KI-gestützte Automatisierung schafft die Voraussetzungen
Vorbereitet für dramatisches Wachstum
Lithium-Ionen-Batterien sind dabei, ein Schlüsselfaktor für die globale Verkehrswende zu werden. Mit der wachsenden Nachfrage steigt auch der Druck auf die Hersteller. Wie können sie Produktionsabläufe effektiv skalieren und verbessern, um die Herausforderungen, denen sie sich gegenübersehen, in Chancen zu verwandeln?
Lithium-Ionen-Batterien benötigen nicht nur teure Rohstoffe, sondern durchlaufen auch einen sehr komplexen Produktionsprozess - mit bislang leider ziemlich hohem Ausschuss. Ein Ansatz, diesen zu reduzieren, liegt in der Implementierung digitaler Technologien zur Erfassung und Verarbeitung der riesigen Datenmengen, die in der Fertigung anfallen.
Steigende Nachfrage
Man kann nur schätzen, wie dramatisch der Sektor der Lithium-Ionen-Batterien in den kommenden zehn Jahren wachsen wird. Die steigende Nachfrage aus dem Sektor der Elektrofahrzeuge hat bereits dazu beigetragen, dass der Weltmarkt von rund 40Mrd.US$ im Jahr 2018 auf mehr als 60Mrd.US$ im Jahr 2022 gewachsen ist. Und das ist noch lange nicht das Ende, denn der Wachstumstrend wird sich voraussichtlich noch beschleunigen. Prognosen zufolge wird der Markt bis zum Ende des Jahrzehnts auf mehr als eine Viertel Billion Dollar entwickeln. Damit wird nicht nur der Wettbewerb stark zunehmen. Auch die für die Herstellung verwendeten Rohstoffe - etwa Lithium, Kobalt oder Nickel - werden noch knapper und teurer werden. Es wird erwartet, dass der Gesamtbedarf zwischen 2020 und 2040 um das 30-fache steigen wird.
Es ist also keine Frage, dass die Produktion der Batterien so effizient wie möglich gestaltet werden muss. Bisher sind die Ausschussraten sehr hoch. Etwa zehn Prozent der fertigen Produkte erfüllen die Mindestanforderungen nicht und enden als Schrott. In einigen Fällen liegt die Quote sogar bei 30 Prozent. Das ist mit der Grund, warum die die Batterie bis zu 60 Prozent der Gesamtkosten eines Elektrofahrzeugs ausmacht.. Man muss aber fairerweise sagen, das diese Quoten nicht auf unverantwortliches Verhalten der Hersteller zurückzuführen sind. Vielmehr liegt es daran, dass der anspruchsvolle Produktionsprozess herkömmliche Qualitätskontrollen extrem erschwert.
Komplexe Herstellung
Die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien beginnt mit der Herstellung von Bändern (oder Folien) aus Metall - Kupfer für die Anode und Aluminium für die Kathode. Deren Größe kann je nach Design und Spezifikationen der Batterien variieren: In der Regel sind sie mehrere hundert Meter lang - an größeren Produktionsstandorten sogar oft über einen Kilometer - und zwischen einigen Zentimetern und über einem Meter breit. Um sie in Batterien umzuwandeln, werden die Bänder mit einer dünnen Schicht aus aktiven Materialaufschlämmungen beschichtet. Für die Kathode werden in der Regel Materialien wie Lithiumkobaltoxid, Lithiumeisenphosphat oder andere Lithiummetalloxide verwendet, während die Anode mit Graphit oder Materialien auf Siliziumbasis beschichtet ist.
Unabhängig von den verwendeten Materialien hat die Dicke dieser Beschichtungen einen großen Einfluss auf die Energiekapazität und die Ionentransporteffizienz der fertigen Batterie. Dickere Beschichtungen können mehr aktives Material speichern, was die Gesamtenergiespeicherkapazität der Batterie erhöhen kann. Dieser Vorteil ist jedoch mit einem Nachteil verbunden. Zu dicke Beschichtungen können die Bewegung der Lithiumionen zwischen den Elektroden behindern, was die Lade- und Entladegeschwindigkeit der Batterie verringert. Dieses Gleichgewicht zwischen der Dicke für eine erhöhte Energiespeicherung und der Notwendigkeit eines effizienten Ionentransports ist von entscheidender Bedeutung. Es wirkt sich direkt auf die Leistung der Batterie aus. Ist die Beschichtung zu dick oder zu dünn, können große Abschnitte eines Bandes für die Verwendung in einem fertigen Produkt ungeeignet sein.
