Leistungskennzahlen schaffen Transparenz
Aus Daten werden Informationen
Wenn es um die Steigerung der Leistungsfähigkeit und der energetischen Performance professionell bewirtschafteter Gewerbeimmobilien geht, standen bisher vorrangig Aspekte wie die technische Gebäudeausrüstung oder die Energieversorgung im Fokus. Dabei kann eine kennzahlenbasierte Herangehensweise, wie sie in anderen Branchen schon lange selbstverständlich ist, noch deutlich mehr Informationen erschließen. Betreibern von Unternehmensimmobilien und institutionellen Bestandshaltern bietet dies eine wertvolle Orientierungshilfe bei der Planung und Steuerung ihrer Portfolios in Bezug auf Energieverbrauch, Kosten, Auslastung und letztlich deren Wertentwicklung.
Grundlage für eine auf Leistungskennzahlen (KPI*) basierende Steigerung der Gebäudeperformance ist die Konsolidierung und Analyse heterogener Datenströme der IT-Infrastruktur und deren Verdichtung in definierte Kenngrößen. So erhalten Akteure auf allen Stufen des Immobilienmanagements valide operative Steuerungsgrößen, anhand derer sie den Erfüllungsgrad geschäftsrelevanter Erfolgsparameter, wie Energieverhalten, Flächenbelegung oder Leistungsintensität ihrer Investitionsobjekte, prüfen können. Werden die gewonnenen Erkenntnisse und abgeleiteten Verbesserungspotenziale voll ausgeschöpft, können weiterführende Maßnahmen zur Optimierung des Bestandes angestoßen, implementiert und weiterverfolgt werden. Dies führt erfahrungsgemäß zu geringeren Kosten im gesamten Lebenszyklus der Gebäude, hohem Nutzungskomfort, nachhaltiger Wertentwicklung des Portfolios sowie zu dauerhaften Wettbewerbsvorteilen.
Gebäude und der wesentliche Faktor Energieeffizienz
Gebäude haben einen Anteil von etwa 40 Prozent am weltweiten Energieverbrauch. Zudem gehen 25 Prozent des globalen Wasserverbrauchs und 33 Prozent aller Treibhausgasemissionen auf den Betrieb von Gebäuden zurück. Dementsprechend groß sind die Effizienz- und Einsparpotenziale in diesem Bereich. Und dementsprechend wichtig sind die baulichen und gebäudetechnischen Neuerungen der letzten Jahre. Allgemein zeigt sich, dass in den meisten Betriebsarten kommerziell genutzter Gebäude der mit Abstand größte Teil des Energieverbrauchs zur Erzeugung und Bereitstellung von Raumwärme mit ca. 30 Prozent aufgewendet wird. Aber auch die Beleuchtung ist ein wichtiger Punkt mit einem Anteil von 13-18 Prozent. In unterschiedlichen Nutzungsszenarien können zudem andere Faktoren eine wesentliche Rolle spielen, wie z.B. in Krankenhäusern die Prozesswärme, die für die Desinfektion mit Dampf benötigt wird und 18 Prozent des Energieverbrauchs ausmacht (Quelle: Dena 2018). Die Technik, die erforderlich ist, um Gebäude energieeffizient zu betreiben, gibt es schon lange. Noch wenig verbreitet sind hingegen konsequent datenbasierte Ansätze und Dienstleistungen, um die Performance von Gebäuden zu verbessern.
Neue Möglichkeiten bei Datenanalytik und Konnektivität
So erschließt ein systematisches Energiemanagement den Weg für weiterführende Datenanalysen und daraus abgeleitete Maßnahmen, die den Betrieb von Gebäuden wirtschaftlicher, effizienter und sicherer machen. Erhoben werden die Daten zum Verbrauch von z.B. Strom, Wärme, Kälte und Wasser über Messpunkte bzw. über Datenlogger, die auch Parameter wie Ventilstellungen und Temperaturen von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen berücksichtigen. Die Energieverbräuche und Messdaten werden mit zusätzlichen Informationen verknüpft. Dazu zählen die Preise für Strom, Wasser, Gas und Öl. Hinzu kommen Verbrauchsbudgets, um Einsparungen überwachen zu können. Berücksichtigt werden u.a. auch Wetterdaten.
