Interview mit Dirk Seiler, Geschäftsführer und Mitinhaber bei Sedotec
"Wer Kunden nicht konsequent in den Mittelpunkt stellt, wird scheitern!"
Als etablierter Hersteller von Kit-Systemen für Niederspannungs-Schaltanlagen hat Sedotec aus Ladenburg 2024 seinen Rekordumsatz aus dem Vorjahr gehalten. Hinzu kamen große Investitionen, zahlreiche Neukunden und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Was macht der Mittelständler anders, dass er sich vom schwachen wirtschaftlichen Umfeld mit geringer Dynamik und der allgemeinen Krisenstimmung abkoppelt? Wir sprachen mit Dirk Seiler über sein Unternehmen und sein Ziel, die Nummer Eins zu werden.


Herr Seiler, während die meisten Unternehmen in Deutschland über Umsatzrückgänge, Krisenstimmung und Fachkräftemangel klagen, bestätigen Sie ihren Rekordumsatz aus dem Vorjahr, investieren, gewinnen neue Kunden und stellen Mitarbeiter ein. Sind Sie in einer anderen Welt unterwegs?
Ja, der Gedanke könnte sich aufdrängen. Aber Spaß beiseite: Unser Markt ist Deutschland, Österreich, die Schweiz und Luxemburg. Und ja, es ist richtig: Wir haben das Jahr 2024 nahezu auf dem Rekordniveau von 2023 abgeschlossen. Dazu haben wir etwa 4,5 Millionen Euro in eine moderne, hochautomatisierte Anlage für die Blechfertigung sowie in Software investiert, haben 30 neue Kunden gewonnen und 20 neue Mitarbeiter eingestellt. Dass wir so signifikant anders unterwegs sind, ist gewollt. Deshalb heißt unser internes Motto auch 'be different', 'Sei anders'. Und das können wir mit Leben füllen, weil wir frei, offen und innovativ denken. Nach innen betrachtet heißt das bei uns: Zuerst kommt der Mensch und dann die Aufgabe. Richard Branson hat einmal gesagt: "Kümmern Sie sich um Ihre Mitarbeiter, diese kümmern sich um Ihre Kunden." Weil wir das tun, gewinnen wir die besten Köpfe und sind 2025 zum sechsten Mal in Folge als 'Top Arbeitgeber Mittelstand' ausgezeichnet worden. Als Unternehmen haben wir uns gesamthaft konsequent der Kundenzentrierung verschrieben. Das denken und leben bei uns alle Mitarbeitenden, nicht nur das Marketing und der Vertrieb. Auch Fertigung und Produktentwicklung denken an Kunden und Anwender, anstatt über das technisch Machbare dem Over-Engineering zu huldigen. Alle wissen, dass wir nur erfolgreich sein können, wenn wir die Sichtweise des Kunden annehmen, ihm ein Problem lösen oder die tägliche Arbeit leichter machen. Dieser Kern unseres Denkens führt dann auch zu erfolgreichen Produkten, die am Markt genau aus diesen Gründen gefeiert werden. Ich bin der festen Überzeugung: Wer Kunden nicht in den Mittelpunkt seines unternehmerischen Denkens, Handelns und Entwickelns stellt, wird scheitern!
Das haben sich doch viele Unternehmen auf die Fahnen geschrieben.
