Gateways können mehr
Von der Komponente zur Lösungsplattform
Die digitale Transformation verändert die Kommunikationsanforderungen in der Produktion erheblich. Auf dem Weg zur Industriellen Welt der Dinge oder auch zur durchgängigen Produktion á la Industrie 4.0 wird von allen am Produktionsprozess beteiligten Geräten, Maschinen und Anlagen ein Höchstmaß an Fähigkeiten in dieser Hinsicht verlangt. Den Gateways kommt in dieser Hinsicht eine neue Bedeutung zu. Über die Anforderungen, die sich aus einer sich transformierenden Welt ergeben sprachen wir mit Michael Volz, technischer Unternehmensberater.
Die Industriekommunikation befindet sich seit mindestens drei Dekaden in einem ständigen Wandel. Das betrifft sowohl die Kommunikation der Automatisierungsgeräte innerhalb der Maschine - um die es in diesem Beitrag nicht gehen soll - als auch die überlagerte Kommunikation beispielsweise zwischen Maschinen oder zwischen Shop-Flor und Top-Flor, also zwischen Maschinen und Unternehmensnetzwerk. Hier spielt die Verbindung in die Cloud eine zentrale Rolle, denn sie verspricht erhebliche Vorteile in vielerlei Hinsicht. Für die Verbindung zwischen Anwendung und Cloud kommen in der Regel Router oder Gateways zum Einsatz.
Der Datentransfer ist noch keine Lösung
Doch nur mit der Datenverbindung zur Cloud ist noch nichts gewonnen, erläutert Michael Volz. Er ist seit Jahrzehnten im Bereich Industriekommunikation tätig, zunächst als Geschäftsführer der Profibus Nutzerorganisation, anschließend als Geschäftsführer bei HMS Deutschland. Heute berät er Unternehmen zu diesen Themen. Er kennt die Anforderungen der Industrie an dieser Stelle genau und weiß: "Nur durch den Verkauf eines Gateways, eines Routers oder einer Lösung für den Zugriff auf eine Steuerung ist ja das Problem an sich noch nicht gelöst. Die Datenverbindung ist nur ein Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube daher, dass Hersteller von Kommunikationstechnik, Routern, Gateways oder Fernwartungstechnik versuchen werden sich zu Lösunganbietern weiterzuentwickeln. Das machen sie entweder über Partner oder über den Zukauf von Firmen.
Aus Connectivity wird Wertschöpfung
Doch woher kommt dieser Wandel? Michael Volz erläutert: "Anwender, wie Maschinen- und Anlagenbauer oder Fertigungsbetriebe suchen heute nicht mehr nur nach einer Komponente sondern sie suchen nach einer Lösung z.B. für Predictive Maintenance. Um diese erstellen zu können brauche ich mehr Wissen als nur die Connectivity. Diese Connectivity bleibt natürlich ein wichtiges Element dabei, aber ich muss an dieser Stelle für den Anwender der Partner sein, der das Wissen hat aus den Daten, die jetzt vielleicht in der Cloud angekommen sind, Schlüsse zu ziehen und letztendlich eine Wertschöpfung daraus zu generieren." Dabei sind diese Wertschöpfungsmöglichkeiten an dieser Stelle durchaus vielfältig. Das reicht von der einfachen Maschinenvisualisierung über OEE-Messungen bis hin zu vorausschauender Instandhaltung oder Abrechnungsmodelle für die Maschinennutzung. Hier entwickelt sich allmählich ein Markt für die Maschinenbauer, der allerdings allen Vorhersagen zufolge erheblich wachsen wird. Dass ein einzelner Anbieter von Routern oder Gateways alle diese Lösungen im Portfolio haben wird ist eher unwahrscheinlich, sieht auch Michael Volz: "Wenn man sich den Markt der Anbieter von Edge-Gateways, Routern, Fernwartungslösungen usw. anschaut, dann sieht man klar, dass keiner dieses Gesamtportfolio heute im Programm hat. Man muss mit Partnern zusammenarbeiten und wir sehen, dass es Unternehmen gibt, die dabei sind Partnernetzwerke aufzubauen."
