Halogenfreie Kabelkanäle stellen Schneidgeräte vor besondere Herausforderungen
Harte Fakten und scharfe Messer
Rosen ohne Dornen sind ebenso selten wie Materialien, deren Vorteile nicht mit diversen 'Nebenwirkungen' verknüpft sind. So z.B. PVC - als Allrounder die Basis für eine Vielzahl verschiedener Anwendungen vom Bodenbelag bis zur Schuhsohle. In der Schaltschrankbranche war das thermoplastische Polymer lange Zeit gängiger Grundstoff bei der Produktion von Kabelkanälen und Leitungsisolierungen.
Biegsam und schwer entflammbar wird PVC durch die Zugabe von Weichmachern. Die Kehrseite dieser Halogene: gerade im Brandfall spalten die Zusatzstoffe giftige Emissionen ab - mit beträchtlichen Schäden für Mensch und Bausubstanz. In der Konsequenz sind heute bereits in der Ausschreibung entsprechender Projekte halogenfreie Kabelkanäle und Leitungen Pflicht. Die Werkzeugmanufaktur Alfra produziert seit fast 20 Jahren speziell für den Schaltschrankbau konzipierte Schneidgeräte. Das VKS 125 zum Ablängen von Verdrahtungskanälen gehört zu den Klassikern im Programm des Unternehmens und musste sich dieser Entwicklung anpassen.
Sicherheit per Gesetz
Halogenfrei wird im Schaltschrankbau immer häufiger zum Standard, denn Elemente wie Brom, Chlor, Jod oder Fluor verbrennen keineswegs ohne Folgen. Anschaulich dargestellt, verqualmt nur 1 kg PVC 500 Kubikmeter Volumen mit dichtem, schwarzen Rauch. Die hierbei entstehenden Dioxine bilden zusammen mit Löschwasser Salz- oder Flusssäure. Kommt der aggressive Dampf mit Oberflächen in Berührung und kondensiert, sind die Beeinträchtigungen oft gravierender als die unmittelbaren Brandschäden selbst und reichen von der Zerstörung komplexer Elektronik bis zur Instabilität ganzer Gebäude. Das Gesundheitsrisiko durch verätzte Atemwege ist offensichtlich. Deshalb wurde die bereits seit 2011 gültige EU Richtlinie RoHS II 2013 mit der ElektroStoffV zum 9. Mai 2013 in nationales Recht umgesetzt. Zum Schutz von Mensch und Umwelt fordert die Verordnung niedrige Grenzwerte für bestimmte gesundheitsgefährdende Substanzen. Versicherungsrechtliche Fragen sind ebenfalls einschlägig. Die Richtlinie 2025 des Verbands der Sachversicherer (VDS) schreibt vor, für Bereiche mit Menschenansammlungen und unwiederbringlichen oder hohen Sachwerten ausschließlich halogenfreie Kabel und Leitungen zu verwenden.
Grat- und spänefreies Ablängen
Wichtig sind diese Vorschriften unter anderem für Schaltschränke in öffentlichen Gebäuden, Ämtern, Krankenhäusern, Kindergärten oder Schulen. Gleiches gilt für Transportmittel wie Schiffe, Flugzeuge, Schienenfahrzeuge oder für Messehallen und andere Veranstaltungsgebäude. Darüber hinaus sollten überall dort, wo Daten gesichert, verarbeitet oder übertragen werden, ebenfalls nur halogenfreie Verdrahtungskanäle verbaut werden - zum Beispiel in Rechenzentren. Im privaten Hausbau wird der Verzicht auf halogenhaltige Materialien ebenfalls empfohlen. Eines haben jedoch all diese Projekte gemeinsam: halogenfreie Kabelkanäle müssen genauso präzise und gratfrei zugeschnitten werden, wie Produkte mit Weichmachern. "Gerade im Schaltschrank ist es wichtig, Kabelkanäle nicht nur millimetergenau zuzuschneiden, sondern auch scharfe Kanten und Kunststoffspäne zu vermeiden, damit die Kabel, die durch den Kanal geführt werden, nicht aufscheuern", so Werner Bliss, Produktionsleiter bei Alfra. Damit sind speziell für diesen Arbeitsschritt entwickelte Schneidgeräte eine sinnvolle Alternative zur Säge.
