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Heute: Robotisierung von Prozessen in Polen

Die Automatisierung und Robotisierung von Prozessen sind in den letzten zwei Jahren in Polen zu einem führenden Thema geworden. Sie scheinen ausnahmslos alle Branchen ergriffen zu haben, davon insbesondere die Finanzen, Shared Services oder den Lebensmittelsektor. Robotisierung wird weit und breit mit der Erhöhung von Effizienz wie auch finanziellen Einsparungen verbunden, insbesondere vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels und wachsender Arbeitskosten. Werden sich alle, die die Robotisierung in Angriff nehmen, mit gleichen Herausforderungen konfrontiert sehen?

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Dr. Agnieszka Besiekierska ist Rechtsanwältin und Leiterin der Practice Group Digital Business im Warschauer Büro von Noerr.

Der Schwierigkeitsgrad der rechtlichen Fragen in Bezug auf Robotisierung richtet sich nach dem Wirtschaftssektor. Im Rahmen einer regulierten Tätigkeit, die Finanzinstitute und Versicherungsgesellschaften vertreten, ist bei der Planung jeglicher neuen Lösungen zunächst zu prüfen, ob diese mit dem Recht sowie dem Standpunkt der Regulierungsstelle einhergehen. In derart sensiblen Organisationen, wie dies Banken sind, werden Robotisierungsprozesse oftmals mit internen Kräften durchgeführt. Hierdurch wird eine stärkere Kontrolle über das Projekt bewahrt und mit der Einschaltung externer Dienstleister verbundene Risiken, wie mangelndes Vertrauen zum Fremdunternehmen, insbesondere hinsichtlich der Haftung für mangelhafte Lösungen oder Einhaltung des Bank- bzw. Versicherungsgeheimnisses, geschmälert. Einerseits erfordert dies den Ausbau der internen IT-Abteilungen, und bei den Softwareentwicklern zählen Finanzinstitute als kaum attraktive Arbeitgeber - allzu konservativ, wenig flexibel. Als Anreiz für Informatiker, die Beschäftigung bei Banken aufzunehmen, sollen die Einführung neuer Entwicklungssoftware und Arbeit nach der Agile Projektmanagement-Methode dienen.

Oft tauchen Probleme in Bezug auf die Urheberrechte an der Software auf. In der Industrie bietet sich die Frage an, ob eine Gerätetreibersoftware einen der Computersoftware ähnlichen Schutz genießt. Das polnische Recht gewährt Schutzrechte an Software mit einem "individuellen Charakter", die polnische Rechtsprechung und Lehre geben hingegen keine klaren Leitlinien für die Definierung dieses Begriffs. Ein anderes Thema sind Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen einzelner Länder. In Polen sind beispielsweise die Urhebervermögensrechte an Software übertragbar, wohingegen in Deutschland ausschließlich die Gewährung einer Lizenz zulässig ist.

Praktisch alle Branchen werden sich mit der Verwaltung von großen Datenmengen (sog. Big Data) auseinandersetzen müssen, die infolge der Anwendung der Lösungen des Internets der Dinge (IoT) entstehen werden oder bereits jetzt gewissermaßen als Nebenprodukt der Tätigkeit gesammelt werden. Die Mehrheit der Firmen hat über Jahre weder die Bedeutung noch den wirtschaftlichen Wert von Daten erkannt. Auf dem Markt ist das Beispiel aus dem Möbelsektor bekannt, wo der Händler langfristig nichtpersonalisierte Daten zu den Kundenpräferenzen erhoben hatte. Nach Jahren wurde der Produzent auf die Daten aufmerksam und ist zu dem Schluss gekommen, dass ihm diese Daten zur beachtlichen Optimierung seiner Produktion verhelfen können. Es ist ein Streit um die Frage aufgekommen, wem die Daten gehören und wer Nutzen daraus ziehen kann. Auch in diesem Bereich gibt das polnische Recht keine klaren Antworten. Es bahnt sich ein interessantes Gerichtsverfahren an, das jahrelang andauern kann und dessen Ausgang schwer voraussehbar ist. Die Streitigkeit war vermeidbar, wären einige Jahre zuvor entsprechende Vertragsklauseln abgeschlossen worden.

Viele Prozesse sind auf dem Markt im Gange und auch wir Juristen werden sicherlich mit lehrreichen Herausforderungen konfrontiert werden.

Agnieszka Besiekierska

Noerr LLP

Dieser Artikel erschien in ROBOTIK UND PRODUKTION 4 2018 - 17.09.18.
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