Dezentrale Sicherheitslösungen für smarte Maschinen
So sichert Turck die modulare Produktion
Moderne Produktionsanlagen müssen nicht nur sicher, sondern auch flexibel, modular und effizient sein. Mit seinem Safety-Portfolio positioniert sich Turck als Vorreiter für dezentrale, schaltschranklose Sicherheitslösungen. Mit welchen Produkten und Lösungen das Unternehmen insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau neue Maßstäbe setzen will, erfuhr das SPS-MAGAZIN im Gespräch mit Michael Flesch.

Was umfasst das Safety-Portfolio von Turck und wie profitieren Ihre Kunden von der Kooperation mit Banner?

Unser Safety-Portfolio besteht im Wesentlichen aus Feldbusmodulen für verschiedene Steuerungsarchitekturen. Die gelben Module TBPN sind für Profinet mit Profisafe, die roten TBIP für Ethernet/IP mit CIP Safety. Besonders nachgefragt sind unsere sicheren Hybridmodule aus diesen Baureihen, die jeweils sichere und Standard-I/O in einem einzigen Gerät vereinen. Ergänzt wird unser Portfolio durch IP65-geschützte Schaltboxen zur sichern Abschaltung in Spannungssträngen. Unsere IP67-geschützten Entkopplungsboxen trennen OSSD-Signale in zweikanalig schaltende Relaiskontakte und stellen so beispielsweise sichere Relaisausgänge für Frequenzumrichter oder Roboter bereit. Dazu kommt noch ein umfangreiches Angebot an Kabeln und Anschlusskomponenten. Wenn es darüber hinausgehen soll, ist unsere strategische Partnerschaft mit Banner Engineering ein großer Vorteil, denn Banner bringt ein riesiges Portfolio an Sicherheitskomponenten wie Sicherheitsrelais, -controller, Lichtschranken und Schalter ein. So können wir komplette, maßgeschneiderte Sicherheitslösungen anbieten.
Was ist das Besondere an den Hybridmodulen und wie unterscheiden sie sich von den Vollmodulen?

Hybridmodule kombinieren sichere und Standard-I/Os in einem Gerät. Typischerweise verfügen sie über sichere Eingänge, zwei konfigurierbare Kombi-Ports, die als sicherer Ein- oder Ausgang parametriert werden können, sowie digitale Ein- und Ausgänge, von denen einige sicher abschaltbar sind. Das reduziert den Platzbedarf und den Verdrahtungsaufwand erheblich. Bei den Hybridmodulen ist eine Seite ein komplettes Sicherheitssystem mit sicheren Ports, während die andere Seite flexibel für Standard-I/Os genutzt werden kann. Die sichere Abschaltung einzelner Ports ist ein besonderes Feature, das die Flexibilität beim Maschinenaufbau erhöht.
Wie positioniert sich Turck im Markt für Sicherheitslösungen - als Nischenanbieter oder als Komplettanbieter?

Wir sehen uns als Anbieter für Sicherheitslösungen im gesamten Maschinen- und Anlagenbau, auch wenn wir in bestimmten Nischen besonders stark sind. Unser Fokus liegt auf IP67-Anwendungen und dezentralen, schaltschranklosen Lösungen. Gerade im Bereich modularer Maschinenkonzepte sind wir sehr erfolgreich, da die Nachfrage nach flexiblen und einfach zu installierenden Lösungen stetig wächst. Die Vorteile liegen in der schnelleren Inbetriebnahme, weniger Verdrahtungsaufwand und einer hohen Flexibilität bei Umbauten oder Erweiterungen.
Der Trend geht zur schaltschranklosen Automatisierung. Wie profitieren Ihre Kunden davon konkret?

Die dezentrale Montage der Module direkt an der Maschine spart viel Zeit bei der Installation und der Inbetriebnahme. Die Verdrahtung wird einfacher, Fehlerquellen werden reduziert. Gerade bei häufig wechselnden oder modular aufgebauten Produktionslinien ist das ein entscheidender Vorteil. Außerdem sind die Module robust und für den Einsatz in rauen Industrieumgebungen nach Schutzart IP67 ausgelegt. Das erleichtert nicht nur die Montage, sondern auch Wartung und Erweiterung, da Maschinenmodule einfach ausgetauscht oder ergänzt werden können.
Turck ist bekannt für Multiprotokoll-Module. Wie sieht das bei den Safety-Modulen aus?

