Standard- und Sicherheitstechnik wachsen zusammen
Interview mit Fabricio Granados, Director of International Sales bei Bihl+Wiedemann
Was Ausdehnung und Komplexität angeht, spielen viele Anlagen in der modernen Intralogistik inzwischen in einer eigenen Liga. Gerade deshalb profitieren Anwender hier ganz besonders von den Synergiepotenzialen, die sich durch intelligente Kombination von Standard- und Sicherheitstechnik realisieren lassen. Darüber - und über vieles andere, was die Welt der Fördertechnik aktuell bewegt - sprach das SPS-MAGAZIN mit Fabricio Granados, Director of International Sales bei Bihl+Wiedemann.
Herr Granados, die Chronologie Ihrer Innovationen in den letzten Jahren lässt einen ziemlich munteren Wechsel zwischen Standard- und Sicherheitstechnik erkennen. Ist man sich bei Bihl+Wiedemann nicht ganz sicher, wo man die Entwicklungsschwerpunkte setzen soll?
Granados: Wenn man sich die Realität auf dem Markt heute ansieht, dann wird relativ schnell klar, dass inzwischen fast überall auf der Welt die Standard- und die Sicherheitstechnik immer mehr zusammenwachsen. Dazu hat natürlich auch AS-i Safety at Work beigetragen: das Sicherheitskonzept von AS-Interface, das es zu Beginn des Jahrtausends erstmals erlaubte, sichere und nicht-sichere Signale auf ein und derselben Leitung zu übertragen. Schubladendenken bringt uns hier also nicht weiter. Schließlich geht es in beiden Bereichen um dieselbe Aufgabe: um die optimale und möglichst einfache Einbindung von Sensoren und Aktoren in ein Steuerungssystem. Dabei ist es erst einmal völlig irrelevant, ob es sich um einen sicheren Türschalter oder Not-Halt-Taster handelt oder um die effiziente Ansteuerung eines Antriebs. Den maximalen Kosteneinsparungseffekt erreicht man auf jeden Fall dann, wenn die Ansteuerung der Antriebe einerseits und das Einsammeln und Auswerten der Sicherheitsinformationen andererseits über das gleiche System laufen. AS-Interface bietet dafür im Hinblick auf die Effizienz die besten Voraussetzungen, deshalb haben wir unsere Lösungen auf Basis dieses Systems entwickelt.
Wobei sich beim Anblick der immer größeren, komplexeren Hochregallager und Förderstrecken von heute natürlich die Frage stellt: Ist ein Bussystem für die Sicherheitstechnik solch imposanter Anlagen wirklich die sinnvollste Lösung - oder sollte man sich nicht doch lieber für eine fehlersichere Steuerung entscheiden?
Granados: Was die enormen Dimensionen der Lager angeht, haben Sie natürlich Recht: inzwischen gehören Applikationen fast schon zur Tagesordnung, bei denen mehrere 100 Antriebe gesteuert und gleichzeitig weit über 20 Gateways sicher über Ethernet miteinander gekoppelt werden, um das Zusammenspiel mehrerer 100 Not-Halt-Taster und Sicherheitseinrichtungen zu gewährleisten. Aber Ihrer Schlussfolgerung möchte ich widersprechen: Ich wage nämlich zu behaupten, dass auch in diesen Größenordnungen die Projektierung mit AS-Interface meist einfacher oder mindestens genauso einfach ist wie mit einer fehlersicheren Steuerung. Und für die Ausnahmefälle gibt es ebenfalls eine elegante Lösung: Dank unserer Profisafe oder CIP Safety Gateways können unsere Kunden auch dann die Sparpotenziale der einfachen Verdrahtung von AS-i nutzen.
Das hört sich fast so an, als könnten Ihnen die Förderanlagen gar nicht groß genug sein?
Granados: Im Prinzip ist das ja auch so. Zum einen, weil sich der Synergieeffekt, der durch die Kombination von Standard- und Sicherheitstechnik entsteht, mit zunehmender Anlagengröße noch deutlicher bemerkbar macht. Zum anderen, weil einige unserer Innovationen ihre Vorteile dann noch gewinnbringender ausspielen können. Nehmen Sie z.B. die sichere Querkommunikation, die in Verbindung mit unseren weitreichenden Diagnosemöglichkeiten eine präventive Wartung der Anlage erlaubt und damit für eine drastische Reduzierung der Stillstandszeiten sorgt. Außerdem folgt die Sicherheits- und Steuerungslogik nicht immer der physikalischen Ausrichtung der Maschine, was die Flexibilität unserer Lösungen verstärkt in den Fokus rückt.
Sehen Sie denn regionale Unterschiede - z.B. in Bezug auf den Kostendruck, unter dem die Branche steht?
Granados: Nein, absolut nicht. Die Suche nach Systemen, die sowohl unter Kosten- als auch unter Leistungsaspekten das Optimum bieten, ist für alle Unternehmen fast schon zur existenziellen Frage geworden - in China genauso wie in den USA, in Österreich oder in den Niederlanden. Unsere Kunden sind buchstäblich rund um den Globus verteilt, und ihre Anlagen werden auch überall montiert. Entsprechend hoch ist deshalb auch der Stellenwert der vielfältigen Möglichkeiten, die unsere Systeme in den Bereichen Ferndiagnose und Durchgängigkeit eröffnen.
Gehören denn Wireless-Technologien auch zu den Trends in der Intralogistik?
