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Tragbares Exoskelett von Comau

Ergonomische Win-Win-Situation

Durch die zunehmende Automatisierung und das steigende Alter der Produktionsmitarbeiter wird eine korrekte Ergonomie immer wichtiger. Moderne Exoskelette können heute bereits die Werker entlasten und deren Arbeitsqualität fördern - bei gleichzeitiger Steigerung von Produktivität und Qualität. Eine solche Lösung bietet der Roboterspezialist Comau mit dem Exoskelett Mate.

Bild: Comau Deutschland GmbHBild: Comau Deutschland GmbH

Humanufacturing bei Comau

Wie positioniert sich Comau strategisch, Herr Anding?

Christoph Anding: In der Robotik streben wir gerade in der General Industry Wachstum an, auch wenn die Automobilindustrie für Comau als Anlagenbauer natürlich weiterhin ein Fokusmarkt bleibt. Unsere übergreifende Strategie ist es aber, durch die Entwicklung neuer Produkte und Technologien ein leistungsfähiges Konzept für die Mensch/Maschinen-gestützte Automatisierung in der Fabrik der Zukunft aufzustellen. Wir nennen das Humanufacturing.

Bild: Comau Deutschland GmbHBild: Comau Deutschland GmbH

Welche konkreten Ansätze und Lösungen stecken in diesem Konzept?

Anding: Dahinter steckt z.B. unser Cobot, der trotz 170kg Traglast eine sichere Kollaboration zwischen Mensch und Roboter ermöglicht. Unser fahrerloses Transportsystem Agile spielt ebenfalls in das Humanufacturing-Konzept ein, aber auch Anwendungen für Smartwatches und Smartphones, die eine Mensch/Maschine-Interaktion erleichtern.

Wie steht es hier um das Exoskelett Mate?

Anding: Auch Mate zielt in diese Richtung. Als ergonomische Unterstützung für die Arme bildet es die Bewegung der Schultern exakt nach - der Benutzer kann also dieselben Aufgaben mit weniger Kraftaufwand ausführen. Uns war besonders wichtig, dass das Produkt hohen Tragekomfort bietet und leicht zu handhaben ist. Im Ergebnis kann das 4kg-Exoskelett wie ein Rucksack an- und ausgezogen werden. Es unterstützt den Werker speziell bei Überkopfarbeiten, z.B. in der Karosseriemontage, aber auch in anderen Branchen.

Erstmals gab es das Exoskelett auf der Automatica im vergangenen Jahr zu sehen. Wollen Sie diese Produktfamilie weiter ausbauen?

Anding: Zusätzlich zu dem verfügbaren Modell arbeiten wir schon an einer Weiterentwicklung sowie an weiteren Exoskeletten. Während Mate den Oberkörper und speziell die Arme und Schultern des Werkers stützt, sollen die neuen Entwicklungen auch andere Körperteile entlasten. Genaueres darf ich an dieser Stelle aber noch nicht verraten.

Automatisierungstechnik nimmt quer durch alle Branchen und Märkte kontinuierlich zu. Im Sinne der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine rückt sie zudem näher an die Mitarbeiter in der Produktion heran und prägt deren Arbeitsgebiet. Gleichzeitig sieht sich die Industrie aufgrund des demografischen Wandels einer alternden Belegschaft gegenüber. Zu guter Letzt steigen deswegen auch die Ausgaben in den Gesundheitssystemen für berufsbedingte Muskel- bzw. Knochenerkrankungen - was auch hohe Kosten für die Arbeitgeber mit sich bringt. Um diesen Makro-Trends zu begegnen, hat Comau die Lösung Mate vorgestellt. Unter diesem Namen präsentiert das Unternehmen - Robotikspezialist und Teil der italienischen Fiat Chrysler Automobiles Gruppe - ein tragbares Exoskelett für den Einsatz in Produktionsumgebungen. Das Akronym für Muscular Aiding Tech Exoskeleton zielt auf eine Verbesserung der Arbeitsqualität durch kontinuierliche Bewegungsunterstützung bei repetitiven Tätigkeiten ab.

