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Die großen Vorteile von Time-Sensitive Networking

Viel mehr als nur Geschwindigkeit

TSN stellt für industrielle Netzwerke eine deutliche Steigerung der Performance in Aussicht. Doch die Erweiterung des Ethernet-Standards ausschließlich auf neue Eigenschaften bei Geschwindigkeit und Durchsatz zu reduzieren, ist viel zu kurz gegriffen. Davon ist Dr. Thomas Holm überzeugt. Der Innovations-Chef bei Wago zeigt im INDUSTRIAL COMMUNICATION JOURNAL auf, wo weitaus schwerer wiegende Vorteile von Time-Sensitve Networking liegen.

Bild: WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KGBild: WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG

Die aktuellen Erweiterungen des Ethernet-Standards, die gemeinhin als TSN bekannt sind, sind sehr vielseitig und bieten der Automatisierung große Vorteile. Sie haben sogar das Zeug, einen echten Paradigmenwechsel in der industriellen Kommunikation einzuleiten. Dennoch wird regelmäßig und öffentlichkeitswirksam vor allem die steigende Übertragungsgeschwindigkeit und Leistung in den Vordergrund gestellt. Welche entscheidenden Vorteile TSN darüber hinaus für die Industrie bereit hält, kommt in der Diskussion und Berichterstattung meines Erachtens oft zu kurz.

Der Blick auf das Ganze

Viele namhafte Player der Automatisierung konzentrieren sich zu stark auf die Performance-Zuwächse. Stattdessen muss man das Konzept der Ethernet-Erweiterung und die Vision dahinter ganzheitlich betrachten. Dann merkt man schnell, welche grundliegenden Veränderungen TSN für die Kommunikationstechnik mitbringt. Erst wenn es möglich ist, dass Geräte über Standard-Ethernet mit TSN-basierten Produktionsstrukturen kommunizieren, lässt sich auch wirklich die klassische Automatisierungspyramide mit ihren auf die Ebenen gekapselten Technologien auflösen. Ein Ansinnen, dass ja seit einigen Jahren immer im gleichen Atemzug mit Industrie 4.0 genannt wird. TSN bietet also die Basis, damit aus der Feldebene heraus direkt an jedes Gerät auf anderen Ebenen kommuniziert werden kann, ohne wie bisher auf Gateways zugreifen zu müssen oder die Kommunikationstechnologien komplett zu verändern. Natürlich bringt die Durchgängigkeit einer solchen Netzwerkinfrastruktur auch neue Herausforderungen mit sich, z.B. in Bezug auf IT-Security oder funktionale Sicherheit. Aber sie ist im Endeffekt eine der Schlüsselfertigkeiten von TSN - und als Mehrwert deutlich höher anzusetzen, als irgendwelche Performance-Zuwächse, die die überwiegende Mehrheit der Applikationen heute wie in Zukunft überhaupt nicht benötigt.

Die Macht des Zusammenspiels

Ein weiterer essenzieller Punkt beim Thema TSN: Die Erweiterung von Ethernet an und für sich ist richtig und gut - wirklich mächtig wird sie aber erst im Zusammenspiel mit OPC UA. Weil Wago neben der bereits angesprochenen Offenheit der Fertigungsnetze vor allem die Kombination mit OPC UA - als dem semantischen Counterpart von TSN - als besonders wertvoll und zielführend betrachtet, sind wir auch in der FLC-Arbeitsgruppe (Field Level Communication) der OPC-Foundation sehr aktiv. Denn schlussendlich findet sich im Zusammenspiel von deterministischer Kommunikation und einheitlicher Semantik der Missing Link für viele Zukunftsfragen der Automatisierung. Es ist u.a. der Enabler dafür, dass sich Geräte, Maschinen und Anlagenteile künftig selbst beschreiben, untereinander verstehen und automatisch passend konfigurieren. Das wiederum ist eine Voraussetzung dafür, dass der modulare Ansatz im Maschinen- und Anlagenbau in der Praxis tatsächlich zum Fliegen kommen kann.