Granados: Ja, mit drahtlosen Lösungen lassen sich viele Schwachpunkte eliminieren. Sie eignen sich vor allem für den Einsatz im Bereich wartungsintensiver Anlagenteile: also z.B. bei Elementen mit Schleifbahnen oder auch bei anderen beweglichen Elementen wie automatischen Wagen, Regalbediengeräten (RGB) und fahrerlosen Transportsystemen (FTS). Unsere Kunden nutzen die WLAN-Technologie im Übrigen nicht nur, um Steuerungsinformationen zwischen Anlagenteilen zu kommunizieren, sondern sogar, um sichere Daten über die sichere Querkommunikation - ein Standard-Ethernet-Netzwerk - auszutauschen. Diese Funktionalität unterstützen bereits mehrere unserer Ethernet-basierten Geräte - z.B. die neuen Profinet-Gateways mit integriertem Sicherheitsmonitor und der neue Safety Basis Monitor mit Ethernet-Schnittstelle.
Vielleicht können wir zum Schluss noch einen Blick in Ihre Pipeline werfen? An welchen Innovationen für die Fördertechnik und/oder für die Sicherheitstechnik arbeiten Ihre Entwickler gerade?
Granados: Da wir ungern über ungelegte Eier sprechen, möchte ich Ihnen mit einem Zitat von Jeff Bezos antworten. Der CEO von Amazon hat einmal gesagt: "Es gibt zwei Arten von Firmen: Die einen arbeiten, um mehr Geld vom Kunden verlangen zu können - die anderen arbeiten, um weniger Geld vom Kunden verlangen zu können." Bihl+Wiedemann gehört definitiv zu den Letzteren, also zu denen, die für Effizienzsteigerung stehen.
Herr Granados, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.
Was Ausdehnung und Komplexität angeht, spielen viele Anlagen in der modernen Intralogistik inzwischen in einer eigenen Liga. Gerade deshalb profitieren Anwender hier ganz besonders von den Synergiepotenzialen, die sich durch intelligente Kombination von Standard- und Sicherheitstechnik realisieren lassen. Darüber - und über vieles andere, was die Welt der Fördertechnik aktuell bewegt - sprach das SPS-MAGAZIN mit Fabricio Granados, Director of International Sales bei Bihl+Wiedemann.
Herr Granados, die Chronologie Ihrer Innovationen in den letzten Jahren lässt einen ziemlich munteren Wechsel zwischen Standard- und Sicherheitstechnik erkennen. Ist man sich bei Bihl+Wiedemann nicht ganz sicher, wo man die Entwicklungsschwerpunkte setzen soll?
Granados: Wenn man sich die Realität auf dem Markt heute ansieht, dann wird relativ schnell klar, dass inzwischen fast überall auf der Welt die Standard- und die Sicherheitstechnik immer mehr zusammenwachsen. Dazu hat natürlich auch AS-i Safety at Work beigetragen: das Sicherheitskonzept von AS-Interface, das es zu Beginn des Jahrtausends erstmals erlaubte, sichere und nicht-sichere Signale auf ein und derselben Leitung zu übertragen. Schubladendenken bringt uns hier also nicht weiter. Schließlich geht es in beiden Bereichen um dieselbe Aufgabe: um die optimale und möglichst einfache Einbindung von Sensoren und Aktoren in ein Steuerungssystem. Dabei ist es erst einmal völlig irrelevant, ob es sich um einen sicheren Türschalter oder Not-Halt-Taster handelt oder um die effiziente Ansteuerung eines Antriebs. Den maximalen Kosteneinsparungseffekt erreicht man auf jeden Fall dann, wenn die Ansteuerung der Antriebe einerseits und das Einsammeln und Auswerten der Sicherheitsinformationen andererseits über das gleiche System laufen. AS-Interface bietet dafür im Hinblick auf die Effizienz die besten Voraussetzungen, deshalb haben wir unsere Lösungen auf Basis dieses Systems entwickelt.
Wobei sich beim Anblick der immer größeren, komplexeren Hochregallager und Förderstrecken von heute natürlich die Frage stellt: Ist ein Bussystem für die Sicherheitstechnik solch imposanter Anlagen wirklich die sinnvollste Lösung - oder sollte man sich nicht doch lieber für eine fehlersichere Steuerung entscheiden?
Granados: Was die enormen Dimensionen der Lager angeht, haben Sie natürlich Recht: inzwischen gehören Applikationen fast schon zur Tagesordnung, bei denen mehrere 100 Antriebe gesteuert und gleichzeitig weit über 20 Gateways sicher über Ethernet miteinander gekoppelt werden, um das Zusammenspiel mehrerer 100 Not-Halt-Taster und Sicherheitseinrichtungen zu gewährleisten. Aber Ihrer Schlussfolgerung möchte ich widersprechen: Ich wage nämlich zu behaupten, dass auch in diesen Größenordnungen die Projektierung mit AS-Interface meist einfacher oder mindestens genauso einfach ist wie mit einer fehlersicheren Steuerung. Und für die Ausnahmefälle gibt es ebenfalls eine elegante Lösung: Dank unserer Profisafe oder CIP Safety Gateways können unsere Kunden auch dann die Sparpotenziale der einfachen Verdrahtung von AS-i nutzen.
Bihl+Wiedemann GmbH
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 7 2014 - 02.07.14.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de