Interview mit Björn Drewes, Leiter der Business Unit Assembly Service im Geschäftsbereich Cabinet Products bei Weidmüller
Dienstleistung zur Entlastung bei der Arbeitsvorbereitung
Mehr als je zuvor kommt es im Schaltanlagenbau darauf an, Arbeitsprozesse zu vereinfachen - gerade im Hinblick auf den gestiegenen Kostendruck und den allseits beklagten Fachkräftemangel. Ein gutes Beispiel für eine solche Arbeitserleichterung ist der jüngst mit dem SSB Innovation Award 2024 ausgezeichnete Klippon RailSnapper der Firma Weidmüller, der eine besonders effiziente Montage von bestückten Klemmleisten ermöglicht. Das Angebotssortiment Assemblierungsservice beinhaltet neben den Klemmleisten weitere interessante Angebote für die Branche, wie etwa bestückte Gehäuse oder kundenspezifische Kabelkonfektionierung. Der SCHALTSCHRANKBAU hatte die exklusive Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Leiter dieser Business Unit, Björn Drewes.
Mit dem Klippon RailSnapper hat Weidmüller den SSB Innovation Award 2024 gewonnen. Wie kam es zur Entwicklung dieser Lösung?
Björn Drewes: Im Schaltschrankbau geht es immer mehr darum, das Thema der Arbeitsvorbereitung effizienter zu gestalten. Einen Schritt in diese Richtung machen wir mit dem Klippon Assembly Service, weil wir damit den Schaltschrank modularisieren und unsere Kunden sich wirklich auf den Kern ihrer Arbeit fokussieren können. Ein Klemmleistenaufbau und die anschließende Montage sind Arbeitsvorbereitungsschritte, die wir mit dem Klippon RailSnapper erleichtern. Danach kann der Schaltschrankbauer dann zügig in die Verdrahtung der Anlage gehen, denn das ist seine eigentliche Kerntätigkeit.
Inwieweit spielt hier auch der Fachkräftemangel eine Rolle?
Eine sehr große. Im Prinzip reden wir vom Fachkräftemangel ja schon seit 20 Jahren. In den letzten fünf Jahren hat er sich dann richtig bemerkbar gemacht. Gerade die kleinen und mittelgroßen Schaltschrankbauer haben extreme Schwierigkeiten, entsprechend qualifiziertes Personal zu finden. Deswegen stoßen unsere Dienstleistungen im Bereich Assemblierung auch auf immer mehr Resonanz. Mit Reihenklemmen bestückte Hutschienen oder auch bestückte dezentrale Gehäuse bieten wir als Service schon seit mehr als 50 Jahren an. Der vor sieben Jahren ins Leben gerufene Ansatz besteht darin, unseren Service zu einem integralen Bestandteil im Arbeitsablauf unserer Kunden zu machen.
Wie gehe ich als Schaltschrankbauer dabei am besten vor?
Ein Weg ist, unseren Konfigurator in das vom Schaltanlagenbauer verwendete E-CAD-System über eine entsprechende Schnittstelle einzubinden. Dies ist bei allen am Markt gängigen E-CAD-Systemen für den Schaltschrankbau möglich. Unser Konfigurator WMC bietet dann das Produktbeziehungswissen hinsichtlich der Detailplanung mit Weidmüller-Komponenten, also beispielsweise welcher Markierer oder Endwinkel auf einer Hutschiene platziert werden sollte. Diese Detailplanung wird üblicherweise nicht vom E-CAD-System übernommen. Nachdem der Konfigurator die geeigneten Weidmüller-Komponenten für die Hutschiene ausgewählt und der Kunde eine 3-D-Darstellung vor Augen hat, kann über die integrierte Bestellfunktion direkt bei uns geordert werden. Damit erleichtern wir einmal die Arbeitsvorbereitung, wir optimieren aber auch die indirekten Prozesse, also beispielsweise die kaufmännischen Abläufe: Bestellung, Verfolgung der Bestellung, Disponieren. Wenn auf einer Klemmleiste 30 verschiedene Komponenten verbaut werden, müssen die Schaltschrankbaubetriebe diese entsprechende Anzahl auch kaufmännisch managen. Über unseren Service arbeiten Kunden hingegen nur mit einer Bestellnummer. Der Konfigurator vermeidet zudem, Teile zu vergessen und sorgt durch automatische Kontrollen für die passende Qualität. Das heißt, sie kommen über den digitalen Weg zu unserem Service, erhalten eine bestellbare Artikelnummer und auch innerhalb von Minuten einen Preis. Die Bestellung kann dann über unseren E-Shop oder den normalen Kundenservice erfolgen. Zusätzlich wird der logistische Aufwand minimiert, indem Teile nicht mehr kommissioniert, ausgepackt und bevorratet werden müssen, bevor die Arbeitsvorbereitung beginnt.
