Anzeige

Fertigungsanlagen für die Automobilzuliefererindustrie

Viele Fertigungsschritte, aber wenig Platz

Planung und Aufbau kompletter Fertigungsanlagen erfordert nicht nur ein hohes Maß an Fachkompetenz und Erfahrung für die einzelnen Prozessschritte, sondern auch eine gute, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Kunde und Lieferant. Dazu gehört Beratung und Planung, Herstellung, Installation, Inbetriebnahme sowie Schulungen vor Ort und die Wartung. Schon bei der Planung und Konzeption gilt es außerdem, das geringe Platzangebot zu berücksichtigen.

Bild: Hirata Engineering Europe GmbHBild: Hirata Engineering Europe GmbH
Komplette Fertigungsanlagen sind in der Automobilzulieferindustrie keine Seltenheit. Hier lohnt es sich, das gesamte Engineering aus einer Hand zu beziehen.

Hirata liefert seinen Kunden für komplette Fertigungsanlagen das gesamte Engineering aus einer Hand. Ein Praxisbeispiel zeigt das anhand einer kompletten Fertigungsanlage für einen Automobilzulieferer. Das zu bearbeitende Bauteil ist in diesem Fall eine mechatronische Baugruppe, ein Spritzgussteil mit Einleger, das in verschiedenen Varianten weiter verarbeitet werden muss. Neben dem Aufbringen eines Data-Matrix-Codes per Laser müssen in der Werkstückvariante 1 mehrere durch den Spritzgießprozess entstandene Kavitäten sowie vorhandene unbestückte Diodentaschen mit einer gegen Feuchtigkeit beständigen Masse vergossen werden. Bei der Werkstückvariante 2 werden ebenfalls die durch den Spritzgießprozess entstandenen Kavitäten vergossen, Dioden in die vorgesehenen Diodentaschen bestückt und anschließend mit Silikon vergossen. Danach werden die Vergussmassen ausgehärtet und die Werkstücke mit unterschiedlichen Test- und Messverfahren geprüft. Die Anlieferung der Werkstücke erfolgt in speziellen Trays, die auch später wieder für den Versand eingesetzt werden. Bei der Suche nach einem kompetenten Partner und Zulieferer für die Konzeption und den Aufbau einer Anlage für die Serienfertigung hat sich der Automobilzulieferer an Hirata gewandt. Das Unternehmen war schon mehrfach für die Konzeption und den Aufbau ähnlicher Fertigungsanlagen tätig und im aktuellen Fall auch in der Lage, die Vorgaben bezüglich der gewünschten Prozesse und Taktzeiten sowie der Realisierung der Anlage im vorgegebenen Zeit- und Kostenrahmen zu erfüllen. Eine der größten Herausforderungen neben der Projektlaufzeit war das doch eher begrenzte Platzangebot für die gesamte Anlage. Alles musste so kompakt wie möglich konstruiert und gebaut werden, ohne die spätere Zugänglichkeit für Wartungen zu beeinträchtigen. Beim Kunden gibt es bereits eine Linie A1 (Taktzeit 12s), in der solche Baugruppen gefertigt werden. Allerdings werden hier noch verschiedene Arbeitsschritt per Hand ausgeführt und Prozesse wie Lasermarkieren, Scannen und andere sind nicht vorhanden. In der neuen Fertigungsanlage (A2) mussten diese Prozesse integriert werden und alles sollte vollautomatisch ablaufen.

Bild: Hirata Engineering Europe GmbHBild: Hirata Engineering Europe GmbH
Die zu bearbeitenden Produkte werden als Tray-Stapel mit elektrischen Liftwagen in die Palettierer eingebracht.

