Segmentierte Wertströme
Lean-Prinzipien und Lieferkettenplanung verzahnen
Lean Management ist ein Organisations- und Führungskonzept, welches - richtig verstanden und mit Augenmaß eingesetzt - deutliche Verbesserungen in vielen Bereichen herbeiführen kann. In Verbindung mit schlanken Produktionsprozessen und einer diffenzierten Lieferkettenplanung stehen wirkungsvolle Instrumente zur Verfügung, um Wettbewerbsvorteile entlang der Wertschöpfungskette herauszuarbeiten.
Eein kurzer Blick zurück: Die erste Lean-Welle rollte in den neunziger Jahren durch Deutschland. Trotz einiger Erfolgsgeschichten stellten sich damals nicht immer die gewünschten Ergebnisse ein. Die deutsche Wirtschaft befand sich Anfang der neunziger Jahre in einer Rezession. Lean Production und Process Reengineering - ein zentrales Thema der Neunziger - wurden beinahe über Nacht zum Lieblingswerkzeug vieler Manager, um schnell Rationalisierungseffekte zu erzielen. Oft genug ging der Schuss nach hinten los, wenn die gesamte Energie für lange Zeit auf Kostensenkung gelenkt wurde. So konnte der Kerngedanke von Lean-Methoden, Werte ohne Verschwendung zu schaffen, nicht wirklich umgesetzt werden. Die dazu notwendigen Veränderungen der Prozesse und Unternehmensstrukturen fanden häufig nicht statt. Gleichzeitig wurde Lean Management mystifiziert. Lean-Verfahren wurden falsch oder dogmatisch angewandt und erzielten nicht die erwarteten Effekte. Teilweise wurden überdimensionierte Produktionssysteme auf dem Papier entworfen, die sich in der Praxis nicht mit Leben füllen ließen. Der systemische Ansatz ging letztlich verloren. Am Ende geriet Lean als Managementkonzept sogar nicht selten in Misskredit.
Lean Management als systemischer Ansatz
Im Grunde ist Lean Management ein systemischer Ansatz mit einem Bündel von Gestaltungsprinzipien und Methoden, wobei die angestrebten Effekte vor allem durch deren Zusammenspiel entstehen. Die erfolgreiche Anwendung bedingt einen durchaus komplexen und langwierigen Veränderungsprozess, der permanent beträchtliche Managementressourcen bindet. Entscheidend ist der richtige Transfer der Lean-Prinzipien auf die Unternehmenssituation. Der größte Teil der eher mittelständisch geprägten Industrie zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: viele Varianten mit geringem Volumen, starke Marktschwankungen, geringe Nachfragemacht bei Lieferanten und eher geringe Managementressourcen. Diese Situation weicht von der eines Automobilherstellers ab. Hier kann der aus dem Toyota-Produktionssystem abgeleitete klassische Lean-Ansatz mit anderen Elementen, zum Beispiel aus dem Supply Chain Management, kombiniert werden, um zur bestmöglichen Lösung zu kommen. Ein Beispiel hierfür ist die Koordination der Wertschöpfungskette. Der klassische Lean-Ansatz stützt sich bei der Umsetzung des Just-in-time-Prinzips ganz wesentlich auf Pull-Systeme, um eine bedarfssynchrone Produktion zu erreichen. Je höher die Teilevielfalt und je unstetiger das Verbrauchsverhalten ist, desto ungünstiger kann sich jedoch eine Pull-Steuerung auf Bestände, Verfügbarkeit, Produktivität und Komplexitätskosten auswirken. Für Unternehmen, die Produkte sowohl mit stetigem als auch mit volatilem Verbrauchsverhalten herstellen, kann der Schlüssel in einer geeigneten Segmentierung der Wertströme liegen, etwa mit dem parallelen Einsatz eines dezentralen Supermarkt-Pull-Systems und softwaregestützter Planungs- und Steuerungsverfahren aus dem Supply Chain Management.
Supply Chain Management als Lean-Treiber
Generell zielt Supply Chain Management darauf ab, durch eine bessere Koordination der Wertschöpfungskette sowie eine verstärkte Kollaboration der verschiedenen Supply Chain-Partner die inner- und überbetrieblichen Material-, Informations- und Finanzflüsse zu beschleunigen und Leistungssteigerungen zu erzielen. Dabei kann es sich beispielsweise um höhere Produktverfügbarkeit, kürzere Lieferzeiten, niedrigere Kapitalbindung oder geringere Produktions- und Logistikkosten handeln. Supply Change Management setzt hier in hohem Maße auf eine Veränderung der Geschäftsprozesse in Verbindung mit softwaregestützten Werkzeugen. Hier liegt die Gefahr, eine unnötig hohe IT-Komplexität zu erzeugen. Dennoch stellt Supply Chain Management eine Vielzahl von Verfahren für erfolgskritische Prozesse bereit, die Lücken im traditionellen Lean-Ansatz schließen und Antworten auf strategische Fragen liefern können. Beispiele hierfür sind:
- • Strategische Netzwerkoptimierung - Es gilt zu klären, wie viele Produktionsstätten oder Lagerorte kostenoptimal sind. Auch deren geografische Anordnung und die Verteilung der Produkte auf die Standorte sind wichtig.
