Die Verwaltungsschale im Volkswagen-Werk Dresden
AAS-basiertes Lademanagement für 57 AGVs
In der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen befördern fahrerlose Transporter die Bauteile und bewegen sich zwischen Lager, Linie und Ladestation umher. Doch diese Automatisierung kostet viel elektrische Energie. Daher entschied VW, in einem Pilotprojekt Betriebsdaten und -zustände der AGV-Flotte auswertbar und optimierbar zu machen. Technologischer Schlüssel dazu war die Asset Administration Shell.
Bild: MHP Management- und IT-Beratung GmbHVolkswagens 'Gläserne Manufaktur' in Dresden ist auf die Herstellung von Elektrofahrzeugen ausgerichtet. Mit dem Bau wurde 2001 auch ein für die damalige Zeit einmaliges Logistikkonzept umgesetzt: die automatisierte Linienversorgung der Montage des Phaetons. Dresden war das erste Volkswagenwerk, das Automated Guided Vehicles (AGV's) einsetzte. In den vergangenen Jahren haben sich Produktstrukturen und die auch die Anforderungen an eine nachhaltige und energieeffiziente Produktion verändert. Den Verantwortlichen war mit den heutigen Möglichkeiten klar, dass auch in der AGV-Bestandsflotte von 57 eingetzten Automated Guided Vehicles Einsparpotenzial steckt. Die Idee: ein intelligentes, flexibles, leicht zu skalierendes und herstellerunabhängiges Lademanagement, das sich einfach und kostengünstig in eine gewachsene Fertigungsstruktur integrieren lässt.
Daten nutzbar machen
Bisherige statische Lade- und Betriebskonzepte schöpften das Potenzial vorhandener Daten nur bedingt aus. Der Ansatz des Teams war ein KI-basierter Regelkreis, der die vorhandenen Daten in Realzeit wie Batteriezustand, Energieverbrauch, Auslastung der Flotte und Ladepunkte kontinuierlich für die Optimierung der Flotte nutzt. Doch wie können die benötigten Asset- und Nutzungsdaten, insbesondere der vorhandenen AGVs und Ladepunkte, nutzbar gemacht werden? Zum Enabler des Projektes wurde die Asset Administration Shell (AAS) der Industrial Digital Twin Association, der die unterschiedlichen technologischen Bausteine über ein semantisch normiertes Asset- und Datenmodell miteinander verbindet. Das war entscheidend, um die über Jahre gewachsenen und heterogenen Fertigungsstrukturen ohne hohe Investitionen vernetzen zu können.
Bild: Volkswagen SachsenIoT-Devices zur Übertragung
Dafür installierte das irische Start-up Mavarick IoT-Devices in den Fahrzeugen, um die Energie- und Bewegungsdaten zu erfassen. Die kleinformatigen Edge-Geräte eignen sich für eine einfache Installation und Integration ohne negativen Einfluss auf den laufenden Betrieb der AGV-Flotte. Die Datenübertragung erfolgt über die Einbindung in ein vorhandenes WLAN. Statusinformationen, Messwerte und Zustandsinformationen können so einfach übertragen werden. Um das System von Beginn an interoperabel aufzubauen, setzte das Projektteam auf die Asset Administration Shell (AAS). Mit deren Hilfe wurde eine semantische Ebene in Form von digitalen Assets als Integrationsschicht eingezogen. IT-seitig erfolgt der Datenzugriff auf ein standardisiertes digitales Asset. Das digitale Asset wiederum repräsentiert das physische Asset mit den gerätespezifischen Informationen und realen Nutzungsdaten, die maschinenlesbar sind. Da der Zugriff auf die Asset-Informationen immer der gleichen Semantik und herstellerunabhängig erfolgt, ist die Integration zwischen verschiedenen Systemen und Prozessen signifikant einfacher.
