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Neue Geschäftsmodelle für Schaltschrankbauer

Mehrwert deutlich machen

Es scheinen goldene Zeiten anzubrechen: Überall wird von neuen Geschäftsmodellen gesprochen. Sie versprechen erweiterte Geschäftsfelder für traditionelle Elektrobetriebe ebenso, wie einen profitablen Business Plan für eine Unternehmensgründung. Auch müssen sie herhalten als Hoffnungsträger bei drohenden Arbeitsplatzverlusten, die angesichts fortschreitender Automatisierung in Produktionsbetrieben befürchtet werden. Aber wie genau können diese Modelle aussehen? Und wer kann diese Dienstleistungen erbringen? Wer braucht sie? Wir geben eine Antwort.

Bild: Schneider Electric GmbHBild: Schneider Electric GmbH

Neue Geschäftsmodelle werden meist in einem Atemzug mit dem gegenwärtigen Fortschreiten der Digitalisierung genannt. Zu Recht. Die Digitalisierung ist in fast allen Bereichen des privaten wie professionellen Alltags eingekehrt. Selbstverständlich werden heute Waren online gekauft und der Lieferprozess wird in nahezu Echtzeit vom Kunden verfolgt. Per Streamingdienst schauen wir Filme und hören Musik oder Podcasts - jederzeit und in unbegrenzter Auswahl. Maschinen an unserem Arbeitsplatz schlagen rechtzeitig Alarm, wenn eine Wartung ansteht und der Produktionsausfall wird durch Predictive Maintenance vermieden. Alles Errungenschaften, die nur aufgrund von intelligenter Vernetzung der digitalisierten Prozesse möglich geworden sind.

Die Gleichung von Eco-Systemen: 2 + 2 = 5

Ein weiteres Schlagwort im Zusammenhang mit neuen Geschäftsmodellen ist 'Ökosystem' oder auch 'Eco-System'. Hierunter subsummieren sich Dienstleistungen, die in einem Verbund von verschiedenen Anbietern eine Leistung für den Kunden anbieten, die das einzelne Unternehmen so nicht erbringen kann. Entscheidend ist hier die Orchestrierung in der Supply Chain. Das heißt, die Wertschöpfung findet vertikal statt: Unternehmen schließen sich über digitale Plattformen wie Exchange von Schneider Electric zusammen, um spezifische Kundenprobleme zu lösen. Hierfür stellt die Businessplattform Technologieressourcen wie Analysen oder Datensätze zur Verfügung, erlaubt den Zugang zu privaten und öffentlichen User-Gruppen und bietet damit einen digitalen Marktplatz - eine Art App-Store für die Industrie. Zentraler Gedanke ist es hier, den geschäftlichen Austausch unter den Partnern zu fördern, Dienstleistungen transparent zu machen und fehlendes Know-how projektbezogen oder langfristig ins eigene Boot zu holen. Dass es sich bei dieser Art von Kooperationen und Kollaborationen nicht um Ausnahmen für bestimmte Branchen oder Unternehmensgrößen handelt, bestätigt eine kürzlich erschienene Studie von Crisp-Research: 80 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass sie bereits in digitalen Eco-Systemen vernetzt sind oder sich eigene Kooperations-Netzwerke aufbauen.

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Bild 1 | In modernen Schaltschränken, wie den Smart Panels von Schneider Electric, arbeiten Mess-, Steuerungs- und Softwarekomponenten intelligent zusammen.

Im 'Können' liegt die Krux

Neben Geschäftsmodellen und Eco-Systemen sind die 'Managed Services' der Dritte im Bunde. Am Beispiel von Niederspannungsanlagen wird deutlich: Es geht es schon lange nicht mehr nur um die Verteilung von Energie und die physische Erfüllung von Lastanforderungen. Im Fokus steht heute die intelligente Steuerung von Energieströmen im Gebäude oder in der Produktionsanlage. Hier fallen die vielzitierten 'Big Data' an - die großen Datenmengen. Sensoren und Messgeräte sammeln unentwegt Werte, die als Grundlage für operative wie strategische Geschäftsentscheidungen dienen können. Im 'Können' liegt die Krux. Denn der Großteil der vorhandenen Daten wird bislang nicht genutzt. Hier kommen die Managed Services zum Einsatz. Dienstleister werten Daten aus und leiten daraus Empfehlungen zur Optimierung der Prozesse ab. Eine solche Empfehlung könnte beispielsweise lauten, den Elektrofachbetrieb mit der Disposition und Einkauf für Komponenten und Ersatzteile zu beauftragen, da er im Rahmen der vertraglich vereinbarten vorausschauenden Wartung als erster Kenntnis über zu beschaffendes Material hat.Soweit so gut. Neue Geschäftsmodelle lassen sich in Eco-Systemen mit Managed Services realisieren und monetarisieren. Aber was heißt das für den Schaltschrankbauer?

