Ethernet auf Feldebene für die Prozessindustrie wird Realität
Advanced Physical Layer (APL)
Mit Blick auf Entwicklungen wie Big Data und dem Industrial Internet of Things macht es Sinn, auch in der Prozessautomation durchgängig auf Ethernet zu setzen. APL (Advanced Physical Layer) wird diese Entwicklung ermöglichen und schon bald zu den etablierten und international anerkannten Standards zählen.
Die ursprüngliche Idee für einen erweiterten Ethernet-Standard entstand bereits 2011. Damals initiierten die großen Lösungsanbieter im Bereich der Prozessindustrie die Entwicklung einer neuen physikalischen Schicht und reagierten damit auf die Anforderungen von Endanwendern. Das Ergebnis der siebenjährigen Entwicklungsarbeit ist heute als Advanced Physical Layer (APL) bekannt und erfüllt drei wesentliche Anforderungen: Unabhängigkeit von bestehenden Protokollen, Überwindung der Distanz-Einschränkung von 100m und Installation auch in explosionsgefährdeten Bereichen
Zur Definition eines Ethernet Physical Layers über eine geschirmte Zweidrahtleitung erfolgte im Jahr 2016 die Einladung zu einem Fachkreis (study group). Die Standardisierung erfolgt durch die Arbeitsgruppe IEEE 802.3 (working group), die auch alle anderen Ethernet-Standards betreut. Der aus dem Fachkreis etablierte IEEE Arbeitskreis (task force) 802.3cg erarbeitet den Standard für die Ethernet-Physical Layer mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 10Mbit/s über eine Kabeldistanz von bis zu 1.000m. Die daraus resultierende Ergänzung des IEEE 802.3-Standards wird voraussichtlich Ende 2019 verabschiedet.
Die Stromversorgung der Instrumentierung über eine Zweidrahtleitung ist für die Prozessindustrie von höchster Bedeutung. Daher konzentriert sich das parallel laufende APL-Projekt vor allem auf diesen Aspekt. Im Mittelpunkt steht eine Erweiterung für den Einsatz im explosionsgefährdeten Bereich. Ein derart erweitertes 10Base-T1L dient als Grundlage für eine Ethernet-Kommunikation von Instrumenten und Feldgeräten im Feld der Prozesstechnik. APL wird nicht nur von bedeutenden Zulieferern der Branche unterstützt, sondern auch den Standards- Organisationen im Bereich der industriellen Kommunikation, wie der Fieldcomm Group, ODVA sowie Profibus und Profinet International (PI).
Weltweites Interesse
Zahlreiche Zielgruppen und Märkten haben bereits Interesse an der Umstellung auf Twisted-Pair-Ethernet bekundet. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass APL die hohen Anforderungen der Prozessautomation erfüllt. Daher kann man einen Ethernet-Standard mit integrierter Eigensicherheit als entscheidenden Durchbruch für die Digitalisierung der Prozessautomation bezeichnen. Zuverlässigkeit, Einfachheit und Standardisierung zählen bei Prozessanlagen zu den wichtigsten Voraussetzungen. APL wird als gemeinsame physikalische Schicht für alle Kommunikationsprotokolle dienen und damit eine einheitliche Kommunikation von der Unternehmensebene bis auf die Feldebene ermöglichen. Damit steht der Standard nicht nur für die Konvergenz bestehender OT- und IT-Systeme, er ermöglicht auch eine unternehmensweite durchgängige Kommunikationsinfrastruktur mit völlig neuer Geschwindigkeit und Transparenz. Mit anderen Worten: Prozessautomation und Informationstechnologie sind zukünftig keine getrennten Welten mehr, zwischen denen es nur einen begrenzten Informationsaustausch gibt. Ein weiterer Aspekt der für APL spricht, ist die Tatsache, dass es sich hier nicht um die marktführende Technologie eines einzelnen Unternehmens handelt, sondern um einen offenen Standard, der von großen Standardisierungsorganisationen und marktführenden Herstellern unterstützt wird. Die Entwicklung wird vom APL-Lenkungsausschuss gesteuert. Interessierte Firmen sind eingeladen, sich an der laufenden Entwicklung zu beteiligen.
