Lupe auf die Produktkonfiguration
Nur bestellen, was auch lieferbar ist
Individuelle Kundenwünsche beeinflussen zunehmend die Produktion. Mit der Verbindung von Verkaufs- und Produktionskonfiguration lässt sich die Komplexität einer variantenreichen Fertigung in den Griff bekommen.
Produzierende Unternehmen sehen sich mit zahlreichen, zum Teil konkurrierenden Anforderungen konfrontiert: Im Wettbewerb sind immer individuellere Produkte gefragt - zu den Kosten und Lieferbedingungen einer Massenproduktion. Die Möglichkeit zur Produktkonfiguration gehört dabei zu den entscheidenden Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit, wie aus einer Studie der GEXSO-Initiative (Global Excellence in Supply Chain Operations) hervorgeht. Konfigurationsbasierte Produktionsplanungs- und Steuerungslogiken können die Anforderungen des Vertriebs an die Fertigung begleiten. Aufgaben in Entwicklung, Fertigungsplanung und Durchführung, Verkauf, Vertrieb und Wartungsservices sollten nahtlos ineinandergreifen, um weiterhin wirtschaftlich fertigen zu können. Denn auch kleine Losgrößen müssen rentabel sein.
Nah am Kunden arbeiten
Für Elmar Thomson, Berater bei der BTC Business Technology Consulting, leitet sich aus diesem Anspruch vor allem die Konsequenz ab, auch im B2B-Umfeld den Kunden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt der Prozessbetrachtung zu stellen: "Der Konfigurationsprozess muss bereits im Verkauf starten, damit die individuellen Ausprägungen des Wunschproduktes eines Kunden visualisiert erlebbar sind. Das bedeutet ebenso, dass in Produkt- und Prozessdesign auch der Service-Gedanke eingewoben sein muss. Neben den Produkten komplettieren daher Aufgaben wie Wartung und Ersatzteilhandling das Leistungsversprechen."
Produktkonfiguration
Dieser Ansatz ist nicht neu. Neu ist das technische Rüstzeug, das zur Prozessunterstützung des Product Lifecycle Managements (PLM) und damit auch des digitalen Variantenmanagements an allen Punkten der Wertschöpfungskette zur Verfügung steht. Die neue SAP-Software-Generation S/4Hana nutzt die Möglichkeiten hauptspeicherbasierter Informationsverarbeitung, indem beispielsweise die Materialbedarfsplanung performant durchgeführt werden kann. Mehrstufige Kundeneinzelplanungen sind nicht mehr notwendig und eine Dispoliste entfällt ebenso. Ein Hana-optimierter Variantenkonfigurator AVC (Advanced Variant Configurator), bietet zudem Funktionen für die Modellbildung, Simulation, sowie automatisierter Dokumentenklassifizierung. Mit der neuen Softwaregeneration lässt sich eine vollständige Sicht auf die Produktkonfiguration über alle relevanten Geschäftsbereiche hinweg herstellen. Beispielsweise können in der Konfigurationsmodellierung Resultate aus der Analyse von Produktionsdaten eingebunden werden, um so kostentreibende oder qualitätsgefährdende Kombinationen auszuschließen. Berater Thomson ist überzeugt, dass die durchgängige Prozessgestaltung mit einer einheitlichen Modellbildung und Informationslogistik künftig Standard in der variantenreichen Fertigung werden.