Das mag schon sein, aber leben die diesen Gedanken auch wirklich? Sehen Sie, alle unsere wichtigen Wettbewerber sind viel, viel größer als wir, bis hin zu großen Konzernen. Aber was ist deren wirkliche Antriebsfeder? Da stehen immer noch Rendite, Aktienkurs und Dividende im Vordergrund. Mit der Globalisierung wird die 'Rosinenpickerei' eingeführt und Fertigungen in Billiglohnländer verlagert. Die Werker sind dann zwar billiger, aber so weit von Kunden entfernt, dass sie überhaupt nicht mehr wissen, wofür sie welchen Arbeitsschritt machen. Als Nächstes leidet die Qualität, weil zum Beispiel Millimeter in der Blechdicke eingespart werden, was erneut Kosten senkt. Aber niemand fragt sich später, warum der Schaltschrank nicht stabil ist. Denn keiner, der das Produkt baut oder fertigt, ist je beim Kunden oder Betreiber der Schaltanlagen gewesen und hat sich dessen Wünsche angehört. Ich vermute, dass die Werker nicht mal ihre eigenen Schaltschränke aufgebaut haben. Geschweige denn die Verantwortlichen in den Führungsebenen. Wie will man da verstehen, wo den Kunden der Schuh drückt? Sie sind beschäftigt mit ihren internen Prozessen und vernachlässigen dabei die Kundensicht. Da wird eher der Technik gehuldigt, als dem Gedanken, wie sich ein Schaltschrank einfacher auf- und ausbauen lässt. Hinzu kommt das Machtdenken gegenüber den Zulieferern, die wie Zitronen ausgepresst werden. Wir haben das 19 Jahre lang erlebt, als wir für den Konzern Lohnaufträge ausgeführt haben, dessen Blechfertigung wir einst übernommen haben. Da werden beispielsweise Zahlungsziele einseitig verlängert von 30 über 90 bis zu 120 Tagen und keiner wehrt sich. Wir sagen inzwischen in solchen Fällen: "Wenn Sie Geld brauchen, dann gehen Sie bitte zu einer Bank. Wir sind keine Bank. Wir verbiegen zwar Blech, aber nicht uns." Der Erfolg mit unserem eigenen Produkt Vamocon, das wir 2008 eingeführt haben, gibt uns das nötige Selbstvertrauen. So konnten wir sogar die Lohnfertigung Ende 2023 aufgeben. Aus unserem Selbstverständnis heraus sehen wir uns als Vordenker, der mit redlicher Arbeit und großer Transparenz in Deutschland fertigt und keinen Renditefetisch mit Machtgehabe, Rosinenpickerei und Billigstandorten betreibt. Daraus entstehen anwenderfreundliche, langlebige und preisfaire Produkte in höchster Qualität -und ebensolche Kundenbeziehungen. Nach dem wirtschaftlichen Erfolg 2024, den großen Investitionen und den neuen Mitarbeitern werden wir 2025 richtig durchstarten auf dem Weg zu unserem großen Ziel.
Wie lautet dieses Ziel?:
Wir wollen 2030 im Bereich der Niederspannungs-Schaltanlagen in unserem Markt die Nummer Eins sein.

Wie wollen Sie das machen? Schließlich haben Sie vorhin erwähnt, dass Ihre Wettbewerber alle viel größer sind.
Naja, eben genau deshalb. Wir sind klein, flexibel und schnell. Unser Marktanteil ist noch gewaltig ausbaubar. Hinter unserem bisherigen Erfolg steckt ein langfristiger Plan mit kontinuierlichen Verbesserungen. So haben wir in den letzten Jahren sehr hart an unserem Business Excellence Status gearbeitet und können heute mit Stolz sagen, dass wir in allen acht Säulen, die dieses Qualitätsmanagement-Programm kennzeichnen, den Top-Status erreicht haben. Wir leben eine ausgeprägte Kundenzentrierung, verhalten uns achtsam gegenüber Partnern, Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden sowie gegenüber Umwelt und Gesellschaft und achten auf Ausgewogenheit bei den Ergebnissen, die nicht nur renditeorientiert sind. Zugleich wächst der Markt, der für uns relevant ist, immens. Experten prognostizieren 500 Millionen Euro, und dass sich der Anteil der Elektrizität am Endenergiebedarf bis 2050 von heute 20 Prozent auf 70 Prozent steigern wird. Verantwortlich dafür sind die großen Megatrends unserer Zeit, Dekarbonisierung, Urbanisierung sowie die allgemeine Elektrifizierung mit der E-Mobilität im Speziellen. Aufgrund wachsender Digitalisierung mit immer mehr Cloud-Lösungen entsteht ein riesiger Bedarf an Rechenzentren. Und die KI mit ihrem Rechenbedarf kommt noch on top. Gerade beim Blick auf die KI-Rechenzentren mit immensem Strombedarf wird in Zukunft Nachhaltigkeit und eine effiziente Energieversorgung gemeinsam mit einem intelligenten Energiemanagement die zentrale und entscheidende Rolle spielen. Dabei geht es nicht nur darum, Leistung zu steigern und Kosten zu senken, sondern auch um Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft. Da sind wir mit unseren Produkten weit voraus.

Wie tragen Sie mit Sedotec und Vamocon dazu bei?
