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Künstliche Intelligenz ausrollen und skalieren

Start frei für KI-Projekte

Um Anwendungen mit künstlicher Intelligenz flächendeckend auszurollen, schufen die Luftfahrt-Spezialisten von MTU Aero Engines extra neue Strukturen. Die Basis bilden Wettbewerbsanalysen, Reifegrad-Ermittlungen und ein firmenweit agierendes Kompetenzzentrum.

MTU Aero Engines ist ein global agierender Anbieter von Flugzeugtriebwerks-Subsystemen. Zum Geschäft zählen Design, Entwicklung, Produktion und die Wartung von Flugzeugtriebwerksmodulen in nahezu allen Schub- und Leistungsklassen - von Antriebssystemen für Geschäftsflugzeuge bis hin zu den leistungsstärksten zivilen Triebwerken der Welt. Zu den Kernprodukten gehören Hochdruckverdichter, Niederdruckturbinen, Turbinenzwischengehäuse und Industriegasturbinen. Darüber hinaus bietet MTU maßgeschneiderte Triebwerksservicelösungen und führt im Geschäftsbereich Maintenance, Repair & Overhaul (MRO) etwa 1000 Shop Visits pro Jahr für mehr als 30 verschiedene Triebwerkstypen durch. MTU beschäftigt weltweit mehr als 10.000 Mitarbeiter an 15 Standorten. Strategisch ist in den kommenden Jahren geplant, die Ressourcen auf das Kerngeschäft zu konzentrieren, sich an neuen Triebwerksprogrammen zu beteiligen und das Serviceangebot auszubauen.

Strategische KI-Initiativen

Als entwicklungsintensives Unternehmen hat MTU das Potenzial von künstlicher Intelligenz vergleichsweise früh als wichtige Grundlagentechnologie erkannt, zahlreiche Einsatzmöglichkeiten von KI identifiziert und eigenständige KI-Piloten in Entwicklungs-, Fertigungs- und Reparaturprozessen implementiert. Um noch mehr Nutzen aus der Technologie zu schöpfen, hat der Luftfahrt-Spezialist gemeinsam mit AppliedAI, Deutschlands wohl größte Initiative für den Einsatz von KI-Technologie, eine KI-Strategie entwickelt. In den systematischen Ansatz flossen ein: eine KI-Ambition, priorisierte KI-Anwendungsfälle, Gestaltung der erforderlichen organisatorisch-technischen Rahmenbedingungen und einen Fahrplan für die Skalierung von KI-Anwendungen.

Projektansatz

Um eine gemeinsame Ausgangsbasis für die spätere Priorisierung von Handlungsfeldern zu schaffen, nahmen MTU-Angestellte aus verschiedenen Funktionsbereichen und Hierarchieebenen am Programm Maturity Assessment von AppliedAI teil. In dieser Reifegradbewertung wurden eine datengetriebene Status-quo-Übersicht abgeleitet und Entwicklungspotenzial identifiziert. Außerdem wurden strukturierte Experteninterviews durchgeführt, um die Ergebnisse zu validieren. Parallel dazu analysierten Mitarbeiter der KI-Initiative und MTU das Wettbewerbsumfeld, da dieses die unternehmensspezifischen KI-Ziele sehr beeinflusst: Für diese braucht es Wissen um mögliche KI-basierte Wettbewerbsvorteile, die Auswirkungen auf Produkte, Prozesse und das Geschäftsmodell sowie die allgemeine Branchendynamik. Wie die Analyse ergab, steigern Akteure in der Luftfahrtindustrie in vor-, gleich und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen den Einsatz von KI aktuell massiv und setzen die Technologie in unterschiedlicher Intensität in Entwicklungs-, Fertigungs- und Wartungsprozessen ein. Darüber hinaus ist KI bereits in angrenzenden Hightech-Industrien etabliert, um Entwicklungssimulationen zu beschleunigen, die Qualitätskontrolle von verschiedenen Komponenten zu verbessern und die Effizienz der Gasturbinenregelung zu steigern.

Verzahnte Anwendungsfelder

Um eine zusammenhängendes Zielbild für MTU zu formulieren, wurde diese Marktanalyse, MTU-interne Expertenmeinungen sowie die KI-Technologiepotenzialbewertung konsolidiert. Aufbauend auf einem Zeitrahmen von drei bis vier Jahren und definierten strategischen Zielen für die Skalierung von KI haben MTU und AppliedAI drei verzahnte Anwendungsfelder festgelegt, in den KI-Anwendungsfälle zu Verbesserungen führen sollen:

Produktentwicklung - Virtual Engine und Testsupport: Beschleunigung der Entwicklungszeiten und Nutzung der Entwicklungsressourcen mit höchstmöglicher Effizienz,

Produktion - Prozesssimulation und Automatisierung sowie Arbeitsvorbereitung, Produktionssteuerung und Mitarbeiterunterstützung: Steigerung der Produktionseffizienz und verbesserte Genauigkeit bei der Vorhersage der Einflüsse einzelner Produktionsprozessparameter auf die Produktqualität.

