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Smarte Produktion bei Kaeser Kompressoren

Effizient montieren und prüfen in Losgröße 1

Leise und konzentriert geht es in den neuen Produktionshallen von Kaeser Kompressoren zu. Ganz unaufgeregt werden hier am Stammsitz in Coburg Schraubenkompressoren von Weltruf montiert. Dieser Ruf verpflichtet zu höchstmöglicher Qualität bei gleichzeitigem Innovationsvorsprung. Die Produktions-IT und der digitale Zwilling spielen dabei eine entscheidende Rolle.

Bild: Trebing & Himstedt Prozeßautomation GmbH & Co. KG

Effizient, robust, Industrie-4.0-kompatibel, wartungsarm und flexibel - das sind die Ansprüche, die an die Produkte von Kaeser gestellt werden. Um der steigenden Nachfrage an diesen Erzeugnissen gerecht zu werden, werden die Schraubenkompressoren in neuen Produktionshallen gefertigt, die den wachsenden Bedarf skalierbar abdecken können.

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Jeder Kompressor wird vor Auslieferung gründlich geprüft. Da die Produktions-IT die Parallelisierung vieler Prüfvorgänge unterstützt, bleiben die Durchlaufzeiten trotzdem im Rahmen.

Gleichzeitig soll die Produktion die Flexibilität an Modellvielfalt und Arbeitsaufteilung zulassen, wie es in einer Industrie 4.0 gefordert ist. Neben dieser Flexibilität ist das Ziel, den Wertstrom in Bezug auf seine Effizienz so zu optimieren, dass die Durchlaufzeit und der Bestand reduziert und die Termintreue weiter erhöht wird. Das funktioniert nur als nahezu papierloser, digitalisierter Prozess. Um zu diesem Ziel zu gelangen, wurden entlang des Werteflusses zunächst die Bausteine 'Montage' und 'Qualitätsprüfung' optimiert. Darauf aufbauend soll die Informationsversorgung der Werker mit in 3D visualisierten Arbeitsanweisungen realisiert werden.

Bild: Trebing & Himstedt Prozeßautomation

Montage flexibilisieren

Die Herausforderung ist die komplexe Montage der kundenkonfigurierten Produkte. Aus den unterschiedlichen Leistungsparametern ergibt sich in Verbindung mit Optionen wie Luft- oder Wasserkühlung, Trockner oder zusätzlicher Wärmerückgewinnung eine Fertigung in Losgröße 1. Die Basis hierfür bieten die Stückliste und der Arbeitsplan im SAP ERP nach dem Prinzip eines digitalen Zwillings. Dieser dient als Vorlage, um die Arbeitsanweisung für Produktvariante an der Arbeitsstation in der One Piece Flow-Linie bereitzustellen. Pro Arbeitsplatz werden die erforderlichen Aufgaben angezeigt und dokumentiert. An jedem Arbeitsplatz kann aber auch der Arbeitsvorrat der vor- oder nachgelagerten Station aufgerufen werden, um sich zu orientieren oder gegenseitig zu unterstützen. Realisiert wurde dies von Trebing + Himstedt mit SAP Manufacturing Execution (SAP ME). Durch die strikte Vereinfachung und Standardisierung der Oberflächen können die Werker jetzt flexibler arbeiten. So können die Kolleginnen und Kollegen nachgelagerter Schritte zum Beispiel weiter vorne in der Linie mit anpacken oder an anderen Montagelinien aushelfen. Das entspricht eher einem Pull- statt Push-Prinzip im Sinn einer agilen Vorgehensweise. Ziel ist es, den Fluss im Werk stets aufrecht zu erhalten, ohne großen Schulungs- und Einarbeitungsaufwand dafür in Kauf nehmen zu müssen. Auch neue Werker lassen sich durch die reduzierten, standardisierten Oberflächen schnell und 'on the job' einarbeiten. Beinahe als Nebeneffekt liefert die digitalisierte Wertschöpfungskette dem Kompressorenhersteller jetzt die Grundlage, Daten zum Scannen von Zulieferteilen direkt von Lieferanten anzufordern und diese in die Produktions-IT einzubinden.

Bild: Trebing & Himstedt Prozeßautomation GmbH & Co. KG
Sauber und aufgeräumt: Am Kaeser-Stammsitz in Coburg wird nach dem One-Piece-Flow-Prinzip gefertigt. Trotzdem können die Angestellten bei Bedarf außerhalb ihrer Stationen oder sogar Montagelinie mit anpacken.

Qualität automatisiert prüfen

Im Einsatz müssen Kaeser-Kompressoren vor allem eines zuverlässig leisten: Druckluft liefern. Die Qualitätskontrolle ist daher ein entscheidender Faktor vor der Auslieferung zum Kunden. Die Sicherheitsprüfung, der Funktionstest und die Vorab-Inbetriebnahme inklusive Parametrierung und Konfiguration der Steuerung sind allerdings kleinteilig und aufwendig. Mithilfe von SAP ME ließen sich diese Arbeiten trotz der Variantenvielfalt größtenteils automatisieren. Hierfür wird der digitale Zwilling analog zur Stückliste und zum Arbeitsplan um einen weitreichenden Prüfplan ergänzt, der die Prüfroutinen variantenspezifisch bereitstellt. Ist der Kompressor einmal von Hand angeschlossen und verkabelt, kann der automatische Prüfablauf prozesssicher gestartet werden. Alle Prüfergebnisse werden zurückgemeldet und dokumentiert. Nur bei Prüfergebnissen außerhalb der Toleranz wird der Werker informiert, manuell eingreifen zu müssen. So lassen sich weit mehr Prüfungen als früher gleichzeitig erledigen.

Effekte später spürbar

Nach Abschluss der Qualitättsicherung wurde jedes kundenindividuelle Produkt auf Herz und Nieren geprüft. Einer Auslieferung steht nichts mehr im Weg. "Dieser durchgängig integrierte Datenfluss mit dem digitalen Zwilling im Zentrum war aus unserer Sicht nur mit SAP möglich", sagt Michael Karsch, Application Manager Logistics / IT/Organisation bei Kaeser Kompressoren SE. "Prozesse & Stammdaten sind das A&O und die Grundvoraussetzung für einen funktionierenden digitalen Zwilling", so Karsch weiter. Durch die zentrale Verknüpfung der Daten kann der Service zudem nach Auslieferung auf eine digitale Lebenslaufakte der Kompressoren zugreifen. Das kann den Mitarbeitern die Arbeit deutlich erleichtern. Auf diese Weise spielen die digitalisierten Abläufe in Montage und Qualitätsprüfung ihre Vorteile entlang des gesamten Produktlebenszyklus aus.

Wie geht die Reise weiter?

Die Digitalisierung der Produktion geht bei Kaeser Kompressoren weiter. Teil dieser Vision ist es, die digitalen Zwillinge der Produkte auch den Kunden zugänglich zu machen. Doch zunächst steht die Visualisierung der Informationsversorgung im Werk auf dem Plan. In einem Co-Innovationsprojekt mit SAP wird daran gearbeitet, um die Arbeitsanweisungen am Montageplatz in 3D und auf jede Produktvariante zugeschnitten darzustellen. So erleben die Werker über die Prozessgestaltung hinaus, wie die Arbeit in einer Industrie 4.0 aussehen könnte.

Trebing & Himstedt Prozeßautomation

Dieser Artikel erschien in IT&Production 4 (Mai) 2020 - 12.05.20.
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