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Linearer Wegsensor für hohe Beschleunigungen

Bauchgefühl für Dummys

Sensoren auf Potentiometerbasis sind wegen ihrer positiven Eigenschaften für viele Applikationen auch heute noch immer ohne ernstzunehmende Konkurrenz. In einer Anwendung mit Crashtest-Dummys zeigen angepasste lineare Leitplastik-Potentiometer ihre Stärken.

Bild: ATD-LabTechBild: ATD-LabTech
Der S-Track mit seiner Scherenmechanik und dem potentiometrischen Messprinzip verspricht aussagekräftigere Messergebnisse beim Crash-Test, als die heute meist üblichen IR-Lösungen.

Crashtest-Dummys (Anthropomorphe Test Devices, kurz ATDs) sind lebensgroße Puppen, mit denen die Auswirkungen von Verkehrsunfällen auf den menschlichen Körper simuliert werden.

Bild: ATD-LabTechBild: ATD-LabTech
S-Track eingebaut im Abdomen der Crashtest-Dummys.

Dazu sind sie mit zahlreichen Sensoren ausgerüstet, um die Belastungen während eines Crashtests so realitätsnah wie möglich zu messen. Mit dem S-Track hat ATD-LabTech eine neue Sensoreinheit entwickelt, die sich besonders gut zum Einbau in Brustkorb oder Bauch eignet und aussagekräftigere Messergebnisse verspricht, als die heute meist üblichen teleskopartigen Infrarot- oder Seilzug-Lösungen. Der neuartige Sensor gleicht in Abmessung, Schwerpunkt und Gewicht exakt den bestehenden Systemen und ist somit einfach austauschbar, ohne die physikalischen Eigenschaften des Dummys zu verändern. Auch seine Kalibrierung ist mit dem bereits vorhandenen Equipment einfach zu realisieren.

Scherenmechanik statt Teleskop

Das zum Patent angemeldete Messprinzip basiert auf einer präzisen und reibungsarmen Scherenmechanik aus hochfestem, rostfreiem Werkzeugstahl, die beim Testaufprall eingefahren wird. Dabei wird die Hubbewegung mit einem Untersetzungsverhältnis von i=4,5 absolut und linear auf ein potentiometrisches Sensorelement übertragen, das im vergleichsweise kleinen Sockelgehäuse der Sensoreinheit seinen Platz findet. "Hierfür bekamen wir von Novotechnik genau die richtige Lösung", freut sich Gerhard Pfeifer, geschäftsführender Gesellschafter bei ATD-LabTech, "denn andere Sensoren kamen für diesen Einsatz bei den hohen Geschwindigkeiten und unseren Linearitätsanforderungen von 0,25% nicht infrage." Immerhin beträgt die Verfahrgeschwindigkeit 10m/s auf einer Strecke von 90mm und auf das Messelement wirken während der Tests Beschleunigungs- und Bremskräfte bis 500g. Leitplastikpotentiometer kommen damit aufgrund ihres Funktionsprinzips problemlos zurecht.

Bild: Novotechnik Messwertaufnehmer OHGBild: Novotechnik Messwertaufnehmer OHG
?Andere Sensoren kamen für den Einsatz bei den hohen Geschwindigkeiten und Linearitätsanforderungen von 0,25% nicht infrage.?, Gerhard Pfeifer, ATD-LabTech

Hohe Messrate

Da der Test nur etwa 150ms dauert, müssen die Sensoren in der kurzen Zeit möglichst viele Messwerte liefern. "Hier kann das Potentiometer ebenfalls punkten," erklärt Pfeifer. Denn dank der hohen Messfrequenz von 20kHz stehen genügend Messdaten für realitätsnahe Ergebnisse zur Verfügung. "Abgesehen davon, dass Lasersensoren für unsere Anwendung viel zu groß bauen, wären sie mit Grenzfrequenzen von etwa 3,5kHz auch deutlich langsamer. Letzteres gilt z.B. auch für die meisten Hallsensoren", so Pfeifer weiter. Potentiometrische Sensoren können durch das analoge Messprinzip genau so oft abgetastet werden, wie es die auswertende Elektronik erlaubt. Auch weitere klassische Potentiometereigenschaften kommen der Anwendung zugute. So ist eine Linearisierung des Messsignales durch Elektronik oder Berechnungen überflüssig. Mit dem S-Track sind absolute Wegmessungen in nahezu unendlicher Auflösung realisierbar. Dabei lässt sich der Scheren-Sensor mit seinem 2D- oder 3D-Adapter nicht nur im Thorax nutzen, sondern z.B. für Abdomen-Messungen. Das rein potentiometrische Messprinzip hat zudem eine geringe Stromaufnahme und kann schon ab 0,1V Spannung betrieben werden.

Applikationsspezifisch und einbaufertig

Ein Leitplastikpotentiometer ´von der Stange´ kam für die Anwendung allerdings nicht in Frage. Bei Novotechnik fand sich jedoch eine geeignete Lösung, die sich im Hinblick auf den Einsatz im Scheren-Sensor modifizieren ließ. Ein Leitplastikpotentiometer besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: dem Widerstandselement, dem Schleifer und einem Mitnehmerelement für den Schleifer. Das Mitnehmerelement ist in diesem Fall mit der Scherenmechanik verbunden. Der Schleifer wird von ihr bewegt und verändert dadurch seine Position auf dem Widerstandselement. Das abgegriffene Potential ist dabei eine lineare Funktion des Ortes. Es ist damit wegproportional und wird beim S-Track als Analogsignal direkt weiterverarbeitet. Basis für die individuelle Potentiometerlösung bildet das translatorische Widerstandselement PTX 0025. Als Substratmaterial wird FR4 (Flame Retardant) verwendet. Die Widerstandsbahn wird zur Linearisierung nach dem Siebdruck mit einem Laser bearbeitet, so dass prinzipiell Linearitätswerte von 0,05 Prozent und besser möglich sind. Wichtig für eine zuverlässige Potentiometerfunktion ist auch der Schleifer, der das Messsignal abgreift. Deshalb bekommt ATD-LabTech das Schleiferelement einschließlich der Befestigungsmimik einbaufertig geliefert. "Eigentlich sollte der Schleifer eher Gleiter heißen," schmunzelt Pfeifer, "denn bei einer Lebenserwartung von über 100 Millionen Hüben, spielt der mechanische Verschleiß nicht nur bei unserem S-Track, sondern wohl auch in vielen anderen Anwendungen eine eher untergeordnete Rolle."

Novotechnik Messwertaufnehmer OHG

Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN SPSS 2018 - 19.11.18.
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