Bild: Comau Deutschland GmbHBild: Comau Deutschland GmbH

Passive Federstruktur

Das Exoskelett unterstützt eine ergonomische Haltung bei Arbeitsabläufen, die mit den Armen durchgeführt werden, sodass Benutzer für dieselben Aufgaben weniger Kraftaufwand benötigen - ohne Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Entsprechend passt sich Mate dem Körper leicht sowie atmungsaktiv an und bildet alle Bewegungen der Schulter exakt nach. Das Exoskelett basiert dabei auf einer passiven Federstruktur und kommt ohne Batterien oder Elektromotoren aus. Die kompakte Struktur wiegt 4kg und ist unkompliziert an- und auszuziehen. Während der Arbeiter seine Bewegungen ausführt, lenkt Mate den größten Teil der Last von den oberen Extremitäten um und verteilt ihn auf den gesamten Körper. Auf diese Weise wird z.B. die Beanspruchung bestimmter Schultermuskeln bis zu 50 Prozent reduziert. Die gleichmäßige, ergonomische Bewegungsunterstützung macht aber nicht nur anstrengende Arbeiten angenehmer, sie fördert auch gleichzeitig die Qualität und Präzision repetitiver Tätigkeiten und erhöht somit die Produktivität. Kurzum: Comau präsentiert sein Exoskelett als Win/Win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit einer Vielzahl an Vorteilen. Dazu gehören:

  • • Effizientere Produktion und Verbesserung der Fertigungsqualität
  • • Erhalt und Ausbau von Kernbegabungen und -fähigkeiten
  • • Anstrengende Arbeiten ohne Ermüdung länger durchführen
  • • Verbesserung der Arbeitsplatzqualität und Arbeitsmoral
  • • Reduzierung von berufsbedingten Erkrankungen am Arbeitsplatz
  • • Gesündere, glücklichere und zufriedenere Arbeiter

Anwendungen für das Exoskelett von Comau finden sich z.B. in der Montage oder Verpackung, bei der Anlagenbestückung, beim Greifen bzw. Halten von Gegenständen, bei der Werkzeugbedienung und Materialbearbeitung sowie beim Kleben oder Lackieren.

Funktionsprinzip von Mate

Das Exoskelett besteht aus drei Hauptbestandteilen: Kleidungs-Interface, mechanische Schulterkette und Gehäuse der Drehmomenterzeuger. Das Kleidungs-Interface stellt sicher, dass alle Teile direkten Kontakt mit dem Körper des Benutzers haben. Die mechanische Schulterkette besteht aus gleitenden und sich drehenden Gelenken und ermöglicht so die Bewegungsfreiheit des Benutzers. Die Drehmomenterzeuger dienen zur Speicherung und Transformation mechanischer Energie, um ein justierbares, unterstützendes Drehmoment zu generieren. Die Wahl des Unterstützungsgrads (es gibt sieben Grade) hängt von der Anthropometrie und den ergonomischen Erwägungen des Benutzers ab. Die Berechnung des passenden Moments erfolgt spezifisch auf die auszuführende Aufgabe abgestimmt. Der Benutzer behält die Kontrolle und Balance, während das Exoskelett einen Großteil der Belastung von den Schultern zum Becken überträgt. So ermöglicht es Mate, dynamische Bewegungen der Schulter zu replizieren, während es am Körper wie eine zweite Haut anliegt. Das sorgt für großen Komfort beim Arbeiter. Das Exoskelett wird in zwei Größen angeboten. Alle Teile, die in Kontakt mit dem Körper kommen, sind an beliebige Körperformen anpassbar.

Gemeinschaftliche Entwicklung

Mate ist entstanden in enger Zusammenarbeit mit der Firma Össur, tätig auf dem Gebiet nicht-invasiver orthopädischer Geräte, und dem auf tragbare Technologien spezialisierten Unternehmen Iuvo, einem Spin-off des Instituts für BioRobotics der Universität Pisa. In jeder Entwicklungsphase wurden Fabrikarbeiter hinzugezogen, um das Produkt in der Praxis zu testen. So wurden verschiedene Eigenschaften des Exoskeletts direkt nach deren Feedback verbessert.

Comau Deutschland GmbH

Dieser Artikel erschien in ROBOTIK UND PRODUKTION 1 2019 - 26.03.19.
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