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Digitaler Zwilling vor dem Rollout bei Airbus

Klare Sicht in der Montage

Produktionsplanung und -steuerung lassen sich besser synchronisieren, wenn man die digitalen Modelle von Produkt und Fertigungslinien mit Echtzeitdaten aus dem Shopfloor füttert. Wie das im Flugzeugbau aussehen könnte, demonstriert der Synced Factory Twin bei Airbus. Doch bis das echtzeitfähige digitale Abbild der Fabrik flächendeckend bei der Flugzeugmontage hilft, ist noch einiges zu tun.

Bild: ©2017 www.ralfkopp.biz

Der Synced Factory Twin wurde unabhängig von, aber in enger Abstimmung mit den laufenden Forschungsvorhaben am Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) entwickelt. Eines dieser Projekte nennt sich AIR-X und hat die Gestaltung eines IoT-fähigen End-to-End-Daten-Backbones zum Ziel. Da sich Datenströme schwer sichtbar machen lassen, sollte der Demonstrator am Beispiel einer realen Arbeitsstation der Final Assembly Line (FAL) im Flugzeugbau veranschaulichen, wie Shopfloor-Daten in Echtzeit verarbeitet werden können, um daraus Vorhersagen für die Optimierung der Montageabläufe abzuleiten.

Die digitale Transformation muss bei Airbus und anderen Flugzeugherstellern von langer Hand geplant werden. Das hängt mit den strengen Nachweispflichten im Flugzeugbau zusammen und mit dem, was Eckard Gatzmanga, Leiter CAD/DMU Backbone/ICT Develop bei Airbus Operations in Hamburg, das Brownfield nennt: Die gewachsene IT-Landschaft, die von Flugzeugprogramm zu Flugzeugprogramm unterschiedlich ist, und die im Prinzip über den gesamten Lebenszyklus der Baureihe aufrechterhalten werden muss. Und das können 70 Jahre und mehr sein. Zehn Jahre dauert es, ein neues Flugzeug zu entwickeln, das dann mindestens 30 Jahre gebaut wird. Weitere 30 Jahre vergehen, bis die letzte ausgelieferte Maschine ihren Dienst einstellt. Solange müssen die Unterlagen aufbewahrt werden. Zudem berücksichtigt die EASA bei der Zertifizierung der Flugtauglichkeit einer Maschine die IT-Systeme, mit der die Unterlagen erstellt und verwaltet werden. Bei einem Systemwechsel müsste neu zertifiziert werden, was die Kosten für eine neue Lösung in die Höhe trebt. Der Business Case rechne sich nicht, sagt Gatzmanga, weshalb die IT-Landschaft immer nur beim Start eines neuen Programmes umgebaut werden könne. Bei Airbus kommt hinzu, dass bis zum Jahr 2000 jede Landesgesellschaft, kurz Natco, ihre eigene IT-Infrastruktur hatte. Der A350 ist überhaupt das erste Programm mit einer konzernweit einheitlichen PLM-Bebauung, die jetzt als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur mit Blick auf Themen wie Industrie 4.0 dient. Am Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) in Hamburg laufen derzeit 29 Projekte, in denen Airbus zusammen mit Partnern neue Fertigungsmethoden und -prozesse für kommende Programme erforscht. Ihr übergeordnetes Ziel ist es, die laufenden Kosten und die Durchlaufzeiten durch mehr Automatisierung zu reduzieren.

Redaktionsbüro Michael Wendenburg

Dieser Artikel erschien in IT&Production November 2017 - 08.11.17.
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