Planer + Programmierer = Planierer
Planst du noch oder programmierst du schon?
Die Planung von Elektro-, Mess- und Regelungstechnik war immer schon die Grundlage für eine effektive Inbetriebnahme und Betrieb von prozesstechnischen Anlagen. Doch im Zeitalter von Industrie 4.0 verändern sich Planungsabläufe rasant und dazu das Berufsbild des Planungsingenieurs. Automatisieren statt Handarbeit führt zum Erfolg, wenn bei bestehenden Anlagen die Dokumentation zügig aktualisiert und vereinheitlicht werden soll.
Die Basis für eine automatisierte Planung von Anlagen in der Prozessindustrie gibt es bereits: Seit gut 20 Jahren sind Tools auf dem Markt, die es ermöglichen, Daten aus der verfahrenstechnischen Planung mit den Daten der prozessleittechnischen Planung abzugleichen. Inzwischen gibt es auch Anwenugen, die diese Planungsdaten durchgängig über den gesamten Lebenszyklus der Anlage zur Verfügung stellen. Diese Daten können auch direkt für die Erstellung der Software von Automatisierungssystemen genutzt werden. Durch einen bidirektionalen Austausch werden Änderungen, zum Beispiel während der Inbetriebnahme des Automatisierungssystems, direkt in die Dokumentation des Planungstools übertragen. Durch die Offenheit der Planungstools in Bezug auf ihre Programmiertechnik lassen sich Prozesse nun automatisieren, die vor einigen Jahren noch von Hand ausgeführt wurden. Dabei helfen offene Schnittstellen in Form von VBA/VBS oder C-Skripting, um auf die Planungsdaten in der Datenbank zuzugreifen.
Programmieren statt zeichnen
Doch welche Schritte sind erforderlich, um den bisher von Hand gezeichneten Plan automatisch zu erzeugen? Als Erstes müssen alle Planungsdaten zur Verfügung stehen. Dazu müssen PLT-Stellen-Typicals, Rangierkonzepte, einzusetzende Geräte, Hardwarekomponenten der Automatisierungssysteme und so weiter festgelegt werden. Dann braucht es eine allgemeingültige Basis für die Planungsdaten aus den verschiedenen Systemen, um automatisierte Plausibilitätskontrollen der Daten durchführen zu können. Hartmut Hennecke, Niederlassungsleiter bei der Process Automation Solutions GmbH, beschreibt, wie die Automatisierungsspezialisten bei ihren Projekten vorgehen: "Als Basis für alle Planungsdaten, die zu einer Anlage vorliegen, haben wir uns eine sogenannte Neutrale Zone geschaffen. Hier lesen wir alle Daten aus verschiedenen Tools oder auch aus einer bestehenden Papierdokumentation ein. Wir bereiten sie so auf, dass sie unsere Kunden letztendlich in ihr CAE- oder PLS-System einspielen und weiter verwenden können, beispielsweise für eine 'as-built'-Dokumentation." Das automatisierte Vorgehen, das sich bereits bei einer Anlagengengröße ab etwa 500 PLT-Stellen rechnen kann, ist einfach zu verstehen: Zuerst wird ein Skript geschrieben oder so angepasst, dass es die Quelldaten lesen und automatisch für die Neutrale Zone aufbereiten kann. Liegen Dokumentationen nur in Papierformat vor, so werden diese vorher digitalisiert. Anschließend werden die Daten in einem Objekt, also einer PLT-Stelle, zusammengefasst. Sind die Daten aufbereitet und in der Neutralen Zone abgelegt, überprüfen kleine Programme innerhalb der Neutralen Zone die einzelnen PLT-Stellen auf Datenvollständigkeit. Dabei meldet sich jede PLT-Stelle beim Planer und sagt, welche Daten ihr noch fehlen. "Wir sind der Meinung, dass man an dieser Stelle bereits von einer autonomen PLT-Stelle reden darf', fährt Hennecke fort.
Die Planung automatisieren
Sind alle Planungsdaten in der Neutralen Zone abgebildet, lassen sich durch weitere Skripte die Dokumentation und die Projektierungsdaten für ein Automatisierungssystem erzeugen. Durch die Zuordnung von PLT-Stellen-Typen und den Gerätedaten sowie weiteren Informationen wie Verriegelungen oder funktionalen Abläufen lassen sich diese Daten automatisch generieren und zum Beispiel in ein Prozessleitsystem einspielen. Im letzten Schritt wird die E/MSR-Dokumentation mit Hilfe der Skripte erzeugt. Hier gibt es inzwischen intelligente Algorithmen, die ein automatisches Rangieren der einzelnen PLT-Stellen erlauben. Auch der Aufbau in einem Schaltschrank ist dann automatisch möglich. Durch bestimmte Funktionen in der Neutralen Zone können bereits geplante Geräte und PLT-Stellen eingefroren werden, damit sie nicht wieder verändert werden. Diese Funktion ist wichtig bei Erweiterungen und Umplanungen innerhalb einer Anlage beziehungsweise eines Projektes.
