Automatisiertes Anfasen und Entgraten von Zahnrädern
Präzision im Sekundentakt
Mit ihrer Lösung für das radiale Anfasen und Entgraten von Zahnrädern hat die Firma Tec for Gears einen bislang überwiegend manuellen Fertigungsschritt automatisiert. Der Prozess wird damit so präzise, prozesssicher und schnell, dass er sich direkt in die Fertigung integrieren lässt - weil auch die Automatisierungstechnik stimmt.
Beim Anfasen fährt ein rotierendes Schneidwerkzeug radial in ein ebenfalls rotierendes Zahnrad und entfernt an der Kontur der Zahnräder fertigungsbedingte Grate. Das Ziel ist, eine präzise Fase an den Zahnstirnkanten zu erzeugen. "Das Werkzeug fährt die Stirnseite eines Zahnrads ab und trägt dabei Material ab", erklärt Niklas Müller, Gründer und Geschäftsführer von Tec for Gears (TFG). Daraus resultiert die kontinuierliche Bearbeitung der Bauteile. Das klingt zunächst nicht sehr kompliziert, der Prozess ist steuerungstechnisch jedoch anspruchsvoll. "Allein die Synchronisation der beiden unterschiedlich schnell rotierenden Achsen zueinander in einem definierten Drehverhältnis ist eine Herausforderung", so Dieter Völkle, Vertriebsmitarbeiter in der Beckhoff-Niederlassung Balingen. Denn die Spindel rotiert mit bis zu 17.000U/min, das Werkstück im Spannfutter mit bis zu 1.000U/min. Das Drehverhältnis der beiden Spindeln wird von den jeweiligen Randbedingungen der Werkstücke und Werkzeuge bestimmt.
CNC oder Kurvenscheibe?
Anfangs war nicht klar, ob dafür eine CNC notwendig ist oder Kurvenscheiben ausreichen und wie schnell bei der Zahnlückenerkennung abgetastet werden muss. Am Ende konnten die speziellen Anforderungen der Anfasmaschine mit den Twincat-3-Tools PLC/NC PTP, NC Camming und Motion Control XFC realisiert werden, die zusammen mit dem HMI Server auf einem Beckhoff-IPC vom Typ CX5140 mit Intel-Atom-Quadcore-Prozessor laufen.
Da die Zahnräder ungerichtet aufgespannt sind, müssen vor der Bearbeitung Schneidwerkzeug und Zahnlücke exakt zueinander ausgerichtet werden. Die Prozesszeiten sollten sich dadurch allerdings nicht wesentlich verlängern. Die Zahnlücken werden daher mit einer hohen Drehzahl detektiert. Abhängig von der Anzahl Zähne - pro Zahn liefert der verwendete Näherungsschalter zwei Impulse - ergibt sich eine schnelle Signalfolge. Für die Erfassung dieser Signale nutzt TFG die Ethercat-Klemmen EL1258 mit Multi-Timestamp-Funktion, um eine Abtastung von bis zu 100kHz zu erreichen und die Impulse des Sensors mittels mehrerer Zeitstempel an die Steuerung zu übermitteln. Somit lässt sich exakt die Position der Zähne bestimmen und gleichzeitig das eingelegte Produkt verifizieren.
In die Synchronisation und Positionierung des Werkzeugs fließen neben den Gebersignalen der Rotationsachsen zusätzlich die Werte eines lineares Messsystems zur Kompensation der Wärmeausdehnung mit ein. Entsprechend stabil muss die Synchronisation zwischen Werkzeugspindel und Werkstückachse sein - auch dann, wenn die Spanungskräfte beim Anfasen dazukommen und bei Spindeldrehzahlen von bis zu 17.000U/min. "Die kontinuierliche und schnelle Rotation von Bauteil und Schneide ermöglicht unserer Anfasmaschine RGC350 sehr kurze Zykluszeiten bei gleichbleibend hoher Bearbeitungsqualität", so Volker Eschle aus dem TFG-Vertrieb. Die Wiederholgenauigkeit wird mit den kompakten Servoverstärkern AX5000 und den Servomotoren AM8000 von Beckhoff erreicht.