Aufrüstung bestehender Systeme
Wie der Name schon sagt, ist APL eine neue physikalische Schicht für die Kommunikation per Ethernet. Automatisierungssysteme sind daher im Wesentlichen bereits für APL bereit und es genügt ein Switch, um die Verbindung herzustellen und vorhandene Datenströme in APL umzuwandeln. Dabei werden auch redundante Switches, Stromversorgungen und Verbindungen unterstützt. APL unterstützt die im Feld der Prozessautomation bereits etablierten Trunk&Spur-Topologien. Die maximale Länge eines Trunks beträgt dabei 1.000m, die eines Spurs bis zu 200m mit optionaler Eigensicherheit für alle explosionsgefährdeten Zonen und Bereiche. APL benötigt lediglich herkömmliche Twisted-Pair-Kabel nach IEC 61158-2, Typ A. Mit einem APL Power-Switch können Feldgeräte mit einer Leistung bis zu 60W versorgt werden. Anbieter von Infrastrukturkomponenten wie Netzteilen und Switches werden ihr Portfolio entsprechend aktualisieren, um APL zu unterstützen. Dasselbe gilt für die Gerätehersteller. In naher Zukunft wird die digitale Ethernet-Kommunikation auf Feldebene definitiv der etablierte Standard sein. Installationen, die bereits einen Feldbus verwenden, haben dabei einen Vorsprung, da die vorhandene Verdrahtung nicht ersetzt werden muss, um eine 10BASE-T1L-Twisted-Pair-Kommunikation herzustellen. Für einfache Signale ist der Austausch analoger Geräte möglicherweise nicht wirtschaftlich sinnvoll. Dazu gehören Näherungsschalter, Temperatursensoren, Magnetventile und Namur-Schalter, die oft über Datenkonzentratoren mit übergeordneten Steuerungen verbunden sind. Für ältere Geräte bieten Remote I/O-Systeme ein kosteneffizientes Gateway für die Zukunft.
Mehr Transparenz und Kontrolle
Während Initiativen wie Industrie 4.0, Big Data und das Industrial Internet of Things (IIoT) im Bereich der Produktionsanlagen bereits für weit reichende Veränderungen gesorgt haben, ist eine ähnliche Entwicklung für die Prozessindustrie noch nicht abgeschlossen. Aber die Dinge ändern sich. Neben drahtlosen Lösungen und einer vereinfachten Integration von Feldgeräten ist das Ethernet auch auf Feldebene bereits in die Welt der Prozessautomation eingetreten. Diese Entwicklung wird unterstützt durch domänenspezifische Konzepte wie die Namur Open Architecture oder die Open Process Automation Standards des Open Process Automation Forums für den effizienten Aufbau, Inbetriebnahme und Betrieb von Prozessanlagen. Eine unternehmensweite Ethernet-Kommunikation vereinfacht nicht nur die Infrastruktur als solche, sie ist auch die Basistechnologie für das IIoT und eine neue Generation von Big-Data-Anwendungen. Dies liegt vor allem daran, dass APL nicht die typischen Einschränkungen heutiger Feldbussysteme aufweist, sondern eine signifikant höhere Bandbreite und den offenen Ethernet Standard zur schnellen Kommunikation großer Datenmengen nutzt. APL macht das Ethernet zu einer gemeinsamen Kommunikationsplattform, die von der Unternehmensebene bis zur Ebene der Prozessanlage reicht. Komplexe Gateways wie DP/PA-Links sind nicht erforderlich. Stattdessen werden einfache Field Switches verwendet, die keinerlei Programmierung erfordern. Darüber hinaus unterscheidet sich die Systementwicklung nicht von anderen digitalen Kommunikationsschnittstellen.