Welche weitere Option bieten Sie Ihren Kunden zur Nutzung des Services?
Wenn es sich um sehr individuelle oder komplexere Schaltschrankaufbauten handelt, bei denen z.B. die E-CAD-Planung noch nicht so weit fortgeschritten ist, bieten wir ein internationales Engineering-Netzwerk zur Unterstützung. Gerade für größere, international agierende Kunden ist es immer wichtiger, dass sie sich an lokale Ansprechpartner wenden können. Die Engineering-Teams erarbeiten dann zusammen mit dem Kunden die für ein Projekt bestmögliche Lösung im Hinblick auf die Weidmüller-Komponenten, also beispielsweise welche Einspeisung, Stromversorgung oder Anschlusstechnologie sich am besten eignet.
Unterscheiden sich die Aufbauten von Schaltschränken im internationalen Vergleich?
Die Grundordnung der Komponenten im Schaltschrank für bestimmte Anwendungen ist weltweit schon sehr ähnlich. Da gibt es einfach bestimmte Anordnungen, die sich bewährt haben. Allerdings gibt es international unterschiedliche Vorschriften und Zertifizierungen. Gegebenenfalls müssen dann Produkte anders kombiniert werden, und dies führt dann ein Stück weit zu einem anderen Layout.
Nun ist ein Schaltschrank ja selten ein homogenes Teil, in dem Komponenten von nur einem Hersteller verbaut sind. Bestücken Sie Hutschienen ggf. auch mit Komponenten von Drittanbietern?
In unserem Konfigurator sind nur Weidmüller-Komponenten integriert. Und wenn zunächst für ein Projekt Komponenten von Drittanbietern vorgesehen sind, zu denen wir eine Alternative im Portfolio haben, versuchen wir den Kunden natürlich von deren Vorzügen zu überzeugen. Wenn aber gewisse Vorspezifizierungen gegeben sind, die beachtet werden müssen, unterstützen wir auch mit dem Einbau von Fremdkomponenten. Auf digitaler Ebene machen wir es dann oft so, dass wir beispielsweise für ein gefordertes Schütz einen Platzhalter ins Layout einbauen und entsprechend Platz auf der digitalen Hutschiene lassen.
Neben den bestückten Klemmleisten: Was bietet der Assemblierungsservice noch?
Modifizierte und bestückte Gehäuse gehören ebenso ins Portfolio. Auch wenn der Schwerpunkt meist auf größeren zentralen Schaltschränken liegt, benötigt ein Kunde manchmal noch zwei, drei Gehäuse z.B. für eine dezentrale Steuerung einer Pumpe, eines Förderbands oder ähnlichem. Auch hierfür bieten wir Unterstützung.
Dezentrale Lösungen nehmen ja tendenziell zu. Merken Sie dies auch in Ihrem Tagesgeschäft?
Ja. Der Maschinenbau ist dafür natürlich beispielhaft, aber auch in der Energie- und Prozessindustrie gehen die Bestrebungen dahin, möglichst viel ins Feld zu bringen, zumindest bei den Neuinstallationen. Natürlich wird die Dezentralisierung nicht überall um sich greifen, obwohl sich dies manche wünschen. Aber tendenziell nimmt sie zu.
