Prof. Dr. Detlef Zühlke, Vorstandsvorsitzender der SmartFactory-KL
"Die Frage ist, wie offen Anbieter ihre Cloudsoftware gestalten"
Der Demonstrator der SmartFactory-KL zählt zu den Leuchtturm-Projekten für das Thema Industrie 4.0. Das Konsortium hinter dem Vorhaben steht wie kein zweites für die Zusammenarbeit mitunter von Wettbewerbern, um den Weg zu interoperablen und flexiblen Anlagen zu ebnen. Der Vorsitzende der SmartFactory-KL, Prof. Dr. Detlef Zühlke, berichtet im Interview über den aktuellen Stand des Demonstrators und den kommenden Messeauftritt in Hannover.
Was ist neu am Demonstrator, den das SmartFactory-KL-Konsortium auf der kommenden Hannover Messe ausstellt?
Detlef Zühlke: Inzwischen stellen wir unseren Demonstrator in der fünften Generation aus. Wie gewohnt haben wir gemeinsam mit unserem Konsortium aus 19 Partnern eine Vielzahl an Themen technisch umgesetzt, die wir in praktischen Use Cases vorstellen. Hauptthema ist für 2018 die vertikale Integration von Brownfield-Anlagen, also Antworten auf die zentrale Frage "Wie kann eine existierende Produktionsanlage digitalisiert werden?", die sich Hersteller beim Nachrüsten ihrer Anlagen stellen. Das Partnerkonsortium der SmartFactory-KL-Industrie-4.0-Produktionsanlage stellt verschiedene Lösungen auf dem Gemeinschaftsstand von SmartFactory-KL und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) auf der Hannover Messe aus. Verschiedene Edge Devices der Partner kommen dabei zum Einsatz: Technisch unterschiedlich aufgebaut, ist ihre Aufgabe jedoch dieselbe: Sie sammeln Zustandsdaten der Produktionsmaschinen, die sie mittels standardisiertem Kommunikationsprotokoll OPC UA über die bestehende Integrationsschicht an eine Cloudplattform verarbeitet weiterleiten. OT und IT werden somit verbunden. Durch die smarte Datenauswertung können im Sinne des Condition Monitoring, also der Zustandsüberwachung, Rückschlüsse auf den Zustand der Anlage gezogen und beispielsweise Wartungsarbeiten bedarfsgerecht eingeleitet werden. Weiter werden wir an unserer Anlage 5G-Technologie im Industrieeinsatz zeigen und ein erweitertes modulares Safety-Konzept, das unser Transport-System einbezieht. Wir stellen vor, wie wir Clouds verschiedener Hersteller in einem Gesamtkonzept eingebunden haben, unsere erweiterte Infrastruktur sowie Aufgaben, die wir mit Augmented Reality-Datenbrillen lösen.
Der Demonstrator adressierte in der Vergangenheit oft visionäre Ansätze für Fertigungstechnik. Wieso ist mit den Brownfield-Szenarien ein äußerst praxisnaher Aspekt in den Fokus gerückt?
Zühlke: Hier muss man die Entwicklung der SmartFactory-KL als Verein betrachten. 2014 haben wir unsere Industrie 4.0-Anlage erstmals auf der Hannover Messe ausgestellt. Damals erst rückte das Thema Industrie 4.0 zunehmend in den Fokus der Industrie, konkrete Umsetzungen gab es noch keine. Wir waren mit unserem herstellerübergreifenden Ansatz ein Pionier und konnten mit unseren Partnern, hauptsächlich Herstellern von Industrie 4.0-Hardware- und Softwarelösungen, ein zukünftiges Szenario der Fabrik der Zukunft entwickeln und ausstellen. Inzwischen ist das Thema Industrie 4.0 auch bei den Anwenderfirmen angekommen, was erstmals 2017 auf der Hannover Messe deutlich zu spüren war. Die Industrie möchte ihre bestehenden Produktionsanlagen digitalisieren und greift auf die erarbeiteten Kenntnisse aus angewandter Forschung und Arbeit von Testbeds und Demoanlagen zurück. Wir haben gemeinsam mit unseren Partnern beschlossen, Lösungen für die konkreten Fragestellungen der Industrie anzubieten und somit unseren Beitrag zur Weitergabe von Wissen zu leisten.
Sie erwähnten den Einsatz von Edge Devices verschiedener Hersteller. Welche Aufgaben haben diese Geräte?
Zühlke: Die vertikale Integration oder Digitalisierung von bestehenden Produktionsanlagen wird durch das Nachrüsten mit Edge Devices einfach ermöglicht. Die ohnehin vorhandenen Daten innerhalb der Steuerungen und Module werden von angebrachten Sensoren ausgelesen, über smarte Konnektoren - also Edge Devices - gesammelt, in strukturierte Kommunikationswege gelenkt und in IoT-Plattformen oder Clouds zusammengeführt. Der Zugriff auf die Daten aus den Steuerungen und Modulen erfolgt ohne Eingriff in das bestehende SPS-Programm. Das ist der Mehrwert für die Anwender. Vereinfacht handelt es sich bei einem Edge Device um kompakte Kleinrechner, die über zwei Kommunikationsschnittstellen verfügen: auf der einen Seite sind sie mit dem IT-Netz des Unternehmens und auf der anderen Seite mit einem Automatisierungsnetz verbunden. Der Rechner stellt dann eine Kommunikationsbrücke zwischen beiden Systemen her und übersetzt die häufig proprietären Protokolle der Automatisierung in modernde, standardisierte Protokolle wie OPC UA. Edge Devices werden deshalb auch als Edge Gateway oder IoT Gateway bezeichnet.