Aus den Trays in die Werkstückträger

Die erste Station der Anlage ist die Beladestation, sie besteht aus zwei parallel angeordneten Palettierern mit je einem Scararoboter Modell AR-F 650. Die angelieferten Trays mit den zu bearbeitenden Produkten (ca. 1,5kg pro Tray) werden als Traystapel (ca. 12kg pro Stapel) mit elektrischen Liftwagen in die Palettierer eingebracht. In den Palettierern werden entweder Werkstücke unterschiedlicher Varianten oder in beiden die gleiche Werkstückvariante bereitgestellt. Jeder Roboter entnimmt die entsprechenden senkrecht stehenden Werkstücke aus den Trays und bringt sie zu einer Wendestation, in der sie für die weitere Bearbeitung horizontal ausgerichtet werden. Anschließend werden die Werkstücke auf einen Rundschaltteller abgelegt, der zwischen den beiden Robotern angeordnet ist. Hier werden die Produkte gescannt und der vorhandene Zuliefercode geprüft. Nun positioniert der Rundschalttisch das Werkstück unter dem Lasermarkierer, der einen weiteren Code sowie Klarschrift aufbringt. Nach der Prüfung dieser Kennzeichnung per Scanner entnimmt der Roboter das Werkstück wieder aus dem Rundschaltteller und legt es in einem Werkstückträger mit 20 verfügbaren Positionen ab. Sollte die Codierung fehlerhaft sein, wird das Werkstück sofort aussortiert und auf ein separates NIO-Band abgelegt. Die Beladestation ist so ausgelegt, dass sich zwei unterschiedliche Werkstücke parallel in die Anlage einbringen lassen. Jeder Roboter kümmert sich nur um seine Werkstückvariante, legt sie in den Rundschaltteller ab und entnimmt sie auch wieder, um sie sortenrein in den dafür vorgesehenen Werkstückträger abzulegen. Soll nur eine Werkstückvariante bearbeitet werden, teilen sich die Roboter die Aufgaben. Einer legt die Werkstücke in den Rundschaltteller ein, der zweite entnimmt sie und legt sie im Werkstückträger ab. Nun fahren die Werkstückträger zur Vergussstation, wo die punktförmigen Kavitäten und, je nach Produktvariante, auch die unbestückten Diodentaschen mit einer roten Vergussmasse gefüllt werden.

Vergießen, aushärten und prüfen

Die bestückten Werkstückträger werden nun zu drei identischen, hintereinander angeordneten Vergussstationen transportiert. Handelt es sich um Werkstückvariante 2 (mit Dioden), werden nur die zwölf punktförmigen Kavitäten vergossen und der Werkstückträger zur nächsten Station der UV-Aushärtung weitertransportiert. Handelt es sich um die Werkstückvariante 1 (ohne Dioden), werden sowohl die zwölf punktförmigen Kavitäten als auch die zwei Diodentaschen vergossen. Sind alle Kavitäten vergossen, werden die Werkstücke ebenfalls zur UV-Aushärtung weitertransportiert. An diese schließt sich eine Station zur automatischen optischen Inspektion an. Hier wird geprüft, ob alle Vergusspunkte richtig vergossen sind oder ob zu wenig oder zu viel Vergussmasse aufgebracht wurde.

Bild: Hirata Engineering Europe GmbHBild: Hirata Engineering Europe GmbH
In den Palettierern werden entweder Werkstücke unterschiedlicher Varianten oder in beiden die gleiche Werkstückvariante bereitgestellt.

Die Wege trennen sich

Nach der AOI-Station trennen sich die Wege der beiden Werkstückvarianten. Variante 1 (ohne Dioden) gelangt nun über einen Quertransport zum parallel zu den Dosierstationen angeordneten Durchlaufofen. Dort wird die Vergussmasse thermisch ausgehärtet. Nach dem Ofen schließt sich eine kurze Kühlstrecke mit Ventilator an, auf der die heißen Werkstücke heruntergekühlt werden. Die Werkstücke der Variante 2 (mit Dioden) nehmen nach der Inspektionsstation den Weg in die Linie A3. In dieser Linie liegt die Taktzeit bei 12s. Nach der elektrostatischen Entladung der Werkstücke werden die Werkstückträger in eine Dosierstation mit integriertem Linearsystem transportiert. Hier wird Silberleitkleber in die Diodentaschen appliziert und in der folgenden Station mit Dioden bestückt.

Bild: Hirata Engineering Europe GmbHBild: Hirata Engineering Europe GmbH
In drei identischen, hintereinander angeordneten Vergussstationen werden Kavitäten bzw. Diodentaschen vergossen.

Nach oben in den Paternosterofen

Ein Lift übernimmt die bestückten Werkstückträger und hebt sie auf eine Höhe von ca. 4m. Hier befindet sich ein Quertransport, der die Werkstückträger zum parallel liegenden Paternosterofen transportiert. Bei der Konstruktion der entsprechenden Handhabungseinheit, die die Werkstückträger in den Ofen einsetzt, galt es, die am Ofeneingang herrschenden hohen Temperaturen von ca. 150°C zu beachten. Es wurden spezielle Materialen mit niedrigen Wärmekoeffizienten für Profile, Lagerungen oder Greifer eingesetzt und darauf geachtet, dass keine Wärmebrücken entstehen. Der Lift arbeitet mit Zahnstangenantrieben und Flachbahnführungen. Der an dieser Stelle verwendete Paternosterofen wurde vor allem wegen der beengten Platzverhältnisse eingebaut. Im Gegensatz zum Durchlaufofen in der Linie A2 benötigt er eine wesentlich kleinere Stellfläche. Die Werkstückträger bleiben 1h im Ofen, fahren dabei langsam wieder nach unten und werden dort wieder ausgegeben.

