Ganzheitliches Störlichtbogen-Schutzkonzept
Der richtige Schutz im falschen Moment
Tagtäglich wird weltweit an elektrotechnischen Anlagen gearbeitet. Dabei können durch Fehlhandlungen, Verunreinigungen oder Fremdkörper in einer elektrischen Anlage Störlichtbögen entstehen. Ein hohes Risiko für Personen an der Schaltanlage und die Schaltanlage selbst. Durch ein ganzheitliches Störlichtbogen-Schutzkonzept mit konkreten Maßnahmen und geeigneter Schutzkleidung zur Vermeidung schwerer Unfälle, wird ein zuverlässiger Schutz von Personen und eine bestmögliche Anlagenverfügbarkeit erreicht.
Bild: Dehn SEEin Störlichtbogen kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Die dabei freigesetzte, ionisierte Luft kann Temperaturen von über 10.000°C erreichen. In solchen Momenten ist es entscheidend, dass man sich voll und ganz auf seine persönliche Schutzausrüstung verlassen kann.
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Direkte Einwirkenergie und die Bedeutung des Arbeitsabstands bei Störlichtbögen
Ein reiner Hitzeschutz ohne Störlichtbogenschutz-Klassifizierung würde der besonderen Beanspruchung während eines Lichtbogens nicht standhalten. Grundsätzlich werden bei Störlichtbogenprüfungen, wie beispielsweise dem Box-Test, immer genormte Abstände von 300mm vom Kleidungsstück zur Lichtbogenquelle definiert und anhand dieses Prüfverfahrens dann die nach IEC61482-1-2 jeweilige Störlichtbogenschutzklasse (APC 1 / APC 2) ermittelt. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass in der praktischen Umsetzung der geforderte Mindestabstand von 300mm zur Gefahrenquelle nicht durchgängig eingehalten werden kann. Der Abstand zum Lichtbogen ist jedoch eine entscheidende Variable, die es keineswegs zu vernachlässigen gilt, da hiervon die sogenannte tatsächliche Einwirkenergie abhängt und maßgeblich verändert wird. Vereinfacht gesagt: Je geringer die Entfernung zum Lichtbogen ist, desto höher ist die direkte Einwirkenergie, die besonders in Form von thermischer Energie freigesetzt wird. Der geringere Arbeitsabstand ist besonders in Niederspannungsschaltanlagen zu beachten, da hier im Vergleich zur Mittelspannung näher an der Anlage gearbeitet wird und auch Potentiale räumlich enger zusammen liegen. Einwirkenergie und Distanz zum Lichtbogen korrelieren trotz gleichbleibender Lichtbogenenergie. Die direkte Einwirkenergie Ei0 bei der Schutzklasse APC1 ist nur allein durch den halben Abstand, trotz gleichbleibender Lichtbogenenergie Warc, um ein Vielfaches höher. Die Schutzklasse APC 2 wird mit einer Lichtbogenenergie Warc von 320 kJ geprüft. Der zu erwartende Wert der direkten Einwirkenergie bei 300mm Abstand liegt bei 427 kJ/m². Ein Wert der direkten Einwirkenergie bei halbem Abstand wurde bisher mit diesem Prüfverfahren noch nicht gemessen, da die Energie exponentiell so stark ansteigt, dass Messgeräte sie nicht erfassen können, weil diese dabei zerstört werden. Die Wirkung des Prüf-Lichtbogens in diesem Moment ist einfach zu stark und buchstäblich zerstörerisch.
