Prozessdaten, Visualisierung und Sicherheit in vollautomatischen Fertigungszellen
Komplettlösung für die Fahrzeugmontage
In vollautomatisierten Fertigungszellen der Automobilindustrie ist leistungsfähige Hard- und Software gefragt, die rauen Umgebungen und globalen Standards standhält. Bei automatisierten Montage-, Verschraubungs-, Schweiß- und Klebeprozessen ist zudem eine lückenlose Dokumentation unerlässlich. In einem Projekt mit einem Systemlieferanten eines Automobilherstellers brachte Kontron seine Expertise für Visualisierung und Prozessdatenverarbeitung ein.

In der Automotive-Branche wird die Automatisierung stetig vorangetrieben, doch die Voraussetzung für funktionierende Lösungen ist die passende, verlässliche Hardware. Im konkreten Fall hatte der Autohersteller für seine Montagezellen und -abschnitte selbst eine Schnittstelle entwickelt, über die wichtige Betriebsdaten aus den einzelnen Montageschritten erfasst werden und anschließend in eine zentrale Betriebsdatenerfassung einfließen. Die Herausforderung bestand darin, die im Prozess enthaltenen Arbeitsschritte einschließlich der zugehörigen Prozessdaten wie z.B. Kraft-Weg-Diagramme zu erfassen, aufzubereiten und gebündelt weiterzugeben.
Komplettlösung gewünscht
Dafür wünschte man sich einen Panel-PC als HMI (Human Machine Interface) zur Datenaufbereitung und Visualisierung, einschließlich Switch, Buskoppler und integriertem RFID-Lesegerät in einem Schaltschrank. Dadurch sollte die transparente Darstellung der KPIs für jeden Montageabschnitt, auch an Ort und Stelle, ermöglicht werden. Für eventuelle Umstellungen im Prozess galt es darüber hinaus, auch die Arbeitsanweisungen zur Verfügung zu stellen. Der Zugriff auf die Systemfunktionen wurde äußerst einfach und komfortabel über ein RFID Lesegerät gesteuert. Besonders wichtig war dem Autohersteller eine Komplettlösung aus einer Hand. Da der OEM bereits zuvor gute Erfahrungen mit Kontron gemacht hatte, kam der Automobilhersteller im Rahmen einer Ausschreibung zunächst auf Kontron zu. Besonders positiv wurde vor allem die Fähigkeit bewertet, trotz Lieferengpässen am Markt schnell die benötigte Hardware zu liefern.
Zusammenarbeit - Hand in Hand
Aufgrund des komplexen Settings war klar: Partnerschaftlich ließ sich die Herausforderung schneller und effektiver lösen als in Einzelleistung. Da in der Autoindustrie typischerweise nur mit bereits gelisteten Systemlieferanten eng zusammengearbeitet wird, machte sich Kontron auf die Suche nach dem passenden Kooperationspartner. Der Systemlieferant aus dem Schaltanlagenbau hatte zuvor bereits in einem ähnlichen Setting mit dem Autohersteller zusammengearbeitet. Er brachte sein Knowhow zu Test und Integration zahlreicher Komponenten von verschiedenen Lieferanten zu einem funktionierenden Komplettsystem ein. Der Systempartner übernahm dementsprechend die Integration der Technologie vor Ort, etwa um die Anforderungen bei der Feldbus-Anbindung zu erfüllen und weitere Komponenten von Drittanbietern zu integrieren. Je nach Automotive-OEM erfordern die örtlichen Gegebenheiten eine entsprechende Systemintegration, so war etwa für die Befestigung in den Anlagen ein spezielles Gehäuse notwendig. Die Gesamtlösung wurde deshalb in engem Schulterschluss entwickelt.

