Anzeige

Telefon: +49 02102 / 486 - 0


Sechsachser in der additiven Fertigung

3D-Druck als Kunstform

Ein Projekt am Centre for Fine Print Research der Universität im englischen Bristol betrachtet den 3D-Druck aus einem ganz neuen Blickwinkel: Der Schwerpunkt liegt hier auf einer sinnvollen Umsetzung digitaler Daten - nicht auf deren exakter Wiedergabe. Ein flexibler Knickarmroboter steht im Mittelpunkt des Projekts.

Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V.Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V.
Die Materialablage des Roboters kann mit Hilfe von CAD-Modellen oder flachen Bildern gesteuert werden.

Die additive Fertigung wird in der Fertigungsindustrie meist zur Herstellung von Teilen mit komplexen Formen eingesetzt, die mit anderen Mitteln nicht leicht reproduzierbar sind. Die größte Herausforderung liegt dabei in der Geometrie: soll ein Objekt hergestellt werden, muss die Form in eine Reihe von Bahnen zerlegt werden, die Material durch den stabilen und zuverlässigen Aufbau von Schichten ansammeln. Aus diesem Grund ist der 3D-Druck in der Regel ein sehr genau kontrollierter Prozess, sowohl hinsichtlich Beschleunigung und Geschwindigkeit, als auch bei der Materialabscheidung. In industriellen Anwendungen wird Material in kleinen Mengen abgeschieden oder verschmolzen. Dementsprechend werden die Maschinen wie bei der CNC-Bearbeitung logisch und numerisch bedient.

Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V.Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V.
Der Roboter verwendet PLA-Filament aus Maisstärke, da es umweltfreundlich ist und einen niedrigen Schmelzpunkt hat.

Sinnvolle Umsetzung

Beim Universitätsprojekt liegt der Schwerpunkt hingegen auf einer sinnvollen Umsetzung. Eine gute Analogie zum Projekt wäre die Töpferscheibe, wo der Künstler in direktem Kontakt mit dem Ton und mit einem genauen Verständnis für das Zusammenwirken von Material und Scheibe arbeitet. Hier ist der Künstler in der Lage, etwas mit dem Material auszudrücken und es an seine Grenzen zu bringen - z.B. durch schwungvolle, elegante Formen oder neue Materialqualitäten wie Transluzenz. Die Universität verfügt über Hintergrundwissen in den Bereichen Keramik, lichthärtende Harze und Thermoplaste, die alle mit der neuen Roboterplattform untersucht werden. In früheren Arbeiten wurde der 3D-Drucker als Werkzeug zur Manipulation von Materialien oder zur Erzeugung ungewöhnlicher Oberflächenstrukturen evaluiert, anstatt ihn einfach als Maschine zu verwenden, die digitale Modelle mit einer feinen Auflösung reproduziert. Das Projekt geht über die Verwendung von CAD-Modellen und Schneidealgorithmen hinaus, da diese zu automatisiert sind. Durch das Schreiben proprietärer Software ist es möglich, Druckverfahren zu entwickeln, bei denen expressiv mit dem Material gespielt werden kann. Um diesen Perspektivwechsel zu erreichen, erforscht das Projekt mit einem Melfa-RV-7FLM-Roboterarm von Mitsubishi Electric Techniken, um Materialien dynamisch zu erfassen und zu manipulieren, anstatt sie auf feste, starre oder maschinenähnliche Weise abzulegen. Der Roboter arbeitet mit Druckerpfaden, die durch proprietäre Software definiert sind und benötigt dafür einen hohen Grad an Automatisierung und Reaktionsfähigkeit in Echtzeit.

Unerwartete Eigenschaften

"Indem wir 3D-bedruckbare Materialien an ihre Grenzen gebracht haben, konnten wir unerwartete Eigenschaften in den Materialien frei legen", sagt Dr. Paul O'Dowd, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Creative Electronics and Engineering. "So kann z.B. die Kunststoffabscheidung im heißen Zustand manipuliert und in feine Fäden gezogen oder gewebt werden. Keramik kann so abgeschieden werden, dass die Materialzusammensetzung in einem einzigen Brennvorgang selbstglasierend ist. Diese Materialzustände könnten auch Anwendung in der Industrie finden." Die robotergeschützte Manipulation von Materialen durch komplexe Zustände, z.B. durch das Erfassen und Reagieren auf Viskosität, erfordert die Integration mehrerer fortschrittlicher Ansätze. Der Roboter ermöglicht eine Steuerung in Echtzeit und bietet dafür eine zuverlässige Programmierschnittstelle. "Der Roboterarm ist sehr geschickt und erlaubt es, Materialien aus allen Richtungen zu manipulieren", fährt O'Dowd fort. Normalerweise sind 3D-Drucker mit drei Linearachsen ausgestattet und die Fertigung erfolgt in festen horizontalen Schichten. Der RV-Roboter bietet jedoch sowohl mehr Bewegungsfreiheit als auch umfassende Erweiterungsmöglichkeiten, einschließlich Pneumatik und digitaler I/Os, die in den Arms selbst integriert sind.

Schnell auf Veränderungen reagieren

Im Rahmen des Projekts wird eine eigene Software entwickelt, ie sehr schnell und dynamisch auf Veränderungen der Materialeigenschaften und der Konstruktion des Druckobjekts reagieren muss. Das bedeutet, dass das Steuerungsprogramm nicht starr in der Bedienung sein darf. Stattdessen muss sie ihr Arbeitsumfeld ständig und iterativ interpretieren und ihr Verhalten selbstständig korrigieren. "Auf der Suche nach Bewegungsfreiheit und einer offenen Programmierumgebung haben wir uns mehrere Roboterhersteller angeschaut", kommentiert O'Dowd die Wahl des Roboters. "Überzeugt hat uns letztlich die Unterstützung durch Mitsubishi Electric während des gesamten Projekts." Der Roboter erwies sich als passendes Werkzeug zur Herstellung von Kunstobjekten mit Polymilchsäure, einem biologisch abbaubaren Thermoplast auf Pflanzenbasis, das in 3D-Druckern verwendet wird. Das Entwicklungsteam nutzte den vollen Bewegungsumfang des Roboters, um das Material über den normalen Betriebsbereich hinaus zu schieben und neue Effekte zu erzeugen.

Mitsubishi Electric Europe B.V.

Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN SPSS 2018 - 19.11.18.
Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de

Firmenportrait