Wie lange dauert es von der Bestellung beispielsweise einer bestückten Klemmleiste bis zu deren Lieferung?
Der Standard ist der Zehn-Tage-Service, auf Wunsch erhält der Kunde seine Ware aber auch schon innerhalb von fünf Tagen mit unserem Fast Delivery Service.
Im Grunde holen Sie mit dem Service auch solche Kunden ab, die noch keine Vollautomatisierung, z.B. mit dem Klippon Automated RailAssembler, in ihrem Unternehmen implementieren möchten.
Richtig. Im Prinzip bieten wir einen Dreiklang: Es gibt Kunden, die die Assemblierung selbst durchführen und denen wir nur innovative Komponenten zur Problemlösung liefern. Dann gibt es die Kunden, die ihre Effizienz erhöhen und auch die Arbeitsvorbereitung anders gestalten möchten, keinen Platz etwa für die Lagerhaltung haben, unter Fachkräftemangel leiden oder eine hohe Individualisierung bei den Schaltschränken haben, die sie ausliefern. Da greift dann unser Service. Und dann gibt es die tendenziell etwas größeren Schaltschrankbauer, die ihre Effizienz über die Automatisierung erreichen und die sich für unsere Maschinen wie den Klippon Autometed RailAssembler, den Klippon Automated RailLaseroder das Wire Processing Center entscheiden. Diese nehmen auch häufig an unseren Workshops teil, um ihren Automatisierungsprozess bestmöglich zu gestalten. Wir sind mehr als happy, wenn wir mit dem Assemblierungsservice eine Brücke bauen können, bis unsere Kunden so groß sind, dass sie sich für eine Automatisierung entschließen. Uns ist natürlich klar, dass hinter einer Automatisierung eine nennenswerte Investition steckt. Es ist uns daher wichtig, von A bis Z Lösungen anbieten zu können.
Die Beratung für die Verbesserung von Arbeitsabläufen findet dann vermutlich auch immer stärker mit Ihren Kooperationspartnern innerhalb der Initiative Smart Cabinet Building statt?
Ja, wir sind da ganz eng vernetzt, so dass wir auch partnerübergreifend schauen, wer welche Lösung anbietet, um Kunden ganzheitlich zu beraten. In der Regel schauen wir zunächst, ob wir für ein Projekt eine eigene Lösung im Portfolio haben. Und wenn wir für eine spezifische Herausforderung keine Lösung anbieten, kommen unsere Partner aus dem Smart Cabinet Building ganz schnell hinzu. Neben den üblichen Beratungsgesprächen bieten wir hier auch Lean Workshops, in denen erarbeitet wird, wie eine spezifische Fertigung möglichst effizient ausgestaltet werden kann.
Um den Bogen noch einmal zum Ausgang unseres Gesprächs zu schlagen: Gibt es, analog zur Hutschienenmontage, die durch den Klippon RailSnapper erleichtert wird, andere 'Pain Points' im Schaltschrankbau, für die es sich lohnte, ähnlich clevere Lösungen zu entwickeln?
Ein Thema ist die vereinfachte nachträgliche mechanische Bearbeitung des Schaltschranks oder auch die automatisierte Bestückung der Montageplatte. Hier gibt es sicherlich noch Verbesserungspotenzial.
Mehr als je zuvor kommt es im Schaltanlagenbau darauf an, Arbeitsprozesse zu vereinfachen - gerade im Hinblick auf den gestiegenen Kostendruck und den allseits beklagten Fachkräftemangel. Ein gutes Beispiel für eine solche Arbeitserleichterung ist der jüngst mit dem SSB Innovation Award 2024 ausgezeichnete Klippon RailSnapper der Firma Weidmüller, der eine besonders effiziente Montage von bestückten Klemmleisten ermöglicht. Das Angebotssortiment Assemblierungsservice beinhaltet neben den Klemmleisten weitere interessante Angebote für die Branche, wie etwa bestückte Gehäuse oder kundenspezifische Kabelkonfektionierung. Der SCHALTSCHRANKBAU hatte die exklusive Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Leiter dieser Business Unit, Björn Drewes.
