist wird. Damit wird das zweite MIMO-Signal, das am anderen Ende des Kabels eingespeist wird, mit dem genau entgegengesetzten Winkel des ersten Signals abgegeben. Es entsteht eine Kreuzpolarisierung. Als zweiter Effekt kommt hinzu, dass die Signallaufzeiten der beiden Streams zu einander reziprok sind, je nachdem wo man sich als Empfänger entlang des Kabels bewegt. Nur genau in der Mitte des Kabels sind die Laufzeiten gleich. Ansonsten wird so die MIMO-Anforderung nach unterschiedlichen Laufzeiten so perfekt erfüllt. Der ursprüngliche Anlass für die gewinkelte Abstrahlung war eine Anforderung aus der Automatisierung. Der Empfänger soll sich im kurzen Abstand von etwa 10cm entlang des strahlenden Kabels bewegen. Dabei zeigte sich, dass das empfangene Signal stark schwankte. Das liegt daran, dass die Schlitze nicht kontinuierlich entlang des Kabels angebracht sind sondern in Gruppen. Damit wird eine bessere Längsdämpfung erzielt. Um diese Signalschwankung zu reduzieren wurden die Schlitzgruppen so ausgelegt, dass das Signal im flachen Winkel abgestrahlt wird und so auch in den Bereichen ohne Schlitze ein resultierendes elektromagnetisches Feld entsteht. Diese Eigenschaft ist eines der Alleinstellungsmerkmale von Eucaray-Kabeln. Und im Zusammenhang mit MIMO hat sich diese Eigenschaft nun doppelt bezahlt gemacht. Die erzielten Messergebnisse zeigen einen großen Vorteil der Einspeisung von beiden Seiten. Entlang des Kabels ist das Energieniveau und damit die erzielte Bandbreite konstant. Die Längsdämpfung schlägt nicht zu Buche, weil sich die beiden Streams so überlagern, dass ein Abfall der abgestrahlten Leistung nicht messbar wird. Natürlich stimmt das nur für Kabellängen innerhalb bestimmter Grenzen. Wird das Kabel zu lang, fällt die Datenrate am Anfang und Ende des Kabels ab. Die Lösung der Einspeisung von beiden Seiten ist entsprechend den Messergebnissen mit einem LTE-System nur bis ca. 500m Kabellänge sinnvoll. Bei längeren Kabeln beginnt das Signal an den Enden schlechter zu werden. In der Praxis sind jedoch 500m Sektionslängen üblich. Deswegen ist der Einsatz dieser Lösung sehr sinnvoll, insbesondere auch, weil sich die Kosten im Vergleich zu einer MIMO-Lösung mit zwei parallelen Kabeln für Material und Installation halbieren. Für den Einsatz mit WLAN reduziert sich die Kabellänge naturgemäß. Das liegt einerseits an der höheren Frequenz von 2,4GHz oder 5GHz als auch an den geringeren Sendeleistungen von WLAN Access-Points.
Einsatz in der Automatisierung
Beim Einsatz von WLAN in der Automatisierung stehen die Kosten und der Aufwand immer im Fokus und deswegen wird nicht mit teuren Zwischenverstärkern oder Repeatern gearbeitet, die zudem die Komplexität der Installation erhöhen. Ein Aufbau, bei dem entlang des Kabels parallel eine LWL-Leitung zum Repeater gezogen wird, sprengt also den Rahmen. Der Einsatz von langen Koaxialkabeln als Zubringer sollte ebenfalls vermieden werden. Selbst wenn diese sehr niedrige Längsdämpfungswerte haben, wird die System-Performance davon beeinträchtigt werden. Das strahlende Kabel sollte also vom Access-Point ausgehend in einer Schleife gelegt werden, so dass nur kurze Jumper oder Feeder-Kabel eingesetzt werden müssen. Eine bereits heute typische Anwendung für strahlende Kabel kommt damit in Betracht. In Hochregallagern soll den sich darin bewegenden Gabelstaplern oder Handscannern eine stabile und zuverlässige WLAN-Verbindung angeboten werden. Mit der neuen MIMO-Funktion können damit nun Datenraten übertragen werden, die Videoübertragung oder eine hohe Anzahl an Clients im Netz erlaubt. Da das Kabel im Einsatz mit WLAN bis zu 120m lang werden kann, werden so mehrere Gänge zwischen den Regalen von einem einzigen Access-Point mit hoher WLAN-Bandbreite versorgt. So kann mit nur wenigen Geräten ein komplettes Lager versorgt werden.
In geschlossenen Bereichen sind herkömmliche Antennen oft überfordert, weil Reflektionen, Abschattungen oder Überlappungen das Signal stark stören. Strahlende Kabel bieten hier seit Jahrzehnten eine Alternative und sind ausgelegt für Anwendungen der Automatisierung. Weil die Anforderungen an drahtlose Kommunikation und Bandbreiten steigen, gibt es heute auch für WLAN und LTE eine zukunftsfähige Lösung.
Strahlende Kabel, die als Antennen genutzt werden, basieren auf Koaxialkabeln und bestehen aus einem Innenleiter, der das Signal führt, und einem Außenleiter. Um zwischen den beiden Leitern einen gleichmäßigen Abstand zu halten, kommt ein niedrig verdichtetes Schaummaterial zum Einsatz. Während das geschlossene Koaxialkabel ein hochfrequentes Signal von einem Ende zum anderen transportiert, ist der Außenleiter beim strahlenden Kabel mit Schlitzen versehen, die gezielt die Funkwellen austreten lassen bzw. auch wieder empfangen können. Jeder Schlitz kann als kleine Antenne verstanden werden. Die Kunst bei Design und Entwicklung der Kabel besteht darin, die Leitungswiderstände trotzdem niedrig zu halten, obwohl jeder Schlitz einen Energieverlust darstellt, um möglichst viel nutzbare Kabellänge zu erreichen.
Vergleich zu Antennen
Strahlende Kabel haben im Vergleich zu Antennen keinen Sende- und Empfangsgewinn sondern 'verteilen' die Energie entlang ihrer Länge. Dadurch strahlen sie genau dort ab, wo die Empfänger sich bewegen. Sie können problemlos um Ecken und Kurven herum gelegt werden. Dadurch kann auch die Dichte der eingesetzten Sender in einem Raum reduziert werden. Viele Funksysteme reagieren empfindlich auf konkurrierende Sender, überlappende Kanalnutzung und Interferenzen. Strahlende Kabel haben eine relativ geringe und gut berechenbare Reichweite, so dass zum Beispiel in einer Produktionshalle trotzdem mehrere Funksysteme für verschiedene Zwecke im gleichen Frequenzband eingesetzt werden können.
Kabelwerk Eupen AG
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 5 2017 - 22.05.17.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de