Fusion komplexer Sensoren
Sensoren für die digitale Produktion von morgen - Teil 4/7
In der Zerspanung stellt die Temperatur in der Schneidzone eine zentrale Größe dar, die einen direkten Einfluss auf den Werkzeugverschleiß sowie die Produktqualität nimmt. Prozesseingangsgrößen wie der zu zerspanende Werkstoff, der Schneidstoff oder Prozessparameter wie z.B. Schneidengeometrie, Vorschübe und Schnittgeschwindigkeiten beeinflussen zudem die Temperatur in der Zerspanzone maßgeblich.
Grundsätzlich sind die Temperaturen bei niedriger Produktivität, d.h. geringen Materialabtragsraten nicht sehr hoch und die Qualität der erzeugten Oberflächen ist nicht gefährdet. Auf dem Weg in Bereiche höherer Produktivität steigt aber die Temperatur in der Zerspanzone und das Risiko einer thermischen Gefügeschädigung des Werkstücks sowie der Werkzeugverschleiß nehmen zu. Je nach Optimierungsziel kann ein ideales Fenster, in dem der Prozess geführt werden soll, bei unterschiedlichen Schnittzonentemperaturbereichen liegen. Eine Messung der Schneidzonentemperatur im industriellen Prozess ist aber nicht ohne Weiteres möglich. Die Gründe hierfür liegen in der begrenzten Zugänglichkeit der Zerspanzone und der bisher erforderlichen Präparation der Werkstücke, die zwangsläufig mit einer Zerstörung der Komponenten einhergeht. Aus diesem Grund müssen Temperaturen im Versuch gemessen werden und später mit Hilfe eines Prozessmodells über andere, messbare Größen ermittelt werden. Im Räumprozess eignet sich hierzu besonders die Kraftmessung an der Werkzeugschneide. Die am Werkzeug wirkenden Kräfte enthalten die Information über die gesamte mechanische Energie, die im Prozess in Wärme gewandelt werden kann.
Temperaturverteilung in der Zerspanzone
Im Gegensatz zu anderen Prozessen mit geometrisch bestimmter Schneide wie dem Drehen, Bohren oder Fräsen ist eine werkzeugseitige Messung der Temperatur beim Räumen undenkbar. Räumwerkzeuge setzen sich aus vielen Segmenten zusammen und können so bis zu mehrere tausend Einzelschneiden besitzen. Aus diesem Grund muss die Messung der Temperatur entweder werkstückseitig oder berührungslos (optisch) erfolgen. Zur Messung der Temperatur wurde durch einen geeigneten Aufbau die Möglichkeit für eine in-situ-Messung geschaffen (Bild 1). Verwendet wurde eine Highspeed-Thermografiekamera zur Erfassung der Temperaturverteilung in der Zerspanzone. Bei der Bestimmung absoluter Temperaturwerte mit Hilfe der Thermografie gestaltet sich jedoch die Unkenntnis über den Emissionsgrad der Objektoberflächen problematisch. Unterschiedliche Materialen und Oberflächenbeschaffenheiten verursachen unterschiedliche Emissionsgrade, zudem ist der Emissionsgrad selbst eine nicht-lineare temperaturabhängige Größe. Dieser Umstand ist vor allem im Falle von glänzenden Metalloberflächen kritisch, da die Emissionsgrade in der Größenordnung von 0,1 bis 0,3 liegen. Eine Erhöhung des Emissionsgrads kann durch Lackieren der Messobjekte (mit schwarzer Farbe) erreicht werden. Eine exakte Bestimmung der Temperatur ist auf diese Weise dennoch nicht möglich.
Addition komplexer Sensoren
Beim Räumen von schwer zerspanbaren Werkstoffen wurde dieser Herausforderung durch eine Addition komplexer Sensoren begegnet. So wurde der Messaufbau mit der Highspeed-Thermografiekamera um ein Zwei-Farben-Pyrometer ergänzt. Dieses bietet durch die interne Referenzierung von Messsignalen aus zwei benachbarten Wellenlängenbereichen die Möglichkeit, den Einfluss des Emissionsgrads zu eliminieren und dient somit als optisches, absolutes Temperaturmessgerät. Durch den Einbezug des Pyrometersignals kann eine dynamische, temperaturabhängige Kalibrierung der Thermografiemessungen erfolgen. Bild 2 zeigt, wie durch eine zeitliche Synchronisation der Messdaten eine Kalibrierfunktion für den überlappenden Arbeitsbereich beider Systeme generiert wird.
