IP-Core für durchgängige echtzeitfähige Ethernet-Netze
Kern für Echtzeit
Ethernet hat in der industriellen Automatisierungstechnik breite Akzeptanz gefunden, kann ohne Modifikation bei harten Echtzeitanforderungen aber bislang nicht mithalten. In der Feldebene werden deshalb nach wie vor spezielle echtzeitfähige Feldbusse eingesetzt. Die Erweiterung von Ethernet um Time-Sensitive Networking (TSN) wird es künftig möglich machen, Datenströme echtzeitfähig und priorisiert durch das gesamte Netzwerk zu transportieren. Das Fraunhofer IPMS hat dafür nun einen eigenen IP-Core entwickelt.
Ethernet wurde in seiner ursprünglichen Form in den Siebzigern im Forschungslabor der Firma Xerox entwickelt. Heute ist es ein offener Standard und bildet die Grundlage des IEEE802.3-Standardsets. Es definiert im OSI-Schichtenmodell auf Layer 1 und 2 die Adressierung und die Zugriffskontrolle auf unterschiedliche Übertragungsmedien innerhalb eines Netzwerks.
Das ursprüngliche Halbduplex-Ethernet basiert auf dem kollisionsbehafteten Zugriffsverfahren CSMA/CD und war daher für die Echtzeitübertragung nicht geeignet. Kollisionen von Nachrichten wurden zwar erkannt, aber nicht vermieden. Nach jeder Kollision wurde die Übertragung abgebrochen und nach einer Wartezeit erneut gestartet, solange bis die Daten übertragen sind. Das führte mitunter zu relativ hohen Zeitverzögerungen. Auch das heutige Ethernet ist nicht echtzeitfähig. Zwar entstehen beim Switched Ethernet durch die Voll-Duplex-Übertragung und Punkt-zu-Punkt-Verbindungen keine Kollisionen mehr, dennoch führt der Einsatz von Switches zu zusätzlichen Latenzzeiten und nichtdeterministischen Verzögerungen in Überlastsituationen. Harte Echtzeitübertragung ist also nicht möglich.
Warum TSN?
Feldbusse der ersten Generation wurden für spezifische Anforderungen und Aufgaben konzipiert. Ethernet setzte man zum damaligen Zeitpunkt nicht auf der Feldebene ein, sondern nur um Maschinen an übergeordnete IT-Systeme anzubinden. Feldbussysteme der zweiten Generation zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf Ethernet basieren und über eine viel höhere Bandbreite verfügen. Im Gegensatz zu den spezifischen Feldbussen der ersten Generation sind die neuen Feldbusse vielseitig einsetzbar. Damit sie korrekt funktionieren und eine entsprechende Echtzeitperformance erreichen, benötigen sie eine spezielle Hardwareunterstützung und sind damit nicht zu den IEEE-Standards 802.1 und 802.3 konform. Dadurch lässt sich die vertikale und horizontale Integration mit Ethernet nicht zufriedenstellend umsetzen. Hinzu kommt, dass die meisten Echtzeitprotokolle in einer gemeinsamen Netzwerkinfrastruktur nicht parallel existieren können, ohne sich gegenseitig negativ zu beeinflussen. Ethernet TSN soll erstmals eine zeitgesteuerte und deterministische Übertragung von echtzeitkritischen Nachrichten über Standard-Ethernet-Hardware und ein weit verzweigtes Netzwerk erlauben. Da Ethernet-TSN-Echtzeitkommunikation und normale Ethernet-Kommunikation über einen einheitlichen Netzwerkstandard übertragen werden können, ergeben sich zukunftsweisende Lösungsansätze für die Konvergenz von Produktions- und IT-Netzwerken.
Was ist TSN?
Hinter TSN steht genau wie bei Ethernet keine einzelne Technologie, sondern eine Reihe verschiedener Einzelstandards, die im Rahmen der IEEE802-Standardisierung erarbeitet werden. Im Einzelnen versteht man unter TSN einige Teilstandards, die die durchgängige Echtzeitfähigkeit innerhalb des Netzwerks ermöglichen. Die wohl wichtigsten Schlüsselfunktionen für deterministische Datenübertragung liegen in der Synchronisierung der Zeit und dem Traffic Shaping und Sheduling.