Aufbau der Verwaltungsschale
Den AAS-Aufbau unterstützten die Spezialisten der Management- und IT-Beratung MHP. Sie analysierten zunächst die benötigten Datenpunkte und verknüpften diese mit den benötigten Submodellen. Somit lassen sich spezifische Eigenschaften wie der Energieverbrauch der AGVs oder auch die physische Struktur der in den AGVs verwendeten Batterien digitalisieren. Wird eine Batterie getauscht, lässt sich das entsprechende Submodell ebenfalls leicht wechseln, während etwa das Submodell des Energieverhaltens weiterhin Daten gleichen Inhalts und Formats liefert. Im Proof of Concept kamen 18 Submodelle mit jeweils bis zu 100 Einzelparametern zum Einsatz und bildeten damit die Struktur und Daten der darunterliegenden AGVs ab - in einem Standard, der eine schnelle Datenanalyse und Erweiterung zulässt. Beispielsweise sind weitere AGV-Typen über das AAS-Modell darstellbar. Die Art der Datenerfassung im Modell ist agnostisch, das heißt, der Prozess ändert sich nicht, er bleibt unabhängig vom AGV-Typ, -Modell und -Hersteller. Somit wurde innerhalb von sechs Monaten die Analytics-Umgebung von Mavarick an die VW-Systeme angebunden und ein skalierbares und herstellerunabhängiges System eingerichtet.
Kohärenz der Daten validieren
Eine enge Zusammenarbeit mit den Technikern von Volkswagen stellte sicher, dass die aufgezeichneten Daten die tatsächlichen Aktionen des einzelnen AGV widerspiegeln, beispielswiese, ob es geladen wird, im Leerlauf ist oder gerade Bauteile ins Ziel bringt. Der mit der AAS aufgebaute digitale Zwilling entsprach also dem realen Abbild. Nach der Validierung ging das Projekt in die Phase der Datenanalyse über. Dabei griff die Analyseplattform auf die gesammelten Parameter der jeweiligen Submodelle zu. Anhand des aktuellen Nutzungskonzeptes konnte ein Einsparpotenzial von 38 Prozent sowohl für den Energieverbrauch als auch für die CO2-Emissionen ermittelt werden. Der in diesem Fall größte Hebel lag in der bedarfsgerechten Anpassung der Flottengröße und auslastungsorientierten Nutzung der vorhandenen Ladeinfrastruktur. Einmal mehr zeigt dies die Bedeutung der AAS. Das Projekt konnte belegen, dass sich dieses Vorgehen gut eignet, um eine bestehende Infrastruktur zu integrieren, bewährte Legacy-Systeme zu verbessern und weiterzuverwenden. Ein Vorteil des selbstentwickelten Datenmodells in der Asset Administration Shell ist zudem die herstellerunabhängige Weiterverwendbarkeit: Da sich das Projekt in einer laufenden Produktionsumgebung bewährt hat, gibt es bereits feste Pläne für weitere Roll-outs im Konzern, wo derzeit einige tausend AGVs im Einsatz sind.
In der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen befördern fahrerlose Transporter die Bauteile und bewegen sich zwischen Lager, Linie und Ladestation umher. Doch diese Automatisierung kostet viel elektrische Energie. Daher entschied VW, in einem Pilotprojekt Betriebsdaten und -zustände der AGV-Flotte auswertbar und optimierbar zu machen. Technologischer Schlüssel dazu war die Asset Administration Shell.
Bild: MHP Management- und IT-Beratung GmbHVolkswagens 'Gläserne Manufaktur' in Dresden ist auf die Herstellung von Elektrofahrzeugen ausgerichtet. Mit dem Bau wurde 2001 auch ein für die damalige Zeit einmaliges Logistikkonzept umgesetzt: die automatisierte Linienversorgung der Montage des Phaetons. Dresden war das erste Volkswagenwerk, das Automated Guided Vehicles (AGV's) einsetzte. In den vergangenen Jahren haben sich Produktstrukturen und die auch die Anforderungen an eine nachhaltige und energieeffiziente Produktion verändert. Den Verantwortlichen war mit den heutigen Möglichkeiten klar, dass auch in der AGV-Bestandsflotte von 57 eingetzten Automated Guided Vehicles Einsparpotenzial steckt. Die Idee: ein intelligentes, flexibles, leicht zu skalierendes und herstellerunabhängiges Lademanagement, das sich einfach und kostengünstig in eine gewachsene Fertigungsstruktur integrieren lässt.
MHP Management- und IT-Beratung GmbH
Dieser Artikel erschien in IT&Production 8 (Oktober) 2025 - 08.10.25.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com