OEMs fordern klare Kanten
Immer mehr OEMs und deren Lieferanten verlangen inzwischen präzise, definierte Fasen an den Zahnstirnseiten und schreiben "konturgetreues Anfasen" in ihre Konstruktionszeichnungen. Dann funktioniert das herkömmliche Entgraten in der Verzahnungsmaschine nicht mehr, bei dem zwar eine gratfreie, aber scharfe Kante entsteht. Daher benötigt die Branche die Technologie des radialen Anfasens. Bei einer automatischen Be- und Entladung sind mit der TFG-Maschine bis zu eine Million Teile pro Jahr möglich. In der Regel liegt die Bearbeitungszeit je Zahnrad bei acht bis zehn Sekunden für den kompletten Ablauf: Werkstück spannen, Zahnlücken detektieren, Achssynchronisation, Anfasen, Ausspannen. Auf der Maschine lassen sich nahezu alle Arten von Zahnrädern zwischen 10 und 300mm Durchmesser bearbeiten, mit Doppel- oder Mehrfachverzahnung und Störkonturen. Auch Bauteile mit Schrägverzahnung können auf der Maschine bearbeitet werden. Dann wird eine weitere Raumachse und Kopplung bei der Berechnung der Kurven berücksichtigt, um den Schrägungswinkel zu kompensieren.
Trotz dieser Variabilität benötigt ein Maschinenbediener laut Niklas Müller nicht länger als 10 Minuten für das Umrüsten der Maschine auf ein neues Zahnrad. "Über XML werden alle Daten für das automatische Anfasen in die Steuerung eingespielt", so Völkle. Der Bediener muss lediglich den zum Auftrag gehörenden Datensatz in der mit Twincat HMI realisierten Visualisierung aufrufen und das entsprechende Werkzeug einspannen. Die unkomplizierte Umrüstung macht die RGC350 nicht nur für große Stückzahlen interessant, sondern auch für Lohnfertiger mit wechselnden Aufträgen und kleinen Losen. Die meisten Kunden integrieren die Anfasmaschine mit einer automatischen Materialzuführung und -entnahme in ihre Fertigungsabläufe. Bei solchen Projekten und der Umsetzung kundenspezifischer Anpassungen zeigt sich die Flexibilität der verbauten Automatisierungstechnik. Eine Erweiterung, z.B. mit einem zusätzlichen Antriebsregler und einem Motor, konnte ohne Probleme schnell umgesetzt und in das Steuerungsprogramm eingebunden werden.
Effiziente Werkzeugverwaltung
Ein Entwicklungsprojekt betrifft die Werkzeugverwaltung. Denn zu jeder Zahnradvariante gehört das passende Werkzeug zum Anfasen, das TFG entsprechend der Bauteilmaße in Deutschland anfertigen lässt. Ein Kunde muss je nach Bauteilvarianz eine große Menge an Werkzeugen verwalten und deren Standzeiten bei der Auftragsplanung berücksichtigen, um einerseits die Werkzeuge möglichst auszunutzen und andererseits keine Fehlteile aufgrund eines zu stark abgenutzten Werkzeugs zu produzieren. Aktuell gibt es dafür Standmengenzähler, die für jedes einzelne Werkzeug im HMI angelegt werden können. Sofern jedes Werkzeug mit seiner Seriennummer in der Visualisierung angelegt wurde, kann der Maschineneinrichter passend zur Auftragsgröße dann ein Werkzeug mit ausreichender Standmenge auswählen. "Oft wird das Bauteil gewechselt, aber nicht das Werkzeug", weiß Volker Eschle. Die Folge ist ein Crash, der für unnötigen Ärger beim Kunden sorgt. Solche Verwechslungen und vermeidbare Fehler will TFG in Zukunft ausschließen und die Werkzeugverwaltung entsprechend verbessern.
