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Prozessoptimierung durch Datensignatur

Die Blockchain in der Produktion

In der vernetzten Produktion ist ein zuverlässiger Datenaustausch zwischen Maschinen und Produktionsgütern zentral. Jedoch wird bislang nur ein Bruchteil der anfallenden Daten in der vernetzten Industrie digital abgebildet. Wie eine Blockchain-basierte Signatur die Verfügbarkeit von Daten im Produktionsprozess optimiert, zeigt das Startup Ubirch zusammen mit dem Center Connected Industry am RWTH Aachen Campus.

Bild: RWTH AachenBild: RWTH Aachen
Teststellung einer Industrial Blockchain von ubirch: aus dem Sensor werden die Daten direkt in die Blockchain übermittelt und versiegelt, bevor sie im Cloud-Backend gespeichert werden.

Vernetzte Maschinenanlagen, die mit moderner Sensorik ausgestattet sind und durch IoT-Technologien miteinander kommunizieren, kommen auch in deutschen Produktionshallen an. Laut einer Studie von McKinsey nehmen 91 Prozent der befragten Unternehmen die Digitalisierung in der industriellen Produktion als Chance wahr und erwarten eine Produktivitätssteigerung von über 20 Prozent. Doch die Vernetzung industrieller Anlagen ist für viele noch eine große Herausforderung. Eines der größten Hindernisse ist laut Studie die fehlende Nutzung von Daten, denn: Nicht alle Daten, die während der Produktion anfallen, werden digital verfügbar gemacht - nur ca. ein Prozent wird tatsächlich genutzt. Hinzu kommt, dass Sensoren, Aktoren, Maschinen und Anlagen Cyber-Kriminellen viele Angriffsflächen bieten: Laut des aktuellen VDE Tec Reports sind vier von zehn Befragten aus der Industrie bereits Opfer eines Cyber-Angriffs geworden.

Digitales Prüfsiegel für produktionsbasierte Daten

Um mehr Vertrauen zwischen den beteiligten Akteuren im Internet der Dinge zu schaffen und Produktionsdaten digital besser verfügbar zu machen, hat das Technologie Startup Ubirch eine eigene IT-Lösung entwickelt. Diese besteht aus einer kleinen Datenbibliothek, mit der Sensoren in Maschinen und Produktionsanlagen ausgestattet werden sowie einem Cloud-Backend, in das die Daten übertragen werden. Diese zusätzliche Intelligenz im Sensor, die direkt an der Maschine oder dem zu fertigenden Produkt angebracht ist, kann Produktionsdaten messen und wenige Millisekunden später kryptographisch verschlüsseln. "Auf Grundlage der Blockchain-Technologie können wir im industriellen Internet der Dinge für mehr Sicherheit und Transparenz im Produktionsprozess sorgen. Produktionsbasierte Daten werden quasi signiert, bevor sie im Cloud-Backend gespeichert werden. Die Signatur ist wie ein Prüfsiegel, dass die Richtigkeit und Genauigkeit der Daten bestätigt", erklärt Stefan Noller, Geschäftsführer von Ubirch. Ganz deutlich wird das bei der Herstellung von Medikamenten. Die Inhaltsstoffe der Tabletten müssen bis auf das Milligramm genau identisch sein. Die Waagen, die dies messen, sind alle geeicht. Das heißt: Es gibt eine dritte Institution, die dafür birgt, dass der angezeigte Messwert genauso stimmt wie er angezeigt wird. Noller: "Unsere Lösung macht genau dasselbe auf technologischer Ebene. Durch die eingebaute Intelligenz im Sensor hat jedes mit dem Sensor ausgestattete Gerät im Produktionsprozess einen neutralen Prüfungsaspekt schon inhärent eingebaut. Jeder, der nun mit den Daten weiterarbeitet, kann auf diese vertrauen, als wären seine eigenen Mitarbeiter bei der Messung vor Ort gewesen."