Jenseits der Cloud
Die Analyse der Maschinendaten erfolgt nicht nur in der Cloud. Die modernen Komponenten für den Maschinenzugriff haben häufig leistungsfähige Recheneinheiten für die Vorverarbeitung der Daten an Bord. So gibt es mittlerweile Router, auf denen eine Soft-SPS abläuft oder eine Java Engine, sodass man dort ohne weiteres Java Applikationen drauf laufen lassen kann, erläutert Volz: "Viele der Router oder der Edge-Gateways sind heute in der Lage auch eine umfassende Datenvorverarbeitung vorzunehmen. Das Schlagwort hier lautet 'Fog-Computing'. Fog-Computing kennt man an der Schnittstelle zwischen IT und OT und der Trend zeigt deutlich in diese Richtung. Wenn man versucht alle Daten einfach in die Cloud zu streamen, dann entstehen sehr schnell unüberschaubaren Datenmengen. Auf dem Weg zur Lösung verschärft das eher das Problem anstatt es zu lösen. Das denke ich, kann man bei allen Router und Gateway-Herstellern beobachten, dass man eine Datenqualifizierung, eine Datenvorverarbeitung an der Schnittstelle zwischen OT und IT integriert. Java wird hier oft als Programmiersprache angeboten, aber beispielsweise auch C." Aber weder Java- noch C-Programmierung gehört zwingend zum Tagesgeschäft eines Maschinenbauers. Auch dies sei daher ein wichtiges Feld für die Zusammenarbeit zwischen Gateway-Hersteller und Maschinenbauer, um schneller zu einer wertschöpfenden Lösung zu kommen, erläutert Volz: "Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist notwendig, denn zum einen muss man wissen was die Daten der Maschine bedeuten - welche sind wichtig und welche kann man ignorieren - und zum anderen benötigt man die fachlichen Kompetenzen um auf den verschiedenen Plattformen Datenfilterung, Datenvorverarbeitung oder auch das Zusammenführen von Komponenten zu einer Lösung zu ermöglichen.
Die Plattform sinvoll nutzen
Dass es durchaus ein sinnvoller Weg ist, den Router in die Gesamtlösung einzubeziehen wird deutlich wenn man sich anschaut, welche Multitalente die Geräte heute sind. Volz veranschaulicht das am Beispiel von Retrofit und IoT-Enabling von Bestandsmaschinen: "Router können Daten über die unterschiedlichsten Netzwerke und Schnittstellen einsammeln. Diese Daten, die ein Router beispielsweise über Profinet, Profibus, Modbus oder wie auch immer eingesammelt hat müssen dann konvertiert und in moderne Protokolle wie OPC UA oder MQTT konvertiert werden. Diese Fähigkeiten kann man sich im Retrofit bzw. bei der Ertüchtigung für IoT-Anwendungen zu Nutze machen, denn hier soll die Konfiguration oder gar das Programm der SPS nicht verändert werden. Das heißt man muss einen Weg finden an die Daten heran zu kommen ohne an der SPS herumzudoktern. Wenn das gelingt, wenn der Router das kann, z.B. über den Konfigurationsport der SPS anzudocken, dann kommt man damit einen ganzen Weg weit. Oft ist aber auch das nicht möglich oder gewünscht und dann gilt es separate EAs einzusetzen, die dann im Router verarbeitet werden können." Oft seien die benötigten Daten aber auch gar nicht in der SPS vorhanden, erläutert Volz: "Denken Sie an Themen wie Predictive Maintenance. Wichtige Umgebungsvariablen wie 'Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Staub, Vibrationen usw. sind in der Regel nicht in der SPS vorhanden. Das heißt man muss zusätzliche Sensorik in die Maschine einbauen, um ein vollständiges Datenbild zu bekommen. Beim Router laufen alle diese Daten zusammen und können entsprechend verarbeitet und zu einer Lösung entwickelt werden."
Vorgefertigte Lösungen noch Fehlanzeige
Vorgefertigte Bausteine, auf denen Maschinenbauern aufsetzen könnten und wie sie im Steuerungsengineering heute schon eingesetzt werden, sieht Volz derzeit noch nicht: "Ich denke hier müssen für die jeweilige Applikation individuelle Lösungen erarbeitet werden. Partnerschaften sind da aktuell häufig der beste Weg. Es gibt viele kleine bis mittelständische Unternehmen, die Ingenieurdienstleistungen anbieten, die genau auf solche Projekte fokussieren. Sie sind in der Lage diese heterogenen oder gar fehlenden Schnittstellen zu kompensieren, eine vernünftige Datenanalyse aus der Anlage zu erstellen und die richtige Art und Weise zu finden, diese Informationen aufzubereiten und beispielsweise in die Cloud zu übertragen. Das ist ein sehr schönes Geschäftsfeld für viele kleine Unternehmen, für viele Ingenieurdienstleister, die sich an der Stelle jetzt etablieren.