Aus Daten werden Informationen
Mit dem Voranschreiten der Digitalisierung in der Gebäudetechnik ergeben sich auch im Hinblick auf Datenanalytik und Konnektivität neue Möglichkeiten: Inzwischen können sämtliche Systeme der Gebäudetechnik miteinander vernetzt und aufeinander abgestimmt werden. Zusätzlich zu Energiebedarf und Energieversorgung werden Daten zur Gebäudeautomation, zu Beleuchtung, Brandschutz, Gebäudesicherheit und Indoor-Positionsbestimmung erfasst. Darüber hinaus werden Daten zum Gebäudeaufbau im Sinne des Building Information Modeling (BIM) sowie zur Gebäudebelegung und -nutzung erhoben und können während des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes genutzt werden. Die aus statischen und dynamischen Daten extrahierten Analysen liefern erstmals vollständige und vor allem äußerst feingranulare Transparenz über die Energieverbräuche im Gebäude. Sie helfen dabei, sowohl große Verbraucher als auch Erfassungslücken zu identifizieren. Auf den erhobenen Daten setzen verschiedene Energieeffizienzdienstleistungen auf. Es lassen sich Vorschläge zum Energieeinkauf, z.B. durch die kosteneffiziente Verschiebung von Lasten, oder zur Optimierung des Gebäudebetriebs durch technische Umrüstung einholen. Auch die Flächennutzung kann optimiert werden.
Welche Kennzahlen eignen sich?
Kennzahlen haben die Aufgabe, komplexe Prozesse möglichst einfach widerzuspiegeln und Steuerungsaufgaben so schnell wie möglich wahrzunehmen. Sie müssen quantifizierbar sein und die wichtigsten Zusammenhänge und zentralen Erfolgsfaktoren messbar machen. Zudem müssen sie eine Form aufweisen, die komplexe Strukturen und Prozesse relativ simpel abbilden und Transparenz schaffen. Das könnten im einfachsten Falle für Energieeffizienz Kennzahlen im Sinne einer Verbrauchsanalyse von eingesetzten Energien und deren Kosten im Verhältnis zu einem definierten Output oder Zielgrößen in den Kern- oder Unterstützungsprozessen eines Gewerbes oder Produktionsbetriebes sein. Einzeln betrachtete Kennzahlen haben allerdings nur eine begrenzte Aussagekraft, da sie nicht unbedingt kausale wirtschaftliche oder technische Zusammenhänge offenbaren. Wichtig wäre hier, die wechselseitigen Abhängigkeiten darzustellen, um damit ihre Aussagekraft zu erhöhen. Denn um das Leistungsvermögen eines Gebäudes ganzheitlich zu erfassen, bedarf es neben der Nutzung von Energien einiger weiterer Informationen. Eine grobe Einteilung wäre z.B. möglich in: Space (z.B. Gebäudetyp, Alter und Lage, Leerstandsrate, Mieterstruktur), Financials (z.B. Investment, Betriebskosten, Umsatz und Profitabilität), Environment (z.B. Verbrauch von Gas, Wasser, Strom, Öl und deren Emissionswerte) und Performance (z.B. für Umsatz pro Quadratmeter, Kosten pro Arbeitsplatz, Neuvermietungsrate, Auslastung, Zuverlässigkeit der technischen Ausrüstung, Effizienzgrad Facility Management Organisation). Mit den erhobenen Daten und gemessenen Werten allein ist jedoch noch nicht alles erreicht. Speziell für das Thema Energie müssen Energieingenieure und Spezialisten für Gebäudeautomation aus den Daten und Informationen ein ganzheitliches Energiekonzept entwickeln. Das fertige Energiekonzept beschreibt dann detailliert, welche Änderungen z.B. an Heizung, Warmwasser, Klimatisierung, Lüftung, Gebäudeautomation, Energieversorgung, Gebäudemanagement usw. durchgeführt werden können und welchen Effekt dies voraussichtlich hat. Aufgezeigt werden sollte auch, wie lange es dauert, bis sich die Einzelmaßnahmen amortisiert haben. Gerade für gewerbliche Gebäude lohnt es sich , die Energieversorgungsseite im Rahmen des Energiemanagements genau zu prüfen. In diesem Bereich lassen sich mit wenig Aufwand oft wesentliche Verbesserungen erzielen. Mit dem prognostizierten Energiebedarf von einzelnen Gebäuden oder Gebäudekomplexen als Basis können alternative Energieversorgungsmöglichkeiten in Bezug auf ihre Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit betrachtet werden.