Managed Services im Schaltschrank

In modernen Schaltschränken wie den Smart Panels von Schneider Electric arbeiten Mess-, Steuerungs- und Softwarekomponenten intelligent zusammen. Innerhalb einer solchen Architektur, wie sie der Energiespezialist beispielsweise mit EcoStruxure anbietet, werden die Daten eines Stromnetzes durchgängig kommuniziert - von der Produktionsebene über die Steuerungsebene bis hin zur Analysesoftware. Der entscheidende Aspekt smarter Vernetzung: Alle Daten, die von Sensoren, Messgeräten, Leistungsschaltern oder Frequenzumrichtern gesammelt werden, stehen dem Betreiber dank intelligenter Software zur Verfügung. Auf jedem digitalen Endgerät können Fachleute diese Werte nun intuitiv auslesen und verstehen, wo Ineffizienzen vorhanden sind und wie ihnen möglichst material- und kostenschonend begegnet werden kann. Und genau hier eröffnen sich die Potenziale für neue Geschäftsmodelle im Schaltschrankbau: Denn diese Auswertungen müssen zunächst sinnvoll aufbereitet sein. Am Beispiel des Masterpact MTZ und seinem digitalen Modul zur Erdschlußüberwachung gemäß ANSI 51N/51G - beide von Schneider Electric - wird dies deutlich: als eines von derzeit acht Modulen, ermöglicht es per Fernwartung die Früherkennung von hochohmigen Erdschlüssen mit Fehlerströmen, die sich langsam bis zur Erreichung der Grenzwerte erhöhen. Der Zustand der Niederspannungsanlage lässt sich über Cloudservice auch aus der Ferne überwachen. Aufgrund vorzeitiger Alarme kann das Wartungspersonal oder die Elektrofachkraft korrigierend eingreifen und Schaden von der Anlage abwenden. Vertraglich als Wartungsdienstleistung definiert, geht die Geschäftsbeziehung dann über das Installieren und Implementieren von Hard- und Software hinaus und bietet dem Fachbetrieb die Erweiterung seiner Dienstleistungen. Er wird so mit seinen 'Managed Services' zu einem nachhaltigen Partner im 'Eco-System' und hat für sein Unternehmen ein 'neues Geschäftsmodell' erschlossen.

In Servicegedanken mobil unterwegs

Nun stellt sich die Frage nach den technischen Voraussetzungen. Neben aktueller IT-Infrastruktur spielt hier die Bereitschaft der Geschäftspartner, Clouddienste zu nutzen, eine entscheidende Rolle. Nach wie vor herrscht eine gewissen Skepsis gegenüber Cloudlösungen vor - besonders in Deutschland. Diese ist unbegründet, bedenkt man die weltweit strengsten Datenschutzrichtlinien hierzulande. Wichtig ist sicherzustellen, dass der Server unter deutschem Recht operiert. Stabile WLAN-Verbindungen sind eine weitere Voraussetzung für einen störungsfreien Prozess. Und für alle Apps und Anwenderprogramme gilt die Programmierung im Responsive Design. Will heißen, möchte ich als Anbieter von 'Managed Services' mein Geschäftsmodell erweitern, muss meine Dienstleistung mobil auf Smartphone oder Tablet ebenso umfänglich und intuitiv abrufbar sein, wie auf lokalen PCs oder Multi-Monitor-Systemen. Im Beispiel des Leistungsschalters Masterpact von Schneider bieten die sogenannten Digitalen Module genau dieses: mit Fernzugriff über ein handelsübliches Smartphone erhält der Elektroinstallateur oder Schaltschrankbauer einen Alarm per Push-Nachricht, ohne dass er örtlich gebunden im Büro oder vor Ort in der Produktion sein muss.

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Bild 2 | Digitale Module: Mit Fernzugriff über ein handelsübliches Smartphone erhält der Schaltanlagenbauer einen Alarm per Push-Nachricht, ohne dass er örtlich gebunden im Büro oder vor Ort in der Produktion sein muss.

