MES-Einführung
Das Fass ins Rollen gebracht
Blefa Beverage Systems nutzt für die Anbindung seiner Produktionsmaschinen das MDE/BDE-System von Proxia mit OPC-UA-Datenkommunikation. Jetzt kann der Hersteller von Edelstahlfässern seine Ausbringungsmenge stückzahlgenau berechnen - und kommt zudem auf 15 Prozent mehr als vor dem Softwareprojekt.
Seit mehr als fünf Jahrzehnten produziert Blefa im siegerländischen Kreuztal Edelstahlfässer für Bier, Wein und Softdrinks nach kundenindividuellen Anforderungen. Dem Slogan 'The Keg - Made in Germany' liegt eine Historie zugrunde, die viel weiter zurück reicht. Das Keg, englisch für ein kleines Fass, ist ein Mehrwegbehälter, der speziell zum industriellen Befüllen und der keimfreien Lagerung von Getränken dient. Blefa beschäftigt in Deutschland 155 und in den USA 40 Mitarbeiter. 2016 wurde das Unternehmen aus der Franke-Gruppe ausgegliedert und der Artemis Holding als Blefa Beverage Systems zugeführt. Bereits 2013 wurde das interne Strategie-Projekt 'Blefa 2020+' auf den Weg gebracht. Darin wurde eine 25-prozentige Erhöhung der Ausbringung anvisiert, bei unveränderten Ressourcen.
Der frühe Vogel
fängt den Wurm
Bei Blefa geht man von einem weltweiten Bedarf an Stahlfässern von fünf Millionen Stück pro Jahr aus, an dem das Unternehmen einen Marktanteil von einem Prozent anstrebt. Unter der Annahme von 60 Litern pro Fass (als Maximalwert) sind fünf Millionen Fässer pro Jahr eher gering, wenn man deren Fassungsvermögen mit dem jährlichen Gesamtverbrauch von rund 200 Milliarden Litern in Beziehung setzt. Der Bedarf an Neufässern ist allerdings doch nicht so klein, wenn man bedenkt, dass Blefa 30 Jahre Garantie auf seine Produkte gibt. Wie also ist das Potenzial zu verstehen? Zum einen gibt es einen 'natürlichen' Schwund - es fallen eben hin und wieder Fässer vom Lkw oder werden wegen unsachgemäßer Behandlung beschädigt, zum anderen stimuliert auch weiterhin die Diversifizierung das Geschäft. Steckt in Deutschland die Craft-Brewer-Szene noch in den Kinderschuhen, sieht die Sache in den USA ganz anders aus. Blefa konnte den nordamerikanischen Markt mit US-typischen Fässern über einen Service-Hub schnell und flexibel ab Lager bedienen, sodass man nun dort den Fuß fest in der Tür hat.
Hauptfertigungslinien überwachen
Für die Umsetzung des Strategieprojekts Blefa 2020+ stellte das Unternehmen erhebliche Mittel bereit, die u.a. dazu genutzt wurden, die Produktionsstätte in Kreuztal zu modernisieren und ein neues Gebäude zu errichten - außerdem: "Wir haben uns zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit Wertstromdesign auseinandergesetzt. Daraus haben wir Handlungsrichtlinien für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess abgeleitet. Was wir allerdings nie so recht wussten, war, wie hoch der Verfügbarkeitsgrad einer Anlage oder einer Fertigungslinie tatsächlich war", erinnert sich Jürgen Kromer, Technical Director bei Blefa. Im Unternehmen gibt es zwei verkettete Hauptfertigungslinien, für die exakte Werte der einzelnen Stationen ermittelt werden sollten. Bei der Vorfertigung indes, in welcher der Boden und Deckel (Ronden-Oberteile bzw. Ronden-Unterteile) des Fasses in passgerechte Form gebracht werden, sei dies kein Problem, weil dort in Kanbanlager produziert wird. "Auf den ersten Blick war der Wertstrom sehr ausgeglichen", so Jürgen Kromer, "doch wenn man genauer hinsieht, lassen sich deutliche Varianzen bei der Verfügbarkeit der Anlagen bei der Herstellung der verschiedenen Produkte ausmachen." Zwar konnte viel mit Taktzeitermittlungen und manuell aufgezeichneten Störzeiten erklärt werden, aber eben nicht alles. So bestand Unsicherheit darüber, ob die manuell erfassten Angaben der Mitarbeiter umfassend die Realität widerspiegelten. "Mit einem Blatt Papier, Bleistift und Excel kamen wir einfach nicht mehr weiter. Wir haben uns daher entschieden, mit einem MES tiefer in die Thematik einzusteigen", fasst Jürgen Kromer zusammen. Ergänzend zum ERP-System von Sage Bäurer wurde Proxia als 'MES-Zahlenlieferant' für die Planung, Detailüberwachung und -steuerung des Shopfloors eingeführt. Kromer betont, dass man eben eigene Vorstellungen und besondere Anforderungen habe, die auch nicht unbedingt mit den Empfehlungen eines Systemanbieters in Einklang stehen müssen. Henner Ohrndorf, als IT-Manager für die Proxia-Einführung verantwortlich, erklärt den Sachverhalt: "Zu den Gründen, warum wir uns für Proxia entschieden haben, gehört neben technologischen Sofware Aspekten vor allem die extrem anwederfreundliche BDE-Benutzerführung - hier gibt es auch heute noch signifikante Unterschiede, was ein System den Kollegen in der Fertigung zumutet. Zuvor wurde bei uns ja nie mit MDE und BDE gearbeitet, sodass wir in Sachen Software-Ergonomie und Mitarbeiterakzeptanz auf jeden Fall auf Nummer sicher gehen wollten."