Internationale Praxisbeispiele
Konkret zeigt z.B. das Sello Shopping Center bei Helsinki, welche Möglichkeiten einer kennzahlenbasierten Steigerung der Gebäudeperformance sich durch vernetzte Systeme bieten: Das Einkaufszentrum umfasst heute 170 Läden sowie eine Konzerthalle, eine Bibliothek und ein Hotel. Die Betreiber wendeten sich an Siemens - damals die Division Building Technologies - mit der Maßgabe, den Gebäudekomplex vollständig umzurüsten. Entstehen sollte das modernste, konsequent dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtete Shopping Center Finnlands. Die Ergebnisse: Die Heiz- und Energiekosten wurden signifikant gesenkt und der Betreiber erzielte dadurch in vier Jahren eine Kostenersparnis von ca. 19 Prozent bzw. rund 437.000?. Die jetzt regelbare Luftqualität und Gebäudetemperatur hat die Kundenzufriedenheit deutlich erhöht. Auch Museums Victoria im australischen Melbourne, mit sechs Standorten und 80.000m² das weiträumigste Museum der Südhalbkugel, hat Siemens beauftragt, die Gebäudemanagement-, Beleuchtungs-, Wasser- und Kühlsysteme für einen kennzahlenbasierten Betrieb umzurüsten. Das Ergebnis: um 31 Prozent geringere Betriebskosten, was bedeutet, dass sich bereits nach sieben Jahren die Investitionen vollständig amortisiert haben werden. Und nebenbei führten die Optimierungen auch noch zu einem um 35 Prozent reduzierten Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen.
Ausblick
Angesichts nachweislicher Erfolge setzt sich die Nutzung von Kennzahlen zur Steigerung der Gebäudeperformance mit guten Gründen zunehmend durch. In Zukunft wird die Digitalisierung den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden von der Planung über den Bau bis zur Nutzung und Bewirtschaftung verändern - und damit auch die Möglichkeiten zur intelligenten Nutzung von Daten. So werden sich in effizienten, intelligent vernetzten und kommunizierenden Gebäuden mittels Smart-Data-Techniken exakt bezifferbare Zusammenhänge zwischen dem jeweiligen Stand der Gebäudetechnik und dem Energieverbrauch erkennen lassen. Energieverbrauchsprognosen werden möglich sein, die im Abgleich mit den Messdaten Hinweise auf Störungen liefern können. Automatisches Benchmarking - der Vergleich zwischen ähnlich strukturierten Gebäudekomplexen - wird künftig ebenfalls zur Optimierung des Gebäudebetriebs beitragen. Mit BIM lassen sich schon jetzt intelligente, interaktive 3D-Modelle von Gebäuden entwerfen. Im BIM-gestützten Modell können bei Änderungen im Gebäudeplan die entsprechenden Parameter sofort durchgerechnet und aktualisiert werden. BIM-Modelle werden künftig als Digital Twins von Gebäuden dienen: Die ganzheitliche Optimierung der Energieeffizienz von vorhandenen oder zu errichtenden Gebäuden wird damit virtuell planbar. Für Gebäudebetreiber besonders interessant: Die Einsparergebnisse bzw. der zukünftige Energieverbrauch lassen sich schon vor Beginn der Maßnahmen kostentransparent und skalierbar abrufen.
Wenn es um die Steigerung der Leistungsfähigkeit und der energetischen Performance professionell bewirtschafteter Gewerbeimmobilien geht, standen bisher vorrangig Aspekte wie die technische Gebäudeausrüstung oder die Energieversorgung im Fokus. Dabei kann eine kennzahlenbasierte Herangehensweise, wie sie in anderen Branchen schon lange selbstverständlich ist, noch deutlich mehr Informationen erschließen. Betreibern von Unternehmensimmobilien und institutionellen Bestandshaltern bietet dies eine wertvolle Orientierungshilfe bei der Planung und Steuerung ihrer Portfolios in Bezug auf Energieverbrauch, Kosten, Auslastung und letztlich deren Wertentwicklung.
Grundlage für eine auf Leistungskennzahlen (KPI*) basierende Steigerung der Gebäudeperformance ist die Konsolidierung und Analyse heterogener Datenströme der IT-Infrastruktur und deren Verdichtung in definierte Kenngrößen. So erhalten Akteure auf allen Stufen des Immobilienmanagements valide operative Steuerungsgrößen, anhand derer sie den Erfüllungsgrad geschäftsrelevanter Erfolgsparameter, wie Energieverhalten, Flächenbelegung oder Leistungsintensität ihrer Investitionsobjekte, prüfen können. Werden die gewonnenen Erkenntnisse und abgeleiteten Verbesserungspotenziale voll ausgeschöpft, können weiterführende Maßnahmen zur Optimierung des Bestandes angestoßen, implementiert und weiterverfolgt werden. Dies führt erfahrungsgemäß zu geringeren Kosten im gesamten Lebenszyklus der Gebäude, hohem Nutzungskomfort, nachhaltiger Wertentwicklung des Portfolios sowie zu dauerhaften Wettbewerbsvorteilen.
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Siemens Schweiz AG
Dieser Artikel erschien in GEBÄUDEDIGITAL 5 2019 - 04.09.19.Für weitere Artikel besuchen Sie www.gebaeudedigital.de