Realitäten werden künstlich erschaffen

Ein weiterer ganz entscheidender Aspekt ist die Interaktion mit dem Produkt. Hier kommen Virtual und Augmented Reality (VR und AR) ins Spiel. Viele Anbieter im Schaltschrankbau und in der Niederspannungsverteilung arbeiten mit VR und AR. In der Virtual Reality werden Ort und Situation virtuell geschaffen bzw. simuliert, während der Kunde bei der Augmented Reality vor Ort sein muss, um zusätzliche Information zur real existierenden Anlage zu erhalten. Beide Varianten werden in der Praxis z.B. mit der Green Box von Schneider eingesetzt. Auf einem Industrie-PC (iPC) sind innovative Softwarepakete wie der Augmented Reality Advisor oder der Machine Advisor installiert und werden für vorausschauende Wartung, Teleservice oder Energiemanagement genutzt. Dabei greift die Software auf vorinstallierte Bibliotheken zurück, die automatisch über Cloudservices aktualisiert werden. Für Gebäudekomplexe oder Produktionsstätten an verschiedenen Orten lässt sich so beispielsweise ein standortübergreifender Vergleich von KPIs erstellen und der Klassenbeste ermitteln. Diese Erkenntnisse aus den bereits heute vorhandenen gesammelten Werten abzuleiten und Empfehlungen für Best-Practice zu geben, ist eine von vielen Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle, die im Potenzial von Big-Data liegen.

Digitaler Zwilling bietet Investitionsschutz

Die eigenen Daten sind Gold wert. Aber wie so oft, bringt erst deren Einordnung in das gesamte System den wirtschaftlichen Mehrwert zutage. Hier ist 'Building Information Modeling' (BIM) der Partner der Stunde. Denn bereits in der Planungsphase eines Gebäudes kann anhand der im BIM vorhandenen Bibliotheken und deren Datenbestand die komplette Infrastruktur des zukünftigen Bauwerks sowie die Anlagenverwaltung dreidimensional in einem Modell nachgebaut und virtuell begehbar gemacht werden. In diesem digitalen Zwilling kann die Ausstattung verändert, verschiedene Varianten konfiguriert und mögliche Kosten für optionale Besonderheiten kalkuliert werden. Auch hier ein zusätzliches Geschäftsmodell für Elektroplaner und Architekten: Durch die freie Objektbeschreibung innerhalb eines Datenmodells und die grafische Darstellung des virtuellen Gebäudes können Entscheidungen validiert werden und bieten dem Kunden Investitionsschutz.

Alles gesammelt - und nun?

Sind alle Daten gesammelt, Prognosen gestellt oder virtuelle Niederspannungen gebaut, steht die wichtigste Frage im Raum: Was tun mit all diesen Erkenntnissen? Sie können in umsatzsteigernde, arbeitsplatzsichernde, Energieeffizienz steigernde, Sicherheit erhöhende oder Umwelt schonende Maßnahmen umgesetzt werden. Die Entscheidung hierüber verlangt nach höchster Empfehlungskompetenz. Um diese zu erlangen, ist eine tiefgreifende Kenntnis der Branchen, der Märkte, der jeweiligen Wettbewerbssituation und zu erwartenden Entwicklungen nötig. Die Kompetenzmerkmale 'der kennt doch Hinz und Kunz' oder 'die hat das von der Pike auf gelernt' reichen hier bei weitem nicht mehr aus. Entscheidend ist die Bereitschaft der Mitarbeiter, sich über Qualifizierungsmaßnahmen stetig weiterzubilden sowie zukünftigen Entwicklungen und Trends mit offenen Armen und Neugier zu begegnen. Die Hersteller ihrerseits sind gefordert, den Akteuren der nach- und vorgelagerten Wertschöpfungskette entsprechende Inhalte zur Weiterbildung anzubieten.

Fazit

Neue Geschäftsmodelle lassen sich auch im klassischen Schaltschrankbau realisieren: Sie liegen in der mehrwertschöpfenden Servicierung von Dienstleistungen. Das können datenbasierte Services wie Energiecontrolling, vorausschauende Wartung oder Investitionsplanungen mithilfe des digitalen Zwillings sein. Aber auch die Übernahme von Aufgaben wie die Bevorratung von Komponenten eröffnen Geschäftspotenziale, die traditionell von internen Lagerabteilungen oder externen Distributionszentren erbracht werden. Entscheidend für den Kunden ist, dass er den Mehrwert erkennt und für seinen Geschäftserfolg als relevant erachtet. Daher spielt auch die Empfehlungskompetenz eine zentrale Rolle bei neuen Geschäftsmodellen. Denn erst wenn die angebotenen Services auch um Handlungsempfehlungen erweitert sind, erschließt sich deren komplettes Potenzial. Der Vorteil für die Branche der Schaltanlagenbauer, Elektroplaner und Architekten: Sie bringen ihre ureigene Kompetenz in Managed Services ein und verfügen somit über die besten Startbedingungen, um zu einem gewichtigen Partner im Eco-System der Niederspannungsverteilung zu werden.

Schneider Electric GmbH

Dieser Artikel erschien in SCHALTSCHRANKBAU 4 2019 - 04.07.19.
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