Die Standards der Anderen

Trotz aller Offenheit, die TSN zugeschrieben wird, sprechen die Nutzerorganisationen und die dahinter stehenden Automatisierungsanbieter der Verzichtbarkeit ihrer proprietären Standards überwiegend ab. In wie weit Ethernet-basierte Kommunikationsstandards wie Profinet oder Ethercat weiterhin ihre Daseinsberechtigung behalten, ist aus heutiger Sicht schwer einzuschätzen. Sicherlich werden sie aber noch auf absehbare Zeit weiterbestehen. Schließlich sind an der Entwicklung von TSN und deren Adaption auf die Automatisierung sehr viele Stakeholder beteiligt, auch die Vertreter der heute etablierten Industrial-Ethernet-Derivate. Alle Parteien versuchen dabei, den TSN-Standard entsprechend zu prägen, um ihn mit den eigenen bestehenden Strukturen bestmöglich zu kombinieren. Und so geht es in den entsprechenden Spezifizierungsgremien manchmal leider weniger um technologische Fragen als um solche der Auslegung und Kompatibilität - sprich um herstellerspezifische Interessen.

Die Profile der Automatisierung

In jedem Fall bin ich überzeugt, dass TSN in der Industrie sehr umfangreich zur Anwendung kommen wird. Wie genau, das steht ein Stück weit noch in den Sternen. Einen großen Teil zur Aufklärung beitragen wird die IEC60802, die auf Basis von Anwendungsszenarien in der Industrie TSN-Profile für die Automatisierungstechnik beschreiben soll. Sie wird definieren, was TSN für die einzelnen Ebenen eigentlich bedeutet und auch, welche Mechanismen und Standards die Automatisierungshersteller bei ihren künftigen Lösungen einhalten müssen. Damit entscheidet die Norm letztendlich auch, wie einfach oder kompliziert die Einbindung von Standard-Ethernet-Geräten und -Strukturen aus anderen Unternehmensbereichen in die Produktion umsetzbar wird. In der IEC60802 liegt also in gewisser Weise die Gretchenfrage in Sachen Kompatibilität. Ebenso wird sie zum Schlüssel, der die automatisierungsrelevanten Bestandteile im Technologiebaukasten von TSN hervorhebt und den Nutzern an die Hand gibt. Denn die Industrieanwender werden mitnichten alle Möglichkeiten der Ethernet-Erweiterung durch TSN brauchen können.

Nächste Schritte zur Marktreife

Für Maschinenbauer und Fertigungsunternehmen ist es jetzt an der Zeit, sich mit dem Thema TSN ernsthaft auseinanderzusetzen. Auch wenn die Marktdurchdringung in nächster Zeit nicht sprunghaft ansteigt ist es wichtig, die Möglichkeiten bzw. Vorteile von TSN und dessen Potenzial für die eigene Fertigung zu kennen. Aktuell besteht zudem auch noch die große Chance, sich in die Spezifizierung der Technologie einzubringen. Sehr spannend wird es in Bezug auf TSN sicherlich auch auf der SPS-Messe im November - vor allem was die Demonstratoren angeht. Wago stellt an seinem Stand die nächste Stufe einer solchen Messeapplikation aus und präsentiert, wie sich die Integration von I/O-Signalen auf TSN-Basis ohne Zeitverlust für hochsynchrone Automatsierungsnetze realisieren lässt. Die Messe bietet für uns gleichzeitig eine gute Gelegenheit, um das Anforderungsprofil der zukünftigen Wago-Controllern zu schärfen. In diesem Sinne bieten wir uns dem Maschinen- und Anlagenbau auch als Partner an, um die Technologie hinter TSN frühzeitig zu verstehen und zu beherrschen. Kurzum, man kommt heute an TSN nicht mehr vorbei - weder als Anbieter, noch als Anwender. Und um den Bogen wieder zu schließen: Natürlich werden wir auf der SPS auch die mögliche Performance-Steigerung von TSN beleuchten. Ich freue mich auf anregende Diskussionen am Wago-Messestand.

WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG

Dieser Artikel erschien in INDUSTRIAL COMMUNICATION JOURNAL 3 2019 - 11.09.19.
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