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Künstlich erzeugte Bilder für die automatische Sichtprüfung

Sensorrealistische Bildsimulation

Bilder für die automatische Sichtprüfung künstlich zu erzeugen, mag auf den ersten Blick unsinnig erscheinen. Man könnte argumentieren, dass die automatische Sichtprüfung ja nur reale Objekte prüft, und von diesen realen Objekten sollten auch reale Bilder vorhanden sein. Eine virtuelle Prüfung von nicht vorhandenen Objekten klingt nach einem Schildbürgerstreich.

Bild: KIT, Lehrstuhl für Computergrafik
Bild 1 | Simulation der Bildgewinnung zur Auslegung eines Triangulationssensors für einen gegossenen Motorblock; Real-time-Rendering (links), Rendering mittels Mitsuba (Mitte), reales Bild (rechts).

Bei näherer Betrachtung ist die Idee, simulierte Bilder in der automatischen Sichtprüfung zu verwenden, allerdings nicht so abwegig. Zwar werden für die tatsächliche Prüfung von Objekten zur Qualitätssicherung immer reale Bilder dieser Objekte verwendet, aber bei der Konzeption, Auslegung und Parametrierung von Bildverarbeitungssystemen gibt es zahlreiche Argumente für die Verwendung simulierter Bilder:

  • • Soll ein Bildverarbeitungssystem für eine neue Produktionslinie erstellt werden, sind reale Produkte aus dieser Linie noch nicht verfügbar. Ohne reale Objekte lässt sich ein Bildverarbeitungssystem auf normalem Weg aber nur schwer einrichten, da die optimalen Aufnahmeparameter (Kamera-/Beleuchtungspositionen, Blenden und Belichtungszeiten etc.) stark vom Objekt abhängen. Simulierte Bilder können hier helfen, um Visionsysteme zu erstellen, bevor die damit zu prüfenden Objekte verfügbar sind. Dadurch wird eine Qualitätssicherung vom ersten Tag der Produktion an ermöglicht.
  • • Insbesondere bei der Oberflächeninspektion auf Defekte ist die Vielfalt möglicher Abweichungen vom fehlerfreien Produkt enorm. Um die Defekterkennung auszulegen, sind üblicherweise Musterteile mit unterschiedlicher Ausprägung und Lage von Defekten erforderlich. Die Anzahl notwendiger Musterteile kann dadurch sehr groß werden; darüber hinaus treten manche Defekte bei gut eingestellten Produktionsprozessen praktisch nie auf. Mittels Bildsimulation können solche Defekte in unterschiedlicher Ausprägung und an unterschiedlichen Positionen nahezu beliebig erzeugt werden.
  • • Für den aktuellen Trend des Deep Learning mittels künstlicher neuronaler Netze werden in der Trainingsphase möglichst viele Bilder als Beispieldaten benötigt, wobei diese Bilder auch noch mit der tatsächlichen Qualitätseinstufung (Ground Truth) versehen sein müssen. Die Erstellung von solchen annotierten Datensätzen mit vielen Hundert oder Tausend Objekten bzw. Bildern mit zugehöriger Qualitätseinstufung verursacht allerdings einen erheblichen Aufwand, der die Anwendung solcher Lernverfahren momentan noch behindert. Die Bildsimulation beseitigt beide Probleme auf einmal: Bei der Simulation lässt sich die Produktqualität vorgeben, und Bilder mit oder ohne Defekte lassen sich in praktisch unbegrenzter Vielfalt und Anzahl erzeugen.
  • • Mit Hilfe von Simulationen lassen sich Einflüsse auf die Bildgewinnung untersuchen, ohne dass diese in Realität vorhanden sein müssen. So lassen sich die Auswirkungen z.B. von Fremdlicht und Vibrationen, aber auch von Änderungen des Objekts selbst, wie etwa einer Änderung der Oberflächenstruktur oder Farbe auf die automatische Sichtprüfung, einschätzen, bevor diese Veränderungen im Bildaufnahmeprozess tatsächlich eintreten.

Karlsruher Institut für Technologie

Dieser Artikel erschien in inVision Newsletter 05 2018 - 07.03.18.
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