Sicherheit auf dem aktuellen Stand
Als Betriebssystem (OS) kommt Windows 10 IoT zum Einsatz, das von Kontron integriert wird, während die Anwendungssoftware vom OEM selbst installiert und gepflegt wird. Weil in unterschiedlichen Werken Anpassungen an die jeweilige Infrastruktur notwendig sind, werden diese jeweils selbst vom Anwender vor Ort durchgeführt. Die Grundlage bildet das von Kontron zur Verfügung gestellte Betriebssystem-Image, das initial für den OEM angepasst wurde. "Wir haben zahlreiche sicherheitstechnische Härtungsmaßnahmen durchgeführt: "Es wurden beispielsweise Schnittstellen deaktiviert und diverse Einstellungen können nicht verändert werden bzw. sind vor Manipulation durch ein Passwort geschützt. Dafür sind auch tiefe Eingriffe ins System, wie etwa Änderungen am Bios, notwendig", berichtet Günter Deisenhofer, Produktmanager bei Kontron.
Angesichts der allgemeinen Cybersecurity-Bedrohungslage muss das System im Feld stets auf dem aktuellen Stand bleiben. Die Panel-PCs sind komplett wartungsfrei, sie erfordern allerdings regelmäßige Updates von Software, Treibern, Bios und Betriebssystem. Das funktioniert aufgrund des Settings allerdings nicht durch die in der IT üblichen automatischen Updates: Zu hoch wäre das Risiko, durch ein Update und mögliche damit verbundene Randeffekte funktionale Einschränkungen oder Instabilitäten in der Produktion zu erzeugen. Besonders wichtig war dem Autohersteller daher, dass die Bereitstellung von Updates und die Wartung der Treiber-Packages und des Betriebssystems in festgelegten Abständen oder gezielt nach Abstimmung erfolgt. Dafür werden die geforderten Freigabeprozesse eingehalten.
Weltweit fit und flexibel
Da die Lösung an Produktionsstandorten weltweit in unterschiedlichen Klimazonen zum Einsatz kommt, sollte der Panel-PC industrietauglich sein und einen langen Lebenszyklus für unterschiedliche Umgebungsbedingungen mitbringen. Die Hardware wurde so ausgewählt, dass der gesamte Aufbau dem industriellen Alltag langfristig gerecht wird. Dazu gehört die Resilienz gegenüber hohen und niedrigen Temperaturen, Luftfeuchtigkeit, Verschmutzung sowie Stößen und Vibrationen. Darüber hinaus musste das Display in allen Lichtsituationen gut lesbar sein - egal ob die Werkshallen künstlich beleuchtet sind oder ob Licht von außen, bzw. von Strahlern, einfällt. Da dem Betrieb in der Anlage umfangreiche Freigabeprozesse für Soft- und Hardware vorgelagert sind, war für den OEM ein stabiles Setup mit zuverlässigem Revisionmanagement und langer Verfügbarkeit äußerst wichtig. Das Gemeinschaftsprojekt wurde innerhalb kurzer Zeit mit wenig Reibungsverlusten umgesetzt. Durch die hohe Entwicklungstiefe von Kontron stand auch das gesamte Technologie-Knowhow konzentriert zur Verfügung. So konnte die Integration in Zusammenarbeit mit dem Endanwender effizient umgesetzt werden: Nur knapp drei Monate dauerte es, bis die Lösung, die zunächst an Freigabemustern erprobt wurde, mit Seriengeräten in den Praxiseinsatz ging.
Kein Problem mit Engpässen
Die Realisierungsphase fiel in einen Zeitraum, in dem Komponentenknappheit herrschte. Normalerweise wäre der Systempartner am Markt mit langen Lieferzeiten etwa für Netzteile, RFID-Lesegeräte und andere Hardware konfrontiert gewesen. Besonders stark betraf die Verknappung CPUs, CPU-Boards und Ethernet-Controller. Hier hatte Kontron als Hersteller andere Möglichkeiten, flexibel die nötigen Ressourcen bereitzustellen. Das Unternehmen hatte in der Bauteilkrise kritische Teile für Projekte in der Entwicklungsphase reserviert, sodass ein schneller Aufbau des Freigabemusters möglich war. Durch eine eng verzahnte Abstimmung aller Beteiligten war dann auch eine frühzeitige Materialbeschaffung für eine schnelle Serienbelieferung möglich. "Wir haben eine hohe Fertigungstiefe, gerade bei den Panel-PCs entwickeln wir alle wichtigen Komponenten im Haus, programmieren und kalibrieren", berichtet Deisenhofer. Typischerweise werden die Komponenten von Drittherstellern beschafft. Damit gibt es z.B. bei Veränderungsbedarf weniger Einflussmöglichkeiten. Hier erwies sich die hohe Wertschöpfungstiefe als wichtiges Kriterium. So waren etwa Änderungen am Bios und am Betriebssystem aufgrund der spezifischen Kundenanforderungen deutlich leichter möglich, da Kontron Single-Board-Computer aus eigener Entwicklung einsetzt. Auf dieser Basis wurde beispielsweise bereits ein Wechsel der CPU-Plattform umgesetzt, um die Rechenleistung für zusätzliche Anwendungssoftware zu erhöhen.
