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Warum hat Balluff die Matrix Vision gekauft?

Kompetenzen ausbauen

Seit Mitte September ergänzt Matrix Vision mit seinem Produktportfolio das Programm der Balluff Gruppe. Was aber waren die Hintergründe für die Akquisition und wie wird es weiter gehen? Unser Schwestermagazin inVISION sprach zu diesen Themen mit Florian Hermle, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei Balluff, sowie Uwe Furtner, Geschäftsführer der Matrix Vision.

Bild: Balluff GmbHBild: Balluff GmbH
Die Geschäftsführung von Balluff und Matrix Vision (v.l.): Michael Unger, Florian Hermle, Katrin Stegmaier-Hermle (Balluff), Uwe Furtner und Erhard Meier (Matrix Vision). (Foto: Balluff)

Welche Ziele hat Balluff mit dem Kauf von Matrix Vision?

Florian Hermle: Matrix Vision ergänzt unser Produktangebot in einem Bereich, der bislang im Unternehmen eine vergleichsweise kleine Rolle spielt: kamerabasierte Sensorik, sprich Machine Vision. Aktuell haben wir zwei Vision-Produktlinien, die wir nicht selbst fertigen. Insgesamt nimmt aber die Bedeutung von Machine Vision für die Automatisierung immer weiter zu. Es ist deshalb wichtig, dass wir unsere Kompetenzen auf diesem Gebiet in der Balluff Gruppe ausbauen und uns nicht nur auf Partnerschaften mit externen Unternehmen stützen. Mit der Integration von Matrix Vision bauen wir zudem unsere Kapazitäten in der Softwareentwicklung aus: Rund 30 der 100 Mitarbeiter von Matrix Vision entwickeln Software für die Bildverarbeitung im industriellen Umfeld. Gemeinsam können wir so das Ökosystem aus Technologie, Software und externen Partnern weiterentwickeln und gestalten.

Wo liegen die Vorteile für Matrix Vision bei der Übernahme?

Uwe Furtner: Mit der Integration in ein weltweit agierendes Unternehmen wie Balluff können wir unsere globalen Kunden viel besser betreuen. Balluff hat bereits ein weltweites Vertriebs- und Service-Netzwerk und kennt die für uns relevanten Branchen sehr gut. Davon werden wir künftig profitieren. Unsere Produkte ergänzen das Angebot von Balluff komplementär. Umgekehrt wird Matrix Vision bei Balluff das Kompetenzzentrum für den Bereich Machine Vision sein.

Bild: Balluff GmbHBild: Balluff GmbH
Florian Hermle, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing, baut die Digitalisierungskompetenz des Sensor- und Automatisierungsspezialisten konsequent aus.

Hat ein Kamerahersteller in Zukunft eine Chance auf dem Vision-Markt zu bestehen oder benötigt er Partner?

Furtner: Es gibt sehr viele Anwendungen, für die eine einfache Kamera ausreicht. Wenn die Kamera nur ein Bild in einer bestimmten Geschwindigkeit bereitstellen muss, kann sie von jedem Hersteller geliefert werden. Zur Integration in ein Komplettsystem reicht dies jedoch nicht aus. Die einfachen Kameras müssen durch smarte Features ergänzt werden. Damit lässt sich das System rund um die Kamera drastisch vereinfachen. Mit den Smart Features unserer Kameras spart ein Kunde beispielsweise pro Anlage mit 16 Dual-GigE- Kameras die Hälfte der GigE-Kabel und sieben Rechnereinheiten ein, um nur ein Beispiel zu nennen. Wer solche smarten Kameras entwickeln und integrieren will, muss die Anwendungen der Branchen und deren Anforderungen sehr gut kennen und über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Als Kamerahersteller kann man sich selbst in die Branchen einarbeiten oder eben mit Partnern wie Balluff mit entsprechendem Marktzugang und Know-how zusammenarbeiten. Eine gewisse Größe und eine breite Branchenaufstellung sind dabei sicher hilfreich. Grundsätzlich sind Kamerasysteme für die industrielle Bildverarbeitung sehr komplexe Produkte, sodass auch in Zukunft reine Kamerahersteller ihren Markt finden können.

Welche weiteren Vorteile ergeben sich durch den Zusammenschluss beider Firmen?