Mit unseren modernen Produkten Vamocon 1250 und Vamocon 5000 haben wir Schaltanlagen, die modular, digital, energieeffizient und nachhaltig sind. Mit Vamocon 1250 fahren Betreiber - bildlich gesprochen - ein modernes Elektroauto und können über die Lebenszeit bis zu 13 Tonnen CO2 einsparen sowie einen mittleren fünfstelligen Eurobetrag. Produkte anderer Anbieter bieten lediglich Verbrenner-Standard. Aber vor allem sind unsere Anlagen benutzerfreundlich. Auch darin sehen wir uns absolut führend. Der Kunde bekommt genau das, was er braucht, so, wie er es braucht, und genau dorthin, wo er es braucht. Wir haben teilausgebaute Schaltfelder mit Kupfer unabhängig von der Wahl der Schaltgeräte in Serie gebracht. Die noch mit dem Schaltgerät zu verbauenden Artikel liegen dann feldbezogen griffbereit zur Endmontage bereit. Und wir werden unsere Produktreihe kontinuierlich ausweiten.
Und das reicht aus, um alle anderen Anbieter zu überholen?
So viele sind das gar nicht, die vor uns liegen. Es gibt einen weiteren unschlagbaren Vorteil bei unseren Produkten: Weil unsere Felder teilausgebaut geliefert werden, lassen sie sich viel schneller ausbauen als andere. Wo andere acht Stunden pro Feld kalkulieren, genügen bei Vamocon zwei Stunden - und das sind Aussagen unserer Kunden, der Schaltanlagenbauer. Die sagen auch, dass junge Fachkräfte lieber programmieren als montieren wollen. Das unterstützen unsere Schaltanlagen vorbildlich. Dazu passt auch unser Online-Konfigurator Vamocad, den Anwender und Wettbewerber als den besten Konfigurator am Markt beurteilen, weil er einfach, schnell und anwenderorientiert ist. So liefern wir schon lange Produkte für die 'Generation Next', wie ich die Jungen gerne respektvoll nenne. Zum Teilausbau der Felder gehört auch das Kupfer für die Stromführung. Wir haben eines der europaweit modernsten Bearbeitungszentren für Kupfer und können schnell und passgenau fertigen. Viele Schaltanlagenbauer fertigen ihr Kupfer noch immer selbst, weil eine Maschine und ein Mitarbeiter 'eh da' sind. Diese 'eh da'-Kosten sind jedoch nicht wirtschaftlich. Und die Fachkraft zu ersetzen, wenn sie in Rente geht, wird nahezu unmöglich werden. Man kann sich nun ausrechnen, welche Produktivitätssteigerung ein Unternehmen mit unserem Gesamtpaket aus Blech und Kupfer generieren kann. Dabei ist jedoch ein mögliches Umsatzwachstums gar nicht mal das Entscheidende.
Wie meinen Sie das?:
Es geht darum, wie Unternehmen ihr Geschäft überhaupt aufrechterhalten können. Denn sie finden schlichtweg nicht mehr genügend Fachkräfte, mit denen sie den Umsatz halten können - von Wachstum will ich hier noch gar nicht sprechen. Allein dadurch, dass die Baby-Boomer nach und nach in Rente gehen, fehlen Leute. In unserer Strategie haben wir - wie gesagt - eine radikale Kundenzentrierung verankert, der sich alles unterordnet. Deshalb sind unsere Schaltanlagen so kundenfreundlich konzipiert, dass ein Unternehmen schon heute mit halb so vielen Fachkräften immer noch in der Lage sein wird, seinen Umsatz zu steigern und sein Geschäft auszubauen. Dazu gehört auch, dass wir kein Herrschaftswissen aufbauen, uns nicht abschotten, sondern uns mit vertikal durchgängiger Transparenz vernetzen. Nur so entstehen anwendungsfreundliche Produkte.
Business Excellence: Kundenzentrierung, Achtsamkeit, Ausgewogenheit
Von der European Foundation for Quality Management (EFQM) wurden acht Säulen entwickelt, die ein von Business Excellence getragenes Unternehmen kennzeichnen:
Ausgeprägte Kundenzentrierung - Unternehmen finden ihren Daseinszweck im Dienst am Kunden. Daher steht der Kunde mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt allen Schaffens. Kundenbindung ist ein unverzichtbares Element.
Bildung von Partnerschaften - vertrauensvolle und langjährige Partnerschaften mit Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und anderen Beteiligten
Mitarbeitereinbindung über Förderung, Beteiligung und Entwicklung - Exzellent geführte Unternehmen schaffen eine Atmosphäre der Achtsamkeit und Beteiligung von Mitarbeitern.
Kontinuierliche Innovation, Optimierung und Anpassung - Der Leitgedanke einer exzellenten Geschäftsführung geht davon aus, dass Verbesserungen immer möglich und nötig sind. Fortlaufend werden alle Beteiligten kreativ, um Optimierungen zu erdenken und durchzuführen.