Flexibel in der Wartung
Mit Blick auf die einfache Wartbarkeit definierte Kontron Ersatzteil-Kits, um Defekte im Feld einfach beheben zu können. Sie lassen sich von Servicetechnikern effektiv anwenden. Dabei konnte wiederum eine hohe Flexibilität angesichts praktischer Herausforderungen im Feld erreicht werden: So hatte sich z.B. erst während der Einführung gezeigt, dass die Servicetechniker vor Ort nicht immer die passenden Werkzeuge für den Ein- und Ausbau zur Verfügung haben. "Eine kurzfristige Anpassung schaffte das Problem innerhalb von Tagen aus der Welt und ermöglichte die Freigabe und Bestellung. Da beim OEM Torx nicht zum Standardwartungswerkzeug gehört, wurden die Schrauben entsprechend auf Inbus umgestellt", erinnert sich Deisenhofer. Um die Wartbarkeit weiter zu vereinfachen, wollte der OEM zudem in der Lage sein, über ein zusätzliches Massenspeichermedium die Betriebsdaten separat speichern zu können. Bei einem Geräteaustausch lassen sich so die historischen Betriebsdaten einfach auf das neue Gerät übertragen.
In der Praxis angekommen
Das System stellt heute die Schnittstelle zwischen OT und IT her. Die Kontron-HMIs erfassen dabei die dokumentationspflichtigen Tätigkeiten und tragen wesentlich zur effizienten Prozesssteuerung bei. Die Betriebsdaten werden an Ort und Stelle beim Montageschritt an Fahrzeugen in der Montagezelle gesammelt, aufbereitet, visualisiert und gleichzeitig der übergeordneten unternehmensweiten Steuerungsebene des ERP-Systems zur Verfügung gestellt. Der OEM profitiert von einer einsatzfertigen Komplettlösung und muss sich nicht mehr mit mehreren Lieferanten auseinandersetzen. Damit konnten nicht nur die Beschaffung und Lagerhaltung vereinfacht werden, sondern auch die Kommunikation und der Support über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Mehrere hundert Einheiten sind bereits erfolgreich auf der ganzen Welt im Einsatz, Tendenz steigend.
In vollautomatisierten Fertigungszellen der Automobilindustrie ist leistungsfähige Hard- und Software gefragt, die rauen Umgebungen und globalen Standards standhält. Bei automatisierten Montage-, Verschraubungs-, Schweiß- und Klebeprozessen ist zudem eine lückenlose Dokumentation unerlässlich. In einem Projekt mit einem Systemlieferanten eines Automobilherstellers brachte Kontron seine Expertise für Visualisierung und Prozessdatenverarbeitung ein.

In der Automotive-Branche wird die Automatisierung stetig vorangetrieben, doch die Voraussetzung für funktionierende Lösungen ist die passende, verlässliche Hardware. Im konkreten Fall hatte der Autohersteller für seine Montagezellen und -abschnitte selbst eine Schnittstelle entwickelt, über die wichtige Betriebsdaten aus den einzelnen Montageschritten erfasst werden und anschließend in eine zentrale Betriebsdatenerfassung einfließen. Die Herausforderung bestand darin, die im Prozess enthaltenen Arbeitsschritte einschließlich der zugehörigen Prozessdaten wie z.B. Kraft-Weg-Diagramme zu erfassen, aufzubereiten und gebündelt weiterzugeben.
Kontron Europe GmbH
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 6 (Juni) 2025 - 12.06.25.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de