Engineering mit Multiphysik-Simulation
Ohne Experimente Banknoten zählen
Ingenieure und Physiker von Giesecke+Devrient Currency Technology entwickeln magnetische, optische und Ultraschallsensoren für modulare Banknotenbearbeitungssysteme. Da experimentelle Messungen kaum möglich sind, sichert eine Multiphysik-Simulation die Präzision der Sensorik ab.
Dem geläufigen Ausdruck 'nur Bares ist Wahres' kommt in professionellen Cash Centern, die täglich Millionen von Banknoten verarbeiten, eine viel größere Bedeutung zu. Heute ist mehr Bargeld im Umlauf als je zuvor, und dieses Volumen, gepaart mit der wachsenden Vielfalt der Sicherheitsmerkmale der Banknoten und der zunehmenden Komplexität des Banknotendesigns, hat die Anforderungen an automatisierte Bargeldhandhabungssysteme drastisch erhöht. Druckereien auf der ganzen Welt müssen die höchstmögliche Qualität jedes frisch gedruckten Geldscheins garantieren. Darüber hinaus sehen sich Zentral- und Geschäftsbanken sowie Geld- und Werttransportunternehmen mit der Notwendigkeit konfrontiert, Banknoten nach Stückelung, Währungstyp, Orientierung, Authentizität und Zustand mit unfassbar hoher Geschwindigkeit und Genauigkeit zu sortieren. Jan Domke und Klaus Thierauf, Physiker bei Giesecke+Devrient (G+D) Currency Technology, entwickeln Sensoren für modulare, leistungsstarke Banknotenbearbeitungssysteme (Banknote Processing Systems, kurz BPS) für diese professionellen Cash Center. Um die Verarbeitungskosten zu senken und eine sichere Ausgabe der verarbeiteten Banknoten zu sichern, setzen die Verarbeitungssysteme von G+D Currency Technology auf umfangreiche Sensoranordnungen, die reproduzierbare Ergebnisse und eine lange Lebensdauer garantieren. Die Banknoten werden in die Maschine eingeführt und durch ein Rundriemenfördersystem transportiert, das eine ganzflächige Messung auf beiden Seiten jedes Scheins ermöglicht. Die Entscheidungen über die Sortierung werden dabei über eine Vielzahl von Sensoren getroffen. Gefälschte Scheine werden zuverlässig aussortiert, während aufgrund ihrer unzureichenden Qualität ungeeignete Banknoten getrennt oder sogar geschreddert werden. Die Banknoten, welche die Inspektion erfolgreich durchlaufen haben, werden gebündelt und in den Geldkreislauf oder Tresor zurückgeführt. Eine typische Maschine kann viele unterschiedliche Währungstypen in allen vier physischen Orientierungen in einem Durchgang erkennen. Die schnellsten Systeme können mehr als 150.000 Geldscheine pro Stunde verarbeiten. "In unserer Abteilung entwickeln wir die Sensorsysteme und Auswertungen, die für die Klassifizierung von Banknoten nach gefälscht oder authentisch sowie tauglich oder untauglich zuständig sind", sagt Domke. "Sie sind die Augen und das Gehirn dieser Maschinen."
Erfassen und Sortieren
Auf dem Weg durch das Verarbeitungssystem werden die Banknoten drei Hauptsensorsystemen ausgesetzt: magnetische, optische und Ultraschallsensoren. Die verschiedenen Abtasteigenschaften werden in Verbindung miteinander genutzt, um Geldscheine nahtlos und effizient zu prüfen und zu sortieren. Magnetsensoren erkennen spezielle aufgedruckte magnetische Sicherheitsmerkmale; optische Sensoren arbeiten im UV-, NIR- und Sichtbereich, um Banknoten nach Stückelung und Währungstyp zu klassifizieren, und Ultraschallsensoren überprüfen den Zustand (Risse, Löcher, Klebeband usw.). Domke und Thierauf nutzen die Multiphysik-Simulationen als Teil der kontinuierlichen Entwicklungsarbeit ihres Teams zur Verbesserung der Sensorleistung, um die komplexe zugrunde liegende Physik besser zu verstehen. Als wichtiger Schritt im Entwicklungsprozess wird die Simulation zum Nachweis von Grundideen eingesetzt, die dann z.B. mit dem Algorithmenentwicklungsteam diskutiert werden können. "Die Comsol-Software ist ein sehr wichtiges Werkzeug, um das gesamte Team mit seinen Visualisierungen und dem Verständnis der physikalischen Effekte auf denselben Stand zu bringen", sagt Domke. "Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Sensor-Entwicklungsprozesses."