Mit ihrer Lösung für das radiale Anfasen und Entgraten von Zahnrädern hat die Firma Tec for Gears einen bislang überwiegend manuellen Fertigungsschritt automatisiert. Der Prozess wird damit so präzise, prozesssicher und schnell, dass er sich direkt in die Fertigung integrieren lässt - weil auch die Automatisierungstechnik stimmt.
Beim Anfasen fährt ein rotierendes Schneidwerkzeug radial in ein ebenfalls rotierendes Zahnrad und entfernt an der Kontur der Zahnräder fertigungsbedingte Grate. Das Ziel ist, eine präzise Fase an den Zahnstirnkanten zu erzeugen. "Das Werkzeug fährt die Stirnseite eines Zahnrads ab und trägt dabei Material ab", erklärt Niklas Müller, Gründer und Geschäftsführer von Tec for Gears (TFG). Daraus resultiert die kontinuierliche Bearbeitung der Bauteile. Das klingt zunächst nicht sehr kompliziert, der Prozess ist steuerungstechnisch jedoch anspruchsvoll. "Allein die Synchronisation der beiden unterschiedlich schnell rotierenden Achsen zueinander in einem definierten Drehverhältnis ist eine Herausforderung", so Dieter Völkle, Vertriebsmitarbeiter in der Beckhoff-Niederlassung Balingen. Denn die Spindel rotiert mit bis zu 17.000U/min, das Werkstück im Spannfutter mit bis zu 1.000U/min. Das Drehverhältnis der beiden Spindeln wird von den jeweiligen Randbedingungen der Werkstücke und Werkzeuge bestimmt.
CNC oder Kurvenscheibe?
Anfangs war nicht klar, ob dafür eine CNC notwendig ist oder Kurvenscheiben ausreichen und wie schnell bei der Zahnlückenerkennung abgetastet werden muss. Am Ende konnten die speziellen Anforderungen der Anfasmaschine mit den Twincat-3-Tools PLC/NC PTP, NC Camming und Motion Control XFC realisiert werden, die zusammen mit dem HMI Server auf einem Beckhoff-IPC vom Typ CX5140 mit Intel-Atom-Quadcore-Prozessor laufen.
Da die Zahnräder ungerichtet aufgespannt sind, müssen vor der Bearbeitung Schneidwerkzeug und Zahnlücke exakt zueinander ausgerichtet werden. Die Prozesszeiten sollten sich dadurch allerdings nicht wesentlich verlängern. Die Zahnlücken werden daher mit einer hohen Drehzahl detektiert. Abhängig von der Anzahl Zähne - pro Zahn liefert der verwendete Näherungsschalter zwei Impulse - ergibt sich eine schnelle Signalfolge. Für die Erfassung dieser Signale nutzt TFG die Ethercat-Klemmen EL1258 mit Multi-Timestamp-Funktion, um eine Abtastung von bis zu 100kHz zu erreichen und die Impulse des Sensors mittels mehrerer Zeitstempel an die Steuerung zu übermitteln. Somit lässt sich exakt die Position der Zähne bestimmen und gleichzeitig das eingelegte Produkt verifizieren.
In die Synchronisation und Positionierung des Werkzeugs fließen neben den Gebersignalen der Rotationsachsen zusätzlich die Werte eines lineares Messsystems zur Kompensation der Wärmeausdehnung mit ein. Entsprechend stabil muss die Synchronisation zwischen Werkzeugspindel und Werkstückachse sein - auch dann, wenn die Spanungskräfte beim Anfasen dazukommen und bei Spindeldrehzahlen von bis zu 17.000U/min. "Die kontinuierliche und schnelle Rotation von Bauteil und Schneide ermöglicht unserer Anfasmaschine RGC350 sehr kurze Zykluszeiten bei gleichbleibend hoher Bearbeitungsqualität", so Volker Eschle aus dem TFG-Vertrieb. Die Wiederholgenauigkeit wird mit den kompakten Servoverstärkern AX5000 und den Servomotoren AM8000 von Beckhoff erreicht.
Beckhoff Automation GmbH & Co. KG
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 12 (SPS-Messe) 2024 - 04.11.24.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de