Hermle: Die Kompetenzen von Matrix Vision in der Bildverarbeitung und von Balluff in der Kommunikation zwischen den Systemen sind Schlüsselfaktoren für Industrie 4.0. So wird das Gesamtangebot von Balluff vom Sensor bis zur Software abgerundet und wir stärken unser Software- sowie das System- und Projektgeschäft.

Bild: Matrix VisionBild: Matrix Vision
Uwe Furtner, Geschäftsführer Matrix Vision, hat eine Vision: Industrielle Bildverarbeitung so einfach wie ein Messschieber.

Sie erwähnen in Ihrer Pressemeldung eine langjährige Entwicklungspartnerschaft beider Firmen. In welchen Bereichen hat diese bisher stattgefunden?

Furtner: Die Balluff SmartCamera wurde seit 2014 gemeinschaftlich entwickelt. Unser Schwerpunkt lag bei der Kameratechnologie und der Bildverarbeitungssoftware. Die Anforderungen bezüglich Connectivity kennt Balluff besser als Matrix Vision. Daher war uns beiden klar, dass wir unsere Kompetenzen zusammenlegen müssen, um ein Produkt zu entwickeln, das auch Akzeptanz in der Automatisierung findet. Das haben wir auch geschafft. Wir punkten mit der Kamera auf allen Ebenen: Die Inspektionsaufgabe kann der Kunde konfigurieren, ohne zuvor etwas mit Bildverarbeitung zu tun gehabt zu haben - und die Kamera kann dank Feldbus und IO-Link einfach integriert werden.

Welche Auswirkungen hat der Kauf auf die eigenen Bildverarbeitungsaktivitäten von Balluff?

Hermle: Weil Matrix Vision die Entwicklung und Produktion ganz übernimmt, kann sich Balluff auf die Vermarktung von Machine-Vision-Produkten konzentrieren. Gemeinsam können wir ein industriespezifisches Portfolio erarbeiten, das genau zu unseren Zielmärkten und -branchen passt. Matrix Vision wird damit zu unserem Kompetenzzentrum für Machine Vision und wir bringen zusätzliche Vertriebskanäle als Multiplikator ein.

Matrix Vision bietet hochkomplexe Bildverarbeitungslösungen an, die Kunden von Balluff sind eher 'einfache' (Vision-) Sensoren gewohnt. Wie passen beide Seiten da zusammen?

Furtner: Die Strategie von Matrix Vision war es schon immer, den Einsatz von Bildverarbeitung beim Kunden so einfach wie möglich zu gestalten. Dasselbe Ziel verfolgt auch Balluff bei der Entwicklung neuer Produkte. Je kundenfreundlicher ein Produkt sein soll, desto höher ist der Anspruch an uns als Entwickler: Einen Vision-Sensor zu entwickeln, der genauso einfach zu benutzen ist wie ein Messschieber, ist wesentlich schwieriger als die Entwicklung eines komplexen Bildverarbeitungssystems. Denn dafür muss der benötigte Bildverarbeitungsexperte quasi in Form von Software in das Produkt integriert werden. Zudem gilt es, die unterschiedlichen Ansprüche der Kunden wie OEMs, Systemintegratoren und Endkunden zu erfüllen. Die Digitalisierung der Produktion bedeutet, dass kamerabasierte Sensoren in Zukunft vermehrt bei Unternehmen eingesetzt werden, die heute noch keine industrielle Bildverarbeitung einsetzen. Es werden in Kürze so viele optische Inspektionssysteme benötigt, die heutige Systemintegratoren gar nicht befriedigen können - und auch nicht wirklich wollen. Bildverarbeitungseinsteiger können mit einfachen Produkten beginnen und positive Erfahrungen sammeln. Der Markt wächst und der Appetit kommt bekanntlich mit dem Essen. Anschließend entwickeln Systemintegratoren bei den Bildverarbeitungseinsteigern komplexe Systeme. Daher werden auch weiterhin Standardindustriekameras und komplexe Systemlösungen von Matrix Vision benötigt.

Werden die Matrix-Vision-Produkte zukünftig auch über die Balluff-Vertriebskanäle angeboten?

Hermle: Künftig vertreiben wir die Matrix-Vision-Technologie unter der Marke Balluff. Parallel wird Matrix Vision sowohl als Marke als auch als Anbieter am Markt aktiv bleiben. (peb)

Balluff GmbH

Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 11 2017 - 30.10.17.
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