Bereit für neues Denken
Hürden auf dem Weg zur Industrie 4.0
Industrie 4.0 und die dafür erforderliche Vernetzung der Wertschöpfungsketten sind zentrale Themen in der deutschen Fertigungsindustrie. Doch sieben Jahre nach der öffentlichen Bekanntmachung der Hightech-Strategie 2020 der Bundesregierung auf der Hannover Messe 2011 sind die meisten bekannten Anwendungen noch Testapplikationen und Pilotprojekte. Die Gründe für dieses Tempo beeinflussen sich oft wechselseitig - und reichen teils bis in die Führungsebene.
Die digitale Transformation des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens wird Strukturen und Prozesse nachhaltig verändern. In der Fertigungsindustrie hat dieser Umbruch sogar einen eigenen Namen bekommen: Industrie 4.0. Die Vision dahinter umfasst die Echtzeit-Datenübertragung entlang der gesamten Wertschöpfungskette und damit eine vertikale und horizontale Vernetzung sowie die Digitalisierung des gesamten Produktlebenszyklus durch Cyber-physische Systeme.
- • die hohe Komplexität des Konzeptes sowie
- • psychologische Vorbehalte in den Führungsebenen der Produzenten.
Ursache und Wechselwirkungen
Dem Konzept Industrie 4.0 fehlen umfassende Systemstandards, die zu einem Mangel an Interoperabilität in der Fertigungsindustrie führen. Durch die zunehmende Internationalisierung der Wertschöpfungskette werden Standards jedoch auch in Zukunft eine große Herausforderung bleiben. Zwar wurde in Zusammenarbeit mit der Plattform Industrie 4.0 durch das Deutsche Institut für Normung (DIN) ein Standard für das Referenzarchitektur Modell Industrie 4.0 (RAMI4.0) veröffentlicht. Bislang ist die daraus resultierende Norm DIN SPEC 91345 jedoch noch nicht vollständig international anerkannt und zielt zudem eher auf ein einheitliches Verständnis des Themas Industrie 4.0 mit den beteiligten deutschen Akteuren ab. Also gibt es derzeitig keine EU-weit einheitlichen oder gar internationalen Systemstandards. Zudem sind viele der bestehenden Anlagen im Maschinenpark deutscher Fertiger noch nicht netzwerkfähig. Da eine technisch durchaus mögliche Nachrüstung mit enormen Kosten verbunden ist, nehmen die meisten Unternehmen - gerade kleine und mittlere Unternehmen - Abstand von dieser Investition. Den Maschinenpark gleich ganz auszutauschen, ist aus den selben Gründen in aller Regel unrealistisch. Mit der weitreichenden Vernetzung samt enormen Datentransfers auf Werksebene steigt zudem das Risiko von Lücken in der IT-Sicherheit. Daraus resultiert eine allgemein eher restriktive Haltung der Unternehmen, zumal viele Fragen in Bezug auf das Recht, die Sicherung von Knowhow und die Freigabe sensibler Produktionsdaten noch zu klären sind.
Validierung von Daten
Umfassend vernetzte Wertschöpfungsketten erfordern die unternehmensübergreifende Datenübertragung quasi in Echtzeit. Erst mit der Validität der komplexen Daten erlangen auch die erfassten Informationen Gültigkeit. Der Fachkräftemangel im Bereich der Informatik und Datenanalyse erschwert jedoch die zielgerichtete Analyse der gesammelten Daten und angewandten Systeme stark. Den Unternehmen fehlt daher oft eine umfassende Implementierungsstrategie, welche den oben genannten Punkten Rechnung trägt und zu einer sicheren und praktikablen Anwendung von Industrie 4.0-Technologien beiträgt.
Vorbehalte entstanden
Das Zusammenspiel aller Aspekte - hier zusammengefasst als Komplexität - führt häufig zu erheblichen psychologischen Vorbehalten bei Entscheidungsträgern. Diese äußern sich zuweilen in einer generellen Zurückhaltung gegenüber den technischen Anwendungen im Kontext von Industrie 4.0 und der fehlenden Bereitschaft, sensible Verarbeitungsdaten für die Vernetzung in der gesamten Wertschöpfungskette bereitzustellen.
Ausblick und Anforderungen
Die deutsche Fertigungsindustrie sollte dringend aktiv werden, um den Anschluss an die Weltspitze und ihre Position als eine der führenden Fabrikausrüsterinnen zu bewahren und an die Erfolge der Vergangenheit anzuknüpfen. Dies erfordert allerdings ein breit angelegtes unternehmerisches Umdenken und die Bereitschaft, innovative Technologien zu entwicklen, einzusetzen und die eigenen Unternehmensgrenzen für einen übergeordneten Datentransfer zu öffnen. Hierzu bedarf es ganzheitliche Implementierungsstrategien sowie viele Fachkräfte im Bereich IT und Data Science. Die hohe Komplexität des Konzeptes Industrie 4.0 und die Menge an in Echtzeit transferierten Daten wird andernfalls kaum zu bewerkstelligen sein. Ob und in welchem Zeitraum sich die Industrie tatsächlich flächendeckend die Versionsnummer 4.0 geben kann, bleibt somit offen. Gleichwohl ist die Mehrzahl der befragten Experten überzeugt, dass die hiesige Fertigungsindustrie die Herausforderungen bewältigen wird. Festzuhalten bleibt daher, dass der zukünftige Erfolg der deutschen Produzenten maßgeblich von der Fähigkeit abhängt, die auf dem Weg zur Industrie 4.0 notwendigen Veränderungen der Strukturen und technologischen Prozesse zeitnah zu adaptieren und ins Produktionsumfeld zu integrieren.
Industrie 4.0 und die dafür erforderliche Vernetzung der Wertschöpfungsketten sind zentrale Themen in der deutschen Fertigungsindustrie. Doch sieben Jahre nach der öffentlichen Bekanntmachung der Hightech-Strategie 2020 der Bundesregierung auf der Hannover Messe 2011 sind die meisten bekannten Anwendungen noch Testapplikationen und Pilotprojekte. Die Gründe für dieses Tempo beeinflussen sich oft wechselseitig - und reichen teils bis in die Führungsebene.
Die digitale Transformation des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens wird Strukturen und Prozesse nachhaltig verändern. In der Fertigungsindustrie hat dieser Umbruch sogar einen eigenen Namen bekommen: Industrie 4.0. Die Vision dahinter umfasst die Echtzeit-Datenübertragung entlang der gesamten Wertschöpfungskette und damit eine vertikale und horizontale Vernetzung sowie die Digitalisierung des gesamten Produktlebenszyklus durch Cyber-physische Systeme.
GFOS mbH
Dieser Artikel erschien in IT&Production September 2018 - 06.09.18.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com