Nachhaltigkeit und Zukunftsverantwortung - Unternehmen mit einer Leitidee für ein umfassendes Qualitätsmanagement in Unternehmen halten sich nicht nur aufgrund der Gesetze an bestimmte Vorgaben. Sie haben auch ethische und moralische Grundsätze, die sie neben den Gesetzen unbedingt einhalten. Sie begreifen sich als Teil einer Gesellschaft.
Führung über Visionen und Inspiration - Visionen sind eine optimale Möglichkeit, um die Motivation aller Beteiligten zu steigern. Sie prägen die gesamte Unternehmenskultur.
Lenkung und Steuerung über standardisierte Prozesse - Zahlen, Daten sowie Fakten sind die wesentlichen Grundlagen für Entscheidungsprozesse in Unternehmen. Auch diese Prozesse werden einer kontinuierlichen Prüfung unterzogen und gegebenenfalls an veränderte Umstände angepasst.
Ausgewogenheit bei den Ergebnissen - Der Unternehmenserfolg setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen, die den Bedürfnissen aller Beteiligten entsprechen. Alle diese Faktoren sollten sich im Erfolg niederschlagen. So kann es nicht nur um Rendite gehen, sondern auch darum, dass zufriedene Mitarbeiter ihre jeweiligen Bedürfnisse befriedigt sehen.
Als etablierter Hersteller von Kit-Systemen für Niederspannungs-Schaltanlagen hat Sedotec aus Ladenburg 2024 seinen Rekordumsatz aus dem Vorjahr gehalten. Hinzu kamen große Investitionen, zahlreiche Neukunden und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Was macht der Mittelständler anders, dass er sich vom schwachen wirtschaftlichen Umfeld mit geringer Dynamik und der allgemeinen Krisenstimmung abkoppelt? Wir sprachen mit Dirk Seiler über sein Unternehmen und sein Ziel, die Nummer Eins zu werden.


Herr Seiler, während die meisten Unternehmen in Deutschland über Umsatzrückgänge, Krisenstimmung und Fachkräftemangel klagen, bestätigen Sie ihren Rekordumsatz aus dem Vorjahr, investieren, gewinnen neue Kunden und stellen Mitarbeiter ein. Sind Sie in einer anderen Welt unterwegs?
Ja, der Gedanke könnte sich aufdrängen. Aber Spaß beiseite: Unser Markt ist Deutschland, Österreich, die Schweiz und Luxemburg. Und ja, es ist richtig: Wir haben das Jahr 2024 nahezu auf dem Rekordniveau von 2023 abgeschlossen. Dazu haben wir etwa 4,5 Millionen Euro in eine moderne, hochautomatisierte Anlage für die Blechfertigung sowie in Software investiert, haben 30 neue Kunden gewonnen und 20 neue Mitarbeiter eingestellt. Dass wir so signifikant anders unterwegs sind, ist gewollt. Deshalb heißt unser internes Motto auch 'be different', 'Sei anders'. Und das können wir mit Leben füllen, weil wir frei, offen und innovativ denken. Nach innen betrachtet heißt das bei uns: Zuerst kommt der Mensch und dann die Aufgabe. Richard Branson hat einmal gesagt: "Kümmern Sie sich um Ihre Mitarbeiter, diese kümmern sich um Ihre Kunden." Weil wir das tun, gewinnen wir die besten Köpfe und sind 2025 zum sechsten Mal in Folge als 'Top Arbeitgeber Mittelstand' ausgezeichnet worden. Als Unternehmen haben wir uns gesamthaft konsequent der Kundenzentrierung verschrieben. Das denken und leben bei uns alle Mitarbeitenden, nicht nur das Marketing und der Vertrieb. Auch Fertigung und Produktentwicklung denken an Kunden und Anwender, anstatt über das technisch Machbare dem Over-Engineering zu huldigen. Alle wissen, dass wir nur erfolgreich sein können, wenn wir die Sichtweise des Kunden annehmen, ihm ein Problem lösen oder die tägliche Arbeit leichter machen. Dieser Kern unseres Denkens führt dann auch zu erfolgreichen Produkten, die am Markt genau aus diesen Gründen gefeiert werden. Ich bin der festen Überzeugung: Wer Kunden nicht in den Mittelpunkt seines unternehmerischen Denkens, Handelns und Entwickelns stellt, wird scheitern!
Sedotec GmbH &Co. KG
Dieser Artikel erschien in SCHALTSCHRANKBAU 2 (April) 2025 - 10.04.25.Für weitere Artikel besuchen Sie www.schaltschrankbau-magazin.de