Bestellung und Lieferung
Der integrative Nutzen kann beispielsweise mit dem Add-on VariantDirekt von BTC realisiert werden, dessen Prozessmodell auf Basis von S/4Hana relevante Schritte der Variantenfertigung abdeckt - von der Stücklistenanlage in SAP oder in externen Konfiguratoren, über eine grobkapazitätsgesteuerte Einplanung bis hin zur Einbindung von Konstruktionszeichnungen. In Kombination mit einer CPQ-Anwendung (Configure Price Quote) verbindet das IT-Beratungshaus in einer Prozessfolge die iterative Vorselektion und Verkaufskonfiguration mit der Aussteuerung des Auftragsdurchlaufes unter Berücksichtigung der Produktkonfiguration. Die Bestelldaten im Verkauf werden dabei - unter Berücksichtigung der Abhängigkeiten - in Fertigungsstücklisten und Arbeitspläne übersetzt. Der Vorteil dabei ist, dass bereits während des Bestellprozesses Aussagen zur Lieferfähigkeit gemacht werden können. Mit der In-Memory-Technik im Hintergrund können komplexe Reihenfolgeplanungen über vorgelagerte Simulationen validiert werden, ohne die Prozesse auszubremsen. Das gilt insbesondere für branchenspezifische Anforderungen wie etwa in der Möbelindustrie. Dort steuern Versandtermin und Tourenplanung die Produktionsplanung, um Zwischenläger zu vermeiden und Frachtkosten zu reduzieren. Auch die kurzfristige Einsteuerung von Sonderanfertigungen in die Fertigung wird mit dem BTC-Add-on in Kombination mit SAP-Software möglich, ohne gleich erhebliche zusätzliche Planungs- und Rüstzeiten zu verursachen.
Weitere Optimierungsmöglichkeiten
Aufgrund der Kombination beider Lösungen lässt sich die Prozessunterstützung weiter ausbauen. Weitere Optimierungsmöglichkeiten liegen darin, Daten und Funktionen aus anderen Unternehmensbereichen einfließen zu lassen. Beispielsweise steigert der Einsatz von Augmented Reality-Technik nicht nur im Verkauf das Kundenerlebnis. Auch für den technischen Service bieten Modellkonfiguration und AR-Technik Potenzial. Überhaupt bilden die Konfigurations- und Stammdaten aus dem Produktkonfigurator eine gute Basis für das Service- und Ersatzteilmanagement - einschließlich Auftragskalkulation und Fertigungsplanung. "In Kombination mit prädiktiver Analyse der anfallenden Betriebsdaten lassen sich interessante Ansätze für Instandhaltung- und Instandsetzung entwickeln, die letztendlich der Entwicklung neuer Geschäftsservices den Weg bereiten", ist sich Thomson sicher.
Nutzung in der Cloud
Eine zukunftsfähige SAP-Architektur muss aber nicht zwangsläufig zum extensiven Ausbau der eigenen IT- und Rechenzentrumskapazitäten führen, da die Nutzung auch - ganz oder teilweise - per Cloud erfolgen kann.
Weg vom Verkauf
Als Folge der Digitalisierung und datenbasierter Geschäftsmodelle verschiebt sich der Fokus vom Produktverkauf hin zu einer nutzungsbasierten Kalkulation und Abrechnung. Unternehmen werden nach Einschätzung des Verbandes Bitkom dadurch serviceorientierter und bleiben international wettbewerbsfähig. Das soll auch eine IT-Architektur mittragen. Letztendlich kann durch die Integration der bereits im Vertrieb durchgeführten Konfigurationsdaten in die Fertigung eine einheitliche Steuerung der Prozessflüsse gelingen. Add-ons können SAP-Lösungen dabei hervorragend unterstützen. n ist Journalistin in Tübingen.
Individuelle Kundenwünsche beeinflussen zunehmend die Produktion. Mit der Verbindung von Verkaufs- und Produktionskonfiguration lässt sich die Komplexität einer variantenreichen Fertigung in den Griff bekommen.
Produzierende Unternehmen sehen sich mit zahlreichen, zum Teil konkurrierenden Anforderungen konfrontiert: Im Wettbewerb sind immer individuellere Produkte gefragt - zu den Kosten und Lieferbedingungen einer Massenproduktion. Die Möglichkeit zur Produktkonfiguration gehört dabei zu den entscheidenden Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit, wie aus einer Studie der GEXSO-Initiative (Global Excellence in Supply Chain Operations) hervorgeht. Konfigurationsbasierte Produktionsplanungs- und Steuerungslogiken können die Anforderungen des Vertriebs an die Fertigung begleiten. Aufgaben in Entwicklung, Fertigungsplanung und Durchführung, Verkauf, Vertrieb und Wartungsservices sollten nahtlos ineinandergreifen, um weiterhin wirtschaftlich fertigen zu können. Denn auch kleine Losgrößen müssen rentabel sein.
BTC Business Technology Consulting AG
Dieser Artikel erschien in IT&Production 4 (Mai) 2020 - 12.05.20.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com