Mussten die Geräte für ihre Aufgaben im Demonstrator verändert werden?
Zühlke: Nein, wir haben zur Integration der Edge Devices keine Veränderung in den bestehenden Modulen vorgenommen, sondern die Edge Devices lediglich als zusätzliche Komponente eingebaut, mit Strom versorgt und im Netzwerk eingebunden. Auch softwareseitig waren die Veränderungen überschaubar, wir haben nur kleine Anpassungen vorgenommen. Hier zeigt sich der Vorteil dieser Lösung.
Wieviel Plug and Produce können Devices bieten, die Daten von Bestandskomponenten völlig unterschiedlicher Hersteller, Modellreihen und Technik-Generationen über OPC UA weiterleiten sollen?
Zühlke: Plug and Produce ist hier auf jeden Fall einfach möglich. Voraussetzung ist die Einigung auf ein Datenmodell und die Verfügbarkeit einer semantischen Beschreibung dafür. Da OPC UA als Standard bereits festgelegt wurde, können die Daten aus allen Steuerungen herstellerunabhängig genutzt werden.
Sollen die verschiedenen Cloudanwendungen später ebenso austausch- und kombinierbar sein, wie die greifbaren Module des Demonstrators?
Zühlke: Ja, wir sehen einen Trend, dass Clouds wie Maschinen als Dienste betrachtet werden können, die modular kombinierbar sind. Auch das Pay-per-Use-Bezahlsystem ist ein Indikator dafür, denn man bezahlt bei vielen Anbietern nur die abgerufenen Leistungen. Durch den Einsatz von MQTT wird es möglich sein, verschiedene Clouds einfach miteinander zu verbinden; aber auch andere Protokolle eignen sich. Die Frage ist, wie offen Anbieter ihre Cloudsoftware gestalten. Ein weiterer Vorteil für die Nutzung von Cloudplattformen liegt in ihrer relativ einfachen Bedienbarkeit. So können beispielsweise auch Automatisierer diese nutzen, ohne ein IT-Experte zu sein. Der reine SPS-Programmierer kann nun über MQTT und OPC UA Daten auf unkomplizierte Weise verschicken.
Welche Themen könnte das SmartFactory-KL-Konsortium als nächstes in den Mittelpunkt rücken?
Zühlke: Als wichtigen Punkt sehen wir, dass die Modularität von der Modulebene auf die Geräteebene ausgebaut wird: nicht nur generelle Produktionsprozesse, sondern auch Teilsysteme eines Moduls werden somit künftig austauschbar sein. Ebenfalls erwarten wir einen Wandel in der Infrastruktur durch Industrietrends wie Echtzeitkommunikation (TSN) oder DC. Und der Einsatz von KI in der Produktion bis hin zur intensiveren Nutzung von AR-Komponenten zur Unterstützung des Menschen in der Produktion stellt eine weitere Stoßrichtung dar. (ppr)
Der Demonstrator der SmartFactory-KL zählt zu den Leuchtturm-Projekten für das Thema Industrie 4.0. Das Konsortium hinter dem Vorhaben steht wie kein zweites für die Zusammenarbeit mitunter von Wettbewerbern, um den Weg zu interoperablen und flexiblen Anlagen zu ebnen. Der Vorsitzende der SmartFactory-KL, Prof. Dr. Detlef Zühlke, berichtet im Interview über den aktuellen Stand des Demonstrators und den kommenden Messeauftritt in Hannover.
Was ist neu am Demonstrator, den das SmartFactory-KL-Konsortium auf der kommenden Hannover Messe ausstellt?
Detlef Zühlke: Inzwischen stellen wir unseren Demonstrator in der fünften Generation aus. Wie gewohnt haben wir gemeinsam mit unserem Konsortium aus 19 Partnern eine Vielzahl an Themen technisch umgesetzt, die wir in praktischen Use Cases vorstellen. Hauptthema ist für 2018 die vertikale Integration von Brownfield-Anlagen, also Antworten auf die zentrale Frage "Wie kann eine existierende Produktionsanlage digitalisiert werden?", die sich Hersteller beim Nachrüsten ihrer Anlagen stellen. Das Partnerkonsortium der SmartFactory-KL-Industrie-4.0-Produktionsanlage stellt verschiedene Lösungen auf dem Gemeinschaftsstand von SmartFactory-KL und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) auf der Hannover Messe aus. Verschiedene Edge Devices der Partner kommen dabei zum Einsatz: Technisch unterschiedlich aufgebaut, ist ihre Aufgabe jedoch dieselbe: Sie sammeln Zustandsdaten der Produktionsmaschinen, die sie mittels standardisiertem Kommunikationsprotokoll OPC UA über die bestehende Integrationsschicht an eine Cloudplattform verarbeitet weiterleiten. OT und IT werden somit verbunden. Durch die smarte Datenauswertung können im Sinne des Condition Monitoring, also der Zustandsüberwachung, Rückschlüsse auf den Zustand der Anlage gezogen und beispielsweise Wartungsarbeiten bedarfsgerecht eingeleitet werden. Weiter werden wir an unserer Anlage 5G-Technologie im Industrieeinsatz zeigen und ein erweitertes modulares Safety-Konzept, das unser Transport-System einbezieht. Wir stellen vor, wie wir Clouds verschiedener Hersteller in einem Gesamtkonzept eingebunden haben, unsere erweiterte Infrastruktur sowie Aufgaben, die wir mit Augmented Reality-Datenbrillen lösen.
Technologie-Initiative SmartFactoryKL e.V.
Dieser Artikel erschien in IT&Production April 2018 - 06.04.18.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com