MES-Rollout beim Automobilzulieferer Miba
Integrierte Prozesse vom Werk bis ins Büro
Lange prägten Insellösungen die IT-Landschaft der Miba AG. Der österreichische Automobilzulieferer schlug jedoch längst den Weg in Richtung Smart Factory ein. Um im ersten Schritt die Intralogistik zu optimieren, musste die Produktionslandschaft detailliert betrachtet werden.
Mit rund 8.000 Mitarbeitern in 29 Werken weltweit produziert die Miba AG Sinterformteile, Motoren- und Industriegleitlager, Reibbeläge, Leistungselektronik Komponenten, Beschichtungen und Sondermaschinen. Das Unternehmen hat dabei stets die Digitalisierung der einzelnen Fachbereiche im Blick, lange jedoch mit wenig verknüpften Anwendungen. "Mit all den Maßnahmen, die wir in Richtung Industrie 4.0 und Digitalisierung bereits setzen konnten, reifte auch die Erkenntnis, dass es eine ganzheitliche Betrachtung der Themen benötigt, um nachhaltig erfolgreich zu sein", sagt Dietmar Hocheneder, Head of Supply Chain Management bei Miba Sinter Austria. "Der Startschuss fiel mit der Entwicklung des Konzepts Smart Factory zur umfassenden Digitalisierung der internen Logistikabläufe."
Das Big Picture
Zunächst sollte ein detailliertes Bild der Produktionslandschaft den Zusammenhang zwischen ERP-Software, MES, Maschinenebene und den weiteren betroffenen Systemen visualisieren. "So wurden wir beispielsweise darin bestätigt, dass wir für die jeweiligen Anwendungsgebiete individuelle Lösungen brauchten, wobei eine klare Trennung zwischen internen (Cronetwork MES) und externen Prozessen (stammdatenführend ist SAP) vorgenommen wurde. Die enge Verbindung zwischen den beiden Systemen versteht sich dabei von selbst", sagt Hocheneder. Im nächsten Schritt wurde eine sogenannte Sandbox eingerichtet, in der die theoretischen Ansätze auf eine digitale Spielwiese übertragen wurden und gemeinsam mit der SAP-Software, dem Manufacturing Execution System und der angebundenen Maschinenebene in den Testbetrieb gingen. Die Sandbox ermöglichte es, Ideen und Abläufe durchspielen, ohne den laufenden Betrieb zu stören. "Die Ergebnisse, die wir aus dieser Testphase mitnehmen konnten, haben uns überzeugt und so wagten wir auch den Schritt in den Echtbetrieb", schildert Hocheneder. Dabei stellte sich zunächst die Frage, welche Maßnahmen zuerst umgesetzt werden sollten. "Wir definierten und priorisierten Arbeitspakete und wählten eine repräsentative Unit an unserem Standort in Vorchdorf, innerhalb derer wir die Pakete bei einem überschaubaren Mengengerüst abbilden konnten."
Schnelle Kommunikation
Um die gesteckten Digitalisierungsziele zu erreichen, musste die Firma die führenden Software-Systeme integrieren: "Eine Industrie-4.0-taugliche Fertigungsplanung und -steuerung kann nur funktionieren, wenn die gelieferten Informationen in den Systemen topaktuell und vor allem richtig sind. Diese Echtzeit-Transparenz erhält allerdings nur, wer sämtliche Aktivitäten in der Produktion ohne Verzögerung den Systemen mitteilt und diese die Informationen unmittelbar und zielgerichtet aufbereiten", so Hocheneder. In einem Arbeitspaket wurde also die direkte Kommunikation zwischen dem MES und der Maschinensteuerung realisiert, was ersten Nutzen brachte: Beispielsweise werden Transporteinheiten automatisch gebildet und manuelle Zählungen fallen als potenzielle Fehlerquelle weg.
