Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt InterAcDT
Best Practices für die virtuelle Inbetriebnahme
Wie lässt sich Simulation für die virtuelle Inbetriebnahme von Produktionsanlagen am besten einsetzen? Welche Unterschiede ergeben sich bei verschiedenen Anwendungsszenarios? Welche Handlungsempfehlungen sollten beachtet werden? Diese Fragen stehen im Fokus des Forschungsprojekts InterAcDT, an dem neben dem Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik der FAU Erlangen-Nürnberg auch die Partner Machineering, ITQ und Bosch beteiligt sind.
Um die zunehmende Komplexität im Maschinen- und Anlagenbau beherrschen zu können, ist es wichtig, mögliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen sowie Entscheidungen datenbasiert zu treffen. Doch viele Probleme werden erst bei der Zusammenführung von Teilergebnissen aus den verschiedenen Fachbereichen sichtbar. Das führt häufig zu aufwändigen Anpassungen bei der Inbetriebnahme der Anlagen und zu einer verlängerten Hochlaufphase. Aus diesem Grund werden Teilergebnisse aus den Domänen der Automatisierungstechnik in der virtuellen Inbetriebnahme (VIBN) an Simulationsmodellen verifiziert. Ziel ist neben der simulativen Absicherung des Steuerungscodes die datenbasierte Entscheidungsfindung und der Austausch zwischen allen Beteiligten am Entwicklungsprozess. Im Rahmen des Forschungsprojektes Inter-AcDT wurden die wichtigsten Anwendungsszenarien von Simulationsmodellen für die VIBN gesammelt.
Kontinuierliche Inbetriebnahme
Die VIBN wird in diesem Anwendungsszenario als kontinuierlicher Prozess verstanden, bei dem die Entwicklung in den Fachrichtungen Mechanik, Elektrotechnik und Softwareentwicklung parallelisiert und gleichzeitig am Simulationsmodell abgesichert wird. Das Simulationsmodell wird dabei als zentrales Modell für den Austausch zwischen allen Stakeholdern verstanden. Auf Basis der Anforderungen und Ergebnisse aus den Domänen wird das Simulationsmodell kontinuierlich weiterentwickelt und Feedback in die Fachbereiche zurückgespielt. Dadurch können Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden. Das Simulationsmodell stellt den aktuellen Zwischenstand dar und kann als Referenz für den Projektfortschritt angesehen werden. Kontinuierliche Tests und kurze Feedback-Zyklen verkürzen die Entwicklungs- und Inbetriebnahmezeiten, da Fehler früher erkannt und Probleme behoben werden können, bevor sie sich in domänenspezifischen Silos zu größeren Fehlern und Inkonsistenzen entwickeln.
Virtueller SPS-Test in der Maschinenabnahme
Dieses Szenario beschreibt die Durchführung der Abnahme des SPS-Codes an einem virtuellen Simulationsmodell. Dies erfolgt häufig in mehreren Stufen von der Überprüfung des Handbetriebs bis zum Wiederanfahren aus Zwischenpositionen. Auf Basis der Anforderungen und Rahmenbedingungen aus Pflichtenheft, Maschinenverordnungen, Testplan und Teststrategie werden die Tests entworfen, erstellt, durchgeführt, ausgewertet und dokumentiert. Je nach projekt- und unternehmensspezifischer Vorgehensweise werden die Simulationsmodelle speziell für diesen Zweck erstellt. Bei der Erstellung der Testszenarien sind in der Regel Anpassungen an den Simulationsmodellen erforderlich. Werkzeuge der Testautomatisierung können hier unterstützend eingesetzt werden, um Aufwände zu reduzieren und eine wiederholte Durchführung und Übertragbarkeit von Tests zu erleichtern.

Grobkonzeptionierung
Bei der Grobkonzeptionierung werden Varianten in einem frühen Entwicklungsstadium simulativ abgebildet, um diese sowohl gegeneinander abzuwägen als auch den Kunden zu präsentieren. Der Gegenstand der Grobkonzeptionierung kann je nach konkretem Anwendungsfall von der Layout-Planung und Aufteilung der Fertigungsschritte auf Stationen bis zur Gegenüberstellung konkreter Fertigungsabläufe reichen. Der Einsatz von Simulationsmodellen ermöglicht eine datenbasierte Abschätzung von Zielwerten und kann Kunden von der Qualtität der Lösung überzeugen. Die Grobkonzeptionierung ist als iterativer Prozess im engen Austausch zwischen den beteiligten Stakeholdern aus mechanischer Konstruktion, Simulation, Projektmanagement, Vertrieb sowie dem Kunden zu verstehen. Je nach Komplexität des Projektes und der unternehmensspezifischen Vorgehensweise kann sich die Grobkonzeptionierung von der Angebotsphase bis in die Ausarbeitungsphase erstrecken.
Auslegung vor und nach Inbetriebnahme
Dieses Szenario betrachtet die Entwicklung von Verbesserungen für geplante Anlagen basierend auf Simulationsdurchläufen. Sie können nicht nur in der Konstruktionsphase erfolgen, sondern auch die Zeit während des Transports der Anlage kann so genutzt werden. Ziel vor dem Gefahrenübergang ist es, eine höhere Qualität der Produktionsanlage zu erreichen und den Hochlauf der Anlage zu beschleunigen. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz von Simulation dabei eine datenbasierte Absicherung von Entscheidungen. Je nach Entwicklungsstadium und spezifischem Projekt können neben typischen Zielgrößen, wie Anlagendimensionen, Puffergrößen und Taktzeiten, weitere Zielgrößen optimiert werden. Wenn die Anpassungen aus einem Projekt auch in weiteren Projekten relevant sind, kann eine Verallgemeinerung und Übertragung in wiederverwendbare Module den wiederholten Aufwand reduzieren.