Maintenance - digitale Inspektion und Advanced Forecasting: Gesteigerte Kundennähe und bessere Synchronisation der internen Planungsprozesse.

Aufbauend auf den Schwerpunkten der Ziele arbeiteten Mitarbeitende beider Organisationen in drei Use-Case-Workshops systematisch Anwendungsfälle heraus und diskutierten diese. Anschließend wurden sie bezüglich ihres Wertbeitrages und ihrer Umsetzbarkeit bewertet und schließlich gemeinsam mit Abteilungsvertretern und Lenkungskreismitgliedern thematisch geclustert. Innerhalb der einzelnen Cluster wurden schließlich besonders vielversprechende Anwendungsfälle ausgewählt, die als potenzielle Leuchtturmanwendungen dienen könnten. Die ihnen zugrundeliegenden Hypothesen werden eingehend geprüft, bevor Proof of Concepts (PoCs) entwickelt werden.

Tragfähiger Rahmen

Um KI-Technologie im Unternehmen zu verankern und ihr Wertpotenzial umfassend zu nutzen, ermittelten die Projektbeteiligten einige Schlüsselfaktoren: Als Organisations- und Governance-Struktur wurde ein hybrider Hub-and-Spoke-Ansatz (mit einer zentralen KI-Einheit) als besonders erfolgversprechend befunden. Um das erforderliche Knowhow aufzubauen, wurden Rollenprofile, Mitarbeiterschulungen sowie neue Rekrutierungsstrategien erarbeitet. Gemeinsam wurden erste Initiativen vorbereitet, die den Kulturwandel im Unternehmen einleiten sollte, der mit dem breiten Einsatz von KI im Regelfall einhergeht. In Arbeitsgruppen wurden des Weiteren die Grundlagen für den Aufbau einer KI-Infrastruktur und Data Governance definiert.

Wissen gebündelt

Als Ergebnis des KI-Strategieentwicklungsprojekts hat MTU ein KI-Kompetenzzentrum (AI Center of Excellence, kurz AI CoE) gegründet. Das Team soll eine Verbindung zwischen KI-Anwendungsfällen und befähigenden Faktoren wie Mitarbeiter-Qualifikationen, Infrastruktur und Organisation herstellen. Zudem soll das Kompetenzzentrum im Sinn eines internen Beratungsunternehmens einen Überblick über die Möglichkeiten und Anwendungsfälle von KI vermitteln. Auch das KI-Projektportfolio soll von dieser Stelle aus verwaltet werden. Das KI-Kompetenzzentrum wird Umsetzungsrichtlinien für die KI-Projektdurchführung weiterentwickeln, Trainingskonzepte realisieren und im Unternehmen insgesamt das Bewusstsein für KI schaffen. Neben den internen Aufgaben wird sich das Zentrum um den Aufbau eines externen Netzwerkes kümmern, das die relevanten Beteiligten verknüpft.

Projektarbeit kann beginnen

Stand heute ist MTU in einer guten Situation, um KI-Anwendung unternehmensweis aufzusetzen und zu betreiben. Vor allem drei Faktoren schaffen ein Fundament für weitere Aktivitäten:

Das Projekt startete mit einer Technologie-Einführung für alle Beteiligten, die einen einheitlichen Wissensstand schaffen sollte. Aus allen relevanten Abteilungen und Hierarchiestufen, einschließlich des Senior Managements, wurden die Beteiligten eingebunden. Damit lässt sich KI-bezogenes Potenzial in allen Unternehmensbereichen aufspüren und ein gemeinsames Zielverständnis schaffen. Um typische Fehler bei dieser Art der Transformation zu vermeiden, holte das Luftfahrtunternehmen Erfahrungen von Firmen ähnlicher Industrien ein und maß die eigene Reife bezüglich KI-relevanter Faktoren. Damit verfügt das Luftfahrt-Unternehmen heute über tragfähige Strukturen, um die neue vielversprechende Technologie bedarfsgerecht zu integrieren und im Erfolgsfall auch zu skalieren.

UnternehmerTUM GmbH

Dieser Artikel erschien in IT&Production 10 (Dezember Januar) 2021 - 14.12.21.
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