Weil APL nur unter der Haube stattfindet und eher eine Evolution als eine Revolution ist, wird damit ein Migrationspfad zur Prozessautomation von morgen geschaffen. Die Kombination aus hoher Übertragungsgeschwindigkeit und einer gemeinsamen physikalischen Ebene über alle Unternehmens- und Prozessanlagen-Ebenen hinweg ebnet dabei den Weg für eine völlig neue Generation von Anwendungen. APL wird vollständig in die bestehenden IEEE- und IEC-Standards integriert, die in jeder Region der Welt obligatorisch sind. Aus diesem Grund ist zu erwarten, dass APL innerhalb der Prozessindustrie weltweite Akzeptanz finden wird. Dies ist besonders wichtig, da viele Unternehmen global agieren und daher an einer effektiven Steuerung und Verwaltung ihrer Prozessanlagen auf mehreren Kontinenten interessiert sind.
Fazit
Niemand kann die Zukunft voraussehen, aber neue Technologien bringen auch neue Anwendungen mit sich und eröffnen neue, ungeahnte Möglichkeiten. Die Einführung von APL passt voll zum Digitalisierungstrend in der Prozessautomation und wird sicherlich die Entwicklung von Softwarelösungen vorantreiben, die auf transparenteren Infrastrukturen und der Verfügbarkeit von mehr Daten bei höheren Geschwindigkeiten beruhen. Ethernet mit Twisted-Pair-Verkabelung wird schnelle Fortschritte machen und die Steuerung von Prozessanlagen sich grundlegend verändern.
Mit Blick auf Entwicklungen wie Big Data und dem Industrial Internet of Things macht es Sinn, auch in der Prozessautomation durchgängig auf Ethernet zu setzen. APL (Advanced Physical Layer) wird diese Entwicklung ermöglichen und schon bald zu den etablierten und international anerkannten Standards zählen.
Die ursprüngliche Idee für einen erweiterten Ethernet-Standard entstand bereits 2011. Damals initiierten die großen Lösungsanbieter im Bereich der Prozessindustrie die Entwicklung einer neuen physikalischen Schicht und reagierten damit auf die Anforderungen von Endanwendern. Das Ergebnis der siebenjährigen Entwicklungsarbeit ist heute als Advanced Physical Layer (APL) bekannt und erfüllt drei wesentliche Anforderungen: Unabhängigkeit von bestehenden Protokollen, Überwindung der Distanz-Einschränkung von 100m und Installation auch in explosionsgefährdeten Bereichen
Zur Definition eines Ethernet Physical Layers über eine geschirmte Zweidrahtleitung erfolgte im Jahr 2016 die Einladung zu einem Fachkreis (study group). Die Standardisierung erfolgt durch die Arbeitsgruppe IEEE 802.3 (working group), die auch alle anderen Ethernet-Standards betreut. Der aus dem Fachkreis etablierte IEEE Arbeitskreis (task force) 802.3cg erarbeitet den Standard für die Ethernet-Physical Layer mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 10Mbit/s über eine Kabeldistanz von bis zu 1.000m. Die daraus resultierende Ergänzung des IEEE 802.3-Standards wird voraussichtlich Ende 2019 verabschiedet.
Die Stromversorgung der Instrumentierung über eine Zweidrahtleitung ist für die Prozessindustrie von höchster Bedeutung. Daher konzentriert sich das parallel laufende APL-Projekt vor allem auf diesen Aspekt. Im Mittelpunkt steht eine Erweiterung für den Einsatz im explosionsgefährdeten Bereich. Ein derart erweitertes 10Base-T1L dient als Grundlage für eine Ethernet-Kommunikation von Instrumenten und Feldgeräten im Feld der Prozesstechnik. APL wird nicht nur von bedeutenden Zulieferern der Branche unterstützt, sondern auch den Standards- Organisationen im Bereich der industriellen Kommunikation, wie der Fieldcomm Group, ODVA sowie Profibus und Profinet International (PI).
Pepperl+Fuchs Vertrieb Deutschland GmbH
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 11 2018 - 29.10.18.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de