Hände als primäre Gefährdungszone
Häufig wird das Gefährdungspotential in Bezug auf die Hände in der Praxis unterschätzt. In einschlägigen Normen, wie der EN 61482-2, wird den praktischen Anforderungen im Arbeitsalltag nicht ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt. Daher ist der nötige Schutz für die Hände gesondert zu bewerten. Neben internationalen und nationalen Normengremien ist die Berufsgenossenschaft BG ETEM eine der wichtigsten Instanzen in Deutschland, wenn es darum geht, verbindliche Leitplanken für sicheres Arbeiten an und mit elektrischen Anlagen zu schaffen. Die BG bildet in einem von der Norm EN 61482-1-2 abgeleiteten Prüfgrundsatz besonders die Praxis in der Lichtbogenprüfung ab und bezieht sich auf einen verringerten Arbeitsabstand der Hände, 150mm statt 300mm Entfernung vom Lichtbogen. Das hatte die Einführung zweier neuer Schutzklassen (APC1_150 / APC2_150) zur Folge, die einen grundlegenden Unterschied zu den rein normativen Schutzklassen bilden. Die Schutzwirkung (Schutzpegel), die in der Praxis für die Hände nötig sein kann, ist hier tatsächlich abgeprüft und bewiesen. Bei der Auswahl der richtigen PSA ist also nicht nur die reine Störlichtbogenenergie und resultierende Schutzklasse, sondern auch der Arbeitsabstand zu berücksichtigen. Der vom Dachverband DGUV veröffentlichte Prüfgrundsatz GS-ET-42-2 beschreibt die nötigen Zusatzanforderungen für eine erhöhte Leistungsfähigkeit von Handschuhen gegen die thermische Wirkung eines Störlichtbogens und bringt die Prüfanordnung mit der alltäglichen Praxis in Einklang.
Vollständiger Schutz ohne Kompromisse
Die Prüfung bei halbem Abstand zum Lichtbogen (Zusatzanforderung nach GS-ET-42-2) bringt nicht nur Sensorik an ihre Grenzen, sondern stellt auch renommierte Hersteller von Störlichtbogenschutzhandschuhen vor große Herausforderungen. Nur durch intensive Entwicklungsarbeit und langjährige Erfahrung, konnte der Handschuh APG XT von Dehn als Produkt erfolgreich die Zertifizierung nach GS-ET-42-2 bestehen und ist bis heute das Maß der Dinge in seiner Schutzklasse. Ohne dabei viel Komfort zu verlieren, wurde der Handschuh so konzipiert, dass der hohe Schutz in Einklang mit Taktilität und Haptik zum Tragen kommt. Damit erfüllt der Handschuh das Schutzniveau APC2 150 gemäß GS-ET-42-2. Beim Schalten von Sicherungslasttrennschaltern, beim Ziehen von NH-Sicherungen, beim Prüfen der Spannungsfreiheit oder beim Erden- und Kurzschließen ist man durch die Nähe zur Anlage erhöhten Risiken ausgesetzt. Der APG XT ist exakt für diese Tätigkeiten entwickelt worden und bietet bestmöglichen Schutz, wenn der Arbeitsabstand von 300mm unterschritten wird.
Tagtäglich wird weltweit an elektrotechnischen Anlagen gearbeitet. Dabei können durch Fehlhandlungen, Verunreinigungen oder Fremdkörper in einer elektrischen Anlage Störlichtbögen entstehen. Ein hohes Risiko für Personen an der Schaltanlage und die Schaltanlage selbst. Durch ein ganzheitliches Störlichtbogen-Schutzkonzept mit konkreten Maßnahmen und geeigneter Schutzkleidung zur Vermeidung schwerer Unfälle, wird ein zuverlässiger Schutz von Personen und eine bestmögliche Anlagenverfügbarkeit erreicht.
Bild: Dehn SEEin Störlichtbogen kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Die dabei freigesetzte, ionisierte Luft kann Temperaturen von über 10.000°C erreichen. In solchen Momenten ist es entscheidend, dass man sich voll und ganz auf seine persönliche Schutzausrüstung verlassen kann.
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Dieser Artikel erschien in SCHALTSCHRANKBAU 5 (September) 2025 - 04.09.25.Für weitere Artikel besuchen Sie www.schaltschrankbau-magazin.de