Vorteile in der Security-Architektur
Immer häufiger sind auch Industrie-Steuerungen von Cyber-Angriffen betroffen. In der Nutzung von Gateways sieht Volz auch hier einen großen Vorteil: "Für die Trennung von Steuerung und Router gibt es ja gute Gründe. Denn der Router wird der erste Angriffspunkt sein. Bringe ich Steuerung und Router zusammen, dann befindet sich meinen Angriffspunkt gleich an der empfindlichsten Stelle meiner Anlage. Daher wird man weiterhin den Router mit seinen Firewall-Funktionalitäten, mit zunehmender Security-Funktionalität und vor allem mit seiner Möglichkeit Patches einzuspielen ohne gleich die Produktionsfähigkeit zu gefährden als eigenständiges Gerät betreiben. Das ist im übrigen genau das, was wir auch im kommerziellen IT-Bereich sehen, die an dieser Stelle aus der Notwendigkeit heraus schon ein bisschen weiter sind: Eine klare Trennung von Firewalls und Switches voneinander. Die Firewall wird vielleicht auch in viel kürzeren Innovationszyklen ausgetauscht oder mit neuen Funktionen ausgestattet. Das Switch-Netzwerk, die Server usw. ist hingegen eine viel konstantere Investition.
Förderung der Digitalisierung nutzen
Die Nutzung von Routern und Gateways bei der Digitalisierung der Geschäftsmodellen liegt für Volz also auf der Hand. Aber er gibt in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Rat, nämlich die Nutzung von Fördermitteln nicht zu vernachlässigen: "Was mir bei meiner Arbeit als Unternehmensberater auffällt ist, dass viele Dinge im Umfeld der Digitalisierung - also die Entwicklung von neuen Geschäftmodellen oder das Thema Security usw. - dass all das förderfähig ist. Ich glaube diese Aspekt ist noch nicht richtig bekannt in der Automatisierungslandschaft. Es gibt jede Menge Förderprogramme, über den Bund, über die Länder und teils auch über private Förderinstitute. Gefördert wird z.B. auch die Beratung zum Thema Digitalisierung. Mir ist wichtig, dass die Unternehmer wissen, dass sie beim Thema Digialisierung nicht alleingelassen werden. Sie sollten sich erkundigen welche Fördermittel es gibt. Dafür gibt es Spezialisten, die einen dazu beraten. Und das ist doch für viele Unternehmen ein guter erster Schritt, sich mit dem Thema 'Möglichkeiten der Digialisierung' zu befassen.
Die digitale Transformation verändert die Kommunikationsanforderungen in der Produktion erheblich. Auf dem Weg zur Industriellen Welt der Dinge oder auch zur durchgängigen Produktion á la Industrie 4.0 wird von allen am Produktionsprozess beteiligten Geräten, Maschinen und Anlagen ein Höchstmaß an Fähigkeiten in dieser Hinsicht verlangt. Den Gateways kommt in dieser Hinsicht eine neue Bedeutung zu. Über die Anforderungen, die sich aus einer sich transformierenden Welt ergeben sprachen wir mit Michael Volz, technischer Unternehmensberater.
Die Industriekommunikation befindet sich seit mindestens drei Dekaden in einem ständigen Wandel. Das betrifft sowohl die Kommunikation der Automatisierungsgeräte innerhalb der Maschine - um die es in diesem Beitrag nicht gehen soll - als auch die überlagerte Kommunikation beispielsweise zwischen Maschinen oder zwischen Shop-Flor und Top-Flor, also zwischen Maschinen und Unternehmensnetzwerk. Hier spielt die Verbindung in die Cloud eine zentrale Rolle, denn sie verspricht erhebliche Vorteile in vielerlei Hinsicht. Für die Verbindung zwischen Anwendung und Cloud kommen in der Regel Router oder Gateways zum Einsatz.
Der Datentransfer ist noch keine Lösung
Doch nur mit der Datenverbindung zur Cloud ist noch nichts gewonnen, erläutert Michael Volz. Er ist seit Jahrzehnten im Bereich Industriekommunikation tätig, zunächst als Geschäftsführer der Profibus Nutzerorganisation, anschließend als Geschäftsführer bei HMS Deutschland. Heute berät er Unternehmen zu diesen Themen. Er kennt die Anforderungen der Industrie an dieser Stelle genau und weiß: "Nur durch den Verkauf eines Gateways, eines Routers oder einer Lösung für den Zugriff auf eine Steuerung ist ja das Problem an sich noch nicht gelöst. Die Datenverbindung ist nur ein Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube daher, dass Hersteller von Kommunikationstechnik, Routern, Gateways oder Fernwartungstechnik versuchen werden sich zu Lösunganbietern weiterzuentwickeln. Das machen sie entweder über Partner oder über den Zukauf von Firmen.
Michael Volz Consulting
Dieser Artikel erschien in SPS-MAGAZIN Hannover Messe 2018 - 17.04.18.Für weitere Artikel besuchen Sie www.sps-magazin.de