CEN zur biologischen Lichtwirkung: Bessere Rahmenbedingungen durch objektive Referenzgröße
Neuer technischer Report für das Licht
Die biologische Wirkung von Licht gewinnt bei der Planung von zukunftsfähigen Beleuchtungslösungen zunehmend an Bedeutung, allerdings fehlten bisher Vorgaben und vergleichbare Kenngrößen. Nun hat das europäische Standardisierungskomitee CEN mit der CEN/TR 16791:2017 einen technischen Report veröffentlicht, der mehr Klarheit schaffen soll.
Der Report definiert anhand wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse eine Methode zur Bewertung der biologischen Wirksamkeit einer Lichtquelle. Durch den sogenannten melanopischen Wirkungsfaktor lässt sich objektiv beurteilen, wie eine Lichtquelle auf die lichtempfindlichen Ganglienzellen im Auge wirkt - und ob sie damit das Potenzial besitzt, bestimmte biologische Prozesse auszulösen.
Lichtempfindliche Ganglienzellen - die Basis für biologische Lichtwirkungen
Seit langem ist bekannt, dass der biologische Rhythmus des Menschen durch den Tageslichtverlauf synchronisiert wird - und dass Licht u.a. auch Einfluss auf die Stimmung und das Wohlbefinden nimmt. In den letzten Jahren haben viele neue Forschungsergebnisse zu einem besseren Verständnis der Zusammenhänge beigetragen. So wurden 2001 im Auge lichtempfindliche Ganglienzellen entdeckt, deren Hauptaufgabe nicht das gegenständliche Sehen ist. Die Zellen beeinflussen stattdessen u.a. den Melatonin-Stoffwechsel. Melatonin ist ein Hormon, das neben anderen Wirkungen insbesondere den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen steuert. 2007 wurde der lichtempfindliche Wirkstoff in den Ganglienzellen identifiziert, das Melanopsin. Versuche zur spektralen Absorptionsfähigkeit des Melanopsins zeigten: Das lichtempfindliche Protein absorbiert die Wellenlängen des sichtbaren Lichts zwischen 380 und 600nm unterschiedlich gut. Trägt man die Absorption in Abhängigkeit von der Wellenlänge auf, erhält man das melanopische Wirkungsspektrum smel() (Abb. 1). Das Maximum der Kurve liegt bei ca. 490nm im blauen Bereich. Rotem Licht gegenüber (600 - 780nm) sind die Ganglienzellen dagegen relativ unempfindlich. Die Lichtempfindlichkeit der Ganglienzellen unterscheidet sich von der Lichtempfindlichkeit der Stäbchen und Zapfen im Auge, die für das gegenständliche Tagsehen zuständig sind. Die spektrale Empfindlichkeitskurve für das Tagsehen V() weist ein Maximum bei etwa 555nm auf (Abb. 1).
Melanopischer Wirkungsfaktor - entscheidend ist die Zusammensetzung
Um zu klären, in welchem Maß eine Lichtquelle die lichtempfindlichen Ganglienzellen stimuliert, wird das melanopische Wirkungsspektrum der Lichtquelle ins Verhältnis zum für das Tagsehen (photopisch) bewertete Spektrum gesetzt - und so der melanopische Wirkungsfaktor amel,v errechnet. Die Normlichtart D65 gilt als Referenzwert für das natürliche Sonnenlicht. Sie besitzt einen melanopischen Wirkungsfaktor von 0,906 und entspricht mit einer Farbtemperatur von 6.504 Kelvin ungefähr einem grau verhangenen Himmel. In der Praxis gibt es bereits zahlreiche Initiativen und Planungsempfehlungen, die die biologische Wirkung der Beleuchtungslösung berücksichtigen. Das International Well Building Institute ist eine gemeinnützige Organisation, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Gesundheit und Wohlbefinden der Menschen innerhalb von Gebäuden durch entsprechende Standards zu verbessern. Der Well Standard empfiehlt, ein bestimmtes Mindestniveau an 'äquivalenten' melanopischen Lux (EML: equivalent melanopic Lux) in den Räumen einzuhalten, und zwar abhängig von der Raumnutzung. Für Arbeitsbereiche sind laut Standard z.B. mindestens 200 äquivalente melanopische Lux empfehlenswert, und zwar in der Zeit zwischen 9:00 und 13:00 Uhr an 75 Prozent der Arbeitsplätze. Dabei fließt natürliches Tageslicht in die Rechnung mit ein. Durch das Wissen um die biologische Wirksamkeit des Lichts lassen sich die Beleuchtungslösungen gezielt an den spezifischen Einsatzbereich anpassen und so potenzielle Gefährdungen durch falsche Beleuchtung vermeiden. Untersuchungen belegen z.B. für typische rollierende Nachtschichtarten, dass sich eine Beleuchtung mit hohen Blaulichtanteilen während der Nacht negativ auf den biologischen Rhythmus des Menschen auswirken kann. Deshalb ist in einer solchen Anwendung sinnvoll, auf eine Beleuchtungslösung mit einer möglichst geringen melanopischen Wirksamkeit zu setzen, ohne dass dabei die Beleuchtungsstärke oder Qualität beeinträchtigt wird. Grundsätzlich gilt: Beleuchtungslösungen, die die biologische Wirksamkeit des Lichts berücksichtigen, müssen immer so ausgelegt werden, dass sämtliche Anforderungen an Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz vollkommen erfüllt werden.