Vergießen und trocknen

In einer weiteren Vergussstation, die ähnlich aufgebaut ist wie die Vergussstationen in der Linie A2, werden nun die Diodentaschen inklusive Dioden mit einer Silikonmasse vergossen. Jetzt werden die Werkstückträger in einem zweiten Paternosterofen, zur Trockung des Silikons, wieder nach oben auf eine Höhe von 4m befördert. Oben angekommen verlassen sie den Paternosterofen und werden über ein Transportband, das über dem Durchlaufofen von A2 verläuft, weitertransportiert. An sieben Positionen lässt sich das Transportband stoppen, damit die Werkstücke herunterkühlen. Am Ende der Strecke ist zusätzlich eine Kühlstation mit Ventilator integriert.

Bild: Hirata Engineering Europe GmbHBild: Hirata Engineering Europe GmbH
In der automatischen Entladestation arbeiten ein Palettierer und ein Scararoboter vom Typ AR-F 650.

Wieder zusammengeführt

Ein am Ende der Kühlstrecke angebrachter Lift führt die Werkstückträger aus der Linie A3 und A2 wieder zusammen. Je nachdem, wo ein Werkstückträger ansteht, holt ihn der Lift ab und übergibt ihn an eine Prüfstation. Als NIO-Teile erkannte Werkstücke durchlaufen die Station ohne Prüfung. Bei IO-Teilen wird eine Strom- und Spannungsprüfung an den Dioden (Variante 2) durchgeführt. Anschließend werden per Taumelkreisprüfung die Kontakte der Werkstücke (Variante 1+2) optisch geprüft. Alle NIO-Werkstücke, auch solche, die bereits in anderen Stationen als NIO registriert wurden, werden nun auf einem separaten Band abgelegt. Hinter der Prüfstation befindet sich eine freiprogrammierbare Linearachse, die die Werkstückträger an unterschiedliche Übergabepunkte bringt.

Automatisch entladen und palettieren

Die automatische Entladestation ist ähnlich aufgebaut wie die Beladestation am Anfang der Linie, allerdings arbeitet hier nur ein Palettierer und ein Scararoboter Modell AR-F 650. Der Roboter entnimmt das Werkstück aus dem Werkstückträger, es wird in einer Schwenkvorrichtung wieder aufgerichtet, gescannt und in das bereitstehende Tray abgelegt. Da alle Werkstücke gescannt werden, wird auch dokumentiert, in welcher Position im Tray das jeweilige Werkstück abgelegt ist. Die nun leeren Werkstückträger werden zu einem Eckumsetzer zwischen Entlade- und Beladestation transportiert und stehen so für die Beladestation wieder zur Verfügung. Mit elektrischen Liftwagen werden die Traystapel wieder aus dem Palettierer entnommen und an eine manuelle Packstation gebracht. Hier werden die Trays auf Vollständigkeit geprüft und jeweils ein Werkstück aus dem bestückten Tray gescannt. Dann werden jeweils vier Trays zusammen mit einem Trockenbeutel in entsprechende KLTs eingesetzt und verpackt. Zum Versand werden dieselben Trays und KLTs verwendet wie bei der Anlieferung. Die Fertigungslinien arbeiten im Dreischichtbetrieb. Durch die Verkettung und die unterschiedlichen Taktzeiten in den Linien A1 (12s), A2 (6s) und A3 (12s) verlassen bei der Fertigung mit mehreren Varianten viele tausende Werkstücke pro Tag die Anlagen. Wird nur die Werkstückvariante 1 (ohne Dioden) produziert, steigert sich der Tagesausstoß weiter.

Zentral gesteuerte Anlage

Die Linien A2 und A3 werden über einen zentralen Line-Controller gesteuert. Herzstück ist die A2, hier werden alle Produkte aufgelegt und der Controller entscheidet, was wo bearbeitet wird. Jede mit einem Scararoboter oder einem Linearsystem ausgerüstete Station wird durch eine eigene multitaskingfähige Steuerung gesteuert. Auch die zugehörigen Peripheriegeräte wie z.B. Lift oder Bandstrecken werden darüber gesteuert. Die Steuerungen kommunizieren mit dem Line-Controller, der alle Abläufe überwacht und die Produktionsaufträge organisiert. Durch die Vernetzung der Anlagen ist die Programmierung sehr komplex. Techniker und Ingenieure vor Ort wurden soweit geschult, dass sich Änderungen wie das Teachen neuer Positionen eigenständig durchführen lassen. Größere Programmänderungen übernimmt Hirata.

Hirata Engineering Europe GmbH

Dieser Artikel erschien in ROBOTIK UND PRODUKTION 1 2018 - 01.03.18.
Für weitere Artikel besuchen Sie www.robotik-produktion.de