Keramische und metallische Messzelle verbessert Destillation bei der BASF
Dream-Team
Höchste Sicherheitsstandards in allen Prozessschritten gehören in der chemischen Industrie zu den unverzichtbaren Voraussetzungen. Ein kleiner Baustein des globalen Sicherheitsmanagements bei der BASF am schweizerischen Standort Kaisten ist die Garantie völliger Silikonölfreiheit ihrer Verfahren.
Bei der Überwachung von Füllständen während der Herstellung von Zusatzstoffen für Lacke und Kunststoffe kommt die klassische Differenzdruckmessung an ihre Grenzen. Sie arbeitet typischerweise mittels silikonölgefüllter Kapillarleitungen, welche - im unwahrscheinlichen Falle einer Havarie - mit dem Medium in Kontakt kommen könnten. Höhere Sicherheit bieten dagegen elektronische Differenzdruck-Messsysteme, bei BASF in der Kombination aus keramischer und metallischer Vega-Messzelle. Bei der Herstellung solcher Zusatzstoffe, wie etwa Antioxidantien, spielt der Dampfdruck von Flüssigkeiten eine entscheidende Rolle. Deren präzise Messung leistet nicht nur einen Beitrag zur effizienten Steuerung der Spezialverfahren, sondern gibt zusätzlich Hinweise, wie prozesstechnische Bauteile verbessert und die Anlagenverfügbarkeit erhöht werden kann. Es gilt: Je genauer die Werte, desto klarer die Vorgänge. Bei extremen Bedingungen mit aggressiven Substanzen und Säuren, die zu Anhaftungen an den Behälterwänden und schlammigen Ablagerungen neigen sowie bei Vakuum und starker Dampfentwicklung sind zuverlässige Messergebnisse entscheidend.
Silikonölfreie Messung
Kamen hier zur Füllstandmessung bislang klassische Differenzdrucksysteme zum Einsatz, so entschieden sich die Mess- und Regeltechniker der BASF nun für den Austausch ihrer Instrumentierung. Sie stellten ihren Prozess auf elektronischen Differenzdruck um, der ohne Kapillarleitungen und somit ohne mechanische Druckmittler silikonölfrei arbeitet. Nicht zuletzt dank keramischer Messzelle ist dieses System für Vakuum und hohe Temperaturen prädestiniert. "Die Entscheidung für elektronischen Differenzdruck auf der Basis keramischer Messzellen lag nahe, weil diese abrasiven Substanzen zuverlässig standhalten. Unsere Anlage läuft komplett automatisiert und wird 7 Tage die Woche zu 24 Stunden betrieben", betont Markus Stoll, BASF-Leiter Fachwerkstätten EMSR, der mit seinem Team für eine höchstmögliche Anlagenverfügbarkeit sorgen soll.
Begehrte Zusatzstoffe
Im schweizerischen Kaisten werden die großvolumigen Kunststoffadditiven von rund 260 Mitarbeitern produziert und gelangen von hier aus in Kunststoffe und Schmieröle. Unter exakt definierten Druckverhältnissen werden die Einsatzstoffe in mehreren chemischen Reaktionsschritten in Additive umgesetzt. Eine vollautomatische Prozesssteuerung erfasst jeden Messwert kontinuierlich und sorgt für die exakten Dosierungen wie auch den effizienten Betrieb der Anlage. Zuverlässigkeit ist entscheidend, denn das Endprodukt ist auch ein essentielles Zwischenprodukt: Zu etwa 80 Prozent wird es in Folgestufen weiterverarbeitet. Steht dieser Bereich still, dann mit weitreichenden Folgen. "Jeder noch so kleine Ausfall", beschreibt Stoll, "unterbricht einen komplexen Prozess. Ganz praktisch bedeutet dies für uns: Wochenend- und Mehrarbeit." Aufwendige Neuabgleiche und akribische Analysen sind dann fällig. Driftet ein Messwert ab, so passiert dies oft schleichend. Die eigentliche Arbeit ist es dann, dem 'schwer plausiblen' Fehler auf die Spur zu kommen. Ungenaue Messwerte müssten unter allen Umständen vermieden werden.
Bitte keine Experimente
Eigentlich arbeiten Mess- und Regeltechniker nach dem Prinzip 'Never change a good running system'. Damit Prozesse rund laufen, müssen alle Produktionsparameter exakt aufeinander abgestimmt sein. Und so zeigte sich bei der Einführung neuer, ölfreier Druckmesstechnik manche Besonderheit erst im Zuge der Umstellung. Eine Destillation, so auch die einer Reaktionsmischung unter Vakuum, beruht auf unterschiedlich hohen Siedepunkten der beteiligten Flüssigkeiten und auf deren verschiedenen Dampfdrücken. Die erwünschte Trennwirkung kommt in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Flüssigkeiten und des Dampfes zustande. Bei jeder Differenzdruckmessung sind die Druckmittler exakt auf die zu überwachenden Medien abgestimmt: So werden den Messzellen etwa zum Schutz vor hohen Temperaturen oder Feuchtigkeit spezielle Trennmembranen vorgeschaltet.