Ganzheitliche Lichtplanung für mehr Zukunftssicherheit
Derzeit wird der Aspekt der nicht-visuellen Lichtwirkung bei den meisten Lichtplanungen gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigt - obwohl das Licht unbestritten immer melanopisch wirkt. Das kann langfristig nicht nur zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Es geht auch ein enormes Potenzial verloren: Denn eine entsprechend ausgerichtete ganzheitliche Beleuchtungsplanung bietet die Möglichkeit, das Licht mit allen seinen Facetten optimal an die jeweiligen Rahmenbedingungen und die individuellen Bedürfnisse der Nutzer anzupassen - und so gleichzeitig den Sehkomfort und das Wohlbefinden zu steigern. "Eine ideale Lösung, die den Anwendern jederzeit alle Optionen offenhält, sind Leuchten, die LED mit verschiedenen Spektren kombinieren und einfach über ein Lichtmanagementsystem wie Trilux LiveLink gesteuert werden", erklärt Dietmar Zembrot, Chief Technology Officer bei Trilux. Zentrale Betriebsparameter wie die Beleuchtungsstärke und die spektrale Zusammensetzung des Lichts lassen sich mit LiveLink auch nach der Installation noch individuell regulieren. Eine gängige Anwendung ist beispielsweise 'circadianes Licht', das die spektrale Zusammensetzung analog zum Tageslichtverlauf verändert und so dem Körper die gewünschten natürlichen Lichtimpulse liefert. Ein weiteres Plus ist die Zukunftsfähigkeit des Systems: "Mit einer entsprechend ausgelegten Beleuchtungslösung lassen sich auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse und künftige Empfehlungen oder Normen zur biologischen Lichtwirkung ohne eine Hardware-Umrüstung umsetzen", so Zembrot.
Keine normative Vorgabe - aber Orientierung und Vergleichbarkeit
Dass die Bewertung der biologischen Wirksamkeit einer Beleuchtungssituation derzeit ein Thema im Markt ist, zeigt nicht nur der neue technische Report des CEN - sondern auch die Aktivitäten anderer standardisierender Institutionen. So sind derzeit sowohl Veröffentlichungen der International Organization for Standardization ISO und der Internationalen Beleuchtungskommission CIE in Bearbeitung. Auf nationaler Ebene ist zudem eine Publikation der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV in Vorbereitung und auf Seiten der europäischen Normung wird derzeit die DIN EN12464-1:2011-08 überarbeitet.
Wachsende Sensitivität für die biologische Wirksamkeit des Lichts
Die biologische Wirkung von Licht gewinnt in der Lichtplanung zunehmend an Bedeutung. Das spiegelt sich u.a. in der wachsenden Berücksichtigung des Themas in den gängigen Publikationen, Richtlinien und Normen wider. Der neue technische Report des europäischen Standardisierungskomitees CEN ermöglicht es Planern und Anwendern erstmals, die melanopische Wirkung des Lichts anhand einer offiziell anerkannten Bezugsgröße zu beurteilen bzw. zu quantifizieren. Das erleichtert es Planern, die biologischen Effekte des Lichts auf den Menschen bei der Lichtplanung zu berücksichtigen und die Vergleichbarkeit verschiedener Lösungen zu verbessern.
Die biologische Wirkung von Licht gewinnt bei der Planung von zukunftsfähigen Beleuchtungslösungen zunehmend an Bedeutung, allerdings fehlten bisher Vorgaben und vergleichbare Kenngrößen. Nun hat das europäische Standardisierungskomitee CEN mit der CEN/TR 16791:2017 einen technischen Report veröffentlicht, der mehr Klarheit schaffen soll.
Der Report definiert anhand wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse eine Methode zur Bewertung der biologischen Wirksamkeit einer Lichtquelle. Durch den sogenannten melanopischen Wirkungsfaktor lässt sich objektiv beurteilen, wie eine Lichtquelle auf die lichtempfindlichen Ganglienzellen im Auge wirkt - und ob sie damit das Potenzial besitzt, bestimmte biologische Prozesse auszulösen.
Lichtempfindliche Ganglienzellen - die Basis für biologische Lichtwirkungen
Seit langem ist bekannt, dass der biologische Rhythmus des Menschen durch den Tageslichtverlauf synchronisiert wird - und dass Licht u.a. auch Einfluss auf die Stimmung und das Wohlbefinden nimmt. In den letzten Jahren haben viele neue Forschungsergebnisse zu einem besseren Verständnis der Zusammenhänge beigetragen. So wurden 2001 im Auge lichtempfindliche Ganglienzellen entdeckt, deren Hauptaufgabe nicht das gegenständliche Sehen ist. Die Zellen beeinflussen stattdessen u.a. den Melatonin-Stoffwechsel. Melatonin ist ein Hormon, das neben anderen Wirkungen insbesondere den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen steuert. 2007 wurde der lichtempfindliche Wirkstoff in den Ganglienzellen identifiziert, das Melanopsin. Versuche zur spektralen Absorptionsfähigkeit des Melanopsins zeigten: Das lichtempfindliche Protein absorbiert die Wellenlängen des sichtbaren Lichts zwischen 380 und 600nm unterschiedlich gut. Trägt man die Absorption in Abhängigkeit von der Wellenlänge auf, erhält man das melanopische Wirkungsspektrum smel() (Abb. 1). Das Maximum der Kurve liegt bei ca. 490nm im blauen Bereich. Rotem Licht gegenüber (600 - 780nm) sind die Ganglienzellen dagegen relativ unempfindlich. Die Lichtempfindlichkeit der Ganglienzellen unterscheidet sich von der Lichtempfindlichkeit der Stäbchen und Zapfen im Auge, die für das gegenständliche Tagsehen zuständig sind. Die spektrale Empfindlichkeitskurve für das Tagsehen V() weist ein Maximum bei etwa 555nm auf (Abb. 1).
TRILUX Medical GmbH & Co. KG
Dieser Artikel erschien in GEBÄUDEDIGITAL 7 2018 - 08.11.18.Für weitere Artikel besuchen Sie www.gebaeudedigital.de