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Burkhard Röhrig, Geschäftsführer beim MES-Hersteller GFOS mbH:

"Maschinen werden Handelsware und austauschbar"

Der Hersteller von Manufacturing Execution-Systemen GFOS weiß aus erster Hand, wie digital es in deutschen Fabriken zugeht. Passend zum 30. Geburtstag der Essener Firma haben wir Geschäftsführer Burkhard Röhrig zum Stand der digitalen Transformation befragt.

Herzlichen Glückwunsch zum 30. Firmenjubiläum. Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die Sie in den letzten drei Jahrzehnten gemacht haben?

Burkhard Röhrig: Vielen Dank! 30 Jahre sind natürlich eine lange Zeit und es gab viele wichtige Erfahrungen, Entwicklungen und Meilensteine. So haben wir viele interessante Kunden mit spannenden Projekten gewinnen können. Mit fast allen Kunden verbindet uns eine sehr langjährige Partnerschaft. Die technischen Voraussetzungen und Umgebungsbedingungen haben sich in den vergangenen 30 Jahren sehr verändert und es war schon zum Teil eine Herausforderung, hier immer vorn dabei zu sein. Besonders wichtig aber sind unsere Mitarbeiter, die uns begleitet und geprägt haben. Als unbekanntes Startup-Unternehmen, das wir anfangs waren, was es schon schwieriger, Kunden und Mitarbeiter zu gewinnen. Allen voran möchte ich deshalb meine Frau, Gunda Cassens-Röhrig, erwähnen, die genau ein Jahr nach Gründung ins Unternehmen eingetreten ist - am 1. April 1989. Ab dem zweiten Jahr ihrer Anstellung hat sie die komplette Produkt- und Serviceverantwortung im Workforce-Bereich übernommen. Das war ein wichtiger Meilenstein, denn so konnte ich mich schwerpunktmäßig auf den industriellen Part konzentrieren.

Wie sehen Sie als Anbieter einer MES-Lösung den aktuellen Stand von Industrie 4.0?

Röhrig: Wie Sie im vorangegangen Artikel lesen können, gibt es bezogen auf Industrie 4.0 einige hemmende Faktoren und wir sind in Deutschland lange nicht so weit, wie wir sein sollten. Dennoch sind die Themen Digitalisierung und Industrie 4.0 omnipräsent - in den Medien, in Unternehmen und auch im privaten Bereich. Denn die Digitalisierung verändert alle gesellschaftlichen Bereiche dramatisch, so natürlich auch die produzierende Wirtschaft. Insbesondere der Maschinenbau wird sich den Herausforderungen schnellstens stellen müssen, will er seine in vielen Bereichen bestehende Produktführerschaft behalten. Denn das Schlagwort Industrie 4.0 bedeutet einen Paradigmenwechsel für die deutsche Maschinenbau- und Fertigungsindustrie. Produktionsstraßen werden nicht länger von Applikationen abgeschnitten sein und einen manuellen Bestellprozess notwendig machen. Im Gegenteil: Sie werden ein integraler Bestandteil des Netzwerks sein. Einzelne Maschinen werden zur Handelsware und austauschbar. Dies wird dazu führen, dass zukünftig nicht mehr die Maschine selbst, sondern die Leistung und Verfügbarkeit einer Maschine verkauft wird. Hiermit ändert sich die Geschäftsgrundlage für den Maschinenbau gravierend und das Thema Machine Learning wird umso wichtiger.

Was verstehen Sie unter Machine Learning und welchen Nutzen hat die Technik?

Röhrig: Machine Learning bedeutet im wahrsten Sinne des Wortes maschinelles Lernen. Als Weiterentwicklung der Mustererkennung im Bereich der künstlichen Intelligenz befasst sich Machine Learning mit komplexen Algorithmen, die von Daten lernen und Vorhersagen über sie treffen können. Solche Algorithmen folgen nicht einfach streng definierten Programmvorgaben, sondern treffen datengestützte Vorhersagen, indem sie auf Basis von Beispielen Wissen generieren, also lernen. In der Industrie basiert maschinelles Lernen auf vielen Daten, die mittels Sensorik, Cyber-physical Systems und natürlich Software erfasst werden. Machine Learning entwickelt aus den Daten Informationen, die die Produktion effizienter und planbarer machen. Bei der vorausschauenden Instandhaltung wird der Nutzen besonders deutlich: Auf der Grundlage gewonnener Informationen lassen sich prospektivisch aufkommende Probleme an einer Maschine diagnostizieren und planbar beheben, bevor die Störung eintritt.

Wie weit ist der Maschinenbau in diesem Bereich?

Röhrig: Obwohl die Vorteile klar auf der Hand liegen, herrscht in einigen Maschinenbauunternehmen noch Unsicherheit darüber, ob es sich bei Machine Learning um ein geschäftsrelevantes Thema handelt. Ansätze hierzu liegen aber sowohl in der Optimierung der eigenen Prozesse als auch im Erhalt und in der Erweiterung der Produktinnovationsführerschaft. Es besteht also ganz klar Handlungsbedarf!

GFOS mbH

Dieser Artikel erschien in IT&Production September 2018 - 06.09.18.
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