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Sicherheitsnormen Teil 2: Risikobeurteilung mit EN ISO12100

Risikobeurteilung

Im Anhang I der Maschinenrichtlinie wird in Europa gefordert, dass ein Hersteller oder sein Bevollmächtigter eine Risikobeurteilung für jede Maschine erstellt, bevor diese in den Verkehr gebracht wird. Es gibt unterschiedliche Methoden, um eine solche Analyse durchzuführen. Leitsätze zur Risikobeurteilung finden sich in der EN ISO12100. Diese beschreibt grundsätzliche Risiken, die entstehen können und nennt Methoden, mit denen eine Risikobeurteilung durchgeführt werden kann.

Bild: Euchner GmbH + Co. KGBild: Euchner GmbH + Co. KG

Eine generelle Strategie, wie das Risiko einer Maschine gemindert werden muss, ist einer der Hauptpunkte in der Norm. Es wird dabei ein dreistufiges Verfahren angewendet: Im ersten Schritt muss durch eine geeignete Konstruktion das Risiko sich zu verletzen, so weit als möglich minimiert werden (z.B. sollten alle Kanten so ausgeführt werden, dass sich niemand daran verletzen kann. Quetsch- und Scherstellen, die z.B. durch Abdeckungen vermeidbar sind, müssen dementsprechend ausgeführt werden.) Wenn die mit dem ersten Schritt getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um alle Gefahren zu eliminieren oder minimieren, dann müssen im zweiten Schritt technische Maßnahmen zur Risikominderung eingesetzt werden. Dies sind in erster Linie sogenannte trennende Schutzeinrichtungen, die verhindern, dass die Gefährdungsstelle überhaupt zugänglich ist. Das würde allerdings bedeuten, dass die Maschine komplett umschlossen werden muss, was in der Praxis nicht möglich ist. Deshalb erfolgt für den notwendigen Zugang der Einbau von Türen oder Klappen. Diese sogenannten beweglich trennenden Schutzeinrichtungen müssen mittels Sicherheitsschaltern dem Risiko der dahinter liegenden Gefahrenstelle entsprechend abgesichert sein. Wenn also ein hohes Verletzungsrisiko besteht, muss eine qualitativ hochwertige Absicherung vorgesehen werden. Im dritten Schritt muss sich der Benutzer der Maschine mit einer persönlichen Schutzausrüstung selbst schützen. Dies ist an vielen Stellen unumgänglich, muss aber auch auf diese Stellen beschränkt bleiben. Die Maßnahmen müssen in der Dokumentation der Maschine aufgeführt werden, u.U. müssen darüber hinaus Warnhinweise angebracht werden, wenn es keine technischen Möglichkeiten mehr gibt.

Lebensphasen einer Maschine

Des Weiteren informiert die EN ISO12100 darüber, welche Lebensphasen einer Maschine abgesichert werden müssen und welche verschiedenen Gefahren zu berücksichtigen sind.

Als Lebensphasen sind aufgeführt:

  • • Transport, Montage und Installation
  • • in Betrieb nehmen
  • • Verwendung
  • • Demontage, außer Betrieb nehmen und Entsorgung

Bei den Lebensphasen sind auch Aufbau und Abbau einer Maschine enthalten. Phasen, die von vielen Maschineherstellern nicht beachtet werden, bei denen aber eine große Gefahr für das Personal besteht. Zudem listet die Norm eine große Anzahl an Aufgaben während des Betriebs einer Maschine auf, die alle beurteilt werden müssen:

  • • Einrichten
  • • Prüfen
  • • Einlernen (Teachen) / Programmieren
  • • Umrüsten
  • • Anlauf
  • • alle Betriebsarten
  • • Maschinenbeschickung
  • • Entnahme des Produktes aus der Maschine
  • • Stillsetzen der Maschine
  • • Stillsetzen der Maschine im Notfall
  • • Wiederherstellung des Betriebs nach Stau oder Blockierung
  • • Wiederanlauf nach außerplanmäßigem Stillsetzen
  • • Fehlersuche und Fehlerbeseitigung

(Eingreifen der Bedienperson)

  • • Reinigung und Sauberhaltung
  • • präventive Instandhaltung
  • • Fehler behebende Instandhaltung

Bei all diesen Aufgaben müssen Gefährdungen in der Risikobeurteilung berücksichtigt werden. Falls eine Gefahr vorhanden ist, muss diese entsprechend der Risikobeurteilung gemindert werden. Ein zusätzlicher, häufig schwierig zu beurteilender Punkt der Risikoeinschätzung ist das unbeabsichtigte Verhalten eines Bedieners oder die vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung einer Maschine. Auch Störungen an einer Maschine, z.B. durch Ausfall eines Bauteils, sind zu berücksichtigen. Vielfach werden auch nicht alle Gefährdungen bedacht, die von einer Maschine oder Anlage ausgehen können. Deshalb finden sich auch Beispiele für die verschiedenen Möglichkeiten der Gefährdung im Anhang der Norm:

  • • Quetschen durch bewegliche Teile
  • • Quetschen durch fehlende Standfestigkeit der Maschine oder eines Maschinenteils
  • • Stromschlag oder tödlicher Stromschlag aufgrund von Teilen der elektrischen Ausrüstung, die im Fehlerzustand spannungsführend geworden sind
  • • bleibender Gehörverlust durch anhaltende Exposition gegenüber Lärm, verursacht durch stanzende Teile
  • • Atembeschwerden durch Inhalation toxischer Substanzen
  • • Störungen des Bewegungsapparates durch ungesunde Körperhaltung oder eine sich wiederholende Tätigkeit
  • • Verbrennung durch Kontakt mit Material hoher Temperatur
  • • Hautentzündung (Dermatitis) durch Kontakt der Haut (dermale Exposition) mit toxischen Substanzen

Die Liste ist keineswegs vollständig. Im Anhang B der Norm finden sich noch deutlich mehr Gefährdungen. Es soll sensibilisiert werden, nicht nur die offensichtlichen Gefahren durch mechanische Gefährdungen zu beachten, sondern auch andere Arten der Gefahr für den Menschen. Die Risikobeurteilung selbst besteht aus den Abschnitten:

  • • Risikoanalyse, bestehend aus
  • • Festlegung der Grenzen der Maschine
  • • Identifizierung der Gefährdungen
  • • Risikoeinschätzung
  • • Risikobewertung

Das alles zusammen genommen ist eine komplexe Aufgabe für den Konstrukteur einer Maschine.

Im dritten Teil beschäftigt sich die Serie mit dem Thema

´Risikobeurteilung nach EN ISO 13849-1´.

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Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 7 2017 - 10.07.17.
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