Konfigurieren statt programmieren
Die Lösung stieß bei den Werkern, unter denen sich auch viele Saisonkräfte befinden, auf hohe Akzeptanz. In einer Fertigungslinie sind acht Industrie-PC Terminals mit der BDE installiert. "Für die Mitarbeiter macht es keinen Unterschied, die Daten auf einen Zettel einzutragen oder in die Software-Eingabemaske am Terminal einzutippen", resümiert Henner Ohrndorf zufrieden. Auf große Zustimmung stößt bei Blefa zudem, dass die MES-Software trotz der unterschiedlichen Konfigurationsmöglichkeiten stets im Standard bleibt - ein Customizing im engeren Sinne ist nicht notwendig - zunächst jedoch gewünscht. "Unsere anfänglich hohen Customizing-Anforderungen haben wir dank der straffen Führung des Projektleiters in konfigurierbare Standards umgewandelt."
Austausch zwischen
ERP und MES
Die IT-Abteilung bei Blefa hatte ebenfalls eine dezidierte Anforderung bei der Wahl der Datenbank und der Schnittstellentechnologie für die Maschinenanbindung. "Uns ging es darum, dass bei der Sage Bäurer ERP-Anbindung von Proxia Datenbankinhalte ausgetauscht werden. Dies war zum damaligen Zeitpunkt eine zukunftsorientierte Entscheidung. Proxia lässt dem Kunden hier die Wahl zwischen einer MS-SQL-Datenbank und der von Oracle gebotenen Technologie." Henner Ohrndorf erläutert die Gründe der Entscheidung: "Unsere Strategie ist, möglichst alle unserer Business Applications auf Oracle-Datenbanken laufen zu lassen. Das ist zwar auf den ersten Blick nicht die kostengünstigste Lösung, aber die professionelle Datenbank Oracle EE bietet eine hohe Ausfallsicherheit, denn es besteht die Möglichkeit, zur Produktiv-Instanz der Datenbank jeweils ein Standby-System vorzuhalten, welches auch räumlich getrennt betrieben werden kann. Dadurch, dass ERP-System und MES bei uns auf Oracle laufen, können wir beide Systeme in der gleichen Weise betreiben und administrieren. Wir können selbst Ausführprogramme erstellen, um Daten so zu übertragen, wie wir das möchten. Und wir können auch schnell einmal etwas ändern. Z.B. haben wir später den Produktionskosten zusätzlich Arbeitsgänge zugeordnet, was zu Anfang der Implementierung noch gar nicht vorgesehen war." Darüber hinaus wurde die ERP-MES-Kommunikation um eine automatische Benachrichtigung ergänzt: "Wird vom ERP-System ein Arbeitsgang übertragen, für den Proxia keine passende Maschine findet, weil die Zuordnung eines Arbeitsgangs fehlt, wird der Administrator per E-Mail automatisch darauf hingewiesen. "Auch die Verwendung der modernen OPC-UA-Technologie im Falle der Maschinenkommunikation war Pflicht", sagt Jürgen Kromer. Die Maschinenanbindung der MES-Software ist modular aufgebaut, z.B. über digitale I/O-Module oder eben OPC UA bzw. weitere Möglichkeiten.