Ein System für zwei Extreme
Die robuste keramische Certec-Messzelle zeigte sich im BASF-Vakuumreaktor ideal für die - auch hygienisch einwandfreie - Anwendung am heißen, aggressiven Lösemittel im unteren Reaktorteil. Im oberen Reaktorbereich hingegen herrschten ganz andere Bedingungen: Hier sorgte der extreme Dampf für Kondensat auf der Messzelle und verursachte Ungenauigkeiten. Eine naheliegende, zunächst avisierte Lösung, das Differenzdrucksystem anstelle von keramischen Messzellen auf der Basis metallischer Messzellen einzusetzen, zeigte eine gegenläufige Problematik. Kondensat und Feuchtigkeit hatten keinerlei negativen Einfluss mehr. Der obere Messwert blieb in allen Situationen plausibel. Nun jedoch löste die hohe Temperatur des Lösemittels im unteren Reaktorbereich wiederholt Messwertdriften aus. Die Lösung bestand in einem elektronischen Messsystem - einer Kombination aus keramischer und metallischer Messzelle. Beide Druckmittler erfassen ihre jeweiligen Werte separat und berechnen - elektronisch verbunden als Master-/Slave-Sensorpaar - deren Differenz im Mastersensor. Möglich macht dies eine baulich verwandte Geräteelektronik hinter den beiden ganz unterschiedlichen Messzellen. Unter dem Strich ist das Ergebnis eine Lösung für zwei Herausforderungen: Die keramische Messzelle meistert die hohen Temperaturen und aggressiven Substanzen im unteren Reaktorbereich. Im oberen Teil leistet die metallische Messzelle ganze Arbeit bei Kondensatbildung.
Wieso silikonölfrei?
In den 70er Jahren erklärten große Autokonzerne ihre Lackierstraßen fortan rigoros zu silikonölfreien Zonen. Was steckte dahinter? Immer wieder war es beim Lackieren von Fahrzeugen zu rätselhaften Lackfehlern gekommen. Als Verursacher konnte schließlich das Haarspray von Mitarbeitern dingfest gemacht werden. Und zwar nicht etwa direkt im Raum angewendetes; es reichten geringste Ausgasungen, auch noch Tage nach der Verwendung, um letztlich die gesamte Lackierung unbrauchbar zu machen. Zwar dürfte zwischenzeitlich deutlich weniger Haarspray im Einsatz sein, als noch auf den interessanten Dauerwellen der 70er Jahre. Vorschriften zur silikonölfreien Produktion sind jedoch seither Standard in vielen industriellen Produktionsbereichen. Sie erstrecken sich über mechanische Einrichtungen, Bauelemente wie Rohre, Pumpen oder Schläuche und verlangen auch Zulieferern Garantien und Nachweise über deren silikonölfreie Produktion ab.
Fazit
Auch der ausgeklügeltste chemische - silikonölfreie - Herstellungsprozess von Additiven ist immer so gut, wie es die Produktionsanlage erlaubt. Im Falle der Destillations-Reaktoren bei der BASF in Kaisten leisten die Sensoren von Druckmessumformern an unwirtlichen Orten ganze Arbeit: Im unteren Kesselteil herrschen die hohen Temperaturen einer aggressiven, anhaftenden milchigen Flüssigkeit. Gleichzeitig muss auch das dichte Kondensat, das sich im oberen Kesselteil auf jeder Oberfläche, die kühler als die Umgebungstemperatur ist, niederschlägt, weggesteckt werden. Eine Lösung für die ungleichen Prozessbedingungen in einem Behälter stellt eine spezielle Variante der elektronischen Differenzdruckmessung dar. Ein System, bestehend aus keramischer und metallischer Messzelle, das beide Herausforderungen präzise und zuverlässig bewältigt.
Höchste Sicherheitsstandards in allen Prozessschritten gehören in der chemischen Industrie zu den unverzichtbaren Voraussetzungen. Ein kleiner Baustein des globalen Sicherheitsmanagements bei der BASF am schweizerischen Standort Kaisten ist die Garantie völliger Silikonölfreiheit ihrer Verfahren.
Bei der Überwachung von Füllständen während der Herstellung von Zusatzstoffen für Lacke und Kunststoffe kommt die klassische Differenzdruckmessung an ihre Grenzen. Sie arbeitet typischerweise mittels silikonölgefüllter Kapillarleitungen, welche - im unwahrscheinlichen Falle einer Havarie - mit dem Medium in Kontakt kommen könnten. Höhere Sicherheit bieten dagegen elektronische Differenzdruck-Messsysteme, bei BASF in der Kombination aus keramischer und metallischer Vega-Messzelle. Bei der Herstellung solcher Zusatzstoffe, wie etwa Antioxidantien, spielt der Dampfdruck von Flüssigkeiten eine entscheidende Rolle. Deren präzise Messung leistet nicht nur einen Beitrag zur effizienten Steuerung der Spezialverfahren, sondern gibt zusätzlich Hinweise, wie prozesstechnische Bauteile verbessert und die Anlagenverfügbarkeit erhöht werden kann. Es gilt: Je genauer die Werte, desto klarer die Vorgänge. Bei extremen Bedingungen mit aggressiven Substanzen und Säuren, die zu Anhaftungen an den Behälterwänden und schlammigen Ablagerungen neigen sowie bei Vakuum und starker Dampfentwicklung sind zuverlässige Messergebnisse entscheidend.
VEGA Grieshaber KG
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN Process Automation 2019 - 28.03.19.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de