Mobile Montagemodule mit integriertem Roboter
Neue Freiheiten
Wie sich hohe Flexibilität in der Serienfertigung erreichen lässt, zeigt Stäubli Electrical Connectors in seiner Produktion in Weil am Rhein. Hier steht eine neu entwickelte Montageanlage, bei der sich mobile Montagemodule samt Roboter innerhalb einer Minute an der Linie andocken lassen.
Seit dem dritten Quartal 2022 ist bei Stäubli eine neue Montagelinie im Einsatz. Hier werden Buchsen und Stecker mit der Multilam-Kontakttechnik in einer Vielzahl von Varianten montiert. Für die Produktion heißt das: robotergestützte Null-Fehler-Präzisionsmontage im Toleranzbereich von 20 bis 30µm bei stark schwankenden Losgrößen von 20.000 bis 2.000.000 Einheiten. Bei hoher Auslastung kann die Anlage erweitert und ein Artikel gleichzeitig auf zwei parallelen Fertigungslinien montiert werden.
Mobile Montage?
Fünf Roboter, vier sechsachsige TX2-40 und ein TS2-40-Scara, arbeiten in der Montageanlage. Die Frage war aber: Kann es gelingen, fahrbare Montagemodule, mit darauf montierten Robotern samt komplexer Peripherie, innerhalb einer Minute an die Linie anzudocken und sofort die Montage aufzunehmen, ohne den Roboter zu kalibrieren oder sonstige Einstellungen vorzunehmen?
Geht nicht, meinten viele. Geht doch, sagte Stäubli und liefert den Beweis. John Dallapiccola, Geschäftsführer Stäubli Electrical Connectors, dazu: "Das Konzept dieser Anlage basiert auf der Nutzung von Synergieeffekten innerhalb der Stäubli-Gruppe. Wir haben Roboter und Schnittstellenlösungen, die in diesem Fall den Schlüssel zur Realisierung der Anlage bilden."
Steckverbindertechnik und Präzisionskupplungen
Entscheidend für die Realisierung des Anlagenkonzeptes ist die Ankopplung der mobilen Module an die Linie mit einer Präzision auf den hundertstel Millimeter genau. Zudem spielt der Faktor Zeit eine maßgebliche Rolle. Die Vorgabe lautet: Modul manuell einfahren, automatisch zentrieren, verriegeln, fertig. Produktionsstart innerhalb von 30s.
In dieser Zeit muss die Energie- und Druckluftversorgung für alle Komponenten des Moduls stehen. Der Roboter, die Teilezuführung, Vereinzelung und Bildverarbeitung - die Leistungs-, Signal- und Pneumatikanschlüsse jeder Komponente wollen zuverlässig und gleichzeitig verbunden sein. Hier schlägt die Stunde des modularen Steckverbinders CombiTac, der sowohl an der Station als auch am mobilen Modul schwimmend gelagert angebracht ist und mit dem sich alle Energie- und Medienkreisläufe synchron automatisch mit dem Einfahrvorgang verbinden. Für den richtigen Sitz des mobilen Moduls an der Montagelinie sorgen mechanische Führungen sowie eine pneumatisch betätigte Schnellkupplung von Stäubli Fluid Connectors.
Vier- und Sechsachsroboter - montiert auf mobilen Modulen
Die komplette Montagelinie besteht in der jetzigen Ausbaustufe aus insgesamt zwölf Modulen, die über das lineare Transportsystem XTS von Beckhoff miteinander verbunden sind. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen noch vier weitere Module hinzukommen. Auf dem Transfersystem sind derzeit 20 magnetisch angetriebene Mover im Einsatz, die sich entlang einer Fahrstrecke aus vollintegrierten Motormodulen bewegen. Ein Industrie-PC mit der Automatisierungssoftware TwinCat ermöglicht die unabhängige Ansteuerung der Mover mit individuellen Bewegungsprofilen. Beachtlich ist auch die Präzision des Systems, die bei einem hundertstel Millimeter liegt.
Auf den Movern befinden sich teilespezifische Vorrichtungen, die von den ersten beiden Sechsachsrobotern an Modul 1 und 2 mit einer Multilam und je nach zu produzierender Variante mit einem Stecker oder einer Buchse bestückt werden. "Das Greifen und Positionieren dieser Kleinstbauteile mit Dimensionen im Millimeterbereich erfordert von den beiden TX2-40, montiert auf ihren fahrbaren Modulen, hohe Präzision und das bei hoher Dynamik. Die Sechsachser erledigen die anspruchsvolle Aufgabe mit Bravour", so Produktionsleiter Sebastian Wiech. Dabei sorgen Asyril-Vibrationsplattformen mit darüber angeordneten Bildverarbeitungssystemen für eine prozesssichere Teilebereitstellung sowie für die Übermittlung der Greifpositionen an die Roboter.
