Anzeige

Roboterprogrammierung direkt in TIA Portal

Effizientes Engineering

Die Füll- und Verschließanlagen von Zellwag Pharmtech sind in der Pharma- und Kosmetikindustrie weltweit gefragt. Für das effiziente Engineering der Anlagen setzt das Unternehmen auf Siemens: Aufgrund einer innovativen Applikation können Roboter direkt im TIA Portal bedient werden. Kinematik-Technologieobjekte in der Steuerung verbessern die Leistung der Anlagen und vereinfachen Entwicklung, Inbetriebnahme und Betrieb.

Bild: Siemens AGBild: Siemens AG
Der Roboter ist direkt in TIA Portal integriert.

Bild: Siemens AGBild: Siemens AG
Innerhalb der Applikation Z-810 R-x in der Fertigungshalle bei Zellwag in Frauenfeld füllt ein Stäubli-Roboter Flüssigkeiten in sterile Gefäße und verschließt sie unter Vakuum.

Sie fällt auf in der Fertigungshalle von Zellwag in Frauenfeld, die große Anlage, verkleidet in Edelstahl und Glas. Futuristisch anmutend thront in der Mitte ein sechsachsiger, schneeweißer Roboter der Marke Stäubli.

Bild: Siemens AGBild: Siemens AG
Das HMI Siemens Mobile Panel sorgt für die einfache Bedienung der Maschinen.

Nach einjähriger Entwicklung reist das Modell Z-810 R-x bald nach Russland, um dort für ein Pharmaunternehmen Hyaluronsäure in Spritzen, Ampullen und Fläschchen abzufüllen. Dazu wird die Hyaluronsäure in einem Reinraum gemischt, durch den Roboter in sterile Gefäße abgefüllt und unter Vakuum mit einem Stopfen verschlossen. Noch sind Roboter in diesem Anwendungsbereich nicht Standard, die Vorteile liegen jedoch auf der Hand: Die Robotertechnik reduziert Bedienereingriffe und sichert die Einhaltung der Reinraumanforderungen im Betrieb.

Technologieobjekte vereinfachen die Programmierung

Im Pharmabereich ist Hygiene oberstes Gebot. Die leeren Ampullen oder Fläschchen werden in steril verpackten Gebindenestern angeliefert, die mit einem Papiersiegel abgedeckt sind. Das Bedienpersonal legt das verpackte Gebinde in die Anlage. Dort wird es unter Reinraumbedingungen vollautomatisch geöffnet. Die Bewegungen dabei müssen präzise und geschmeidig sein – nur so kann eine unnötige Partikelbildung verhindert werden. Dieser Herausforderung widmet sich die Simatic-S7-1500-CPU: In der Steuerung sind sogenannte Technologieobjekte für erweiterte Motion-Control-Funktionen ergänzt, die eine einfache Sicht auf verschiedene Bewegungsabläufe erlauben. Eines davon ist das Technologieobjekt Kinematik (TO Kinematik), das bis zu vier interpolierende Achsen ansteuert, um ein Werkzeug im Raum zu bewegen. Die Programmierung ist einfach: Der Entwickler erstellt im TIA Portal ein Kinematiktechnologieobjekt, fügt den gewünschten Kinematiktyp hinzu, weist der Kinematik die Achsen zu, parametriert die Mechanik und programmiert auf der Basis von PLCopen-Funktionsbausteinen die Bewegung des Tool Center Points (TCP). Steuerung, Synchronisation der Achsen und die Interpolation müssen nicht mehr von Hand programmiert werden, sondern werden über das Technologieobjekt koordiniert.

Zeit sparen und Effizienz steigern

Ahmad Asraf, Teamleiter Automation bei Zellwag, arbeitet gern mit den Technologieobjekten: "Die Objekte sind grafisch dargestellt und intuitiv zu bedienen." Vor dem Einsatz der T-CPU war das Engineering aufwendig: Die Ingenieure mussten die Kommunikation der Antriebe untereinander sicherstellen, sie beim Wechsel von Gebinden umschalten und wieder synchronisieren. Die Positionen wurden dabei manuell eingelesen – ein Riesenaufwand. Laut Asraf konnte durch den Einsatz der T-CPU 50 Prozent Aufwand im Engineering der Motion-Control-Funktionen eingespart werden. "Siemens hat die Schnittstellen standardisiert. So können wir wiederverwendbare Softwaremodule einsetzen und sparen deutlich Zeit bei neuen Projekten". Hilfreich sind auch die sogenannten Diagnosesichten: Bevor die Hardware aufgebaut wird, kann der Ingenieur die Bewegungsabläufe im TIA Portal über den integrierten Kinematics-Editor dreidimensional verifizieren. Der Kinematics-Editor simuliert den vom Anwender programmierten Bewegungsablauf und zeichnet zur Visualisierung eine Leuchtspur der Bewegung des TCP auf. Der Entwickler erhält damit umgehend eine visuelle Rückmeldung zu seiner Programmierung. Er kann die Bewegungsabläufe virtuell kontrollieren und so einfach Anpassungen am Bewegungsprogramm vornehmen. Die Technologieobjekte sparen nicht nur Zeit beim Engineering, sondern steigern auch die Effizienz der Anlage, dazu Asraf: "Beim Entfernen der Papiersiegel sind die Bewegungen fließend. Dadurch gibt es keine Wartezeiten. Das bringt uns einen Zeitgewinn von rund 15 Prozent." Zudem konnte Zellwag beim Befüllen der Ampullen die Leistung steigern. Heute können 2200 Spritzen pro Stunde abgefüllt werden, 350 mehr als zuvor.