Integration der Prozesse
An erster Stelle stand jedoch die enge Integration der übergreifenden Prozesse zwischen ERP und MES. Ein Beispiel illustriert den Grund für diese Priorität: Lange Produktionsprozesse sorgten in der Vergangenheit für einen hohen WIP (Work-in-Progress) bei Miba, da Warenbewegungen und Lagerbestände zwischen den vielen Arbeitsgängen nicht erfasst wurden. Planer hatten somit nicht den vollen Überblick über das Fertigungsgeschehen. Daraufhin wurde die Auftragsstruktur verkürzt und mehrere Lagerstufen ergänzt. Heute werden Bestände und Warenbewegungen mit Hilfe der Transporte- und Staplersteuerung des MES erfasst und in Echtzeit an die SAP-Anwendung weitergegeben. In Kombination mit der Feinplanung verbesserte sich so die Datenqualität in der Planung und Durchführung der Fertigungsabläufe.
Zuverlässig identifizieren
Eine besondere Herausforderung auf dem Weg zur vollständig transparenten Fertigung stellt außerdem die komplexe Sintertechnologie dar. Nach dem ersten Arbeitsschritt bestehen die produzierten Teile lediglich aus verdichtetem, gepressten Pulver. Um jedes einzelne Sinterteil erfassen zu können, bedurfte es einer Lösung, die das Anbringen und Lesen eines Data-Matrix-Codes (DMC) auf dem Grünling (Sinter Rohling) auch unter sehr schwierigen Bedingungen ermöglicht. Hocheneder dazu: "Nachdem wir die technischen Voraussetzungen geschaffen hatten, schickten wir eine Reihe von Bauteilen zu Testzwecken in eine permanente Schleife, wo die DMCs unter den verschiedensten Lichtverhältnissen gelesen werden mussten. Durch ständige Optimierungsmaßnahmen konnten wir bis heute eine Lesbarkeitsrate von mehr als 99 Prozent erreichen." Ein flächendeckender Einsatz der Technologie ist jedoch vorerst nicht geplant, da dieser stark von der erwarteten Wirtschaftlichkeit in den jeweiligen Bereichen abhängig ist.
Informationen aufbereiten
Bei Miba hat man bereits konkrete Vorstellungen von der zukünftigen Produktion. "Als Logistiker schwebt mir vor, dass Cronetwork MES auf Basis der erhobenen Daten künftig noch intensiver Informationen für die Produktionsmitarbeiter aufbereitet", sagt Hocheneder. So soll eine Anlage künftig frühzeitig erkennen, dass Folgematerialien benötigt werden und die nötigen Beschaffungsschritte automatisch in die Wege leiten. Die Vision dahinter ist, dass möglichst viele Prozesse zwischen Anlagen, Transportgeräten und Lagersystemen elektronisch ablaufen und der Logistiker hauptsächlich die Aufgabe der Prozessüberwachung einnimmt. "Wir haben mit unseren Systempartnern in Richtung ERP und MES eine wichtige Grundlage geschaffen und erzeugen mit unseren Maßnahmen, egal ob bereits realisiert, noch in der Planungsphase oder als weit entfernte Vision, eine starke Dynamik, die uns nach und nach die nächsten Schritte in die Zukunft der digitalen Fertigung weist", schließt Dietmar Hocheneder. n Team Leader Corporate Marketing
Lange prägten Insellösungen die IT-Landschaft der Miba AG. Der österreichische Automobilzulieferer schlug jedoch längst den Weg in Richtung Smart Factory ein. Um im ersten Schritt die Intralogistik zu optimieren, musste die Produktionslandschaft detailliert betrachtet werden.
Mit rund 8.000 Mitarbeitern in 29 Werken weltweit produziert die Miba AG Sinterformteile, Motoren- und Industriegleitlager, Reibbeläge, Leistungselektronik Komponenten, Beschichtungen und Sondermaschinen. Das Unternehmen hat dabei stets die Digitalisierung der einzelnen Fachbereiche im Blick, lange jedoch mit wenig verknüpften Anwendungen. "Mit all den Maßnahmen, die wir in Richtung Industrie 4.0 und Digitalisierung bereits setzen konnten, reifte auch die Erkenntnis, dass es eine ganzheitliche Betrachtung der Themen benötigt, um nachhaltig erfolgreich zu sein", sagt Dietmar Hocheneder, Head of Supply Chain Management bei Miba Sinter Austria. "Der Startschuss fiel mit der Entwicklung des Konzepts Smart Factory zur umfassenden Digitalisierung der internen Logistikabläufe."
Industrie Informatik GmbH
Dieser Artikel erschien in IT&Production 5 (Juni) 2020 - 10.06.20.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com