- • Master Planning beziehungsweise Produktionsprogrammplanung - Wesentlich kann die Frage sein, wie auf saisonale oder dynamische Nachfrageentwicklungen reagiert und wie die Produktion zeitlich und räumlich verteilt werden soll. Auch muss definiert werden, welche Lieferanten welche Mengen bereitstellen.
- • Absatzplanung und Bestandsmanagement - Da der Marktbedarf unsicher ist und stochastische Effekte in der Wertschöpfungskette auftreten, müssen Absatzzahlen mit möglichst hoher Genauigkeit prognostiziert und Sicherheitsbestände vorgehalten werden. Zu klären ist, welche Stufe des logistischen Netzwerks dafür optimal ist und wie die Bestände dimensioniert werden.
- • Supply Chain Planung und Steuerung - Hier gilt es zu beantworten, wie zu welchem Termin ein neuer Kundenauftrag machbar ist oder wie Engpasssituationen bei Material, Kapazität et cetera frühzeitig erkannt werden können. Ausnahmesituationen lassen sich im Sinne eines korrekten Planungsbildes erzeugen. Und auch die Auftragsreihenfolge an Maschinen müssen definiert werden.
Intelligente Verzahnung bringt Wettbewerbsvorteile
Lean Production und Supply Chain Management stehen keineswegs im Widerspruch, sondern können in intelligenter Weise miteinander verzahnt werden, um Wettbewerbsvorteile herauszuarbeiten. Lean Management ist ein starkes Organisations- und Führungskonzept, welches - richtig verstanden und mit Augenmaß eingesetzt - massive Verbesserungen herbeiführen kann. Ein Allheilmittel ist Lean aber nicht. Die erfolgreiche Einführung von Lean-Prinzipien erfordert ein ausreichend tiefes Verständnis der Grundlagen, Möglichkeiten und auch Grenzen. Das Lean-Konzept muss immer an die spezielle Unternehmenssituation angepasst werden. Nur durch einen langfristigen Fahrplan über mehrere Jahre kann sichergestellt werden, dass sich die Bereitschaft zum dafür notwendigen Wandel in den Köpfen verankert.
Lean Management ist ein Organisations- und Führungskonzept, welches - richtig verstanden und mit Augenmaß eingesetzt - deutliche Verbesserungen in vielen Bereichen herbeiführen kann. In Verbindung mit schlanken Produktionsprozessen und einer diffenzierten Lieferkettenplanung stehen wirkungsvolle Instrumente zur Verfügung, um Wettbewerbsvorteile entlang der Wertschöpfungskette herauszuarbeiten.
Eein kurzer Blick zurück: Die erste Lean-Welle rollte in den neunziger Jahren durch Deutschland. Trotz einiger Erfolgsgeschichten stellten sich damals nicht immer die gewünschten Ergebnisse ein. Die deutsche Wirtschaft befand sich Anfang der neunziger Jahre in einer Rezession. Lean Production und Process Reengineering - ein zentrales Thema der Neunziger - wurden beinahe über Nacht zum Lieblingswerkzeug vieler Manager, um schnell Rationalisierungseffekte zu erzielen. Oft genug ging der Schuss nach hinten los, wenn die gesamte Energie für lange Zeit auf Kostensenkung gelenkt wurde. So konnte der Kerngedanke von Lean-Methoden, Werte ohne Verschwendung zu schaffen, nicht wirklich umgesetzt werden. Die dazu notwendigen Veränderungen der Prozesse und Unternehmensstrukturen fanden häufig nicht statt. Gleichzeitig wurde Lean Management mystifiziert. Lean-Verfahren wurden falsch oder dogmatisch angewandt und erzielten nicht die erwarteten Effekte. Teilweise wurden überdimensionierte Produktionssysteme auf dem Papier entworfen, die sich in der Praxis nicht mit Leben füllen ließen. Der systemische Ansatz ging letztlich verloren. Am Ende geriet Lean als Managementkonzept sogar nicht selten in Misskredit.
REDPOINT.TESEON AG
Dieser Artikel erschien in IT&PRODUCTION November 2014 - 10.11.14.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com