Roboter einfach integriert

Die Roboter besitzen einen eigenen Controller, auf dem üblicherweise das Steuerprogramm läuft. Deshalb muss der Roboter mit einem separaten Engineering-Tool programmiert und mit einem eigenen Bediengerät bedient werden. Basierend auf einer TIA-Portal-Bibliothek lässt sich nun der Roboter im Engineering-Tool von Siemens programmieren. Mithilfe einer Ready-to-use-Lösung hatte Zellwag für die Robotik nahezu keine Programmieraufwände mehr: Die Entwickler mussten nicht eine Zeile Code im Engineering-Tool des Roboterherstellers schreiben oder dessen Bediengerät verwenden. Um einen Roboter zu integrieren, genügen Kenntnisse im Umgang mit dem TIA Portal. Siemens hat die Applikation flexibel ausgelegt: Will ein Kunde mit einem anderen Roboterhersteller arbeiten, muss er lediglich die herstellerspezifische Bibliothek austauschen. Asraf ist begeistert von dieser Lösung: "Die Applikation hat die Programmierung der Anlage massiv erleichtert." Ohne sie müssten die Ingenieure den Roboter für jedes Gebindenest separat konfigurieren – bei über 100 verschiedenen Nestlayouts wäre das ein enormer Aufwand. "Bereits bei der Programmierung für das erste Flaschennest haben wir mithilfe der Applikation 30 Prozent der Zeit eingespart. Bei jedem weiteren Gebindenest, das wir der Anlage zuweisen, sind wir nun sogar doppelt so schnell wie früher", so Asraf. Zudem sei die Applikation selbsterklärend – eine kurze Einführung bei Siemens reichte ihm aus.

Bequeme Bedienung mit dem Mobile Panel

Bedient wird die Anlage über das HMI Touch Panel. In diesem HMI steckt viel Ingenieurleistung: Die Zielkoordinaten können direkt mittels Siemens Mobile Panel angefahren, eingelernt und zu einem Bewegungspfad kombiniert werden. Afras gesteht: "Wir haben das HMI unverändert von Siemens übernommen und ich war erstaunt, wie problemlos es von Anfang an funktionierte." In Zukunft wird Siemens noch einen Schritt weitergehen, wie Tobias Fengel, Marketing Manager Electronics & Robotics bei Siemens, erklärt: "Wir entwickeln eine eigene Roboterbibliothek für das TIA Portal. Damit können Roboter noch einfacher integriert werden."

Flexible Anlagen sind gefordert

Zellwag gehört zu den Spitzenreitern im Bereich von kleinen bis mittelgroßen Abfüllanlagen. Deren Stärke ist der modulare Aufbau: Auf dieser Basis kann das Unternehmen jedes Produkt nach den Bedürfnissen des Kunden entwickeln. Zudem ermöglicht die Modularität dem Kunden, die Anlage einfach anzupassen. Damit ist Zellwag gut für den Trend zu individuellen, auf einzelne Patienten abgestimmte Medikamententherapien, gerüstet. Patrik Thoma, Managing Director, erklärt: "Heute werden vermehrt kleine Chargen produziert, das erfordert eine hohe Flexibilität. Aufgrund des modularen Aufbaus sind unsere Anlagen in wenigen Minuten auf eine andere Dosierung oder auf ein anderes Rezept umrüstbar." Beim Umrüsten darf kein Werkzeug ins Innere der Anlage gelangen, es könnte Keime und Partikel einschleusen. Zudem muss der Umbau mit Spezialanzügen und Handschuhen machbar sein – mehr als eine Schnappbedienung oder einen Knopf zu betätigen, ist nicht möglich. Steuerungsseitig muss bei einem Rezeptwechsel der Umbau der Maschine so automatisiert wie möglich geschehen, indem z.B. die Software eine nicht benötigte Steuerachse ausschaltet. 

Technik in Kürze

Das Totally Integrated Automation Portal (TIA Portal) ermöglicht den vollständigen Zugriff auf die gesamte digitalisierte Automatisierung von der digitalen Planung über integriertes Engineering bis zum transparenten Betrieb. Die erweiterten Motion-Control-Funktionen der Simatic-S7-1500-T-CPU – auf Basis von Technologieobjekten – vereinfachen die Programmierung, Inbetriebnahme und Diagnose von Motion-Control-Funktionen und können Kinematiken mit bis zu vier interpolierenden Achsen ansteuern. Aufgrund der kostenlosen TIA-Portal-Robotics-Applikation können SPS-Experten ohne zusätzliche Tools Roboter verschiedener Hersteller im TIA Portal programmieren und bedienen. Mit dieser Ready-to-use-Lösung reichen Kenntnisse über die Siemens-Umgebung, um Roboter in eine Anlage zu integrieren. Der Anwender lernt den Roboter direkt über das HMI Mobile Panel KTP900F an, indem er Roboterpfade erstellt und diese abfährt. Aufgrund der herstellerunabhängigen Faceplates spielt das Fabrikat des Roboters für die Bedienung keine Rolle.

Siemens AG

Dieser Artikel erschien in robotik-produktion.de 1 2020 - 01.01.20.
Für weitere Artikel besuchen Sie