Bild: Ubirch GmbHBild: Ubirch GmbH

Weiterentwicklung für die Fertigung

Um die Lösung für die industrielle Fertigung weiterzuentwickeln, kooperiert das Technologie-Startup mit dem Center Connected Industry am RWTH Aachen Campus. Zusammen mit den Experten für die Vernetzung industrieller Anlagen und weiteren Industrie und Technologiepartnern erproben die Unternehmen konkrete Anwendungsszenarien, die in der Demofabrik mit ihrer E-Fahrzeugproduktion auf dem Campus der RWTH Aachen unter realen Bedingungen getestet werden. Als Blockchain-Lösung für die Ablage und Verteilung wird derzeit das System von IOTA in Kombination von Technologie aus den Telekom Innovation Labs verwendet. Dabei stellen die Unternehmer schon jetzt konkrete Vorteile für die vernetzte Produktion fest. Zum einen sorgt die Lösung dafür, dass auch bei internationalen Produktionsbetrieben mit weltweit verteilten Standorten, so produziert werden kann, als befände man sich in der gleichen Produktionshalle. Für jedes Produktionsteil, das die Fertigungsprozesse in einer Produktionshalle durchläuft, wird in der Blockchain ein digitaler Zwilling abgelegt, eine digitale Kopie aller relevanten Daten für die Herstellung. Wird beispielsweise der Kotflügel eines Autos in China produziert und zur Montage in ein deutsches Werk geliefert, kann das chinesische Werk den digitalen Zwilling über die Blockchain weiterverbreiten. Es sendet dem deutschen Produktionssystem die verschlüsselten Daten zusammen mit einem Schlüssel zur Entschlüsselung. Damit kann sich das deutsche Produktionssystem autorisieren und hat Zugriff auf den digitalen Zwilling in der Blockchain, der alle relevanten Fertigungsparameter für die Montage enthält. Zudem können produktionsbezogene Daten durch die Blockchain-Technologie präziser weiterverbreitet werden. Eine Maschine liest beispielsweise die Daten einer Batterie aus. Dabei weiß die Maschine genau, dass die Daten aus der Batterie stammen und nicht verändert wurden und kann ebenfalls den Zeitpunkt der Datenaufzeichnung auslesen. Alle Informationen über die maximale Größe, Dichte und Legierung der Batterie werden in der Blockchain abgelegt. Wer im nächsten Schritt die Batterie einbaut, hat somit die Sicherheit, dass alle Informationen zu den Daten korrekt sind und nicht modifiziert wurden.

Fehler sofort feststellen und beheben

"Die Vernetzung mit der Lösung wird schon im allerersten Produktionsschritt durchgeführt, so können Fehler und Mängel entlang der Produktionskette gleich zu Beginn festgestellt und behoben werden. Nehmen wir das Beispiel der Batterie: Aus welcher Charge stammt sie? Enthält sie genau die Aluminiumlegierung, die zugelassen ist? Kam diese von einem zertifizierten Hersteller? Wenn diese Informationen von Anfang an vorhanden sind, können wir im Sinne von 'Track&Trace' zu jedem Zeitpunkt im Produktionsprozess feststellen, wo bzw. bei wem der Fehler liegt. Im Zweifelsfall hat man dann auch einen ganz klaren Beweis, wenn man juristisch gegen Schuldige vorgehen möchte", erklärt Christian Maasem, Leiter des Centers Connected Industry am RWTH Aachen Campus.

Anbieter und Anwender entwickeln gemeinsam weiter

Die Weiterentwicklung der Lösung auf verschiedene Anwendungsszenarien ist auch für das Center Connected Industry ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu vollständig digitalisierten Ökosystemen in der Industrie. Dabei kommen Industrieanwender und Anbieter auf dem Campus der RWTH zusammen und suchen nach den Anforderungen der Lösungen, um diese in gemeinsamen Projekten umzusetzen. "Aus unserer Sicht wird die Blockchain-Technologie in den nächsten Jahren eine der größten Veränderungen in der Industrieproduktion bewirken - quer durch alle Branchen. Von der Kooperation mit Ubirch versprechen wir uns, die Technologien, die in den Fabriken bereits funktionieren, auch zwischen Fabriken realisieren können. Zudem können wir in unseren Testhallen den produktiven Nutzen messen und Wirksamkeitsnachweise erstellen", erklärt Maasem. Derzeit plant Ubirch zusammen mit dem Center beispielsweise einen erweiterten Proof-of-Concept mit Einbezug eines Sensorherstellers und eines Mobilfunkausrüsters der Center-Community, um Industriesensoren mit der Lösung in Zukunft direkt drahtlos zu verbinden, im Sinne eines Wireless Manufacturing Konzepts. "Die RWTH hat mit dem Center Connected Industry eine tolle Infrastruktur geschaffen, die praxisnah ist, denn laufende, produzierende Maschinen, werden mit klugen Köpfen gepaart. Als Startup haben wir so die Möglichkeit mit vielen wichtigen Unternehmen zu kooperieren und an einem Ökosystem teilzuhaben, das konkrete Innovation vorantreibt. Das ist am Puls der Zeit", stellt Noller fest.

ubrich GmbH

Dieser Artikel erschien in Industrie 4.0 Magazin (I40) 17 2018 - 16.08.18.
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