Anforderungen an
Schneidgeräte gestiegen
Die veränderte Rechtslage bezüglich der Herstellung von Verdrahtungskanälen erforderte bald, dass sich der Spezialwerkzeughersteller intensiv mit dem Thema auseinandersetzte. "Der steigende Anteil an halogenfreien Kanälen in der Bearbeitung machte eine Anpassung unseres Geräts an die neuen Materialien notwendig", erklärt Bliss. Zwar verhindert der vollflächige Auflagetisch, dass die Kabelkanäle sich während des Schneidprozesses verbiegen - aber die wesentlich härteren, halogenfreien Kunststoffe begannen, die Standzeiten der Schneidgeräte zu verkürzen. Das Herzstück des VKS 125 ist ein Messer aus gehärtetem Werkzeugstahl mit feststehender Klinge für Schnitte genau im 90 Grad Winkel. "Weil die Kunden immer häufiger die dichteren und steiferen Kanäle bearbeiten mussten, nutzten sich die Schneidmesser schneller ab", fügt er hinzu. Die nötigen Verbesserungen am VKS hatten verschiedene Ansatzpunkte. "Einerseits mussten die Eigenschaften des Metalls auf die neuen Herausforderungen eingestellt werden, andererseits waren auch Änderungen bezüglich der Anwenderfreundlichkeit nötig", sagt Bliss. Am Ende dieser Aufgabe für die Technische Abteilung stand das VKS 125 mit der Kompetenz zum Ablängen halogenfreier Kanäle. Ein neues Härtungsverfahren verlieh der Klinge positive Eigenschaften bezüglich der Elastizität. Es verhindert, dass das Messer splittert, wenn es auf das harte Material trifft. Über die kürzeren Standzeiten hinaus, war bei den steifen Kanälen ein deutlich höherer Kraftaufwand nötig, um den Schnitt auszuführen. Dieses Problem lösten die Spezialisten durch eine optimierte Schneidgeometrie mit besserer Kräfteverteilung. "Sicherheitsaspekte und Bedienkomfort werden in der Arbeitswelt des Schaltschrankbaus weiter an Bedeutung gewinnen. Dass unsere Werkzeuge und Geräte auch unter diesem Gesichtspunkt Schritt halten können, gehört zu unseren Aufgaben", betont er.
Rosen ohne Dornen sind ebenso selten wie Materialien, deren Vorteile nicht mit diversen 'Nebenwirkungen' verknüpft sind. So z.B. PVC - als Allrounder die Basis für eine Vielzahl verschiedener Anwendungen vom Bodenbelag bis zur Schuhsohle. In der Schaltschrankbranche war das thermoplastische Polymer lange Zeit gängiger Grundstoff bei der Produktion von Kabelkanälen und Leitungsisolierungen.
Biegsam und schwer entflammbar wird PVC durch die Zugabe von Weichmachern. Die Kehrseite dieser Halogene: gerade im Brandfall spalten die Zusatzstoffe giftige Emissionen ab - mit beträchtlichen Schäden für Mensch und Bausubstanz. In der Konsequenz sind heute bereits in der Ausschreibung entsprechender Projekte halogenfreie Kabelkanäle und Leitungen Pflicht. Die Werkzeugmanufaktur Alfra produziert seit fast 20 Jahren speziell für den Schaltschrankbau konzipierte Schneidgeräte. Das VKS 125 zum Ablängen von Verdrahtungskanälen gehört zu den Klassikern im Programm des Unternehmens und musste sich dieser Entwicklung anpassen.
ALFRA GmbH
Dieser Artikel erschien in SCHALTSCHRANKBAU 7 (November) 2021 - 10.11.21.Für weitere Artikel besuchen Sie www.schaltschrankbau-magazin.de