Multiprotokollfähigkeit ist bei unseren I/O-Modulen längst Standard. Die Module erkennen automatisch, ob sie mit Profinet, Ethernet/IP oder Modbus betrieben werden, und stellen sich entsprechend ein. Bei den Safety-Modulen ist die Situation etwas komplexer: Aktuell gibt es jeweils eigene Module für Profinet/Profisafe (TBPN) und Ethernet/IP/CIP Safety (TBIP). Ein echtes Multiprotokoll-Safety-Modul, das alle drei Protokolle in einem Gerät vereint, ist derzeit in Entwicklung. Das Ziel ist, dass der Kunde unabhängig vom eingesetzten Steuerungssystem immer das gleiche Modul verwenden kann, was die Lagerhaltung und Planung natürlich deutlich vereinfacht. Die Standard-Multiprotokoll-Module können bereits heute automatisch das passende Protokoll erkennen und sich entsprechend konfigurieren.
Welche technischen Herausforderungen gibt es bei der Entwicklung echter Multiprotokoll-Safety-Module?
Die größte Herausforderung ist die sichere Trennung der Protokolle und die Gewährleistung, dass sicherheitsgerichtete Daten korrekt und zuverlässig übertragen werden. Bei Safety-Anwendungen dürfen Protokolle wie Profinet/Profisafe und Ethernet/IP/CIP Safety nicht vermischt werden, da sie unterschiedliche Anforderungen an die sichere Kommunikation stellen. Deshalb arbeiten wir an sogenannten Spanner-Modulen, die eine sichere Kopplung der verschiedenen Protokollwelten ermöglichen. Diese Module werden in naher Zukunft verfügbar sein. Ziel ist es, die Komplexität für den Anwender weiter zu reduzieren und die Flexibilität zu erhöhen.
Was ist das Besondere am 'Turck Safe Link'-Protokoll und wie funktioniert es?
Turck Safe Link ist ein eigens entwickeltes, anwendungsoptimiertes Sicherheitsprotokoll, das die sichere Kommunikation von bis zu 31 Modulen untereinander ermöglicht - und dies ganz ohne zentrale Sicherheitssteuerung. Die Module werden über das gleiche Netzwerk wie Profinet, Ethernet/IP oder Modbus verbunden. Ein Modul übernimmt die Rolle des Hosts, die anderen agieren als Devices. Der Host erkennt die Devices und ermöglicht den sicheren Datenaustausch, unabhängig davon, ob eine Steuerung angeschlossen ist oder nicht. Das ist besonders praktisch für modulare Maschinen, die flexibel erweitert oder umgerüstet werden müssen. Die Sicherheitsfunktionen bleiben dabei immer erhalten, was die Flexibilität und Wirtschaftlichkeit erheblich steigert.
Wie unterscheidet sich Turck Safe Link von anderen Sicherheitsprotokollen?
Der große Unterschied besteht darin, dass Turck Safe Link keine zentrale Sicherheitssteuerung benötigt. Während bei Profisafe oder CIP Safety immer eine Steuerung als Host erforderlich ist, können die Turck-Module autark miteinander kommunizieren. Das senkt die Kosten, vereinfacht die Anlagenplanung und ermöglicht es, Maschinenmodule unabhängig voneinander zu betreiben oder zu warten. Die Technologie basiert auf einer Zusammenarbeit mit Bihl+Wiedemann, wurde aber speziell für unsere Anforderungen angepasst und ist nicht direkt kompatibel mit deren Safe-Link-Lösung.
Welche Anwendungen profitieren besonders von Safe Link und den dezentralen Safety-Lösungen?
Unsere Lösungen sind ideal für kleine bis mittlere Maschinen und Anlagen geeignet, bei denen Modularität, Flexibilität sowie schnelle Inbetriebnahme im Vordergrund stehen. Typische Anwendungen finden sich beispielsweise in der Verpackungsindustrie, im Sondermaschinenbau sowie in der Montageautomation. Besonders bei häufig wechselnden Produktionslinien oder bei Maschinen, die oft umgerüstet werden müssen, spielen unsere dezentralen Safety-Module ihre Stärken aus. Aber auch für Maschinenbauer, die weltweit exportieren, ist die Multiprotokollfähigkeit ein großes Plus, weil diese sich nicht auf ein bestimmtes Steuerungssystem festlegen müssen und flexibel reagieren können.
Welche Zukunftstechnologien und Entwicklungen sind im Bereich Safety geplant?
Turck plant, sein Safety-Portfolio kontinuierlich auszubauen, insbesondere im Bereich der intelligenten, vernetzten und dezentralen Sicherheitstechnik. Wir wollen den Kundenwünschen nachkommen und auch unsere anderen Feldsysteme wie Ethercat und CC-Link sicher aufbauen. Zudem arbeiten wir intensiv an echten Multiprotokoll-Safety-Modulen, die alle gängigen Protokolle in einem Gerät vereinen. Außerdem entwickeln wir neue Schaltboxen und Komponenten, die noch flexibler und leistungsfähiger sind. Ein weiterer Fokus liegt auf der Integration von IO-Link Safety, um die Vorteile der digitalen Kommunikation auch im Sicherheitsbereich voll auszuschöpfen. Ziel ist es, unseren Kunden immer die flexibelsten und zukunftssichersten Lösungen anbieten zu können.
Moderne Produktionsanlagen müssen nicht nur sicher, sondern auch flexibel, modular und effizient sein. Mit seinem Safety-Portfolio positioniert sich Turck als Vorreiter für dezentrale, schaltschranklose Sicherheitslösungen. Mit welchen Produkten und Lösungen das Unternehmen insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau neue Maßstäbe setzen will, erfuhr das SPS-MAGAZIN im Gespräch mit Michael Flesch.

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Hans Turck GmbH & Co. KG
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 7 (Juli) 2025 - 14.07.25.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de