Anzeige

Single Pair Ethernet für Industrieanwendungen

Quo vadis Ethernet?

Mit Industrie 4.0 wächst die Datenkommunikation rasant. Betriebe setzen dabei immer häufiger auf Ethernet-Verbindungslösungen - die allerdings andere Anforderungen erfüllen müssen als im Büro. Tempo ist dabei nicht alles: Verstärkt werden auch einfache und kostengünstige Leitungen nachgefragt, ebenso Hybridleitungen. Funkstandards bleiben dagegen in Fabriken eine Nische.

Bild: U.I. Lapp GmbHBild: U.I. Lapp GmbH
Kabel für Single Pair Ethernet sind kompakter, leichter, einfacher zu installieren und billiger als herkömmliche Ethernet-Kabel mit vier Aderpaaren - und für viele Anwendungen auf der Feldebene ausreichend.

Bild: U.I. Lapp GmbHBild: U.I. Lapp GmbH

Wildwuchs bei Ethernet-Standards

Anders sieht es in Fabriken aus. Mittlerweile gibt es mehr als 20 Industrial-Ethernet-Systeme, die sich alle mehr oder weniger in technischen Details unterscheiden und daher inkompatibel sind. Hinzu kommen mehr als 50 Feldbussysteme wie Profibus oder CAN-Bus, die von Anbietern von Automatisierungstechnik favorisiert werden. Auch diese sind in der Regel untereinander nicht kompatibel. Feldbussysteme sind in Fabriken weit verbreitet, weil sie als robuster gelten. Sie übertragen kleinere Datenpakete als Ethernet, sind dafür aber echtzeitfähig. Das ist wichtig bei zeitkritischen Abläufen in Maschinen, etwa wenn ein Antrieb in Mikrosekunden auf das Signal eines Sensors reagieren soll. Das Bedienpersonal an der Maschine möchte außerdem sicher sein, dass die Maschine sofort stoppt, wenn man den roten Notaus-Schalter drückt. Mit Ethernet ist das bisher nur bedingt möglich, wobei es Standardisierungsbestrebungen von IEEE gibt, die standardisierte Echtzeitfähigkeit auch in Ethernet zu implementieren. Dass die Zukunft auch in Fabriken Ethernet gehört, legen die Marktdaten nahe. Industrial Ethernet wächst derzeit mit 22 Prozent pro Jahr, Feldbussysteme legen nur noch mit 6 Prozent zu. 2018 wird die Zahl der Installationen von Ethernet in Fabriken die von Feldbussen erstmals überholen. Die Ursache liegt in der zunehmenden Vernetzung und Digitalisierung in Zeiten von Industrie 4.0, die eine Auflösung der Automatisierungspyramide zur Folge hat. Darunter versteht man die Ebenen in der Fabrikkommunikation, mit der Feldebene als unterster Ebene. Über der Feldebene liegen die Steuerungsebene, die Prozessleitebene, die Betriebsleitebene und zuoberst die Unternehmensebene mit ihren ERP-Systemen, allen voran SAP. Bisher hatten diese Ebenen unterschiedliche Funktionen, daher arbeiteten dort auch unterschiedliche Programme, Sensordaten mussten sich von einer Ebene zur nächsten nach oben hangeln, umgekehrt sickerten Planungsdaten ebenenweise nach unten. Das macht die Fabriksteuerung kompliziert und wenig agil, auf eine flexible Produktion mit Losgröße 1 ist die klassische Automatisierungswelt nicht ausgelegt.

Flache Hierarchien in der industriellen Kommunikation

Mit der Auflösung der Automatisierungspyramide verschwinden diese Ebenen, die Kommunikation erfolgt in flachen Hierarchien. Jeder redet mit jedem - ERP-Systeme können z.B. direkt auf Sensoren an der Maschine zugreifen und so erfahren, ob es zu einer Störung kommen könnte, die die Lieferfähigkeit beeinflusst. Das geht allerdings nur, wenn auch die Verbindungstechnik das Schubladendenken überwindet. Kein Wunder also, dass das im Büroumfeld etablierte Ethernet auch in der Produktion und Logistik Einzug hält, natürlich mit entsprechend robusteren Komponenten. Traditionell dominierten Produkte für Feldbussysteme, mittlerweile finden Anwender dort alles was sie zur Vernetzung mit Industrial Ethernet benötigen - von den Kabeln über Stecker bis hin zu einbaufertig konfektionierten Leitungen. Hierzu gehören z.B. die Etherline PN Cat.6A FC mit 10Gbit/s bei 500MHz Bandbreite. Dazu passt unter anderem das Epic-MH-Gigabit-Datenmodul, ein Rechteckstecker, der durch seinen modularen Aufbau die Übertragung von Daten und Energie ermöglicht.

Bild: U.I. Lapp GmbHBild: U.I. Lapp GmbH

Viele Kabel, ein Mantel

Beobachtet man den Markt für Industrial Ethernet, lassen sich zwei Trends ausmachen, die künftig größere Bedeutung am Markt bekommen werden. Ein Trend sind Hybridleitungen, so genannte Ein-Kabel-Lösungen. Dabei handelt es sich um Leitungen, die Kabel unterschiedlicher Funktionen in einem Mantel vereinen, in der Regel sind dies Anschlussleitungen für Servoantriebe mit integrierten Feedbackleitungen zur Abfrage der Sensoren. Ein zweiter Trend ist das Downsizing. Waren beim bisherigen Ethernet zwei oder vier Adernpaare notwendig, kann durch Single Pair Ethernet über ein Adernpaar bis zu 1Gbit/s übertragen werden. Der Anwender profitiert von reduziertem Installationsaufwand und erzielt Platz- und Kostenvorteile. Auch Robustheit und die durch die geringeren Datenraten größeren möglichen Längen sprechen dafür, dass Single Pair Ethernet auch in der Industrie an Bedeutung gewinnen wird. Auch sonst setzt sich bei den Anwendern die Erkenntnis durch, dass nicht jeder Sensor mit einer 10GBit/s fähigen Leitung angeschlossen werden muss. Eine Ethernet-Leitung mit Single Pair schafft zwar nur 1Gbit/s, aber das reicht für viele Anwendungen auf der Feldebene aus.

Downsizing bei den Leitungen

Laut Unternehmensberatung Roland Berger steigt die Nachfrage nach Sensoren bis 2020 um 17 Prozent pro Jahr, gleichzeitig sinken die Preise jährlich um 8 Prozent. Das wird die Nachfrage nach kostengünstigen Verbindungslösungen befördern. Allerdings sind Leitungen für Single Pair Ethernet noch nicht verfügbar, zumindest nicht für den Einsatz in der Industrie. Beim Wachstum rangiert Ethernet bei Verbindungslösungen für die Industrie nur auf Rang zwei. Mit einem Wachstum von 32 Prozent auf dem ersten Platz liegen Funktechnologien, allerdings bei einem geringen Marktanteil von 6 Prozent. WLAN, Bluetooth oder Mobilfunk haben dort Vorteile, wo es auf Flexibilität und Beweglichkeit ankommt. In Sachen Reichweite, robuster Datenverbindung, Energieeffizienz und insbesondere bei der Verzögerung der Informationsübertragung (Latenz) können Funktechniken den leitungsgebundenen Techniken nicht das Wasser reichen. Kabel sind auch weniger anfällig für mutwillige Störungen oder Angriffe von Hackern. Das wird sich auch mit neuen Standards wie 5G nicht ändern.

U.I. Lapp GmbH

Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 8 2018 - 20.08.18.
Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de