Sicherheitsmerkmale erkennen
Ein entscheidendes Sicherheitsmerkmal von Banknoten ist die aufgedruckte magnetische Farbe. Die Tinte wirkt wie eine Magnetsonde. Während der Schein durch das Transportsystem läuft, interagiert die Sonde mit dem Feld der Permanentmagnete in den Sensoren. Diese können dann die Auswirkungen auf die Feldlinien als Signal in Echtzeit analysieren und nach spezifischen Algorithmen Informationen liefern. Um die Genauigkeit der Algorithmen zu gewährleisten, müssen die Messwerte der Veränderungen des Magnetfeldes vorher simuliert werden. Thierauf nutzt die numerische Simulation, um dieses Verhalten zu modellieren. Durch die Erstellung der Baugruppe des Magnetsensors mit einer vordefinierten Magnetisierung in der Software und die Verwendung einer Moving-Mesh-Technik zur Modellierung des Vorbeifahrens der weichmagnetischen Sonde können sie magnetische Messwerte und Optimierungsparameter erzeugen, um die Feldgeometrie an ihre Bedürfnisse anzupassen. Wenn die Sonde den Sensor passiert, kommt es zu einer Wechselwirkung der Sonde mit dem Magnetfeld. Der Magnetsensor erfasst die Änderung des Magnetfeldes und das resultierende Signal kommt als elektrische Antwort aus dem System. Die Signalamplitude hängt von der Entfernung der Sonde von den Magneten ab, und die Simulation ist entscheidend für das Verständnis dieser Abhängigkeit. "Wenn man das resultierende Magnetfeld bildet, kann man die Abhängigkeit von der Entfernung berechnen", erklärt Thierauf. "Davon ausgehend können Sie es optimieren und auf speziellere Modelle anwenden, die auf Kundenspezifikationen basieren."
Zustandsanforderung einhalten
Neben den Sicherheitsmerkmalen müssen Banknoten auch nach der Einhaltung der Zustandsanforderungen sortiert werden. Geldscheine können an- oder durchgerissen sein, fehlende oder gefaltete Ecken, Flecken, Bemalungen oder Klebeband aufweisen oder mit anderen Scheinen verklebt sein. Um beispielsweise Banknoten zu erkennen, die verklebt oder mit Klebeband versehen sind, setzt das Team von Domke auf eine Reihe von Ultraschallsensoren. Wenn ein Geldschein am Sensor ankommt, wird ein gepulstes akustisches Ultraschallsignal durch ihn an einen Empfänger auf der gegenüberliegenden Seite des Scheins gesendet. Die größte Schwierigkeit dabei ist, dass höchstens ein Prozent des Signals den Schein tatsächlich durchdringt und den Empfänger erreicht; 99 Prozent der Schallenergie wird reflektiert. Im System werden 24 Senderpaare verwendet, um die Auflösung am Empfänger zu erhöhen. Mit diesen vielen Sendern wird die Signalinterferenz jedoch zu einem Problem und stellt ein komplexes und heikles Problem bei der Verwaltung von Signaltiming, Dämpfungselementen und Geometrieaspekten dar. Domke und sein Team nutzen die Multiphysik-Simulation, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Während die Banknote vorbeiläuft und die Reflexion des Ultraschallsignals erfolgt, laufen Teile des reflektierten Impulses aufgrund von Beugung um den Rand der Note herum und werden daher vom Empfänger aufgenommen. Da dieses Signal das schwache Signal der Durchdringung stören würde, muss der Erkennungsprozess durch den Empfänger abgeschlossen sein, bevor das gebeugte Signal ankommt. Mit Hilfe der Multiphysik-Simulation modellierte Domke das Hinzufügen von akustischen Kanälen zur Führung des gepulsten Signals. Durch die Simulation der Nah- und Fernfeldcharakteristik, der maximalen Amplitude und des Abklingens des Schallfeldes konnte er die Verzerrung des durchdringenden Signals verhindern. "Simulation ist hier ein unverzichtbares Werkzeug, denn bei so kleinen Maßstäben sind experimentelle Messungen undurchführbar", erklärt Domke. "Wenn wir die Geometrie und das Timing durch Simulation genau richtig einstellen können, können wir wirklich gute und ungestörte Übertragungsinformationen bereits von Beginn des Entwurfs an erhalten."