Operator Training bzw. Bedienerschulung
Durch den Einsatz von Simulationmodellen können Schulungsmaßnahmen durchgeführt werden bevor die Anlage fertiggestellt ist. Auch wenn die Anlage bereits in Betrieb ist, können so Bedienerschulungen ohne Beeinträchtigung der Producktion erfolgen. Das skizzierte Szenario umfasst alle Phasen der Schulung einschließlich Vorbereitung, Erstellung, Durchführung und Nachbereitung. Für die Schulungen können vorhandene Simulationsmodelle aus der VIBN verwendet werden oder neue erstellt werden. Auch bei weiterverwendeten Modellen ist es sehr wahrscheinlich, dass für die Anlagenschulung Anpassungen vorgenommen werden müssen. Im Vergleich zu einer kompletten Neuerstellung von Simulationsmodellen nur für diesen Einsatzzweck reduziert sich jedoch der Gesamtaufwand für die Erstellung der Schulungen erheblich. Typische Schulungsinhalte sind Anlageneinweisungen, Sicherheitsbelehrungen und Schulungen zum Verhalten in Ausnahmesituationen. Durch eine gezielte Befragung des Betriebspersonals kann zudem Verbesserungspotenzial identifiziert werden.
Anpassung oder Erweiterung
Auch bei der Anpassung und Erweiterung bestehender Anlagen ist der Einsatz von Simulation in der Regel sinnvoll, da Eingriffe in den laufenden Anlagenbetrieb und Maßnahmen gezielter und effizienter durchgeführt werden können. Im Gegensatz zur Planung im Greenfield können Kosten und Nutzen von Maßnahmen im Brownfield besser abgeschätzt werden und mit Hilfe von Simulation zuverlässige, datengeschützte Entscheidungen getroffen werden. Die Wiederverwendung von Modellen aus früheren Anlagenplanungen kann den Aufwand reduzieren, es ist jedoch zu beachten, dass Abweichungen zwischen realer und geplanter Anlage berücksichtigt werden müssen. Auch alte Protokolle und Tests aus der ursprünglichen Inbetriebnahme können hier Aufwände reduzieren. Werkzeuge der Testautomatisierung können auch hier unterstützend eingesetzt werden um Aufwände zu reduzieren.
Wie lässt sich Simulation für die virtuelle Inbetriebnahme von Produktionsanlagen am besten einsetzen? Welche Unterschiede ergeben sich bei verschiedenen Anwendungsszenarios? Welche Handlungsempfehlungen sollten beachtet werden? Diese Fragen stehen im Fokus des Forschungsprojekts InterAcDT, an dem neben dem Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik der FAU Erlangen-Nürnberg auch die Partner Machineering, ITQ und Bosch beteiligt sind.
Um die zunehmende Komplexität im Maschinen- und Anlagenbau beherrschen zu können, ist es wichtig, mögliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen sowie Entscheidungen datenbasiert zu treffen. Doch viele Probleme werden erst bei der Zusammenführung von Teilergebnissen aus den verschiedenen Fachbereichen sichtbar. Das führt häufig zu aufwändigen Anpassungen bei der Inbetriebnahme der Anlagen und zu einer verlängerten Hochlaufphase. Aus diesem Grund werden Teilergebnisse aus den Domänen der Automatisierungstechnik in der virtuellen Inbetriebnahme (VIBN) an Simulationsmodellen verifiziert. Ziel ist neben der simulativen Absicherung des Steuerungscodes die datenbasierte Entscheidungsfindung und der Austausch zwischen allen Beteiligten am Entwicklungsprozess. Im Rahmen des Forschungsprojektes Inter-AcDT wurden die wichtigsten Anwendungsszenarien von Simulationsmodellen für die VIBN gesammelt.
Kontinuierliche Inbetriebnahme
Die VIBN wird in diesem Anwendungsszenario als kontinuierlicher Prozess verstanden, bei dem die Entwicklung in den Fachrichtungen Mechanik, Elektrotechnik und Softwareentwicklung parallelisiert und gleichzeitig am Simulationsmodell abgesichert wird. Das Simulationsmodell wird dabei als zentrales Modell für den Austausch zwischen allen Stakeholdern verstanden. Auf Basis der Anforderungen und Ergebnisse aus den Domänen wird das Simulationsmodell kontinuierlich weiterentwickelt und Feedback in die Fachbereiche zurückgespielt. Dadurch können Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden. Das Simulationsmodell stellt den aktuellen Zwischenstand dar und kann als Referenz für den Projektfortschritt angesehen werden. Kontinuierliche Tests und kurze Feedback-Zyklen verkürzen die Entwicklungs- und Inbetriebnahmezeiten, da Fehler früher erkannt und Probleme behoben werden können, bevor sie sich in domänenspezifischen Silos zu größeren Fehlern und Inkonsistenzen entwickeln.
machineering GmbH & Co. KG
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 6 (Juni) 2025 - 12.06.25.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de