Die hochpräzise Synchronisierung der Zeit innerhalb eines Netzwerks ist essentiell, um eine deterministische Kommunikation zu ermöglichen. Alle beteiligten Geräte innerhalb eines Netzwerks müssen über das gleiche Zeitverständnis verfügen, das als Grundvoraussetzung für den Transport von Datenströmen in festen Zyklen gilt. Bei TSN wird das durch den neu entwickelten Standard IEEE802.1ASrev erreicht. Durch das Traffic Shaping und Scheduling wird die parallele Übertragung von Datenströmen mit weichen und harten Echtzeitanforderungen und dem sogenannten Best-Effort-Datenverkehr ermöglicht. Der Standard IEEE802.1Qav definiert bereits einen Credit-Based Shaper (CBS), der zeitkritische Datenströme gegenüber dem Best-Effort-Verkehr priorisiert. Allerdings existieren in der industriellen Kommunikation und in der Automobilindustrie Anwendungsszenarien, die geringere Latenzen und Jitter benötigen. Mit dem Teilstandard IEEE802.1Qbv werden daher feste zyklische Übertragungsfenster eingerichtet, die eine ungehinderte Übertragung entlang des Datenpfads ermöglichen. Time-Sensitive Networking entfaltet seine volle Wirkung dann, wenn alle Geräte im Netzwerk die TSN-Funktionen unterstützen. Derzeit arbeiten viele verschiedene Hersteller von industriellen Endgeräten und Switches daran, ihre Geräte TSN-fähig zu machen.
TSN IP-Core für Endgeräte
Der vom Fraunhofer IPMS entwickelte IP Core TSN_CTRL soll die Implementierung von TSN-fähigen Endpunkten für Netzwerke erleichtern. Er beinhaltet Hardware-Stacks für Zeitsynchronisierung (IEEE 802.1AS), das Traffic Shaping (IEEE802.1Qav und 802.1Qbv) sowie einen Ethernet-MAC für geringe Latenzen. Der IP Core nutzt Standard-AMBA- oder Avalon-Schnittstellen, um die Integration zu erleichtern. Seine Konfigurations- und Statusregister sind über einen 32Bit-breiten AXI4-Lite- oder Avalon-MM-Bus zugänglich, die Paketdaten werden über AXI-Streaming- oder Avalon ST-Schnittstellen mit 8Bit-Datenbussen ein- und ausgegeben. Der IP Core ist in synthetisierbaren RTL-Quellcode oder als gezielte FPGA-Netzliste verfügbar.
Ethernet hat in der industriellen Automatisierungstechnik breite Akzeptanz gefunden, kann ohne Modifikation bei harten Echtzeitanforderungen aber bislang nicht mithalten. In der Feldebene werden deshalb nach wie vor spezielle echtzeitfähige Feldbusse eingesetzt. Die Erweiterung von Ethernet um Time-Sensitive Networking (TSN) wird es künftig möglich machen, Datenströme echtzeitfähig und priorisiert durch das gesamte Netzwerk zu transportieren. Das Fraunhofer IPMS hat dafür nun einen eigenen IP-Core entwickelt.
Ethernet wurde in seiner ursprünglichen Form in den Siebzigern im Forschungslabor der Firma Xerox entwickelt. Heute ist es ein offener Standard und bildet die Grundlage des IEEE802.3-Standardsets. Es definiert im OSI-Schichtenmodell auf Layer 1 und 2 die Adressierung und die Zugriffskontrolle auf unterschiedliche Übertragungsmedien innerhalb eines Netzwerks.
Das ursprüngliche Halbduplex-Ethernet basiert auf dem kollisionsbehafteten Zugriffsverfahren CSMA/CD und war daher für die Echtzeitübertragung nicht geeignet. Kollisionen von Nachrichten wurden zwar erkannt, aber nicht vermieden. Nach jeder Kollision wurde die Übertragung abgebrochen und nach einer Wartezeit erneut gestartet, solange bis die Daten übertragen sind. Das führte mitunter zu relativ hohen Zeitverzögerungen. Auch das heutige Ethernet ist nicht echtzeitfähig. Zwar entstehen beim Switched Ethernet durch die Voll-Duplex-Übertragung und Punkt-zu-Punkt-Verbindungen keine Kollisionen mehr, dennoch führt der Einsatz von Switches zu zusätzlichen Latenzzeiten und nichtdeterministischen Verzögerungen in Überlastsituationen. Harte Echtzeitübertragung ist also nicht möglich.
Fraunhofer-Institut IPMS
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 11 2018 - 29.10.18.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de