Obwohl die ideale Dicke je nach den genauen Anforderungen des Herstellers variiert, liegen Kathodenbeschichtungen in der Regel im Bereich von 100 bis 200µm, bei Anodenbeschichtungen sind es sogar nur rund 70 bis 120µm. Das entspricht in etwa der Dicke eines menschlichen Haares. Eine gleichbleibend dünne Folie ist also eine echte Herausforderung. Dutzende von Faktoren können die Dicke des Endprodukts beeinflussen, von der Temperatur der Folie bis zur Luftfeuchtigkeit in der Anlage. Solche sich ständig ändernden Faktoren permanent zu erfassen, ist für herkömmliche Fertigungseinrichtungen fast unmöglich. Genau hier kommt die richtige Implementierung digitaler Produktionstechnik ins Spiel.
Von Rohdaten zu Ergebnissen
Moderne Fertigungsstraßen sind mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet, die eine enorme Datenmenge erzeugen. Wenn diese Daten effektiv analysiert werden, können sie zu erheblichen Verbesserungen im Fertigungsprozess führen - etwa mit Konzepten für vorausschauende Wartung. So lässt sich dann vorhersagen, wann eine Maschine gewartet werden muss, weil der Antrieb etwas mehr Strom als üblich zieht oder die Amplitude der Schwingungen zunimmt. Hersteller können sich mit dem Problem befassen, bevor es zu Ausfällen oder Ausschuss führt. Das gilt auch bei der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien. Zudem lässt sich herausfinden, welche Faktoren mit der Zellqualität korrelieren und wie diese kontrolliert werden müssen, um qualitativ hochwertige Zellen zu produzieren. Mitsubishi Electric hat sein Knowhow bereits auf reale Produktionslinien für Lithium-Ionen-Batterien angewendet - mit beeindruckenden Ergebnissen. Um das Problem der ungleichmäßigen Schichtdicke zu lösen wurden Daten von 127 verschiedenen Parametern gesammelt und analysiert, um festzustellen, welche davon zusammenhängen.
Vier entscheidende Faktoren
Mit Hilfe der KI-basierten Lösung Melsoft MaiLab fand man heraus, dass vier Faktoren stark mit den Schwankungen der Schichtdicke korrelieren: Spannung, Beschichtungsdruck, Übertemperatur und Abstand von der Beschichtungsöffnung. Darauf aufbauend wurde eine Diagnoseregel zur Erkennung der Dicke entwickelt. Sie wurde dann mit der Automatisierungstechnik kombiniert, um die Parameter sorgfältig zu überwachen und bei Bedarf anzupassen. Bei der Einführung solcher Lösungen handelt sich nicht um eine Veränderung, die mit einem Schlag in einer gesamten Produktionslinie eingeführt werden muss. Vielmehr geht es um Veränderungen, die vorsichtig angegangen werden müssen. Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert mehr als nur den Kauf der entsprechenden Ausrüstung. Sie muss aus zwei Blickwinkeln gleichzeitig angegangen werden - dem technischen und dem betrieblichen.
Technische Seite
Auf der technischen Seite muss ein Hersteller Zugang zu den richtigen Werkzeugen haben. Das bedeutet, dass alle Maschinen und Sensoren über eine moderne Netzwerklösung mit einer leistungsfähigen Datendrehscheibe verbunden sind. Lösungen wie das Protokoll CC-Link IE TSN oder die Industriecomputer von Mitsubishi Electric ermöglichen eine hochgenaue Probenahme, wie sie für so komplexe und veränderliche Produkte wie Lithium-Ionen-Batterien unerlässlich ist. Darüber hinaus ist es wichtig, in Visualisierungs- und Korrelationswerkzeuge zu investieren, wie sie im Tool MaiLab oder der Software-Suite Iconics Genesis64 enthalten sind. Damit können Anwender die Menge an Daten durchforsten und Korrelationen aufdecken. Mit einem digitalen Zwilling wie Melsoft Gemini lasen sich zudem eine virtuelle Nachbildung des Prozesses erstellen und alle Änderungen testen. Es ist jedoch wichtig, einen digitalen Zwilling nicht zu kompliziert zu gestalten, insbesondere in den frühen Phasen der digitalen Reise.