Planende Programmierer oder programmierende Planer
"Durch die Offenheit der heutigen Planungstools können wir inzwischen viele Prozesse automatisieren, die vor einigen Jahren noch von Hand durchgeführt wurden. Dazu programmieren wir individuelle Skripte", sagt Hennecke. Somit muss der Planer nicht nur planen, sondern auch intelligent programmieren können. Er muss im Stande sein, die vom System benötigten Planungsdaten anzulegen, um eine eindeutige und lückenlose Planung durchzuführen. Außerdem muss er durch intelligentes Skripting die Planungsdaten so aufbereiten, dass sie die gewünschte Dokumentation erzeugen. "Wir haben daher das Berufsbild des 'Planierers' geprägt, also die Begriffe Planer und Programmierer kombiniert. Das sind vor allem junge Ingenieure mit einigen Jahren Planungserfahrung, die Freude am Programmieren mitbringen." schildert Hennecke. Auch Institutionen wie die Namur beschäftigen sich mit dem Thema der automatischen Planung. Der Namur-Container definiert zum Beispiel eine Schnittstelle zwischen den CAE- und PLS-Systemen, durch die eine automatische Konvertierung der Planungsdaten in ein Automatisierungssystem möglich ist. "Wir sind der Meinung, dass wir erst ganz am Anfang eines Engineering 4.0 stehen. Die Computertechnik ist in den letzten Jahren immer leistungsstärker geworden. Dieses ist beispielsweise in der Text- und Spracherkennung ersichtlich. Auch KI-Systeme wie Google Rankbrains, n-gram, OpenAI, Deep Speech und viele mehr sind auf dem Vormarsch. Skripte, die Skripte schreiben, sind dabei nur ein erster Schritt in diese Richtung. Die Entwicklung wird weitergehen und in einigen Jahren werden wir vollautomatische Planungen einer Anlage in der Prozessindustrie durchführen können", erläutert Hennecke. Vielleicht wissen im Zuge von Industrie 4.0 die Geräte künftig aber auch selbst, mit wem sie gerade kommunizieren und verbunden sind. Vielleicht ist eine Dokumentation dann gar nicht mehr notwendig. n Alex Homburg vom Redaktionsbüro Stutensee.
Die Planung von Elektro-, Mess- und Regelungstechnik war immer schon die Grundlage für eine effektive Inbetriebnahme und Betrieb von prozesstechnischen Anlagen. Doch im Zeitalter von Industrie 4.0 verändern sich Planungsabläufe rasant und dazu das Berufsbild des Planungsingenieurs. Automatisieren statt Handarbeit führt zum Erfolg, wenn bei bestehenden Anlagen die Dokumentation zügig aktualisiert und vereinheitlicht werden soll.
Die Basis für eine automatisierte Planung von Anlagen in der Prozessindustrie gibt es bereits: Seit gut 20 Jahren sind Tools auf dem Markt, die es ermöglichen, Daten aus der verfahrenstechnischen Planung mit den Daten der prozessleittechnischen Planung abzugleichen. Inzwischen gibt es auch Anwenugen, die diese Planungsdaten durchgängig über den gesamten Lebenszyklus der Anlage zur Verfügung stellen. Diese Daten können auch direkt für die Erstellung der Software von Automatisierungssystemen genutzt werden. Durch einen bidirektionalen Austausch werden Änderungen, zum Beispiel während der Inbetriebnahme des Automatisierungssystems, direkt in die Dokumentation des Planungstools übertragen. Durch die Offenheit der Planungstools in Bezug auf ihre Programmiertechnik lassen sich Prozesse nun automatisieren, die vor einigen Jahren noch von Hand ausgeführt wurden. Dabei helfen offene Schnittstellen in Form von VBA/VBS oder C-Skripting, um auf die Planungsdaten in der Datenbank zuzugreifen.
Process Automation Solutions GmbH
Dieser Artikel erschien in Dezember+Januar 2017 - 13.12.17.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com