Daten abgreifen
Das weitere Pflichtprogramm bei der Implementierung sah vor, dass wenn Daten von Steuerungen abgegriffen werden, dies doch über den OPC-UA-Standard geschehen sollte. Im Vergleich zu den OPC-Vorgängertypen besteht nun die Möglichkeit, Regelgrößen, Messwerte und Parameter nicht nur zu transportieren, sondern auch maschinenlesbar (semantisch) zu beschreiben. Das zugrunde liegende Informationsmodell ist ein sogenanntes Full-Mesh-Network aus Nodes (Objekten), mit dem neben den Nutzdaten auch Meta- und Diagnoseinformationen repräsentiert werden. Prinzipiell kann OPC UA für Lese- und Schreibinformationen genutzt werden. Gemäß der Anforderung des Produzenten setzte Proxia die komplette OPC-UA-Kommunikation um. In Verbindung mit WLAN-Vernetzung aller Maschinen und Anlagen war man bei Blefa auch vollkommen Hardwareunabhängig. Insgesamt werden in einer Fertigungslinie per OPC UA insgesamt 15 Messpunkte abgegriffen. Dabei konzentriert man sich zunächst nur auf die Wichtigsten, wie Signal-Steuerung, Automatikstörung und Materialmangel. "OPC UA erlaubt uns, nach Belieben weitere Signale mit wenigen Klicks abzugreifen. Dies wird ja nur softwareseitig über Datenbausteine initiiert", erklärt Ohrndorf.
Ausbringungsmenge
Stückzahlgenau
Durch das neue ME-System stehen den Verantwortlichen bei Blefa nun valide Daten für eine detaillierte Wertstromanalyse zur Verfügung. Das Herumphilosophieren über Ursachen und mögliche Wirkungen hat somit ein Ende gefunden. Beispielsweise wurden Produktionsdaten für einen Rüst-Workshop genutzt, da die Analysen ergaben, dass bestimmte Verzögerungen durch zu zeitaufwändiges Rüsten zustande kamen. Dadurch kam man zu dem Schluss, eine neue M;aschine anzuschaffen. Jürgen Kromer bringt es auf den Punkt: "Unser gesamtes Maßnahmenmanagement in der Produktion basiert heute auf validen Zahlen, Daten und Fakten - und die bekommen wir aus dem Proxia-MES." Und auch an anderer Stelle haben die einen entscheidenden Nutzen: Ein Standard Übersee-Container fasst 2.200 20-Liter-Kegs oder 880 50-Liter-Kegs. Werden zwei mehr produziert, ist die Frage, wohin damit? "Deshalb ist es für uns so wichtig, die stückzahlgenaue Ausbringungsmenge vorab zu ermitteln. Am Anfang der Fertigungslinie müssen die Mengen exakt bekannt sein, sodass am Ende eine bestimmte Anzahl von Fässern vorhergesagt werden kann, um Unter- oder Überlieferungen zu vermeiden.", sagt Kromer. Seit der MES-Einführung konnte Blefa die Ausbringung seiner Kegs um 15 Prozent steigern und ist damit dem strategischen Ziel von 25 Prozent mehr Ausbringung aus bestehenden Ressourcen ein ganzes Stück näher gekommen.
Blefa Beverage Systems nutzt für die Anbindung seiner Produktionsmaschinen das MDE/BDE-System von Proxia mit OPC-UA-Datenkommunikation. Jetzt kann der Hersteller von Edelstahlfässern seine Ausbringungsmenge stückzahlgenau berechnen - und kommt zudem auf 15 Prozent mehr als vor dem Softwareprojekt.
Seit mehr als fünf Jahrzehnten produziert Blefa im siegerländischen Kreuztal Edelstahlfässer für Bier, Wein und Softdrinks nach kundenindividuellen Anforderungen. Dem Slogan 'The Keg - Made in Germany' liegt eine Historie zugrunde, die viel weiter zurück reicht. Das Keg, englisch für ein kleines Fass, ist ein Mehrwegbehälter, der speziell zum industriellen Befüllen und der keimfreien Lagerung von Getränken dient. Blefa beschäftigt in Deutschland 155 und in den USA 40 Mitarbeiter. 2016 wurde das Unternehmen aus der Franke-Gruppe ausgegliedert und der Artemis Holding als Blefa Beverage Systems zugeführt. Bereits 2013 wurde das interne Strategie-Projekt 'Blefa 2020+' auf den Weg gebracht. Darin wurde eine 25-prozentige Erhöhung der Ausbringung anvisiert, bei unveränderten Ressourcen.
PROXIA Software AG
Dieser Artikel erschien in IT&Production November 2019 - 08.11.19.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com