Betriebliche Ebene
Unerlässlich für die Digitalisierung bei der Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien ist eine solide betriebliche Grundlage. Auch hier sollten Anwender schrittweise vorgehen und im ersten Schritt Pilotprojekte für bestimmte Bereiche ihres Betriebs starten. Sie helfen, sich mit den neuen Werkzeugen und Prozessen in einem überschaubaren Rahmen vertraut zu machen, etwaige Probleme in kleinen Rahmen zu lösen und greifbare Vorteile zu demonstrieren. Dieser methodische Ansatz ermöglicht die reibungslose Integration digitaler Produktionstechnik, verringert Risiken und steigert Effizienz sowie Qualität. Indem Anwender klein anfangen und auf der Grundlage von Erfolgen skalieren, stellen sie einen effektiven Übergang zur digitalen Fertigung sicher und können sich für die steigenden Anforderungen des Batteriemarktes positionieren.
Alles in allem steht die Lithium-Ionen-Batteriebranche vor unglaublichen Chancen, aber auch vor großen Herausforderungen. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen erfordert die Ausweitung der Produktion nicht nur eine strategische Planung, sondern auch die Nutzung von Technologien und Daten, um diese komplexen Zusammenhänge effizient zu bewältigen. Hier bietet die Digitalisierung einen klaren Weg nach vorn. Sie ermöglicht Echtzeit-Überwachung und -Analysen, verbessert die Entscheidungsfindung und die Produktqualität und reduziert gleichzeitig die Verschwendung. Der Übergang zu einer digitalisierten Fertigung erfordert Investitionen und ein Umdenken, verspricht aber greifbare Ergebnisse. So ist die Digitalisierung nicht nur eine Option für diejenigen, die bei der nachhaltigen Energiewende führend sein wollen, sondern eine Notwendigkeit.
Lithium-Ionen-Batterien sind dabei, ein Schlüsselfaktor für die globale Verkehrswende zu werden. Mit der wachsenden Nachfrage steigt auch der Druck auf die Hersteller. Wie können sie Produktionsabläufe effektiv skalieren und verbessern, um die Herausforderungen, denen sie sich gegenübersehen, in Chancen zu verwandeln?
Lithium-Ionen-Batterien benötigen nicht nur teure Rohstoffe, sondern durchlaufen auch einen sehr komplexen Produktionsprozess - mit bislang leider ziemlich hohem Ausschuss. Ein Ansatz, diesen zu reduzieren, liegt in der Implementierung digitaler Technologien zur Erfassung und Verarbeitung der riesigen Datenmengen, die in der Fertigung anfallen.
Steigende Nachfrage
Man kann nur schätzen, wie dramatisch der Sektor der Lithium-Ionen-Batterien in den kommenden zehn Jahren wachsen wird. Die steigende Nachfrage aus dem Sektor der Elektrofahrzeuge hat bereits dazu beigetragen, dass der Weltmarkt von rund 40Mrd.US$ im Jahr 2018 auf mehr als 60Mrd.US$ im Jahr 2022 gewachsen ist. Und das ist noch lange nicht das Ende, denn der Wachstumstrend wird sich voraussichtlich noch beschleunigen. Prognosen zufolge wird der Markt bis zum Ende des Jahrzehnts auf mehr als eine Viertel Billion Dollar entwickeln. Damit wird nicht nur der Wettbewerb stark zunehmen. Auch die für die Herstellung verwendeten Rohstoffe - etwa Lithium, Kobalt oder Nickel - werden noch knapper und teurer werden. Es wird erwartet, dass der Gesamtbedarf zwischen 2020 und 2040 um das 30-fache steigen wird.
Es ist also keine Frage, dass die Produktion der Batterien so effizient wie möglich gestaltet werden muss. Bisher sind die Ausschussraten sehr hoch. Etwa zehn Prozent der fertigen Produkte erfüllen die Mindestanforderungen nicht und enden als Schrott. In einigen Fällen liegt die Quote sogar bei 30 Prozent. Das ist mit der Grund, warum die die Batterie bis zu 60 Prozent der Gesamtkosten eines Elektrofahrzeugs ausmacht.. Man muss aber fairerweise sagen, das diese Quoten nicht auf unverantwortliches Verhalten der Hersteller zurückzuführen sind. Vielmehr liegt es daran, dass der anspruchsvolle Produktionsprozess herkömmliche Qualitätskontrollen extrem erschwert.
Mitsubishi Electric Europe B.V.
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 9 (September) 2024 - 04.09.24.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de