Zukünftige Verbesserungen
Domke und Thierauf nutzen die Multiphysik-Simulation auch für andere Aspekte der Sensorentwicklung und werden ihre Simulationsmöglichkeiten weiter ausbauen. Sie verwenden einen multiphysikalischen Ansatz zur Modellierung von Ultraschallwandlern und führen Wärmeübertragungsanalysen für das Wärmemanagement in ihren Leiterplatten durch. Für diese Anwendungen können sie ihre Simulationen auch mit Experimenten vergleichen, und die Übereinstimmung hat bezüglich der Genauigkeit ihrer Modelle sehr überzeugt. Sie hoffen, dass der weitere Einsatz der Simulation zu einer höheren Flexibilität bei den Kundenspezifikationen, einer optimalen Aussortierung potenzieller Falschgeldscheine und einer maximalen Ausrichtung der Eignungsprüfung an den menschlichen Wahrnehmungen führen wird.
Ingenieure und Physiker von Giesecke+Devrient Currency Technology entwickeln magnetische, optische und Ultraschallsensoren für modulare Banknotenbearbeitungssysteme. Da experimentelle Messungen kaum möglich sind, sichert eine Multiphysik-Simulation die Präzision der Sensorik ab.
Dem geläufigen Ausdruck 'nur Bares ist Wahres' kommt in professionellen Cash Centern, die täglich Millionen von Banknoten verarbeiten, eine viel größere Bedeutung zu. Heute ist mehr Bargeld im Umlauf als je zuvor, und dieses Volumen, gepaart mit der wachsenden Vielfalt der Sicherheitsmerkmale der Banknoten und der zunehmenden Komplexität des Banknotendesigns, hat die Anforderungen an automatisierte Bargeldhandhabungssysteme drastisch erhöht. Druckereien auf der ganzen Welt müssen die höchstmögliche Qualität jedes frisch gedruckten Geldscheins garantieren. Darüber hinaus sehen sich Zentral- und Geschäftsbanken sowie Geld- und Werttransportunternehmen mit der Notwendigkeit konfrontiert, Banknoten nach Stückelung, Währungstyp, Orientierung, Authentizität und Zustand mit unfassbar hoher Geschwindigkeit und Genauigkeit zu sortieren. Jan Domke und Klaus Thierauf, Physiker bei Giesecke+Devrient (G+D) Currency Technology, entwickeln Sensoren für modulare, leistungsstarke Banknotenbearbeitungssysteme (Banknote Processing Systems, kurz BPS) für diese professionellen Cash Center. Um die Verarbeitungskosten zu senken und eine sichere Ausgabe der verarbeiteten Banknoten zu sichern, setzen die Verarbeitungssysteme von G+D Currency Technology auf umfangreiche Sensoranordnungen, die reproduzierbare Ergebnisse und eine lange Lebensdauer garantieren. Die Banknoten werden in die Maschine eingeführt und durch ein Rundriemenfördersystem transportiert, das eine ganzflächige Messung auf beiden Seiten jedes Scheins ermöglicht. Die Entscheidungen über die Sortierung werden dabei über eine Vielzahl von Sensoren getroffen. Gefälschte Scheine werden zuverlässig aussortiert, während aufgrund ihrer unzureichenden Qualität ungeeignete Banknoten getrennt oder sogar geschreddert werden. Die Banknoten, welche die Inspektion erfolgreich durchlaufen haben, werden gebündelt und in den Geldkreislauf oder Tresor zurückgeführt. Eine typische Maschine kann viele unterschiedliche Währungstypen in allen vier physischen Orientierungen in einem Durchgang erkennen. Die schnellsten Systeme können mehr als 150.000 Geldscheine pro Stunde verarbeiten. "In unserer Abteilung entwickeln wir die Sensorsysteme und Auswertungen, die für die Klassifizierung von Banknoten nach gefälscht oder authentisch sowie tauglich oder untauglich zuständig sind", sagt Domke. "Sie sind die Augen und das Gehirn dieser Maschinen."
Comsol Multiphysics GmbH
Dieser Artikel erschien in IT&Production Juni 2019 - 11.06.19.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com