Danach erreichen die Bauteile die Verarbeitungsstation, an der die Multilam mit der Buchse bzw. dem Stecker verheiratet wird. Je nach Variante schließen sich weitere Arbeitsschritte an. Muss z.B. ein Fassungsring montiert werden, übernimmt diese Aufgabe ein TS2-40-Scara. Der Vierachser zeichnet sich nicht nur durch seinen geringen Platzbedarf, sondern vor allem durch Präzision und Dynamik aus.
Integrierte Qualitätssicherung
Jeder Stecker durchläuft eine hundertprozentige Qualitätskontrolle. Dazu Supply Chain Manager Jan Schwarzwälder: "Das Sicherstellen der Produktqualität ist eines der wichtigsten Ziele dieser Anlage. Dazu setzen wir auf integrierte Qualitätssicherung in mehreren Teilschritten. Die produzierte Qualität dokumentieren wir natürlich und können eine Rückverfolgbarkeit auf Einzelteilbasis gewährleisten." Dabei durchläuft jede Buchse eine Steckkraftprüfung. Hier gilt es, die vorgegebenen Toleranzen exakt einzuhalten. Nicht oder doppelt vorhandene Multilam-Komponenten würde das System sofort erkennen.
Abschließend erfolgt eine kamerabasierte Endkontrolle. "Um die Taktzeiten gering zu halten, setzen wir hier auf eine Station mit zwei Modulen, an denen die Gut/Schlechtteil-Prüfung stattfindet. Ein Kamerasystem misst dabei den Innendurchmesser und prüft die Anzahl der Stege der Multilam", so Wiech. Die komplette Teilehandhabung an dieser Station ist Aufgabe eines weiteren TX2-60. Der Sechsachser sorgt mit seiner hohen Dynamik für die Einhaltung der vorgegebenen Taktzeit.
Neue Märkte und Einsatzmöglichkeiten für Roboter sind derzeit ein Trendthema. Welche neuen Einsatzmöglichkeiten adressiert Stäubli für sein Roboterportfolio? @Interview_Grundschrift:Christophe Coulongeat: Neue Märkte für Industrieroboter sehen wir bei Stäubli z.B. in der Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien und Brennstoffzellen. Unsere Vier- und Sechsachsroboter eignen sich für den Einsatz in Hyperdry Environments und unter korrosiven Bedingungen. Wir können also für beide Märkte Roboter liefern. @Interview_Grundschrift: Wie passt der auf der diesjährigen Automatica neu vorgestellte Sechsachser TX2-200 in diese Zielsetzung? Welche Eigenschaften zeichnen ihn dafür aus? @Interview_Grundschrift:Der neue TX2-200 übertrifft seine Vorgängermodelle in zahlreichen Punkten, darunter Hygienedesign, Präzision, Safety und Dynamik. So qualifiziert er sich für viele Bereiche, wie Life Science, Food, Pharma, Photovoltaik und natürlich auch die E-Mobilität. Nach und nach werden wir die von der TX2-Baureihe bekannten Sonderausführungen ergänzen: HE-, H1-, UL-, ESD-, Cleanroom- und Stericlean-Varianten. @Interview_Grundschrift: Ebenfalls neu vorgestellt wurde die Scope-Plattform zum Monitoring von Roboterflotten. Welche neuen Möglichkeiten eröffnet die Sichtbarmachung von Roboterbetriebsdaten Ihrer Meinung nach zukünftig?
Wie sich hohe Flexibilität in der Serienfertigung erreichen lässt, zeigt Stäubli Electrical Connectors in seiner Produktion in Weil am Rhein. Hier steht eine neu entwickelte Montageanlage, bei der sich mobile Montagemodule samt Roboter innerhalb einer Minute an der Linie andocken lassen.
Seit dem dritten Quartal 2022 ist bei Stäubli eine neue Montagelinie im Einsatz. Hier werden Buchsen und Stecker mit der Multilam-Kontakttechnik in einer Vielzahl von Varianten montiert. Für die Produktion heißt das: robotergestützte Null-Fehler-Präzisionsmontage im Toleranzbereich von 20 bis 30µm bei stark schwankenden Losgrößen von 20.000 bis 2.000.000 Einheiten. Bei hoher Auslastung kann die Anlage erweitert und ein Artikel gleichzeitig auf zwei parallelen Fertigungslinien montiert werden.
Stäubli Tec-Systems GmbH
Dieser Artikel erschien in ROBOTIK UND PRODUKTION 4 (Sep) 2023 - 04.09.23.Für weitere Artikel besuchen Sie www.robotik-produktion.de