Verarbeitung der Prozessmessdaten
Bei der Verarbeitung von Prozessmessdaten besteht eine wesentliche Herausforderung in den unterschiedlichen Abtastraten der Messsignale aus den Systemen. Während die Messung beim Zwei-Farben-Pyrometer punktuell geschieht, wird bei der Thermografie die Wärmestrahlung über einen relativ großen Bildbereich aufgezeichnet. Weiterhin ist hier der Messbereich deutlich größer, der bereits bei Raumtemperatur beginnt. Dies führt dazu, dass die Integrationszeiten länger werden und die Abtastrate im gleichen Verhältnis abnimmt. In der Konsequenz kommt es zu einer Ungleichheit der Zeitintervalle zwischen den einzelnen Messpunkten. Zur Ermittlung einer geeigneten Kalibrierfunktion musste daher bei der Verwendung von Prozessdaten die Position des Pyrometermessflecks einbezogen werden. Bild 3 zeigt die vier unterschiedlichen Fälle, die bei der Kombination beider Signale unterschieden wurden. Wie die Kalibrierkurve im linken Bildteil zeigt, konnte das Ergebnis durch die zusätzliche Ortsinformation deutlich verbessert werden. Mit dem vorgestellten Verfahren können so sämtliche Messungen kalibriert werden. Es liegen absolute Temperaturverteilungen über den Prozess und damit alle für die weitere Prozessmodellierung notwendigen Daten vor. Zur Bestimmung der absoluten Temperaturverteilung beim Räumen ist die Verwendung von zwei Messsystemen erforderlich, die beide die Temperatur erfassen. Die Systeme unterscheiden sich hinsichtlich ihres zeitlichen und räumlichen Auflösungsvermögens. In der Produktionstechnik sind weitere Anwendungen denkbar, die eine Fusion von Sensoren erfordern, um für die digitale Produktion, durch Kombination des zeitlichen oder örtlichen Auflösungsvermögens, einen innovativen Sensor mit neuartigen Möglichkeiten zu schaffen.
Teil 5 der Serie beschäftigt sich mit Sensoren zur Überwachung des Spanraums beim Tieflochbohren.
In der Zerspanung stellt die Temperatur in der Schneidzone eine zentrale Größe dar, die einen direkten Einfluss auf den Werkzeugverschleiß sowie die Produktqualität nimmt. Prozesseingangsgrößen wie der zu zerspanende Werkstoff, der Schneidstoff oder Prozessparameter wie z.B. Schneidengeometrie, Vorschübe und Schnittgeschwindigkeiten beeinflussen zudem die Temperatur in der Zerspanzone maßgeblich.
Grundsätzlich sind die Temperaturen bei niedriger Produktivität, d.h. geringen Materialabtragsraten nicht sehr hoch und die Qualität der erzeugten Oberflächen ist nicht gefährdet. Auf dem Weg in Bereiche höherer Produktivität steigt aber die Temperatur in der Zerspanzone und das Risiko einer thermischen Gefügeschädigung des Werkstücks sowie der Werkzeugverschleiß nehmen zu. Je nach Optimierungsziel kann ein ideales Fenster, in dem der Prozess geführt werden soll, bei unterschiedlichen Schnittzonentemperaturbereichen liegen. Eine Messung der Schneidzonentemperatur im industriellen Prozess ist aber nicht ohne Weiteres möglich. Die Gründe hierfür liegen in der begrenzten Zugänglichkeit der Zerspanzone und der bisher erforderlichen Präparation der Werkstücke, die zwangsläufig mit einer Zerstörung der Komponenten einhergeht. Aus diesem Grund müssen Temperaturen im Versuch gemessen werden und später mit Hilfe eines Prozessmodells über andere, messbare Größen ermittelt werden. Im Räumprozess eignet sich hierzu besonders die Kraftmessung an der Werkzeugschneide. Die am Werkzeug wirkenden Kräfte enthalten die Information über die gesamte mechanische Energie, die im Prozess in Wärme gewandelt werden kann.
National Instruments Germany GmbH
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN 1+2 2015 - 29.01.15.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de