Mit dem Klippon RailSnapper hat Weidmüller den SSB Innovation Award 2024 gewonnen. Wie kam es zur Entwicklung dieser Lösung?
Björn Drewes: Im Schaltschrankbau geht es immer mehr darum, das Thema der Arbeitsvorbereitung effizienter zu gestalten. Einen Schritt in diese Richtung machen wir mit dem Klippon Assembly Service, weil wir damit den Schaltschrank modularisieren und unsere Kunden sich wirklich auf den Kern ihrer Arbeit fokussieren können. Ein Klemmleistenaufbau und die anschließende Montage sind Arbeitsvorbereitungsschritte, die wir mit dem Klippon RailSnapper erleichtern. Danach kann der Schaltschrankbauer dann zügig in die Verdrahtung der Anlage gehen, denn das ist seine eigentliche Kerntätigkeit.
Inwieweit spielt hier auch der Fachkräftemangel eine Rolle?
Eine sehr große. Im Prinzip reden wir vom Fachkräftemangel ja schon seit 20 Jahren. In den letzten fünf Jahren hat er sich dann richtig bemerkbar gemacht. Gerade die kleinen und mittelgroßen Schaltschrankbauer haben extreme Schwierigkeiten, entsprechend qualifiziertes Personal zu finden. Deswegen stoßen unsere Dienstleistungen im Bereich Assemblierung auch auf immer mehr Resonanz. Mit Reihenklemmen bestückte Hutschienen oder auch bestückte dezentrale Gehäuse bieten wir als Service schon seit mehr als 50 Jahren an. Der vor sieben Jahren ins Leben gerufene Ansatz besteht darin, unseren Service zu einem integralen Bestandteil im Arbeitsablauf unserer Kunden zu machen.
Wie gehe ich als Schaltschrankbauer dabei am besten vor?
Ein Weg ist, unseren Konfigurator in das vom Schaltanlagenbauer verwendete E-CAD-System über eine entsprechende Schnittstelle einzubinden. Dies ist bei allen am Markt gängigen E-CAD-Systemen für den Schaltschrankbau möglich. Unser Konfigurator WMC bietet dann das Produktbeziehungswissen hinsichtlich der Detailplanung mit Weidmüller-Komponenten, also beispielsweise welcher Markierer oder Endwinkel auf einer Hutschiene platziert werden sollte. Diese Detailplanung wird üblicherweise nicht vom E-CAD-System übernommen. Nachdem der Konfigurator die geeigneten Weidmüller-Komponenten für die Hutschiene ausgewählt und der Kunde eine 3-D-Darstellung vor Augen hat, kann über die integrierte Bestellfunktion direkt bei uns geordert werden. Damit erleichtern wir einmal die Arbeitsvorbereitung, wir optimieren aber auch die indirekten Prozesse, also beispielsweise die kaufmännischen Abläufe: Bestellung, Verfolgung der Bestellung, Disponieren. Wenn auf einer Klemmleiste 30 verschiedene Komponenten verbaut werden, müssen die Schaltschrankbaubetriebe diese entsprechende Anzahl auch kaufmännisch managen. Über unseren Service arbeiten Kunden hingegen nur mit einer Bestellnummer. Der Konfigurator vermeidet zudem, Teile zu vergessen und sorgt durch automatische Kontrollen für die passende Qualität. Das heißt, sie kommen über den digitalen Weg zu unserem Service, erhalten eine bestellbare Artikelnummer und auch innerhalb von Minuten einen Preis. Die Bestellung kann dann über unseren E-Shop oder den normalen Kundenservice erfolgen. Zusätzlich wird der logistische Aufwand minimiert, indem Teile nicht mehr kommissioniert, ausgepackt und bevorratet werden müssen, bevor die Arbeitsvorbereitung beginnt.
Weidmüller GmbH & Co. KG
Dieser Artikel erschien in SCHALTSCHRANKBAU 6 (Oktober) 2024 - 04.10.24.Für weitere Artikel besuchen Sie www.schaltschrankbau-magazin.de